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Gebührenbefreiung für Deutsche Bibliothek

Gericht: Verwaltungsgericht Leipzig

Entscheidungsdatum: 16.04.2003

Aktenzeichen: 6 K 1818/02

Entscheidungsart: Urteil

Eigenes Abstract: Für die Genehmigung eine Bauantrags stellte das Regirungspräsidium Leipzig der Deutschen Nationalbibliothek  DM 1.116,00 in Rechnung. Der Antrag auf Gebührenbefreiung wurde vom Regierungspräsidium Leipzig abgewiesen, da eine Verwaltung der Klägerin durch die Bundesrepublik Deutschland nicht stattfände.
Als Gegenargumente wurde aufgeführt, dass die Bibliothek eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts sei und zu 100% aus Bundesmitteln finanziert würde. Das Gericht sieht erkennt die Klägerin als gebührenbefreit an, gestattet der Beklagten allerdings ihre Auslagen (DM 11,00) einzufordern. Somit wird der Gebührenbescheid aufgehoben, die Klage jedoch abgewiesen.

Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 11.10.2001 (Kassenzeichen …) und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Leipzig vom 24.10.2002 werden aufgehoben soweit hierin Kosten über DM 11,00 hinaus festgesetzt wurden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Verwaltungskosten. Am 5.10.2001 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Parkplatzes in Leipzig, … Die Beklagte erteilte mit Bescheid vom 11.10.2001 die begehrte Baugenehmigung. Mit Kostenbescheid vom 11.10.2001 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin Kosten in Höhe von DM 1.116,00 fest. Hiergegen legte die Klägerin am 6.11.2001 Widerspruch ein, den sie damit begründete, nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 SächsVwKG gebührenbefreit zu sein.
Das Regierungspräsidium Leipzig wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2002 zurück. Zur Begründung führte es aus, nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 SächsVwKG sei nur gebührenbefreit, wer als juristische Person des öffentlichen Rechts nach den Haushaltsplänen des Bundes für deren Rechnung verwaltet würde. Führe die juristische Person des öffentlichen Rechts einen eigenen Haushalt trete die Befreiung nicht ein. Die Klägerin müsse nach § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die … einen eigenen Haushaltsplan vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres aufstellen und führe daher einen eigenen Haushalt. Eine Verwaltung durch die Bundesrepublik Deutschland finde nicht statt.
Die Klägerin hat am 14.11.2002 Klage erhoben.
Sie trägt vor, sie sei nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 SächsVwKG von Gebühren befreit. Sie sei eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts und erhalte ihre gesamten Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt. In diesem sei sie unter Titelgruppe 0405 des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien erfasst. Unter Titel 685 41-162 heiße es: „Der Finanzierungsanteil des Bundes zum Betriebshaushalt der rechtsfähigen bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts „…“ beträgt 100 v.H.“ Richtig sei, dass die Klägerin nach § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die … vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres einen Haushaltsplan aufstellen müsse. Dies erfolge aber nur zu dem Zweck, dem Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien eine verlässliche Planungsvorgabe zu überreichen, die Grundlage für die Planzahlen des Bundeshaushaltes würden. Des Weiteren diene er der Umverteilung der Bundesmittel auf die drei Standorte der Klägerin.
Die Gebührenbefreiung folge dem Zweck, dass sich Behörden nicht gegenseitig für öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln Verwaltungsgebühren zahlen sollen. Hierunter sei auch die Klägerin zu fassen. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass die vollständige Haushaltsführung durch den Bundeshaushalt erfolge, so sei dies ausgeschlossen. Nach der Bundeshaushaltsordnung dürften Verpflichtungsermächtigungen und Ausgaben für eine juristische Person des öffentlichen Rechts erst dann im Bundeshaushalt veranschlagt werden, wenn dem zuständigen Bundesminister der Entwurf des Haushaltsplans und der Stellenplan vorliege. Bereits aus den Regelungen des Haushaltsrecht ergebe sich die zwingende Verpflichtung der bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts, einen eigenen Haushalt aufzustellen. Die Abwicklung des Haushalts erfolge auch bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts; aufgrund des genehmigten Haushaltsplans sei der Rahmen hierfür durch den Bundeshaushalt vorgegeben.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.10.2001 (Kassenzeichen: …) und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Leipzig vom 24.10.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, eine Gebührenbefreiung stehe der Klägerin nicht zu. Soweit diese im Bundeshaushalt benannt sei, ergebe sich hieraus aber nur die Mittelzuweisung des Bundes an die Klägerin zur Selbstbewirtschaftung. Eine vollständige Haushaltsführung der Klägerin durch den Bundeshaushalt erfolge aber gerade nicht. Diese umfasse sicher nicht die gesamte Verwaltung der Klägerin, aber doch die Verwaltung der finanziellen Mittel in groben Zügen. Hierfür reiche eine 100 %ige Mittelzuweisung aber nicht aus.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet, da der Bescheid der Beklagten vom 11.10.2001 rechtswidrig ist und die Klägerin in eigenen Rechten verletzt soweit hierin Verwaltungsgebühren festgesetzt wurden (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -). Hinsichtlich der Festsetzung von Auslagen ist der Bescheid hingegen rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Für die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Parkplatzes in Leipzig, … … hätte die Beklagte keine Verwaltungsgebühren von der Klägerin fordern dürfen. Zwar handelt es sich bei der Erteilung einer Baugenehmigung um eine Amtshandlung im Sinne von § 1 Abs. 1 Sächsisches Verwaltungskostengesetz – SächsVwKG -, jedoch ist die Klägerin von der Zahlung von Verwaltungsgebühren befreit. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 SächsVwKG genießen Gebührenfreiheit die nach den Haushaltsplänen der in Nummern 1 bis 3 – hierunter Nummer 1: die Bundesrepublik Deutschland – des § 4 Abs. 1 SächsVwKG genannten öffentlichen Körperschaften für deren Rechnung verwalteten juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Unstreitig ist die Klägerin als bundesunmittelbare Anstalt eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Sie wird auch unstreitig im Haushaltsplan des Bundes unter der Titelgruppe 04 des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien geführt. Hierbei wird die Klägerin zu 100 % aus Bundesmitteln finanziert, die sie jedoch zur Selbstverwaltung zugewiesen erhält. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin nur dann die Gebührenfreiheit genieße, wenn sie durch den Bund verwaltet werde. Dieser Ansicht schließt sich die Kammer nicht an. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts befreit sein soll, die für Rechnung des Haushaltsplanes des Bundes verwaltet wird. Sprachlich nimmt der Ausdruck „deren“ Bezug auf die in den Nummern 1 bis 3 des § 4 SächsVwKG genannten Körperschaften, so dass „deren“ auch durch diese ersetzt werden könnte. Damit geht gerade nicht automatisch einher, dass die juristische Person des öffentlichen Rechts auch durch den Bund selbst verwaltet werden muss. Vielmehr legt die Formulierung „für deren Rechnung…“ nahe, dass es sich um die Verwaltung durch einen anderen als den Bund handelt. Bei einer Verwaltung durch den Bund selbst, würde es sich zudem um eine Verwaltung für eigene Rechnung handeln, was nicht explizit erwähnt werden müsste.
Eine Verwaltung selbstständiger juristischer Personen des öffentlichen Rechts durch den Bund sehen die haushaltsrechtlichen Regelungen auch nicht vor, so dass die von der Beklagten vertretenen Anwendungsfälle des § 4 Abs. 1 Nr. 4 SächsVwKG haushaltsrechtlich ausgeschlossen sind. Die Regelung liefe in diesem Fall ins Leere. Die bundesunmittelbaren Anstalten werden für die Rechnung des Bundes selbstverwaltet. Vor Beginn des jeweiligen Haushaltsjahres müssen die bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts einen Haushaltsplan erstellen, der nach § 106 Bundeshaushaltsordnung – BHO – alle zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, enthält. Der Haushaltsplan wird durch das zuständige Bundesministerium nach § 108 BHO genehmigt. Nach Abschluss des jeweiligen Haushaltsjahres ist durch die Anstalt Rechnung zu legen, die vom Bundesrechnungshof geprüft wird. Im Anschluss daran wird durch das zuständige Bundesministerium sowie das Bundesfinanzministerium Entlastung erteilt. Aus diesem Mechanismus ergibt sich eindeutig, dass die juristische Person des öffentlichen Rechts die ihr zugewiesenen Gelder selbst verwaltet, da ansonsten eine Rechnungslegung gegenüber dem Bund nicht erforderlich wäre und auch die Kontrollmechanismen keine erkennbare Funktion mehr hätten. Weiterhin ergibt sich aus den haushaltsrechtlichen Regelungen trotz der Mittelzuweisung zur Selbstverwaltung eine erhebliche Kontrolle durch den Bund, da ja bereits der aufgestellte Haushaltsplan der Genehmigung des zuständigen Ressortministers bedarf. Der von der juristischen Person des öffentlichen Rechts zu erstellende Haushaltsplan findet Verwendung im Bundeshaushalt, da nach § 26 Abs. 3 Nr. 1 BHO bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die vom Bund ganz oder zum teil unterhalten werden, Übersichten dem Haushaltsplan (des Bundes!) als Anlagen beizufügen oder in die Erläuterungen aufzunehmen sind. Hierbei kann es sich nur um die Erläuterungen für die Höhe der Zuwendungen des Bundes handeln und damit um den von der juristischen Person selbst aufgestellten Haushaltsplan. Der Bund besitzt auch maßgeblichen Verwaltungseinfluss auf die Entscheidungen der Klägerin. Im zentralen Organ der Klägerin, dem Verwaltungsrat, sitzen nach § 7 des Gesetzes über die … vier Vertreter der Bundesregierung, wobei auch ein Vertreter der Bundesregierung den Vorsitz führt. Der Verwaltungsrat beschließt über alle Angelegenheiten, die von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind sowie den Haushaltsplan der Klägerin und Abweichungen von diesem. Nach § 10 des Gesetzes über die … unterliegt die Klägerin der Aufsicht des zuständigen Bundesministers.
Auch der Sinn und Zweck der Gebührenbefreiung spricht für eine Teilhabe der Klägerin hieran. Insgesamt sollen öffentliche Körperschaften befreit werden, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen und hierfür aus Steuermitteln finanziert werden. Eine Umbuchung innerhalb der öffentlichen Haushalte soll hierdurch vermieden werden. Die Klägerin erfüllt eine solche öffentliche Aufgabe, da es sich nach § 1 des Gesetzes über die … bei ihr um das staatliche Archiv der Bundesrepublik Deutschland handelt. Diese Aufgabenerfüllung wird ihrerseits aus Bundesmitteln und damit aus Steuermitteln finanziert.
Nach alledem ist die Klägerin nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 SächsVwKG gebührenbefreit. Die Beklagte war daher nicht berechtigt, gegenüber der Klägerin Verwaltungsgebühren festzusetzen. Dies gilt jedoch nicht für Auslagen. Die mit Bescheid vom 11.10.2001 festgesetzten Auslagen in Höhe von DM 11,00 für Zustellkosten konnten von der Klägerin erhoben werden; der Bescheid ist insoweit rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, da die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Eine Zulassung der Berufung war nach §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht veranlasst.

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