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Gericht: Verwaltungsgericht Köln

Entscheidungsdatum: 19.01.1987

Aktenzeichen: 10 K 1694/86

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Ein Benutzer der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, der die Leihfrist für ein Buch um mehr als 30 Tage überschritten hatte, klagt gegen einen Leistungsbescheid, in dem er zur Zahlung von 20,- DM Säumnisgebühr und 0,80 DM Portokosten aufgefordert wurde. Das Gericht wies die Klage hinsichtlich der Säumnisgebühren zurück, da diese keine vorherige Mahnung voraussetzen. Die Portokosten für den Leistungsbescheid sind indes als allgemeine Verwaltungskosten von der Behörde selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe
Gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AG VwGO NW) vom 26. März 1960 – GV NW S. 74 – sind Anfechtungsklagen gegen die Behörde zu richten, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Das ist hier nicht der Direktor der Universitäts- und Stadtbibliothek K., denn dieser ist keine in verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligungsfähige Behörde im Sinne der §§61 Nr. 3 und 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, sondern lediglich unselbständiger Teil der jeweils für die Universität zu K. handelnden Behörden.
Behörden im Sinne des Verwaltungsprozessrechts sind nämlich nur solche Stellen, die durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildet, vom Wechsel ihrer Amtsinhaber unabhängig und nach der einschlägigen Zuständigkeitsregelung berufen sind, unter eigenem Namen für den Staat oder einen anderen Träger öffentlicher Verwaltung durch Verwaltungsakt zu entscheiden (vgl. OVG NW, Urteil vom 9. August 1974 – XV A 389/73 -, OVGE 30, 15 f.).
Diese Voraussetzungen sind nicht für den Direktor der Universitäts- und Stadtbibliothek K. Gegeben, weil die Universitäts- und Stadtbibliothek gemäß § 33 Abs. 1 des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (WissHG) vom 20. November 1979 – GV NW S. 926 – eine zentrale Betriebseinheit der Universität bzw. gemäß § 134 Abs. 1 WissHG i.V.m. § 38 Abs. 1 des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfallen (HSchG) vom 7. April 1970 – GV NW S. 254 – eine zentrale Einrichtung der Universität, mithin jedenfalls ein unselbständiger Teil der Universität ist, der nicht berechtigt ist, nach außen für den Rechtsträger Universität tätig zu werden (vgl. Urteil der Kammer vom 29. März 1983 – 10 K 5553/82 -).
Als richtiger Klagegegner ist vielmehr der Rektor der Universität K. anzusehen, weil dieser von Gesetz wegen berechtigt ist, nach außen für die Universität K. zu handeln (§ 19 Abs. 1 WissHG). Die Regelung des § 65 Abs. 5 der Verfassung der Universität K., wonach der Kanzler der Universität in vermögensrechtlicher Hinsicht rechtsgeschäftlich und gerichtlich vertritt, war zwar bei Klageerhebung im März 1986 noch gültig; dementsprechend war damals der Kanzler richtiger Beklagter; diese Vorschrift, die § 19 Abs. 1 WissHG widerspricht, ist jedoch nach einer Übergangsfrist im Juni 1986 außer Kraft getreten (§ 133 Abs. 2 Satz 2 WissHG).
Der mit dem Bescheid vom 6. Januar 1986 geltend gemachte Gebührenanspruch in Höhe von DM 20,- findet seine Rechtsgrundlage in den Regelungen des Hochschulbibliotheksgebührengesetzes i.d.F. Der Bekanntmachung vom 26. Januar 1982 – GV NW S. 71 – Bei Überschreitung der Leihfrist werden Gebühren erhoben (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 Hochschulbibliotheksgebührengesetz), deren Höhe sich nach der Anlage zu diesem Gesetz bemisst, da eine Gebührenordnung bisher nicht erlassen worden ist (§ 3 Hochschulbibliotheksgebührengesetz). Aus der Anlage zum Hochschulbibliotheksgebührengesetz enthaltenen Tabelle ergibt sich, dass für die Höhe der Gebühr ausschließlich die Dauer der Überschreitung der Leihfrist maßgeblich ist. Bei einer Fristüberschreitung von mehr als 30 Tagen sind – wie im angefochtenen Leistungsbescheid gefordert – DM 20,- zu zahlen. Das Erfordernis einer Mahnung vor dem Ansteigen einer Säumnisgebühr ist weder in der Anlage noch im Hochschulbibliotheksgebührengesetz vorgesehen. Auch ist eine Mahnung nach allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen nicht Voraussetzung für eine mit Zeitablauf erfolgende automatische Erhöhung der Gebühr. Der Kläger hatte auch die Möglichkeit, durch ein in der Bibliothek ausliegendes Informationsblatt davon Kenntnis zu nehmen, dass die Säumnisgebühren ohne vorherige Mahnung ansteigen. Diese Regelung stellt auch keine unverhältnismäßige Härte für den Entleiher dar. Nach den allgemeinen Vorschriften über die Leihe obliegt es dem Entleiher, die entliehene Sache mit Ablauf der für die Leihe bestimmten Frist zurückzugeben, ohne dass es einer Mahnung bedürfte (§ 604 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB -). Die im Hochschulbibliotheksgebührengesetz geregelte Säumnisgebühr ist nicht zu beanstanden, insbesondere da in besonderen Ausnahmefällen (z.B. Krankenhausaufenthalt des Entleihers) die Möglichkeit besteht, im Wege einer Ermessensentscheidung die Gebühr zu ermäßigen oder sie zu erlassen (§ 6 Hochschulbibliotheksgebührengesetz).
Demgegenüber ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, auf die eine Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der Auslagen für die Übersendung des Bescheides vom 6. Januar 1986 gestützt werden könnte; diese kann insbesondere nicht in § 7 des Hochschulbibliotheksgebührengesetzes gesehen werden. Bei den Portokosten für die Übersendung von Bescheiden handelt es sich grundsätzlich um Verwaltungskosten, die von der Behörde zu tragen sind.

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