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Vergabe von Bestellsoftware verstößt nicht gegen das Buchpreisbindungsgesetz

Gericht: Bundeskartellamt

Entscheidungsdatum: 29.12.2017

Aktenzeichen: VK 2-146/17 [1]

Entscheidungsart: Beschluss

eigenes Abstract:

Bei der Vergabe für eine Bestellsoftware für Fachliteratur hat einer der beteiligten Bieter Klage wegen eines Verstoßes gegen das Buchpreisbindungsgesetz durch die ausschreibender Firma erhoben. Zusätzlich auch gegen die Wertung der eingegangenen Angebote. Das Bundeskartellamt hat diese Klage abgelehnt.

Beschluss

In dem Nachprüfungsverfahren

[…],

Verfahrensbevollmächtigte:

[…], -Antragstellerin-

gegen

[…], -Antragsgegnerin-

Verfahrensbevollmächtigte:

[…],

[…], -Beigeladene-

Wegen der Vergabe […], hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch die Vorsitzende Direktorin beim Bundeskartellamt Dr. Herlemann, den hauptamtlichen Beisitzer Regierungsdirektor Zeise und den ehrenamtlichen Beisitzer Pütz auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2017 am 29. Dezember 2017 beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen.

3. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin(Ag) machte am […] „Belieferung mit Fachliteratur, […]im Rahmeneines offenen Verfahrens im Supplement zum Amtsblatt der EU ([…]) gemeinschaftsweit bekannt. Die Laufzeit beträgt 24 Monate mit der Möglichkeit einer zweimaligen Verlängerungsmöglichkeit um jeweils weitere 12 Monate. Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Ausschlussbedürftigkeit der Angebote aller übrigen Bieter aufgrund eines von der Antragstellerin (ASt) geltend gemachten Verstoßes gegen das Buchpreisbindungsgesetzes(BuchPrG) sowie um die Wertung des Angebotskonzepts der ASt.

1.Das von der Ag ausgeschriebene Online-Verwaltungs-Portal soll ausweislich der Leistungsbeschreibung (Ziff. 4.1 ff.) u.a. für alle Abonnements deren Status, Bestelldaten, Kündigungen, Reklamationen erkennen lassen, einen online Produktkatalog beinhalten mit einer Zugriffsmöglichkeit der Ag auf den Gesamtkatalog mit vordefinierten Such-und Filterfunktionen. Darüber hinaus hat der spätere Auftragnehmer eine Verbrauchsstatistik zur Verfügung zu stellen.

Im Preisblatt (Anlage 2 der Vergabeunterlagen) sind in einer Tabelle drei zu bepreisende Positionen ausgewiesen:

1.Einmalige Kosten: Einrichtungskosten für Online-Verwaltungs-Portal

2.Wiederkehrende Kosten: Pauschalbetrag pro Vertragsjahr

3.Wiederkehrende Kosten: Wartungskosten für Online Verwaltungsportal

Unterhalb der Tabelle befindet sich folgender Hinweis:

„sofern für einzelne oder alle Preispositionen keine Kosten entstehen, tragen Sie bitte in die entsprechenden Felder 0,00 Euro ein und begründen dies auf einer separaten Anlage, die dem Angebot beizufügen ist. Bei fehlenden Preisangaben wird das Angebot gem. § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV ausgeschlossen.“

Zusätzlich werden auf dem Preisblatt die drei Preispositionen erläutert. Pos.1 ist demnach das Zurverfügungstellen der Plattform via Internet, Pos. 2 betrifft die vom Auftragnehmer zu erbringenden Dienstleistungen. Zu der in Rede stehenden Position 3 -Wartungskosten für Online Verwaltungsportalfindet sich folgende Definition:

„Unter Wartungskosten versteht die Auftraggeberin die Pflege und Aktualisierung des Datenbestandes sowie die Bestellkataloge innerhalb des Online Verwaltungs-Portals“

Die Bewertungskriterien (Anlage 9 der Vergabeunterlagen) sind wie folgt definiert:

1.Preis30 %

2.Qualität35 %

3.Service 35 %

Die Punktzahl für das Zuschlagskriterium Preis wird wie folgt ermittelt (Ziff 2. der Anlage 9):

„das Angebot mit dem niedrigsten, geprüften Gesamtangebotspreis erhält die maximale Punktzahl von 30,00 Punkten. Alle höheren, geprüften Gesamtangebotspreise werden mit dem niedrigsten, geprüften Gesamtangebotspreis ins Verhältnis gesetzt, in dem der niedrigste, geprüfte Gesamtangebotspreis durch den geprüften Gesamtangebotspreis des jeweiligen Angebots dividiert und mit der maximalen Punktzahl von 30,00 Punkten multipliziert wird.“

Die Antragstellerin (ASt) gab am 23. Oktober 2017 ein Angebot ab. Darin gab sie in den ersten beiden Preispositionen jeweils 0,00 Euro an, die dritte Position bepreiste sie mit einem sehr niedrigen einstelligen Jahres-Betrag. Alle anderen Bieter gaben in dieser Position jeweils 0,00 € an.

Bei der Wertung der Angebotspreise stellte die Ag fest, dass die bekannt gegebene Berechnungsmethode aufgrund des 0,00 € -Preises des Bestbieters mathematisch zu keinem Ergebnis führt (Division durch Null). Sie addierte daraufhin fiktiv einen Euro zu jedem Angebotspreis; die ASt erreichte bei der Preiswertung den fünften Rang.

Bei der Bewertung der qualitativen Komponente erhielt die ASt die volle Punktzahl, bei der Bewertung des Kriteriums „Service“ musste sie bei den Unterkriterien der konzeptionellen Darstellung

„(…), wie Sie den Kündigungs-und Neubeauftragungsprozess durchführen, den die Auftraggeberin unter 1.2 der Leistungsbeschreibung darstellt, umsetzen würden(5P.).“

und

„(…) wie Sie bei besonders dringenden Eillieferungen von Monografien aus dem Gebiet Gesundheitswissenschaften/Gesundheitswirtschaft und Wirtschaft/Recht die Lieferung sicherstellen. Gehen Sie dabei darauf ein: ob Sie diese aus ihrem Lager-oder Filialsortiment noch am selben Tag per Botenlieferung durchführen können (5 P.)“

Punktabzüge hinnehmen.

Insgesamt belegte die ASt unter Berücksichtigung der Wertung der anderen Zuschlagskriterien den letzten Rang von sechs Bietern. Die Beigeladene (Bg)ist in allen Bereichen mit der optimalen Punktzahl bewertet worden.

Die Ag teilte der ASt mit Schreiben vom 17. November 2017gemäß § 134 GWB mit, dass auf deren Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da es nicht das wirtschaftlichste Angebot sei. Sie habe beim Kriterium „Preis“ nicht das günstigste Angebot abgegeben und sei beim „Service“ schlechter bewertet worden; es habe eine Aussage zum Kündigungs-und Neubeauftragungsprozess gefehlt und die Belieferung am gleichen Tag sei bei Eillieferungen als lagerabhängig bezeichnet worden. Beim Kriterium „Qualität“ liege sie gleichauf mit dem Zuschlagsempfänger. Beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Bg zu erteilen.

Hiergegen wandte sich die ASt mit Schreiben vom 23. November 2017. Die Ag lehnte es mit Schreiben vom 24. November 2017 ab, der Rüge zu entsprechen.

2.Mit einem am27. November 2017 bei der Vergabekammer des Bundes eingegangenen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten beantragte die ASt die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Kammer hat diesen Antrag der Ag am selben Tag übermittelt.

a)Die ASt trägt vor, dass die Angebote der vor ihr liegenden Bieter, einschließlich des Angebots der Bg, wegen fehlender Preisangaben, der Missachtung der Vorgaben des BuchPrG sowie einer Mischkalkulation auszuschließen seien. Darüber hinaus sei die Wertung des Preises anhand der bekannt gemachten Bewertungsmethode rechtsfehlerhaft. Im Einzelnen:

Die Angebote der anderen Bieter seien schon wegen fehlender Preisangaben auszuschließen (§ 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV). Nur dann, wenn dem Bieter tatsächlich keine Kosten entstünden, sei ein entsprechender Preis der tatsächlich geforderte. Anderenfalls indiziere ein Null-Euro-Preis eine Kostenverlagerung, mithin einen unrichtigen Preis und damit eine unvollständige Preisangabe. Beim Betrieb der Plattform entstünden der Bg tatsächlich Kosten als Selbstkosten, welche sie der Ag in Rechnung stellen müsse. Die Ag könne sich daher nicht auf die „Null-Euro“-Rechtsprechung berufen, da die vor der ASt liegenden Bieter die komplette Nebenleistung und nicht nur einzelne Positionen mit 0,00 Euro angeboten hätten. Die ASt kenne die von den Bieter abgegebenen Begründungen hierfür nicht, so dass sich für sie nicht erschließe, weshalb vermeintlich keine Kosten entstehen sollten. Denn jedenfalls ihre Anfangsinvestitionen müssten diese Bieter einpreisen. Ausweislich der Vergabeakte habe die Ag zudem bei zumindest zwei Bietern die Begründungen nachgefordert, was unzulässig gewesen sei, da die bereits mit dem Angebot einzureichende Begründung auch die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Angebots betreffe.

Zudem unterliege die Bg, wie alle anderen Bieter auch, der Buchpreisbindung nach §3 BuchPrG. Nur soweit handelsübliche Nebenleistung erbracht werden sollen, sei ein Null-Euro-Angebot zulässig (§ 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchPrG). Diese eng auszulegende Ausnahme greife indes nur bei buchhandelstypischen Serviceleistungen wie z.B. Beratung, Bibliographieren, Literaturzusammenstellungen oder Geschenkverpackungen, nicht hingegen bei einer Lagerkontrolle, Titelerfassung oder Katalogarbeiten. Alle wirtschaftlichen, im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Letztabnehmer anhand einer Gesamtsaldierung zu prüfenden Vergünstigungen, die das BuchPrG nicht ausdrücklich zulasse, seien untersagt. Das Anbieten von Softwareverwaltungen sei jedoch mit Kosten für die Bieter verbunden, bei der ASt etwa im sechsstelligen Bereich pro Jahr. Auch seien die Serviceleistungen, wie hier eine Inventarisierung, nicht handelsüblich. Während die Eröffnung einer Online-Bestellmöglichkeit oder eine gute Beratung üblich sei, seien Inventarisierungsarbeiten nicht zulässig (vgl. Merkblatt des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zur Preisbindung im Bibliotheksgeschäft vom 10. Februar 2014). Diese Arbeiten müsse ein Auftragnehmer in der Preisposition 3 bepreisen, so dass die Angabe von 0,00 Euro nicht aufgrund einer Handelsüblichkeit zu rechtfertigen sei. Hingegen seien die Einrichtungskosten (Position 1) und wiederkehrende Kosten (Position 2) zulässige Nebenleistungen und hätten daher mit 0,00 Euro bepreist werden dürfen. Dies habe die ASt durch Nachfrage beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels vor Angebotsabgabegeklärt. In einem Verfahren des Börsenvereins gegen eine Ausschreibung der […] habe eine analoge Situation zur Zurückversetzung des Vergabeverfahrens geführt.

Darüber hinaus verfüge die ASt als Vorauftragnehmerin schon über ein Online-Portal. Die ASt müsse daher nur die Kosten ihres externen Dienstleisters auf die ca. 20.000 existenten Konten umlegen, was zu der im Preisblatt ausgewiesenen sehr geringen Höhe führe. Der von ihr geforderte Preis sei daher zutreffend.

Angebote, die diese Vorgaben nicht berücksichtigten, seien gemäß § 127 Ab 2 GWB auszuschließen. Zudem seien sie wegen einer Gesetzesverletzung nach § 60 Abs. 3 S. 2, Abs. 2 S. 2 Nr. 4 VgV i.V.m. § 128 Abs. 1 GWB nicht zu bezuschlagen. Aus dem Vergleich zum Angebot der ASt ergebe sich, dass das Angebot der Bg wegen der Gesetzesverletzung ungewöhnlich niedrig sei. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass Ungewissheiten bei der Aufklärung verblieben seien, weshalb auf diese Angebote der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe.

Aufgrund dieser Umstände habe die ASt auch den Börsenverein des Deutschen Buchhandels eingeschaltet, der die Ag durch seinen Preisbindungstreuhänder abmahnen werde.

Mit ihrem Vortrag in Bezug auf die Null-Euro-Preise sei die ASt auch nicht präkludiert. Denn erst durch einen entsprechenden Eintrag im Preisblatt offenbare sich der Vergabeverstoß. Auf den bloßen Hinweis im Preisblatt, dass bei allen Positionen der Eintrag „0,00 Euro“ möglich sei, habe die ASt daher nicht schon mit einer Rüge reagieren müssen. Denn dies impliziere umgekehrt, dass die Ag jedenfalls auch mit einer Angabe von Preisen über 0,00 Euro gerechnet habe. Allein ein drohender Vergaberechtsverstoß führe nicht zu einer Rügeobliegenheit.

Die Wertung des Kriteriums „Preis“ führe bei Einbeziehung von Null-Euro-Preisen dazu, dass alle höheren Preise keine Punkte mehr erhielten. Insoweit sei das Wertungssystem intransparent und diskriminierend, da selbst kleinste Abweichung vom Null-Euro-Preis das Verhältnis zwischen Qualität und Preis aushebelten.

Die ASt beantragt,

1. gegen die Ag ein Nachprüfungsverfahren gemäß §§ 160 ff. GWB einzuleiten;

2. der Ag die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Bg zu untersagen;

3. die Ag zu verpflichten, das Vergabeverfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen;

4. der ASt Einsicht in die Vergabeakten der Ag zu gewähren;

5. der Ag die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der ASt aufzuerlegen sowie

6. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die ASt zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

b)Die Ag beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Ag der ASt aufzuerlegen,

3. die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Ag für notwendig zu erklären.

Die Ag trägt vor, dass der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig sei. Denn die ASt stütze ihn im Wesentlichen auf die Unzulässigkeit von Null-Preis-Angeboten. Ausweislich des entsprechenden Hinweises im Preisblatt sei zweifelsfrei erkennbar gewesen, dass eine Eintragung von jeweils 0,00 Euro in allen Preispositionen nicht zum Ausschluss des Bieters führen werde. Man habe lediglich die Abgabe einer Begründung hierfür gefordert. Da die ASt davon ausgehe, dass die Ag sich hierdurch vermeintlich vergaberechtswidrig verhalte, hätte sie schon die Vorgabe bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist (23. Oktober 2017) rügen müssen. Die ASt könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie keine Kenntnis von den Angeboten der anderen Bieter haben könne. Denn entscheidend sei die Aussage der Ag, solche Angebote in der Wertung zu belassen. Die ASt habe auch die Vorgabe zur Kenntnis genommen, da sie selbst zwei Positionen mit 0,00 Euro bepreist habe. Mit ihrer erst am 23. November 2017 erhobenen Rüge sei sie daher präkludiert.

Soweit die ASt pauschal eine bessere Angebotswertung im Kriterium „Service“ für sich reklamiere, sei der Vortrag unsubstantiiert, da er keinerlei Begründung für die vermeintlich gebotene Besserbewertung enthalte.

Der Nachprüfungsantrag der ASt sei auch unbegründet, da kein Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz vorliege. Auch bei der von der ASt angegriffenen Preisposition 3 –Wartungskosten für das Online Verwaltungs-Portal –sei es den Bietern freigestellt, diese kostenlos anzubieten. Jedenfalls handele es sich um handelsübliche Nebenleistungen, die nicht der Preisbindung unterliegen (§ 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchPrG). Im Einzelnen:

Die in der Preisposition 3 erfassten Leistungen unterfielen nach dem Sinn und Zweck des BuchPrGschon nicht dessen preisbindungsrechtlichen Vorgaben. Es sei zwischen der Belieferung mit der Fachliteratur und den Serviceleistungen im Zusammenhang mit dem Online-Portal zu differenzieren. Zweck des BuchPrG sei der Schutz des Kulturgutes Buch durch den Erhalt eines breiten Angebots. Nach der Rechtsprechung des BGH sei Bezugspunkt eines Verstoßes gegen das BuchPrG, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher vermehrt werde. Es sollten direkte oder indirekte Nachlässe auf den Endverkaufspreis verhindert werden. Nicht verhindert werden solle der Wettbewerb im Übrigen. Es stehe den Bietern frei, Preisvorteile über qualitätssichernde Service-und Betreuungsdienstleistungen an die Ag weiterzugeben. Dies sei bei Position 3 der Fall: Es handle sich um eine Dienstleistung, die sich auf den Preis, den der Bieter für die preisgebundenen Verlagserzeugnisse erhalte, nicht tangiere. Der BGH habe am 21.Juli 2016 (I ZR 127/15) entscheiden, dass es den Buchhändlern unbenommen sei, in einen Qualitätswettbewerb einzutreten, etwa durch das Vorhalten eines umfangreichen Sortiments, gute Beratung und auch durch das Anbieten von Online-Bestellmöglichkeiten, auch wenn diese mit zusätzlichen Kosten für ihn verbunden seien.

Das BuchPrG sei aufgrund der Festlegung von Letztverkaufspreisen eine gravierende, auf nichtregulierten Märkten einen nichtfreistellungsfähigen Kartellverstoß darstellende Wettbewerbsbeschränkung. Gerade im Hinblick auf Art. 101 AEUV werde die Unterbindung von Preiswettbewerb kontrovers gesehen. Vor diesem Hintergrund sei die restriktive Anwendung des BuchPrG geboten. Verglichen mit dem stationären Buchhandel sei der Buchhändler ebenso frei, wie weitreichende und kostenlos vorzuhaltende Beratungsleistungen er anbiete, ohne gegen das BuchPrG zu verstoßen, da es Teil seiner eigenen Marketingstrategie sei. Auch wenn der Online-Handel einen anderen Vertriebsweg darstelle, sei der Händler weiterhin frei, welchen Aufwand er betreiben wolle. Daher dürfe er auch ein kostenloses, wenn auch vielleicht aufwändiges Online-Portal für die Kunden vorhalten. Die hierfür anfallenden Kosten würdendurch die normale Handelsspanne der Bücher gedeckt. Auch das Angebot der ASt belege, dass die Buchhändler nicht die Kosten auf die Kunden umlegten. Da sie nur einen geringen einstelligen Euro-Betrag für die Erbringung der Wartungsleistungen, d.h. die Pflege der Datenbank, pro Jahr verlange, was wohl kaum kostendeckend sein könne, verstieße sie mit dem von ihr geforderten Preis nach ihrem eigenen Vortrag selbst gegen das BuchPrG.

Selbst wenn die Wartungsleistungen dem BuchPrG unterfallen sollten, wären diese jedenfalls handelsübliche Nebenleistungen im Sinne des § 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchPrG. Die Wartung des Verwaltungs-Portals sei nicht mit einem Barzahlungsnachlass oder Freiexemplar zu vergleichen; eine Auswirkung auf die Endverkaufspreise gebe es nicht. Es sei nicht erklärlich, weshalb die Preispositionen 1 und 2 –auch nach Meinung der ASt –mit 0,00 € angesetzt werden dürften, die Position 3 demgegenüber nicht. Auch die Etablierung der Kundenhotline oder das Zurverfügungstellen des Portals selbstdürften Kosten auf Seiten der Bieter auslösen; die ASt könne die inhaltlichen Unterschiede nicht erklären, ihr eigenes Angebotsverhalten stehe somit in Widerspruch zu ihrem Vortrag.

Alle drei Positionen seien für die Kundenbetreuung und die Gewährleistung der Kundenzufriedenheit gleichermaßen wichtig. Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels anerkenne die Einrichtung einer Kundenhotline als handelsübliche Nebenleistung. Die Betreuung über ein Online-Portal sei eine vergleichbare Leistung, so dass auch diese ohne Zusatzkosten angeboten werden könne. Es mache keinen Unterschied, ob im stationären Betrieb umfangreiche Beratungsleistungen erbracht oder im Online-Angebot der Zugriff auf einen aktuellen Datenbestand sichergestellt werde. Kundenkonten seien das Äquivalent zum Ladengeschäft, in dem der Käufer die Bücher physisch betrachte und das Bestellmanagement vom Verkaufspersonal durchgeführt werde. Auch hierfür würden keine Zusatzkosten erhoben; es sei nicht einzusehen, weshalb dies im Onlinehandel ungewöhnlich und damit gesondert zu bepreisen sein solle.

Die vor der ASt platzierten Bieter seien auch nicht wegen der Angabe von Null-Preisen auszuschließen. Derartige Preisangaben seien nicht generell unzulässig, solange dies der tatsächlich geforderte Preis sei, auch negative Preise seien vergaberechtlich zulässig. Bei anderer Betrachtung wäre auch die ASt wegen ihrer Preisangaben in den Positionen 1 und 2 auszuschließen.

Da die Bieter im Rahmen der ihnen zustehenden Kalkulationsfreiheit die Leistungen tatsächlich kostenlos erbringen würden, liege auch keine Mischkalkulation im Sinne einer Verschiebung von Einheitspreisen auf andere Preispositionen vor. Darüber hinaus fehlten auch keine Preisangaben. Letztlich habe die Ag diese Angabe im Hinweis auf dem Preisblatt ausdrücklich zugelassen.

Ein ungewöhnlich niedriger Preis liege letztlich auch nicht vor. Die Ag habe die Angebote aufgeklärt, die nicht bereits mit dem Angebot die geforderte Erklärung eingereicht hätten. Die abgegebenen Begründungen für das kostenlose Angebot sei jeweils nachvollziehbar.

Die Wertung des Preises habe aufgrund des Null-Euro-Angebots des Bestbieters zwar zu einer mathematischen Verwerfung geführt, welche die Ag nicht hervorgesehen habe. Insoweit mag es sich um eine „riskante“ Bewertungsmethode handeln. Allerdings habe sich das Risiko im Sinne der „100 Punkte oder nichts“-Rechtsprechung des OLG Düsseldorf jedoch nicht realisiert. Da jedenfalls die Angebote mehrerer Bieter mit Null-Euro-Preisen in die Wertung eingeflossen seien, sich an deren Maximalpunktzahl 30 bei jeder denkbaren anderen Berechnungsmethode somit nichts habe ändern können, wirke sich die „riskante“ Formel nicht auf die Reihenfolge der Bieter und damit auch nicht zu Lasten der ASt aus.

c)Mit Beschluss vom 30. November 2017 ist die Bg zum Verfahren hinzugezogen worden.

Sie trägt vor, dass die ASt einer Fehlvorstellung in Bezug auf die zu erbringenden Leistungen unterliege. Schon durch den Verweis auf den größten Online-Händler sei die Branchenüblichkeit eines kostenloses Online-Portals für Bestellungen, Stornierungen, Bestellhistorie o.ä. zu belegen. Einziger Unterschied zur hiesigen Ausschreibung sei, dass die Ag sich über ihr hauseigenes System selbst beim Portal des Auftragnehmers anmeldewerde. Dies sei für regelmäßige Nutzer mit nicht nur sporadischem Bestellaufkommen eine Selbstverständlichkeitin der Branche. Die Nutzung entsprechender Portale sei auch branchenüblich kostenneutral; die ASt selbst habe nach ihrem eigenen Vortrag nur geringe Gesamtkosten berechnet. Die Bg nutze wie andere Anbieter eine seit langem bestehende Verwaltungsplattform (eingesetzt seit 1998), so dass allenfalls Milliwatt an Stromverbrauch als Kosten anzusetzen wären. In Relation etwa zu einer auch von der ASt gewährten Portofreiheit der Belieferung seien die laufenden Kosten somit zu vernachlässigen. Im Gegenteil führe die Nutzung von Online-Portalen zu einer Kostensenkung bei den Buchhändlern, weil deren Aufwand durch die perfekt vom Personal der Ag vorbereiteten Bestellungen reduziert werde. Personalintensive Rückfragen seien hierdurch nichtmehr erforderlich. Daher lägen auch keine wirtschaftlichen Vergünstigungen für die Ag vor. Hierunter fielen Gratisbeigaben, Bonuspunkte für spätere Einkäufe, Parkkostenerstattung o.ä.; die vorliegende Konstellation sei eher mit dem kostenlosen Betreten des Ladengeschäfts, dem eigenständigen Heraussuchen von Buchtiteln aus einem Katalog und der ungestörten Selbstbedienung am Regel durch den Kunden zu vergleichen. Auch hierfür verlange der Buchhändler kein Zusatzentgelt i.S.e. Eintritts für sein Ladengeschäft. Vorliegend könnten beide Seiten durch die Nutzungndes Online-Portals profitieren, weil Rentabilitätseinbußen des Handels auf Kundenseite kompensiert würden. Die Inventarisierung des Bestands der Ag liege bereits vor, so dass auch aus diesem Grund bei der späteren Leistungserbringung nur ein geringer Aufwand anfallen werde.

Auch gehöre die Datenaufnahme für die Bestellung nicht zu den Nebenleistungen, sondern schon zum Buchpreis. Anderenfalls müsste nie mehr ausgeschrieben werden, da nur der bestehende Auftragnehmer keine Anfangsinvestitionen mehr tätigen müsste, während neue Anbieter immer einen Aufschlag vornehmen müssten, um nicht gegen das BuchPrG zu verstoßen.

Der Verweis der ASt auf das Verfahren des Börsenvereins mit der […] sei schon deshalb nicht vergleichbar mit der vorliegenden Konstellation, weil die […] kostenlose Leistungen von den Bietern verlangt habe; hier habe die Ag neutral zur Abgabe von Angeboten aufgefordert, die Bieter hätten mit den üblichen Null-Euro-Preisen reagiert. Im Übrigen sei der Fall der […] nie in der Hauptsache entscheiden, sondern mit einem Vergleich beendet worden.

Der Bgdränge sich der Verdacht auf, dass die ASt das Nachprüfungsverfahren nur betreibe, um die zum Jahresende auslaufenden Abonnements noch einmal zu vereinnahmen, anstatt sie der Bg anwachsen lassen, zumal die ASt selbst nur sehr geringe Kosten angesetzt habe und ihr Vortrag somit widersprüchlich sei. Da sie jedoch vortrage, eigens ein System für die Ag programmiert zu haben, sei der Ansatz von nur sehr geringen Kosten durch sie evident ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung.

-Hinsichtlich der Frage der Präklusion schließe sich die Bg dem Vortrag der Ag an.

3. Die ASt hat in Absprache mit der Ag Akteneinsicht erhalten. In der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2017 wurde der Sachverhalt umfassend erörtert. Dabei erklärte die ASt, als derzeitige Auftragnehmerin die bislang für die Ag erbrachten Inventarisierungsleistungen dieser nicht in Rechnung gestellt zu haben.

4.Auf die gewährte erweiterte Akteneinsicht trägt die Ast im Nachgang zur mündlichen Verhandlung in Bezug auf die Wertung mit nachgelassenem Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 vor, dass diese durchgreifenden vergaberechtlichen Bedenken begegne.

a)Die Wertung sei zunächst schon nicht nach den bekannt gegebenen Wertungsmaßstäben erfolgt. Das vorgesehene Bewertungsraster unterscheide nur grob zwischen „ sehr gut“, „ausreichend“ und mangelhaft“, so dass für die Bieter nicht transparent sei, wie die Konzepte bewertet werden sollen, was für sich genommen schon erheblichen Bedenken begegne. Darüber hinaus habe eine relative, vergleichende Betrachtung der Angebote untereinander, wie sie sich aus Ziff. 4 der Anlage 9 der Vergabeunterlagen ergebe, ausweislich der Dokumentation offenbar nicht stattgefunden. Die dokumentierte Wertungsentscheidung, die bei der ASt Ausführungen in Textform lediglich bei den Unterkriterien „Aussagen zum Kündigungs-und Neubeauftragungsprozess“ („fehlt“) und „Eillieferung –Botenlieferung am selben Tag“ („lagerabhängig“)enthalte, lasse diesbezüglich jedenfalls keine Rückschlüsse zu. Angesichts des nur groben Bewertungsrasters hätte die Ag jedoch bei ihrer Wertungsentscheidung im Einzelnen niederlegen müssen, dass die jeweiligen Voraussetzungen vollständig erfüllt worden seien(für „sehr gut“) oder-bei einer schlechteren Beurteilung -weshalb Unterpunkte aus ihrer Sicht fehlten bzw. unzureichend dargestellt worden seien. Daran mangele es; dieser Dokumentationsverstoß verletze die ASt auch in ihren Rechten, da die Wertungsentscheidung nicht nachvollziehbar sei, zumal ihr nicht die gesamte Wertungsentscheidung der Ag vorliege. Daher sei die Kammer gehalten zu prüfen, ob die vergleichende Betrachtung vorgenommen und die Angebote der anderen Bieter entsprechend geprüft worden seien.

Die von der Ag vorgenommenen Punktabzüge seien auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Die ASt habe in Bezug auf den Kündigungs-und Neubeauftragungsprozess Aussagen in der Anlage zum Qualitätsblatt gemacht. Aus dem Gesamtzusammenhang der darin getroffenen Aussagen ergebe sich unmissverständlich, dass die Angaben der ASt zur Übernahme des Auftrags sich –wie gefordert –auf Ziff. 1.2 der Leistungsbeschreibung und damit auch auf den Kündigungs-und Neubeauftragungsprozess bezögen. Die ASt bezweifle, dass die Ag auch bei den anderen Bietern einen derart strengen und praxisfernen Prüfungsmaßstab angelegt habe. Der Punktabzug beim Unterkriterium „Eillieferung –Botenlieferung am selben Tag“ sei angesichts ihres [von der ASt im Einzelnen dargestellten, jedoch als Geschäftsgeheimnis deklarierten] Wettbewerbsvorteils gerade auch im Vergleich zur Bg nicht nachvollziehbar.

b)Die Ag repliziert mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2017. Sie habe die festgelegten Wertungsmaßstäbe so wie bekannt gegeben zum Einsatz gebracht; die Zuschlagskriterien einschließlich deren Gewichtung seien so wie in Anlage 8 (Bewertungskriterien) beschrieben bei der Wertung der Konzepte verwandt worden. Das Wertungsraster entspreche nahezu identisch der in der Rechtssache „Dimarso“ vom EuGH beurteilten und im Ergebnis akzeptierten Systematik. Auch das OLG Düsseldorf habe im Anschluss an diese Entscheidung des EuGH Bewertungsmethoden anhand einer verbalisierten Skala von „ohne Mängel“ bis „nicht akzeptabel“ als vergaberechtskonforme Ausfüllung des dem Auftraggeber zustehenden Freiraums bei der Aufstellung der Zuschlagskriterien erachtet.; ebenso judiziere nunmehr der BGH (Beschluss vom 4. April 2017, X ZB 3/17).

Ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht liege ebenfalls nicht vor. Da in Anlage 9 ausführlich beschrieben worden sei, was für den Erhalt der vollen Punktzahl erforderlich sei, habe bei der Wertung nicht mehr ausführlich beschrieben werden müssen, weshalb das Angebot im jeweiligen Unterkriterium die volle Punktzahl erhalte, wenn alle Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten. Erläuterungsbedürftig seien nur die Abweichungen gewesen. Dies habe die Ag in Bezug auf die ASt sowohl bei der Wertung wie auch bei der Mitteilung nach § 134 GWB in den zwei Unterkriterien getan, so dass sie ihrer Dokumentationspflicht nachgekommen sei.

Die Bewertung des Angebotskonzepts der ASt sei auch korrekt. Eine bessere Bewertung der ASt im Vergleich zu den Angeboten der anderen Bieter–wie von dieser begehrt –komme nicht in Betracht. Sämtliche Ausführungen der ASt in diesem Zusammenhang seien unsubstantiierte Behauptungen ins Blaue hinein.

Die ASt sei in ihrem Konzept nicht auf die in Ziff. 1.2 der Leistungsbeschreibung angesprochenen Kündigungen und Neubestellungen von Abonnements, insbesondere bei eventuellen organisatorischen Änderungen bei der Ag, eingegangen. Die Wertung „fehlt“, sei folglich korrekt. [Die Ag bergründet [sic!] ihre Wertungsentscheidung im Einzelnen durch Zitate aus dem Angebotskonzept der ASt, welche von dieser als Geschäftsgeheimnis deklariert wurden.]

Die ASt habe die geforderte Eillieferung am selben Tag nicht für sämtliche Bestellungen garantieren können, so dass auch hier der Punktabzug gerechtfertigt sei. Aus der einschränkenden Bemerkung „lagerabhängig“ bei der Dokumentation der Wertung ergebe sich hinreichend deutlich, weshalb nicht die volle Punktzahl zugunsten der ASt vergeben worden sei.

Die seitens der Ag vorgenommene Anpassung der Preisformel (Zuschlag von 1 € auf jedes Angebot) sei angesichts der eingegangenen Null-Euro-Angebote erforderlich gewesen. Hierdurch sei die Berechnungsformel nicht verändert worden. Diese Anhebung habe angesichts des höheren Preises der ASt zudem keine Schlechterstellung zu ihren Lasten oder eine Veränderung der Bieterreihenfolge nach sich gezogen.

5. Auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, auf die Vergabeakte, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen hat, sowie auf die Verfahrensakte der Vergabekammer wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet.

1. Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen, ein dem Bund zuzurechnender öffentlicher Auftrag oberhalb des einschlägigen Schwellenwerts, liegen vor, so dass sie keiner vertieften Erörterung bedürfen.

a)Die ASt ist auch antragsbefugt gem. § 160 Abs. 2 GWB. Ihr Interesse am Auftrag hat sie durch die Abgabe eines Angebots sowie durch die Rüge bzw. die Stellung des Nachprüfungsantrags hinreichend dokumentiert. Ihr Vortrag in der Sache ist zwar nicht wirklich konsistent, denn wenn die anderen Bieter mit den Null-Euro-Preisen in Preisposition 3 einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung realisiert hätten, so müsste das angesichts des minimalen Preises, den die ASt hier eingetragen hat, für sie in gleicher Weise gelten; die Preisposition 3 –Wartung –enthält auch keine Leistungen, bei denen die ASt geltend machen könnte, sie als Vorauftragnehmerin habe aufgrund bereits in der Vergangenheit erbrachter Leistungen im Vergleich zu den Wettbewerbern Kostenvorteile. Das Fehlen eigener Kostenvorteile in Bezug auf die Datenbankpflege hat die ASt in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich eingeräumt. Wenn aber auch ein Ausschluss der ASt selbst aus demselben Grund im Raum steht, den sie ihren Wettbewerbern vorwirft und auf den sie den Nachprüfungsantrag stützt, so ist ein Schaden im Sinne der Antragsbefugnis nicht selbsterklärend. Da aber die Anforderungen an die Antragsbefugnis und damit an den Zugang zum Rechtsschutz nicht zu hoch anzusetzen sind (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. Juli 2004 -2 BvR 2248/03), ist der Aspekt, ob die ASt mit ihrem symbolischen Preis selbst auszuschließen wäre, im Rahmen der Antragsbefugnis nicht weiter zu behandeln, sondern zugunsten der ASt unberücksichtigt zu lassen, sondern rein formal auf ihren Vortrag abzustellen. Ihren Vortrag als zutreffend unterstellt, wären alle fünf rangmäßig vor ihr liegenden Bieter auszuschließen, so dass ihr der Zuschlag zu erteilen wäre. Unter dieser Prämisse droht ihr auch ein Schaden zu entstehen.

b)Im Ergebnis geht die Kammer davon aus, dass die ASt auch ihrer Rügeobliegenheit mit ihrer Rüge vom 23. November 2017 entsprochen hat, § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB.Es spricht zwar Einiges dafür, dass schon aufgrund des unterhalb der Tabelle inAnlage 2 (Preisblatt) enthaltenen Hinweises „sofern für einzelne oder alle Preispositionen keine Kosten entstehen, tragen Sie bitte in die entsprechenden Felder 0,00 Euro ein“ [Hervorhebung durch die Kammer] in tatsächlicher Hinsicht erkennbar war, dass bei allen und damit auch bei der von der ASt angegriffenen Preisposition 3 aus Sicht der Ag der Eintrag „0,00 €“ zulässig ist und gerade nicht zum Ausschluss führen wird. Auch hatte die ASt bei der Erstellung ihres Angebots beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels nachgefragt, ob eine Angabe von 0,00 € in allen drei Positionen nach dem BuchPrG zulässig ist, was dieser –so ihr Vortrag –ihr gegenüber verneint hatte. Damit ist auch in rechtlicher Hinsicht anzunehmen, dass der Ast jedenfalls die von ihr angenommene Rechtswidrigkeit im Hinblick auf das BuchPrG positiv vor Angebotsabgabe bekannt war. Die Übertragung auf den von der ASt im hiesigen Nachprüfungsverfahren verfolgten Vergabeverstoß wegen der Nichteinhaltung zwingenden (Buch-)Preisrechts erscheint –auch unter Berücksichtigung eines laienhaften juristischen Verständnisses –auch in vergaberechtlicher Hinsicht als erkennbar. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass sich letztlich erst durch die Mitteilung der Agvom 17. November 2017, wonach andere Bieter beim Zuschlagskriterium „Preis“ besser bewertet wurden, der aus Sicht der ASt bis zu diesem Zeitpunkt mögliche Rechtsverstoß für die ASt erkennbar auch tatsächlich realisierte. Erst dann bestand daher die Obliegenheit zur Rüge, welcher die ASt durch ihre sechs Tage später erhobene Rüge nachkam.

c)Der Nachprüfungsantrag vom 27. November 2017 wurde auch innerhalb der 15-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB nach Erhalt der Nichtabhilfemitteilung vom 24. November 2017 gestellt.

2.Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Weder sind die Angebote der rangmäßig vor der ASt liegenden Bieter auszuschließen (dazu sub a)) noch begegnet die Wertung der Ag durchgreifenden vergaberechtlichen Bedenken (dazu sub b)).Letztlich führen auch die von der ASt angeführten Dokumentationsmängel nicht zur Zurückversetzung des Vergabeverfahrens (dazu sub c)).

a)Zunächst liegt kein Verstoß gegen zwingendes Preisrecht vor (dazu sub aa)). Die Angebote der anderen Bieter sind auch nicht wegen fehlender Preise (dazu sub bb)), einer Mischkalkulation in Bezug auf die kostenlos angebotenen Nebenleistungen (dazu sub cc)) oder eines ungewöhnlich niedrigen Preises (dazu sub dd)) auszuschließen.

aa)Ein Verstoß gegen § 127 Abs. 2 GWB i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 BuchPrG durch das Unterlassen des Ausschlusses (u.a.) der Bg seitens der Ag trotz des Bepreisens der Position 3 mit „0,00 €“ liegt nicht vor.

(1)Zwar sind gemäß § 127 Abs. 2 GWB verbindliche Vorschriften zur Preisgestaltung bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots vom öffentlichen Auftraggeber zu beachten. Auch muss gemäß § 3 BuchPrG derjenige, der neue Bücher –wie hier –gewerbs-oder geschäftsmäßig an Letztabnehmer verkauft, den nach § 5 BuchPrG vom Verleger/Importeuer festgesetzten Preis einhalten. Allerdings kann vorliegend keine (auch nicht mittelbare) Unterschreitung des festgesetzten Buchpreises durch das Bepreisen der Position 3 mit „0,00 €“ festgestellt werden. Ausgangspunkt für die diesbezügliche Prüfung ist im Hinblick auf die vom BuchPrG bezweckte Regulierung des Preiswettbewerbs, ob das Vermögen des Buchhändlers –hier des Bieters bzw. späteren Auftragnehmers–beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird. Eine Umgehung der preisrechtlichen Vorschriften ist regelmäßig auch dann anzunehmen, wenn zwar der festgesetzte Endpreis vereinnahmt wird, bei einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung dieser ganz oder teilweise wieder zurückerstattet wird oder jedenfalls gekoppelt mit dem Erwerb Vorteile gewährt werden, die den Erwerb als wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016, I ZR 127/15). Nicht ausgeschlossen werden soll durch das BuchPrG der Wettbewerb im Übrigen, auch wenn durchzusätzlich zur Lieferung erbrachte Leistungen Kosten beim Buchhändler entstehen (BGH a.a.O. Rn. 19; als Beispiele werden etwa das Vorhalten eines umfangreichen Sortiments, Eröffnung von Online-Bestellmöglichkeiten und eine gute Beratung durch geschulte Verkäufergenannt).

(2)Den ihr in diesem regulatorischen Rahmen zustehenden Wettbewerbsspielraum hat (u.a.) die Bg ohne Rechtsverstoß genutzt. Die Ag zahlt im Ausgangspunkt den gebundenen Preis für die zu liefernden Bücher. Die in Rede stehenden, in der Preisposition 3 zu berücksichtigenden Inventarisierungsleistungen und die Pflege der Datenbank sind zwar grundsätzlich geeignet, für die Ag einen zusätzlichen Vorteil im o.a. Sinne darzustellen: Aus einer gut gepflegten Datenbank lässt sich standortbezogen der Bestand ermitteln und es lassen sich somit z.B. Doppelbestellungen durch die Ag vermeiden. Jedenfalls mittelbar kann dies in einen wirtschaftlichen Vorteil münden. Allerdings trägt die Bg in diesem Zusammenhang zu Recht vor, dass die Nutzung eines Online-Portals auch Kostenvorteile zugunsten der Buchhändler generiert, weil die Ag Bestellungen und Kündigungen selbst vornehmen können wird und damit ihren Bücherbestand jedenfalls zum Teil selbst verwaltet. Hierdurch spart der spätere Auftragnehmer letztlich eigene Personalkosten, so dass die Datenbank auch wirtschaftlich fassbare Vorteile für den Bieter selbst generiert, indem der Auftraggeber durch eigene Mitarbeiter selbst Leistungen übernimmt, die üblicherweise vom Buchhändler erbracht werden. In der Gesamtschau kann schon aus diesem Grund nicht von einer Umgehung des BuchPrG im Sinne einer unzulässigen Minderung des Vermögens –hier der Bg –zugunsten der Ag ausgegangen werden.

(3)Auch angesichts des von der ASt für erforderlich gehaltenen Preises für die Datenbankpflege/Inventarisierung im lediglich einstelligen Euro-Bereich pro Jahr erscheint die Annahme einer Umgehung des Schutzzwecks des BuchPrG durch die Angabe von Null-Euro-Preisen als fernliegend, insbesondere angesichts des jährlichen Bestellwertes der Bücher im mittleren sechsstelligen Bereichs. Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des §7 Abs. 4 Nr. 1 BuchPrG, wonach die Abgabe von Waren von geringem oder nicht wirtschaftlich ins Gewicht fallendem Wert anlässlich des Buchverkaufs nicht als Pflichtverletzung nach § 3 BuchPrG gilt. Der BGH entnimmt dieser Vorschrift die gesetzgeberische Wertung, dass der durch die Buchpreisbindung zu unterbindende Preiswettbewerb nur durch solche, dem Letztabnehmer zugutekommenden Vorteile betroffen sein könne, die wirtschaftlich so erheblich sind, dass sie die auf den Preis bezogene Kaufentscheidung –hier des öffentlichen Auftraggebers –in relevanter Weise beeinflussen können (BGH, a.a.O. Rn. 25). Eine Erheblichkeit in diesem Sinne anzunehmen, ist angesichts der Relation zwischen der von den Bietern bepreisten bzw. gerade nicht bepreisten Position 3 und dem Gesamtauftragsvolumen im sechsstelligen Euro-Bereich in Bezug auf die zu liefernden Bücher abwegig, selbst wenn man davon ausginge, dass die anderen Bieter höhere Kosten zu berücksichtigen hätten als die ASt, welche (zur Hälfte) Vorauftragnehmerin ist und insoweit bereits Vorinventarisierungsarbeiten erbracht hat.

(4)Selbst wenn man den Schutzzweck des BuchPrG als einschlägig erachtete und dessen potentielle Umgehung annähme, handelt es sich bei der Inventarisierung bzw. der Datenbankpflege aber jedenfalls um eine handelsübliche Nebenleistung i.S.d § 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchPrG. Die Angebote aller Bieter –außer demjenigen der ASt, welches aber auch nur einen als symbolisch zu bezeichnenden Jahres-Betrag aufweist –haben diese Position mit 0,00 Euro Betrag bepreist. Wenn jedoch (faktisch) alle Bieter die Position (nahezu) kostenfrei anbieten, ist gegen die Bewertung der Ag, diese Angebote nicht aufgrund eines vermeintlichen Verstoßes gegen das BuchPrG auszuschließen, weil die Leistung aus Sicht der betroffenen Marktgegenseite offenbar üblicherweise kostenlos mitangeboten wird, nichts zu erinnern. Die Ag hat jedenfalls ihrerseits den Bietern die Möglichkeit eröffnet, für diese Leistungen ein Entgelt zu verlangen, welche von diesen jedoch nicht angenommen wurde. Die von der Ausschreibung angesprochenen Marktteilnehmer belegen mithin die Handelsüblichkeit der kostenlos zu erbringenden Nebenleistung. Das von der ASt herangezogene Merkblatt des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zur „Preisbindung im Bibliotheksgeschäft“ steht dieser Betrachtung nicht entgegen. Zwar werden dort Inventarisierungsarbeiten (z.B. Erstellung von Inventarlisten) für Bibliotheken als nicht handelsübliche Nebenleistungen bezeichnet (S. 5). Allerdings wird die Übersicht über die Handels(un)üblichkeit von Nebenleistungen mit den Worten eingeleitet, dass dies (nur) den gegenwärtigen Stand der handelsüblichen Serviceleistungen erfasst (S. 4). Da das Merkblatt am 10. Februar 2014 und damit vor knapp vier Jahren erschienen ist (vgl. S. 1), muss dies schon in rein zeitlicher Hinsicht nicht mehr dem aktuellen Marktgeschehen entsprechen (vgl. zu wechselnden Ansichten in Merkblättern: OLG München, Beschluss vom 19. Dezember 2007, Verg 12/07). Auch bezieht sich das Merkblatt im Ausgangspunkt nur auf das stationäre Bibliotheksgeschäft (wissenschaftliche Bibliotheken, kommunale, konfessionelle Büchereien, Schüler-und Truppenbüchereien) und damit nicht auf elektronisch verwaltete Fachliteraturbestände eines öffentlichen Auftraggebers wie im vorliegenden Fall. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels räumt in seinem Marktblatt zudem selbst ein, dass je nach betroffenem Letztabnehmer die Frage der Handelsüblichkeit „auch abweichend“ beurteilt werden könne(S. 4 rechte Spalte). Eine abschließende, rechtsverbindliche oder gar die Ag bindende Aussage lässt sich dem Merkblatt somit nicht entnehmen; die Handelsüblichkeit wird nicht durch den Börsenverein definiert, sondern sie entsteht durch regelmäßig geübte tatsächliche Praxis. Das Merkblatt ist nicht konstitutiv, sondern hat lediglich -deklaratorischen Charakter, indem es einen Überblick über die Praxis wiedergibt und diese zusammenfasst.

Letztlich hat die ASt selbst in der mündlichen Verhandlung erklärt, die von ihr bislang im Rahmen des Vorauftragsverhältnisses gegenüber der Ag erbrachten Inventarisierungsleistungen dieser nicht in Rechnung gestellt zu haben. Auch dies belegt die Handelsüblichkeit und damit die Möglichkeit, diese Nebenleistungen kostenlosmit anbieten zu dürfen. Es erscheint zudem wenig kohärent, die Errichtung des Portals in Pos. 1 als handelsübliche Nebenleistungen zu qualifizieren –so die ASt unter Berufung auf den Börsenverein –dessen bloße Wartung, nach der Definition die Pflege des Datenbestandes, demgegenüber nicht.

Ebenso wenig kann die ASt damit Gehör finden, dass sich der Markt zukünftig wandeln und in ein paar Jahren jeder Bieter diese Leistungen bepreisen werde, sich das Verhältnis bei den Null-Euro-Preisen folglich im Vergleich zum hiesigen Wettbewerbsergebnis umkehren wird. Zukünftige Entwicklungen spielen bei der Beurteilung der Handelsüblichkeit keine Rolle. Ein Ausschluss ist nur auf der Grundlageeines als aktuell gesichert festgestellten Verstoßes möglich. Dieser liegt –wie aufgezeigt –gerade nicht vor.

bb)Die Bg ist auch nicht wegen einer fehlenden, aus Sicht der ASt aufgrund der Wesentlichkeit auch nicht nachforderbaren Preisangabe auszuschließen, §§56 Abs.3 S.1, 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV. Da sie tatsächlich für diese Position keine gesonderte Vergütung verlangt, hat sie den Preis, wie von ihr gefordert, zutreffend mit 0,00 €eingetragen, so dass schon keine Angabe fehlt.

cc)Auch eine unzulässige und damit ausschlussbegründende Mischkalkulation kann durch die Angabe von Null-Euro-Preisen nicht festgestellt werden. Denn es kommt schon im Ansatz angesichts des regulierten Buchpreises keine Verschiebung zwischen spekulativ untersetzten und übersetzten Einheitspreisen in Betracht (vgl. zur Über-/Untersetzung: BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004, X ZB 7/04; Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 56, Rn. 89). Denn es fehlt an der Erhöhungsmöglichkeit als Kompensation für die vermeintlich künstlich abgepreiste Position 3, da alle Positionen Null-Euro-Preise enthalten und die Bücher preisgebunden sind und keinem Preiswettbewerb zugeführt wurden. Da im Gegenteil § 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchPrG gerade das kostenlose Mitanbieten handelsüblicher Nebenleistungen erlaubt, solange nur der festgesetzte Preis für die jeweiligen Verlagserzeugnisse vom Letztabnehmer entrichtet wird (s.o.), geht der Gesetzgeber selbst von einer zulässigen Deckung dieser Nebenleistungen durch die Handelsspanne des Buchhändlers aus. Diese Wertung des BuchPrG ist bei der Betrachtung der Preise im Rahmen der VgV schon aufgrund des Rangverhältnisses der Normen zu beachten.

Anhaltspunkte dafür, dass die Bg die Leistungen gar nicht erbringen möchte und die Preisposition 3 ohne Kompensationsmöglichkeit nur deshalb „untersetzt“ angeboten hat, um sich einen Wettbewerbsvorteil bei der Wertung zu verschaffen, was in der Tat ausschlussbegründend wäre, liegen ebenfalls nicht vor.

Die Ag weist letztlich zu Recht darauf hin, dass angesichts des niedrigen einstelligen Euro-Betrages, den die ASt für die Vor-Ort-Inventarisierung pro Jahr verlangt, dies ebenfalls nicht kostendeckend wäre, so dass sie ihre Argumentation in sich widersprüchlich erscheint.

dd)Letztlich liegt in diesem Zusammenhang auch kein ungewöhnlich niedriger Preis vor, § 60 VgV. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweiseliegen die Angebote bezogen auf den Gesamtauftragswert nahezu gleichauf, so dass schon die Aufgreifschwelle für die Prüfung -unabhängig auf welche Höhe man abstellt -nicht ausgelöst wird (für 20 %: OLG Düsseldorf,Beschluss vom 25. April 2012, VII-Verg 61/11, für 10 % vgl. Ziekow/Völlink/Vavra, Vergaberecht,§ 16 VOB/A Rn. 46 unter Verweis auf OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.September 2009, 15 Verg 3/09).

Selbst wenn man isoliert auf das (mathematisch nicht darstellbare) Verhältnis zwischen dem Null-Euro-Preis der Bg und dem einstelligen Euro-Preis der ASt pro Jahr abstellte und eine diesbezügliche Prüfungspflicht annähme, bestünde angesichts des Gesamtauftragsvolumens keine Gefahr, dass die Bg den Auftrag finanziell nicht durchhalten oder die Leistungen schlechter erbringen wird.Die Bg hat zudem gegenüber der Ag erklärt, weshalb sie die Leistungen kostenlos zu erbringen im Stande ist. Dagegen ist nichts zu erinnern.

b)Die Wertung des Angebotes der ASt im Bereich „Service“ hält sich im Rahmen des der Ag zustehenden Beurteilungsspielraums und den von ihr aufgestellten Vorgaben (dazu sub aa)), wovon sich die Kammer durch Einsichtnahme in die Angebote auch selbst überzeugt hat. Auf die Preiswertung kommt es angesichts dieses Befundes nicht mehr entscheidungserheblich an (dazu sub bb)).

aa)Soweit die ASt einen Punktabzug im Unterkriterium „Eillieferung am gleichen Tag“ hinnehmen musste, füllt dies –auch im Quervergleich zur Bg –den Beurteilungsspielraum der Ag ordnungsgemäß aus. Denn die Bg hat den Vorgaben entsprechend zum einen konzeptionell dargestellt, wie sie bei besonders dringenden Eillieferungen von Monografien diese sicherzustellen gedenkt und hat zum anderen auch die Lieferung am selben Tag aus Sicht der Ag nicht nur zugesichert, sondern auch plausibel dargelegt. Demgegenüber fällt die ASt aufgrund der nicht in diesem Umfang erklärten Zusicherung qualitativ ab, was durch einen Punkteabzug zutreffend von der Ag berücksichtigt wurde. Ebenso begegnet die Bewertung der Darstellung des Angebots der ASt, wie der unter 1.2 der Leistungsbeschreibung beschriebene Kündigungs-und Neubeauftragungsprozess durchgeführt werden soll, keinen durchgreifenden Bedenken. Die ASt hat hier keine vollständigen Angaben gemacht und im Wesentlichen nur den Übernahmeprozess dargestellt. Dieses Fehlen musste die Ag auch aus Gleichbehandlungsgründen gegenüber den deutlich tiefergehenden Ausführungen der Bg zu Lasten der Ast berücksichtigen.

bb)Die von der Ag durch die fiktive Anhebung der Preise um einen Euro modifizierte Berechnungsformel, die angesichts der angebotenen Null-Euro-Preise mathematisch nicht durchhaltbar war(Division durch Null), ist von der Ag zwar nicht vorab bekannt gegeben worden. Die Ag hat faktisch eine so nicht bekannt gegebene Bewertungsmethode verwandt. Unabhängig von der zwischen den Verfahrensbeteiligten umstrittene Frage, ob dies angesichts der neueren Rechtsprechung seit „TNS Dimarso“ (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016, C-6/15)zulässig ist, kommt es hierauf nicht mehr an. Denn aufgrund des Punkteabstandes zwischen dem optimal bewerteten Angebot der Bg und dem zu Recht in zwei Punkten abgewerteten Angebotskonzept der ASt ist es unerheblich, nach welcher Berechnungsmethode man die Preise von Bg und ASt bewertet. Denn selbst bei einer punktemäßigen Bewertung des Angebotspreises der ASt mit den vollen 30 Punkten unter Ausblendung des tatsächlich vorliegenden minimalen Preisabstandes gegenüber der Bg, käme ein Zuschlag zu ihren Gunsten nicht in Betracht.

Es kann sich lediglich für zukünftige Vergabeverfahren der streitgegenständlichen Buchlieferungen für die Ag hieraus die Fragestellung ableiten, ob es angesichts der seitens der Bieter vorgenommenen Preisgestaltung sinnvoll ist, den Preis für die Nebenleistungen überhaupt mit einer nennenswerten Gewichtung als Wertungskriterium aufzunehmen; der Preis darf zwar im Regelfall bei öffentlichen Auftragsvergaben als wichtiger Aspekt der Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Wertung nicht völlig marginalisiert werden. Angesichts der Preisgestaltung der Bieter bekommen jedoch minimale, gemessen am Gesamtauftragsvolumen vollkommen zu vernachlässigende Preisunterschiede ein sehr hohes Gewicht. Hier hat die ASt das Preiskriterium und dessen Gewichtung jedoch in keiner Weise als solches beanstandet und auch die Vergabekammer sieht keinen Anlass, die Gewichtung der Wertungsvorgaben von Amts wegen aufzugreifen. Die Ag hat den Bietern richtigerweise die Möglichkeit eröffnet, auch für die Nebenleistungen einen Preis anzubieten; dass die Bieter einschließlich der ASt hier keinen oder nur einen mehr als symbolisch zu bezeichnenden Preis anbieten würden, konnte die Ag nicht absehen.

Da die ASt zudem bei der Angebotserstellung davon ausging und auch weiterhin davon ausgeht, dass sie aufgrund der Vorgaben des BuchPrG jedenfalls einen Preis größer Null in der Position 3 anbieten muss, hätte ihr Angebot –da teurer als das der Bg -auch bei Bekanntgabe jeder andere Bewertungsmethode einen Punktabzug bei der Wertung hinnehmen müssen. Mangels Kausalität für die Verringerung der Zuschlagschancen kommt auch eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens unter dem Gesichtspunkt einer zweiten Chance nicht in Betracht.

cc)Letztlich liegen im Ergebnis auch keine Dokumentationsmängel bei der Wertung vor, die –so die ASt –schon für sich genommen zur Zurückversetzung des Verfahrens führen müssten. Auch wenn mit dem BGH (Beschluss vom 4. April 2017, X ZB 3/17) zu verlangen ist, dass der Auftraggeber ein besonderes Augenmerk auf die Verschriftlichung der Wertungsentscheidung zu richten hat, sind die vorliegenden –wenn auch sehr knappen –Verbalisierungen der Punktabzüge zuLasten der ASt angesichts der aufgestellten, hinreichend klaren Anforderungen noch geeignet, die notwendige Transparenz zur Begründung der Auswahlentscheidung herzustellen. Dass die ASt trotz der nur schlagwortartigen Begründung der Punktabzüge zu ihren Lasten in der Lage war, sich hierauf im Nachprüfungsverfahren einzulassen, zeigt schon ihre Rüge vom 23. November 2017 und ihr letzter Schriftsatz vom 20. Dezember 2017. Auch konnte die Kammer die Wertungsentscheidung der Ag auf dieser Grundlage überprüfen. Damit hat die Dokumentation ihren Zweck erfüllt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 und S. 2 GWB, § 80 Abs. 2 VwVfG.

Es entspricht der Billigkeit, der ASt auch die Aufwendungen der Bg aufzuerlegen. Sie diese zentral angegriffen und den Ausschluss ihres Angebots verlangt, so dass sie sich in einen Interessengegensatz zur Bg begeben hat. Zwar hat die Bg keine Anträge gestellt, sie hat jedoch schriftsätzlich und mündlich vorgetragen und insoweit das Verfahren wesentlich gefördert.

Angesichts der Komplexität und des Umfangs der mit dem Nachprüfungsantrag aufgeworfenen Rechtsfragen war es auch für die Ag als öffentliche Auftraggeber notwendig, eine Verfahrensbevollmächtigte hinzuzuziehen. Da sie aufgrund der im Nachprüfungsverfahren geltenden kurzen Fristen schnell auf den Vortrag auch aus dem Bereich des BuchPrG reagieren musste, welches nicht zu ihrem Kerngeschäft zählt, durfte sie sich des Rechtsrats bedienen. Im Übrigen ergibt sich die Notwendigkeit der Hinzuziehung aus dem Gesichtspunkt der „Waffengleichheit“ gegenüber der ebenfalls anwaltlich vertretenen ASt..

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf -Vergabesenat-, Cecilienallee 3, 40474Düsseldorf, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

Bei der Vergabe für eine Bestellsoftware für Fachliteratur hat einer der beteiligten Bieter Klage wegen eines Verstoßes gegen das Buchpreisbindungsgesetz durch die ausschreibender Firma erhoben. Zusätzlich auch gegen die Wertung der eingegangenen Angebote. Das Bundeskartellamt hat diese Klage abgelehnt.

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