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Professorin klagt gegen Säumnisgebühren I

Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf

Entscheidungsdatum: 19.10.2018

Aktenzeichen: 15 K 1130/16 [1]

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Eine an der Hochschule lehrende Professorin leiht 50 Bücher aus und bringt diese mehr als 30 Tage zu spät zurück. Im Nachhinein erhält sie einen Bescheid für Säumis- und Verwaltungsgebühren über 2.250€. Gegen die Gebühr erhebt sie am Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage. Das Gericht weist die Klage ab, da die Mahnung der Bibliothek rechtens ist.

Instanzenzug:

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 19.10.2018 – 15 K 1130/16

Oberverwaltungsgericht NRW, 20.11.2019 – 15 A 4408/18 [2]

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Beamtin auf Lebenszeit und an der beklagten Hochschule als Hochschullehrerin tätig.

Im Sommersemester 2015 lieh die Klägerin sich aus der Hochschulbibliothek der beklagten Hochschule 50 Bücher aus, die sie zum Ende der Leihfrist am 31. Juli 2015 nicht zurückgab. Mit Schreiben vom 11. August 2015 wies die beklagte Hochschule die Klägerin auf die seit mehr als 10 Tagen abgelaufene Leihfrist hin und bat sie, der Rückgabepflicht nachzukommen. Zugleich teilte sie der Klägerin mit, dass der für jedes der 50 Bücher zwischenzeitlich angefallene Gebührenbetrag von 5,00 Euro weiter ansteigen werde.

Von der beklagten Hochschule zu der verspäteten Rückgabe um Stellungnahme gebeten machte die Klägerin am 1. Dezember 2015 per Mail geltend, das seitens der Hochschulbibliothek zum Ende des Sommersemesters im Juli 2015 an sie adressierte Anschreiben habe in ihrem Fach gelegen und sie erst Anfang September 2015 erreicht, weil sie sich in der vorlesungsfreien Zeit nicht am Hochschulstandort aufgehalten habe. Die an sie im August 2015 gerichteten E-Mails der Hochschulbibliothek habe sie aufgrund technischer Schwierigkeiten ebenfalls zunächst nicht erhalten, die Bücher jedoch an ihrem ersten Tag des Wintersemesters 2015 / 2016 zur Verlängerung der Leihfrist zurückgebracht.

Mit ihr am 12. Januar 2016 zugestelltem Bescheid vom 21. Dezember 2015 forderte die beklagte Hochschule von der Klägerin unter Hinweis auf die Überschreitung der Leihfrist 1.250,00 Euro an Verwaltungsgebühren und zudem Säumnisgebühren in Höhe von 1.000,00 Euro.

Die Klägerin hat am 10. Februar 2016 Klage erhoben.

Sie ist der Auffassung, der Leistungsbescheid sei rechtswidrig.

Die beklagte Hochschule verstoße mit der Gebührenforderung gegen das aus dem Gedanken der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht folgende Verbot, für Amtshandlungen im Rahmen der Dienstausübung Gebühren zu erheben. Hochschullehrinnen und Hochschullehrern stehe ein Anspruch auf eine angemessene Mindestausstattung ihres Lehrstuhls sowie ein Anspruch auf Teilhabe an vorhandenen Hochschulmitteln zu. Hieraus folge, was sich auch aus dem Gebührengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ergebe, dass eine Gebührenerhebung in dienstlichen Angelegenheiten unzulässig sei. Die Ausleihe der Bücher sei eine solche Angelegenheit, weil sie die entliehenen Bücher für ein Forschungsvorhaben benötigt habe.

Außerdem verstoße die geltend gemachte Gebührenforderung mangels einer nachvollziehbaren Kalkulation von Säumnis‑ und Verwaltungsgebühr gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip. Die Säumnisgebühr werde unabhängig von entstandenen Kosten festgesetzt. Ihr liege keine Amtshandlung von Wert zu Grunde, da die Ausleihe von Büchern aus der Hochschulbibliothek gebührenfrei sei und deren Rückgabe auch nicht angemahnt werden müsse. Mangels eines entstandenen Verwaltungsaufwandes sei auch die Verwaltungsgebühr ohne Rechtsgrundlage erhoben. Zudem habe die beklagte Hochschule bei der Berechnung der Forderungshöhe außer Acht gelassen, dass ein Leihvertrag, anders als ein Kaufvertrag, wirtschaftlich durch den Verlust an Zeitwert zuzüglich einer gewissen Gewinnspanne bei Gewinnerzielungsabsicht in Äquivalenz zu bringen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2015 aufzuheben.

 

Die beklagte Hochschule beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der angegriffene Leistungsbescheid sei rechtmäßig. Die dort geltend gemachte Forderung sei nach Maßgabe des Hochschulgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über Hochschulabgaben und der eigenen Gebührenordnung rechtmäßig. Schon die Überschreitung der Leihfrist von deutlich mehr als 28 Tagen durch die Klägerin stelle – auch ohne Erinnerung an die Rückgabe der Bücher – einen die Forderung auslösenden Pflichtverstoß dar. Rechtlich ohne Belang seien deshalb die von der Klägerin für die Fristversäumnis geltend gemachten Gründe. Um eine mögliche Verlängerung der Frist habe sie jedenfalls nicht nachgesucht.

Der Grundsatz der Gebührenfreiheit in dienstlichen Angelegenheiten sei nicht verletzt, da die Ausleihe sowohl für dienstliche als auch private Zwecke stets unentgeltlich erfolge. Dementsprechend werde die Gebührenpflicht auch nicht durch die Ausleihe, sondern durch eine dienstpflichtwidrige Leihfristüberschreitung ausgelöst.

Die Höhe der Forderung verletze auch nicht das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip. Nach den maßgeblichen gebührenrechtlichen Vorschriften müsse zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis bestehen. Zudem seien auch die Kosten für den entstandenen Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen und, da andernfalls das Äquivalenzprinzip mit dem Kostendeckungsprinzip identisch sei, als weiterer Umstand insbesondere die Tatsache, dass die Benutzung der Bibliothek und die Ausleihe gebührenfrei auch dann erfolge, wenn die entliehenen Medien für Dienstaufgaben in Forschung und Lehre benötigt würden. Zudem entspreche die Verwaltungsgebühr der vormals durch Rechtsverordnung landeseinheitlich getroffenen Regelung und den auch an anderen nordrhein-westfälischen Hochschulen für Leihfristüberschreitungen üblichen Gebührensätzen. Deshalb sei sie vor Erlass der hochschuleigenen Vorschriften über die Verwaltungsgebühr auch nicht gesondert kalkuliert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der beklagten Hochschule.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Das Klagebegehren ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos. Der angegriffene Leistungsbescheid der beklagten Hochschule ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Dezember 2015 geltend gemachte Gebührenforderung ist gemäß § 29 Abs. 4 S. 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG) in der zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Oktober 2017 (GV. NRW. S. 806) geänderten Fassung vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Erhebung von Hochschulabgaben (Hochschulabgabenverordnung – HAbg‑VO) vom 13. August 2015 (GV. NRW. S. 569), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 25. März 2017 (GV. NRW. S. 388), und den §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 2 der Gebührenordnung der Hochschulbibliothek der beklagten Hochschule (GebOHBib) vom 9. Februar 2010 (Amtliche Bekanntmachungen Nr. 3 vom 9. Februar 2010) nicht nur formell, sondern auch materiell rechtmäßig.

Nach den vorgenannten Bestimmungen wird für die Überschreitung der Leihfrist, die gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 der Ordnung zur Neufassung der Verwaltung- und Benutzungsordnung für die Hochschulbibliothek der beklagten Hochschule (BenOHBib) vom 16. Dezember 2009 (Amtliche Bekanntmachungen Nr. 21 vom 17. Dezember 2009) 28 Tage beträgt und deren Nichteinhaltung kostenpflichtig ist (§§ 11 Abs. 1 S. 2 BenOHBib, 1 Abs. 2 GebOHBib) eine Säumnisgebühr erhoben (§ 3 Abs. 1 S. 1 GebOHBib). Diese wird nach § 3 Abs. 1 S. 1 GebOHBib mit Überschreitung der Leihfrist fällig und beträgt bei einer Überschreitung um bis zu 10 Kalendertagen 2,00 Euro, bei einer Überschreitung der Leihfrist von bis zu 20 Kalendertagen 5,00 Euro, bei einer Leihfristüberschreitung von bis zu 30 Kalendertagen 10,00 Euro und bei einer Überschreitung um bis zu 40 Kalendertagen 20,00 Euro. Gemäß § 3 Abs. 3 S. 2 GebOHBib wird zusätzlich zu der fällig gewordenen Säumnisgebühr eine Verwaltungsgebühr von 25,00 Euro erhoben.

Diese Regelungen zu Grunde gelegt hat die beklagte Hochschule der Klägerin bei einer zwischen den Beteiligten unstreitigen Dauer der Leihfristüberschreitung von mehr als 30 Tagen für 50 Bücher rechnerisch zutreffend eine Säumnisgebühr von (50 Bücher x 20,00 Euro =) 1.000,00 Euro sowie eine Verwaltungsgebühr von weiteren (50 Bücher x 25,00 Euro) = 1.250,00 Euro und damit in der Gesamtsumme einen Betrag von (1.000,00 Euro + 1.250,00 Euro =) 2.250,00 Euro in Rechnung gestellt.

Die Forderung begegnet weder dem Grunde nach noch mit Blick auf die in die Berechnung der Gebührenforderung für die Säumnis- und die Verwaltungsgebühr jeweils eingestellten Gebührensätze rechtlich durchgreifenden Bedenken.

Zutreffend gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin die für den Regelfall in § 11 Abs. 1 BenOHBib bestimmte Leihfrist von 28 Tagen überschritten hat. Namentlich finden auf die Ausleihe der Klägerin nicht die Bestimmungen des § 11 Abs. 7.3 BenOHBib Anwendung, nach denen alle hauptamtlich Lehrenden, alle hauptberuflichen Lehrkräfte für besondere Aufgaben sowie alle hauptberuflichen Mitarbeiter in Lehre und Forschung mit Hochschulabschluss der beklagten Hochschule das Recht haben, Handapparate bis zu 55 Büchern auszuleihen (§ 11 Abs. 7.3 S. 1 BenOHBib), für die die Leihfrist, deren weitere Verlängerung auf Antrag möglich ist (§ 11 Abs. 7.3 S. 3 BenOHBib), grundsätzlich mit Ablauf des Studienjahres endet (§ 11 Abs. 7.3 S. 2 BenOHBib). Dass sie mit der Ausleihe der 50 Bücher einen Handapparat im Sinne des § 11 Abs. 7.3 S. 1 BenOHBib entliehen hat oder hat entleihen wollen, hat die Klägerin weder im Verwaltungsverfahren noch substantiiert zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht. Mangels eines entsprechend gerichteten Ansinnens gegenüber der Hochschule bei Ausleihe der Bücher kann offen bleiben, ob die von ihr entliehenen Bücher überhaupt einen Handapparat im Sinne der vorbezeichneten Bestimmungen darstellen und zu welchem Datum eine an die Ausleihe als Handapparat anknüpfende Leihfrist geendet hätte.

Die von der Klägerin für die verspätete Rückgabe der Bücher geltend gemachten Gründe sind rechtlich unerheblich. Nach § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2 GebOHBib werden Säumnis‑ und Verwaltungsgebühr bereits mit Überschreitung der Leihfrist fällig. Ihre Entstehung setzt deshalb weder eine Erinnerung an die Rückgabe der Bücher noch ein Verschulden des säumigen Nutzers der Hochschulbibliothek voraus.

Der Einwand der Klägerin, die Gebührenforderung widerspreche beamtenrechtlichen Grundsätzen sowie dem Gebot der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) begründet die Rechtswidrigkeit der Gebührenforderung ebenfalls nicht.

Der Vortrag der Klägerin verkennt, dass die Entstehung von Säumnis‑ und Verwaltungsgebühr nicht daran anknüpft, dass sie als an der beklagten Hochschule tätige Professorin mit der Ausleihe der Bücher ihr zustehende Rechte wahrgenommen hat, sondern mit der Überschreitung der Leihfrist an einen von ihr begangenen Verstoß gegen die nach Maßgabe der vorbezeichneten Vorschriften auch sie treffende Pflicht, aus der Hochschulbibliothek entliehene Bücher fristgerecht zurückzugeben.

Dass die Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze, die die Rechtsstellung im Dienste des Landes Nordrhein-Westfalen stehender verbeamteter Hochschulprofessorinnen und Professoren ausgestalten, diese davon entbinden, Pflichten der hier in Rede stehenden Art nachzukommen, ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich. Namentlich berechtigt der aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG folgende Anspruch einer Hochschulprofessorin bzw. eines Hochschulprofessors auf eine für Forschung und Lehre angemessene Mindestausstattung des eigenen Lehrstuhls die Klägerin nicht zu Pflichtverstößen der hier begangenen Art. Offen bleiben kann damit, ob die von ihr aus der Hochschulbibliothek entliehenen Bücher überhaupt zur Mindestausstattung ihres Lehrstuhls zu zählen sind. Die Klägerin hat der beklagten Hochschule gegenüber weder Entsprechendes vor der Ausleihe der Medien geltend gemacht noch um eine Ausleihe der Bücher gemäß § 11 Abs. 7.3 BenOHBib als Handapparat nachgesucht oder unter Hinweis auf die aus ihrer Sicht gegebene Notwendigkeit, die entliehenen Bücher über das Leihfristende hinaus nutzen zu können, vor dem Ablauf der Leihfrist um deren Verlängerung nachgesucht, die nach § 11 Abs. 5 S. 1 BenOHBib bis zu viermal gewährt werden kann. Die Wahrnehmung einer dieser Möglichkeiten war ihr tatsächlich möglich und zumutbar.

Auch verstößt die Gebührenforderung entgegen der von der Klägerin vertretenen Meinung nicht gegen das Verbot des § 7 Abs. 1 Nr. 3 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) in der zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 836) geänderten Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 1999 (GV. NRW. S. 524). Danach werden Verwaltungsgebühren für Amtshandlungen, die sich aus einem bestehenden oder früheren Dienst‑ oder Arbeitsverhältnis von Bediensteten im öffentlichen Dienst oder aus einem bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis ergeben, nicht erhoben. Den der Klägerin in Rechnung gestellten Säumnis- und Verwaltungsgebühren liegen indes schon keine aus ihrem Dienstverhältnis resultierenden Amtshandlungen der beklagten Hochschule zu Grunde, da die Gebühren anknüpfen an einen der Klägerin zur Last zu legenden Pflichtverstoß, den sie als Nutzerin der Hochschulbibliothek mit der nicht fristgerecht erfolgte Rückgabe der von ihr dort entliehenen Medien begangen hat.

Die Forderung der beklagten Hochschule ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insbesondere widerspricht sie auch nicht dem gebührenrechtlichen Äquivalenzgebot, das der gebührenbezogene Ausdruck des bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, 11 C 5/99, juris, Rdnr. 40.

Die Gebühr ist ein abgabenrechtliches Instrument, mit dem in zulässiger Weise unterschiedliche Zwecke verfolgt werden können. Die sachliche Rechtfertigung der Gebührenhöhe kann sich dabei jedenfalls aus den Gebührenzwecken der Kostendeckung, des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie aus sozialen Zwecken ergeben. Während mit der Kostendeckung der legitime Zweck verfolgt wird, Einnahmen zu erzielen, um spezielle Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken, kann die Gebühr auch den Zweck verfolgen, die Vorteile auszugleichen, die dem einzelnen auf Grund einer ihm zurechenbaren öffentlichen Leistung zufließen. Überdies können mit der Bemessung einer Gebühr in legitimer Weise sowohl der Zweck einer begrenzten Verhaltenssteuerung verfolgt werden als auch soziale Zwecke mit der Abstufung der Gebührenbelastung nach Leistungsfähigkeit unterhalb einer kostenorientierten Obergrenze des Gebührensatzes.

Vgl. zum Ganzen BVerfG, Urteil vom 19. März 2003, 2 BvL 9/98, juris, Rdnr. 56 ff.

Danach wird die Gebührenhöhe nicht von Verfassungs wegen durch die Kosten der Leistung der öffentlichen Hand in der Weise begrenzt, dass Gebühren diese Kosten nicht übersteigen dürfen; das Äquivalenzprinzip ist nicht mit dem Kostendeckungsprinzip identisch.

BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 1979, 2 BvL 5/76, juris, Rdnr. 36; BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a. a. O., Rdnr. 41.

Zur Wahrung des Entscheidungs‑ und Gestaltungsspielraums des Normgebers bei der Gebührenbemessung ist die gerichtliche Kontrolldichte am Maßstab finanzverfassungsrechtlicher Rechtfertigungsanforderungen eingeschränkt. Eine Gebührenbemessung ist verfassungsrechtlich allerdings dann nicht sachlich gerechtfertigt und deshalb rechtlich zu beanstanden, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken steht.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2003, a. a. O., Rdnr. 62; BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a. a. O.

Die (verfassungsrechtliche) Kontrolle der gesetzgeberischen Gebührenbemessung, die ihrerseits komplexe Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen voraussetzt, darf dabei nicht überspannt werden. Gebühren werden in der Regel in Massenverfahren erhoben, bei denen jede einzelne Gebühr nicht nach Kosten, Wert und Vorteil einer real erbrachten Leistungen genau berechnet, sondern vielfach nur nach Wahrscheinlichkeit und Vermutungen in gewissem Maß vergröbert bestimmt und pauschaliert werden. Maßgebliche Bestimmungsgrößen der Gebührenbemessung, wie die speziellen Kosten der gebührenpflichtigen öffentlichen Leistungen, der Vorteil der Leistungen für den Gebührenschuldner oder die verhaltenslenkende Wirkung einer finanziellen Belastung, werden sich häufig nicht exakt und im Voraus ermitteln und quantifizieren lassen. Mithin darf der Normgeber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2003, a. a. O., Rdnr. 62.

Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist weder die Höhe der Säumnisgebühr (§ 3 Abs. 1 GebOHBib) noch die der Verwaltungsgebühr (§ 3 Abs. 3 S. 2 GebOHBib) rechtlich zu beanstanden.

Die Bemessung der Säumnisgebühr, die nach den hier maßgeblichen Rechtsvorschriften Teil der durch die nicht fristgerechte Rückgabe von Medien entstehenden Gesamtgebühr ist, entzieht sich entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin für sich genommen – und damit auch als Teilbetrag der Gesamtgebühr – einer eigenen Kostenkalkulation. Denn die Säumnisgebühr, die im Interesse anderer Nutzer der Hochschulbibliothek zu einer fristgerechten Rückgabe entliehener Medien bzw. zu einer Minimierung der Dauer etwaiger Fristüberschreitungen anhalten soll, dient dem gebührenrechtlich zu billigenden Zweck, das Verhalten derjenigen Nutzer der Hochschulbibliothek zu steuern, die Medien ausleihen. Dabei spricht nichts dafür, dass die Höhe der nach der Dauer der Leihfristüberschreitung gestaffelten Säumnisgebührenbeträge mit 2,00 Euro (Fristüberschreitung bis zu 10 Kalendertage), 5,00 Euro (Fristüberschreitung bis zu 20 Kalendertage), 10,00 Euro (Fristüberschreitung bis zu 30 Kalendertage) und 20,00 Euro (Fristüberschreitung bis zu 40 Kalendertage) in einem groben Missverhältnis zu dem Lenkungszweck steht bzw. aus sonstigen Gründen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.

Ohne rechtliche Beanstandung der entsprechenden Gebührensätze nach Maßgabe der vormals geltenden landesrechtlichen Verordnung über die Erhebung von Gebühren im Bereich Information, Kommunikation, Medien nach § 30 Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (GebO-IKM NRW): Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 13. November 2008, 6 K 5669/08, www.nrwe.de und juris (dort Rdnr. 22 ff.).

Da eine pauschalierende Betrachtungsweise zur Bestimmung der Gebührenhöhe gerechtfertigt ist, ist gegen die Säumnisgebühr auch im Hinblick darauf rechtlich nichts zu erinnern, dass die Gebührenordnung der beklagten Hochschule ihre jeweilige Höhe allein nach der Dauer der Leihfristüberschreitung bemisst und nicht weiter nach dem konkreten Wert des jeweils nicht fristgerecht zurückgegebenen Mediums differenziert.

Bei dem hier anzulegenden Kontrollmaßstab erweist sich auch die gemäß § 3 Abs. 3 S. 2 GebOHBib zu jeder Säumnisgebühr in Höhe von 25,00 Euro erhobene Verwaltungsgebühr als rechtsfehlerfrei.

Die Höhe der Verwaltungsgebühr verletzt die Klägerin nicht im Hinblick darauf in eigenen Rechten, dass ihrer Bestimmung nach Angaben der beklagten Hochschule keine ziffernmäßige Kalkulation zu Grunde liegt. Denn die Höhe der Verwaltungsgebühr steht jedenfalls nicht in einem groben Missverhältnis zu dem Zweck der Verwaltungsgebühr und erweist sich damit als rechtmäßig.

Entsprechend dem gebührenrechtlichen Äquivalenzgebot hat zwischen der Höhe einer Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen für den Gebührenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis zu bestehen; innerhalb dieses Rahmens ist der Gebührensatz dabei so zu bemessen, dass er die voraussichtlichen Kosten nicht übersteigt und in der Regel deckt, wobei zwar grundsätzlich von den tatsächlich entstehenden Kosten auszugehen ist, diese aber geschätzt werden dürfen, wenn ihre Ermittlung besonders schwierig oder nur mit einem wirtschaftlich nicht vertretbaren Aufwand möglich ist.

Vgl. zur Benutzungsgebühr § 25 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 bis S. 3 GebG NRW.

Die erhobene Verwaltungsgebühr von 25,00 Euro liegt innerhalb des vorbezeichneten Rahmens.

Offen bleiben kann dabei, ob die beklagte Hochschule nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze auf eine Kalkulation der Verwaltungsgebühr hat verzichten dürfen. Die von ihr in Ansatz gebrachten 25,00 Euro sind in der Höhe rechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden, weil sie bei pauschalierender Betrachtung die Kosten des Verwaltungsaufwandes offensichtlich nicht übersteigen und diesen in der Regel decken werden.

Verwaltungsaufwand in Gestalt von Personaleinsatz und dem Einsatz von Sachmitteln erfordert nicht nur etwa die Überwachung der Leihfrist, die Erfassung der Fristüberschreitung und die Ermittlung der für die Höhe der Säumnisgebühr maßgeblichen Dauer der Leihfristüberschreitung, sondern darüber hinaus zum Beispiel auch die vor Erlass des Gebührenbescheides gegebenenfalls gebotene schriftliche Anhörung, die Fertigung und Versendung des Leistungsbescheides sowie die Überwachung des Zahlungseingangs. Angesichts dessen spricht schon mit Blick auf den erforderlichen Personalaufwand nichts dafür, dass die in Ansatz gebrachte Verwaltungsgebühr mit 25,00 Euro unangemessen hoch ist. So darf für den Personalaufwand in Anlehnung an die „Richtwerte für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes bei der Festlegung der nach dem Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen zu erhebenden Verwaltungsgebühren“ (Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales – 56‑36.08.09 – vom 2. September 2014; MBl. NRW S. 512) jedenfalls der dort derzeit für den einfachen Dienst empfohlene Stundensatz von 41,00 Euro in Ansatz gebracht werden. Dabei wird der Zeitaufwand für die vorbezeichneten Tätigkeiten bei der hier gebotenen generalisierenden Betrachtung in der Regel deutlich über 30 Minuten liegen. Zu den Kosten für den Personalaufwand hinzurechnen sind zudem noch die Kosten für benötigte Sachmittel, zu denen nicht nur Schreibauslagen und Portokosten zählen, sondern – anteilig – auch Ausgaben für analoge oder digitale Betriebsmittel, die für die Bewältigung der Verwaltungsaufgaben vorgehalten werden müssen.

Gegen die Annahme, dass die Verwaltungsgebühr von 25,00 Euro die Kosten für den Verwaltungsaufwand überschreitet, spricht auch, dass sie in eben dieser Höhe für die nicht fristgerechte Rückgabe von Medien schon in § 2 Abs. 1 Buchst. b) S. 2 Alt. 1 der durch Artikel 2 der Verordnung vom 14. Dezember 2009 (GV. NRW. 2010 S. 13) aufgehobenen Verordnung über die Erhebung von Gebühren im Bereich Information, Kommunikation, Medien nach § 30 Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. August 2005 (GV. NRW. S. 738) festgelegt war. Sie wird damit der Höhe nach für die Bearbeitung von Säumnisfällen der hier in Rede stehenden Art seit mehr als 13 Jahren unverändert und damit ungeachtet zwischenzeitlicher Kostensteigerungen gefordert.

Schließlich besteht zwischen der je Buch erhobenen Verwaltungsgebühr von 25,00 Euro bzw. der Gesamtgebühr von (Säumnisgebühr 20,00 Euro + Verwaltungsgebühr 25,00 Euro =) 45,00 Euro auf der einen Seite und dem Nutzen des säumigen Entleihers auf der anderen Seite auch kein unangemessenes Verhältnis. Mit der Leihe eines in der Hochschulbibliothek vorgehaltenen Werkes aus der Fachliteratur, das für die wissenschaftliche Arbeit benötigt wird, erspart der Entleihende die Anschaffung des betreffenden Werkes und damit Kosten, die zumindest im Regelfall weit mehr als 45,00 Euro pro Buch betragen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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