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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum: 13.11.1997

Aktenzeichen: 22 LG 3912/97

Dokumenttyp: Beschluss

Eigenes Abstract: Der Personalrat einer Universitätsbibliothek versucht, mittels einer einstweilige Verfügung zu erwirken, weiterhin an der Debatte über die Ernennung einer Bibliothekarin in das Beamtenverhältnis auf Probe, beteiligt zu werden. Da die Bibliothekarin nach fünf Arbeitsjahren zur Beamtin ernannt werden muss und sie die Voraussetzungen hierfür erfüllt, ist die Ernennung, durch das Aushändigen der Urkunde an sie, rechtsgültig. Somit kann der Beamtenstatus nur noch unter bestimmten Voraussetzungen rückwirkend für nichtig erklärt werden, die fehlende Beteiligung des Personalrates gehört nicht zu diesen Gründe.

Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Leitsatz
Ist die Ernennung zur Beamtin/zum Beamten – auch zur Probebeamtin/zum Probebeamten -bereits erfolgt, kann der Personalrat nicht verlangen, dass das hinsichtlich der Ernennung begonnene und später abgebrochene personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren fortgesetzt wird, denn die Ernennung kann auch aufgrund eines zu Unrecht abgebrochenen personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens nicht mehr aufgehoben oder rückgängig gemacht werden. Zu den Gründen, die die Beamtenernennung nichtig oder rücknehmbar machen, gehört eine unterlassene Beteiligung des Personalrats nicht.

Gründe

Der Fachsenat darf entsprechend seiner Rechtsprechung (Hess. VGH, Beschluß vom 22. Februar 1996 – 22 TL 137/96 -) ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch die Berufsrichter entscheiden, da die Entscheidung sofort ergehen muss und die Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist (vgl. §§ 111 Abs. 3 HPVG, 85 Abs. 2 ArbGG, 944 ZPO). Auch der mündlichen Anhörung der Verfahrensbeteiligten bedarf es in einem solchen Fall ausnahmsweise nicht (§ 937 Abs. 2 ZPO).

Der am 13. November 1997 bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangene Antrag vom 12. November 1997, mit dem der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt, durch die dem Beteiligten aufgegeben wird, das Beteiligungsverfahren bezüglich der Einstellung von Frau D als Bibliotheksrätin unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe an der Universitätsbibliothek fortzusetzen, hat keinen Erfolg.

Zweifelhaft ist schon, ob der Antrag wegen Fehlens des allgemeinen

Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil ein rechtsschutzwürdiges Interesse an einer Entscheidung über den Antrag deswegen nicht besteht, weil Frau D durch Aushändigung der Ernennungsurkunde am 31. Oktober 1996 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Bibliotheksrätin zur Anstellung ernannt worden ist.

Diese Frage kann jedoch unentschieden bleiben, denn jedenfalls hat der Antragsteller keinen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Er kann nicht verlangen, dass der Beteiligte das abgebrochene Beteiligungsverfahren fortsetzt, weil ein fortgesetztes Mitbestimmungsverfahren ins Leere ginge. Denn die Ernennung kann aufgrund des Ergebnisses eines fortgesetzten Mitbestimmungsverfahrens nicht mehr aufgehoben werden. Frau D ist zur Zeit Probebeamtin. Nach § 11 Satz 1 des Hessischen Beamtengesetzes — HBG – muss ein Beamter auf Probe spätestens nach fünf Jahren zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden, wenn er die beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Zu diesen beamtenrechtlichen Voraussetzungen gehört die Beteiligung des Personalrats nicht. Vielmehr sind damit diejenigen Anforderungen gemeint, die der Beamte in seiner Person für die Ernennung erfüllen muss. Insbesondere muss er den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 HBG genügen, also das 27. Lebensjahr vollendet und die Bewährungsprobezeit abgeleistet haben. Es darf auch kein Hindernis bestehen, das die Ernennung nichtig (§ 13 HBG) oder rücknehmbar (§ 14 HBG) machen würde (vgl. von Roetteken, in Maneck/Schirrmacher, HBR), Hessisches Bedienstetenrecht, Teilausgabe IV, Stand: 19. Ergänzungslieferung, Juli 1997, Rdnr. 10 zu § 11 HBG). Zu den Gründen, die die Beamtenernennung nichtig oder rücknehmbar machen, gehört eine unterlassene Beteiligung des Personalrats nicht. Die Heranziehung anderer als der in § 13 HBG geregelten Nichtigkeitsgründe wird durch diese Vorschrift ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 1978 – 6 C 9.77 – BVerwGE 55, 212 ff., 216; von Roetteken, a. a. O., Rdnr. 7 zu § 13 HBG). Entsprechendes gilt für die Rücknahme der Ernennung. Nach Eintritt der äußeren Wirksamkeit einer Ernennung – also nach Aushändigung der Urkunde – darf der Dienstherr die Ernennung nur noch unter den Voraussetzungen des § 14 zurücknehmen (vgl. BVerwG, a. a. O., S. 216; von Roetteken, a. a. O., Rdnr. 6 zu § 14 HBG). Fehlt eine notwendige Zustimmung des Personalrats, ist die Ernennung somit weder nichtig noch rücknehmbar, weil die Nichtigkeits- und Rücknahmetatbestände im Hessischen Beamtengesetz abschließend geregelt sind. Diese Regelungen sind auch sachgerecht, weil der Fehler nicht in der Sphäre des Beamten liegt. Ein Eingriff in die Rechte des Ernannten zur Durchsetzung des Beteiligungsrechts ist dem Ernannten nicht zumutbar (vgl. Summer, in Weiß/Niedermaier/Summer, Bayerisches Beamtengesetz, 95. Ergänzungslieferung, Stand: 1. April 1997, Ordner I, Anm. 12. zu Art. 14).

Zwar hat der für das Beamtenrecht zuständige 1. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in einem Verfahren, in dem sich ein Beamter gegen seine Wiedereinstellung (Reaktivierung) gewandt hatte, entschieden, dass eine unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts vollzogene Beamtenernennung zwar nicht unwirksam, aber rechtswidrig sei und dass vorläufiger Rechtsschutz dadurch gewährt werden könne, dass die beamtenrechtlichen Folgen der Ernennung für die Dauer der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs suspendiert würden (Hess. VGH, Beschluß vom 29. November 1994 – 1 TH 3059/94 – ZBR 1996, 96). Hier kommt es jedoch nicht darauf an, welche Folgen eine unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts vollzogene Beamtenernennung für beamtenrechtliche Verwaltungsstreitverfahren – auch für Konkurrentenverfahren – haben kann, denn jedenfalls für die Personalvertretung, die eine Verletzung ihres Mitbestimmungsrechts geltend macht, ergeben sich nach der Beamtenernennung durch ein nachgeholtes Beteiligungsverfahren keinerlei Vorteile im Hinblick auf die konkrete Maßnahme, weil das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens an der vollzogenen Ernennung und damit an der Einstellung des Beamten nichts mehr ändern kann. Ein Recht darauf, dass die beamtenrechtlichen Folgen der Ernennung für die Dauer des Mitbestimmungsverfahrens suspendiert werden, steht der Personalvertretung nicht zu, weil die Rechtsordnung – insbesondere das Hessische Personalvertretungsgesetz und das Hessische Beamtengesetz – ihr ein derartiges Recht nicht einräumt.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar.

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