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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen

Entscheidungsdatum: 18.03.1993

Aktenzeichen: OVG 2 B 4/93

Entscheidungsart: Beschluss

eigenes Abstract: Ein Oberbibliotheksrat erhält ein Schreiben, dass ihn in einen völlig neuen Aufgabenbereich versetzt. Er bittet um eine Rechtsprüfung, da es sich um eine laufbahnfremde Arbeit handle, er die notwendigen Qualifikationen nicht habe und sich wegen seines Alters nicht mehr in neue Tätigkeiten einarbeiten könne. Die zuständige Behörde sieht in seinem Einwand einen Widerspruch und weist diesen durch einen Widerspruchsbescheid zurück. Das Oberverwaltungsgericht jedoch erklärt entgegen der Rechtsprechung der Vorinstanz die Einwände des Oberbibliotheksrates für zulässig und begründet.

Instanzenzug:

Verwaltungsgericht Bremen, 07.09.1992

 

Beschluss

Bremen, den 18.März 1993

(VG 6 V.293/92)

– 2.Senat –

in der Verwaltungsrechtssache

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts v. 30. Dezember 1992 aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Einsatz des Antragstellers in der Forschungstransferstelle des Kooperationsbereichs Universität/Arbeiterkammer aufgrund der den Gegenstand der Klage 6 A 4/93 bildenden Maßnahme des Rektors der Universität zu unterlassen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000,- DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der am 12.Dezember 1933 geborene Antragsteller trat nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Köln, die er 1966 mit der Prüfung zum Diplomkaufmann abschloss, und nach einer mit einer Prüfung beendeten Ausbildung für den höheren Bibliotheksdienst an wissenschaftlichen Bibliotheken am 1.Mai 1971 in den Dienst der Antragsgegnerin ein. Zunächst war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Stadtbibliothek. Zum 1.Juni 1973 wurde er unter Ernennung zum Bibliotheksrat in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Ihm wurde das Amt des Bibliotheksrats bei der Universität übertragen. Am 25.Juni 1975 wurde er zum Oberbibliotheksrat ernannt. Er erhielt ein entsprechendes Amt bei der Universität und wurde in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Sein Dienstposten war bis 1976 nach Besoldungsgruppe A 15 bewertet; nach einer Neubewertung wurde er nur noch in Besoldungsgruppe A 14 eingestuft. Die Bemühungen seiner Dienstvorgesetzten um eine weitere Beförderung blieben erfolglos.

Mit seiner Ernennung zum Bibliotheksrat waren dem Antragsteller Aufgaben an der Staats- und Universitätsbibliothek -StuUB- übertragen worden. Im April 1975, kurz vor seiner Beförderung, übertrug ihm der Rektor der Universität die Funktion eines Abteilungsleiters für die Fachabteilung „Jura/Ökonomie“. Die Abteilung bestand aus 4 Fachreferenten und 2 Bereichsbibliotheken. Dem Antragsteller unterstanden 3 wissenschaftliche Bibliothekare, 4 bibliothekarische Sachbearbeiter und weitere Sachbearbeiter auf 7 1/2 Planstellen. Am 1.September 1986 wies ihn der Direktor der StuUB aufgrund einer Reorganisation und neuen Geschäftsverteilung förmlich die Aufgaben eines Fachreferenten für seine bisherigen Fächer zu. Unter dem 21.Mai 1987 übertrug der Direktor ihm statt dieser Tätigkeit für die Dauer von 6 Monaten die Sonderaufgabe „Erstellung des Schlagwortindex für die ökonomischen Fächer mit den Kurzbezeichnungen bwl, swl, vwl und ver“. Tatsächlich soll der Antragsteller schon seit 1984 ohne Aufgaben sein.

Nach Zustimmung durch den Personalrat bei der Universität teilte der Kanzler der Universität durch Schreiben v. 7.September 1992 dem Antragsteller mit, dass er mit Wirkung ab 1. Oktober 1992 von der StuUB in die Forschungstransferstelle des Kooperationsbereichs Universität/Arbeiterkammer umgesetzt werde, und übertrug ihm die Aufgabe „Aufbau einer Datenbank Gewerkschaftsprobleme in der Darstellung gesellschaftswissenschaftlicher Zeitschriften“.

Der Antragsteller wandte sich an den Senator für Bildung und Wissenschaft und bat um eine Rechtsprüfung. Er machte geltend: Die ihm übertragene Tätigkeit entspreche dem Amt eines Akademischen Oberrats und sei für ihn laufbahnfremd. Ferner sei für deren Wahrnehmung die Qualifikation eines Spezialisten in der elektronischen Datenverarbeitung erforderlich, die er nicht besitze, und in seinem Alter sei er nicht mehr in der Lage, sich in ein völlig neues Gebiet einzuarbeiten.

Die Senatskommission für das Personalwesen der Antragsgegnerin – SKP – sah die Einwendungen als Widerspruch an und wies sie durch Widerspruchsbescheid v. 1.Dezember 1992 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Eine Umsetzung müsse zulässig sein, wenn schwerwiegende Gründe des öffentlichen Interesses dieses erforderten. Da der Arbeitsplatz des Antragstellers in der StuUB weggefallen sei, habe ein neuer Dienstposten für den Kläger gefunden werden müssen. Die ihm übertragene Aufgabe sei von den fachlichen Anforderungen her dem höheren Bibliotheksdienst zuzuordnen. Aus Altersgründen könne er sich nicht weigern, die Aufgabe zu übernehmen, weil er bis zum Eintritt in den Ruhestand in der Lage sein müsse, auch die ihm neu zugedachten, seiner Laufbahnbefähigung entsprechenden Aufgaben zu übernehmen und abzudecken. Das gelte umso mehr, als durch den vom Haushaltsgesetzgeber im Zuge der Reorganisation beschlossenen Wegfall des Dienstpostens eines Oberbibliotheksrats an der StuUB ein besonderes öffentliches Interesse an der Umsetzung des Antragstellers bestehe.

Der Antragsteller hat am 4.Januar 1993 Klage erhoben (6 A 4/93) und schon vorher beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die „Umsetzung“ vorläufig zu unterlassen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss v. 30.September 1992 abgelehnt. Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Unrecht abgelehnt. Der Antragsteller wendet sich zu Recht gegen die Durchführung der Anordnung v. 7.September 1992.

1.) Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § VWGO § 123 VwGO statthaft. Die Anwendung der Vorschrift ist nach § VWGO § 123 Abs.5 VwGO nicht deshalb unanwendbar, weil ein Fall des § VWGO § 80 VwGO vorliegt. Ein Fall des § VWGO § 80 VwGO läge vor, wenn in der Anordnung v. 7.September 1992 ein mit der Anfechtungsklage anfechtbarer Verwaltungsakt zu sehen wäre (§ VWGO § 80 Abs. VWGO § 80 Absatz 1 S. 1 VwGO), den die Antragsgegnerin gem. § VWGO § 80 Abs.2 Nr.4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt hätte. Das ist nicht der Fall. Die Antragsgegnerin bezeichnet die Anordnung v. 7.September 1992 ausdrücklich als Umsetzung. Einer Umsetzung fehlt im Gegensatz zur Versetzung i. S. der §§ BRBEAMTENG § 27 BremBG u. 18 BRRG die Qualität eines Verwaltungsakts. Gegen sie ist deshalb nicht die Anfechtungsklage, sondern die allgemeine Leistungsklage zulässig (s. BVerwG, Urt. v. 22.5.1980 – BVERWG Aktenzeichen 2C3078 2 C 30.78 – in Schütz ES/A II 4.3, S.2, 4 f. = E 60, 144, 146, 149 f.). Die sofortige Vollziehung hat die Behörde aus ihrer Sicht konsequenterweise nicht angeordnet, weil die Vollziehbarkeit einer als innerbehördliche Organisationsmaßnahme ohne Verwaltungsaktqualität durch Widerspruch und Leistungsklage nicht aufgeschoben wird, sondern ohne weiteres durchgesetzt werden kann. Wenn auch die weiteren Erwägungen dafür sprechen, dass dem Antragsteller die neuen Aufgaben in der Forschungstransferstelle des Kooperationsbereichs Universität/Arbeiterkammer nicht im Wege einer Umsetzung übertragen werden dürfen, ändert das nichts daran, dass die Antragsgegnerin ihre Maßnahme als Umsetzung behandelt und durchsetzt und keinen Raum für eine Regelung durch Verwaltungsakt in der Form einer Versetzung sieht. Diesem Vorgehen der Antragsgegnerin entspricht es, wenn sich der Antragsteller dagegen mit dem Rechtsbehelf eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Wehr setzt. Für eine Umdeutung dieses Antrages in einen Antrag nach § VWGO § 80 Abs.5 VwGO, gegebenenfalls in entsprechender Anwendung, ist kein Raum. Das gilt hier auch dann, wenn die Anordnung v. 7.September 1992 in ihren Auswirkungen einer mit der Anfechtungsklage angreifbaren Versetzung gleichkommt. Denn die Behörden der Antragsgegnerin haben bewusst eine Form und ein Verfahren gewählt, das für Versetzungen und ihre Vollziehung nicht vorgesehen ist. Versetzungen können nicht durch Organe der Universität verfügt werden, sondern sind generell der SKP vorbehalten (Art. 1 Nr.4 a der Anordnung über die Ernennung und Entlassung der bremischen Beamten und Richter und zur Übertragung von dienstlichen Befugnissen i. d. F. der Bekanntmachung v. 23.7.1991, BremGBl. S.255, SaBremR 2040-c-l, i. V. m. § BREMHG § 16 a Abs. BREMHG § 16A Absatz 1 BremHG, SaBremR 221-a-l).

2.) Nach § VWGO § 123 Abs. VWGO § 123 Absatz 1 S.2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint. Unter den Beteiligten ist streitig, ob die Antragsgegnerin vom Antragsteller verlangen kann, einen Dienstposten im Kooperationsbereich Universität/Arbeiterkammer zu übernehmen.

a) Nach den Umständen ist anzunehmen, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Abwehr dieses Verlangens hat.

aa) Der Unterlassungsanspruch des Antragstellers dürfte nicht -wie der Antragsteller in erster Linie meint bereits aus einer Verletzung der formalen Anforderungen an eine Umsetzung herzuleiten sein. Zwar ist nicht der Rektor der Universität tätig geworden, dem nach § BREMHG § 16 b Abs.6 BremHG die Vornahme von Umsetzungen im Bereich der Universität obliegt. Die Umsetzung hat jedoch der Kanzler der Universität „in Vertretung“ angeordnet. Nach § BREMHG § 85 Abs. BREMHG § 85 Absatz 1 S.2 BremHG darf der Kanzler den Rektor in Angelegenheiten des Dienstleistungsbereichs vertreten. Da Anhaltspunkte für das Nichtvorliegen eines Verhinderungsfalles nicht gegeben sind, und es sich bei der Umsetzung eines Beamten im Bibliotheksdienst um eine Angelegenheit im Dienstleistungsbereich handelt (s.§§ BREMHG § 30 Abs. BREMHG § 30 Absatz 1 S. 1, BREMHG § 31 Abs. BREMHG § 31 Absatz 1 S. 1 BremHG), dürfte keine Zuständigkeitsüberschreitung vorliegen. Das von der Leiterin der Personalabteilung der Universität unterzeichnete Schreiben v. 8.September 1993 ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht als die ihn verpflichtende Umsetzung anzusehen, sondern nur als ausführende Regelung, auf die der Kanzler in seinem Schreiben v. 7.September 1993 Bezug genommen hat.

Die Anhörung der StuUB als betroffener Organisationseinheit der Universität (s.§ BREMHG § 96 b Abs.2 S. 1 BremHG) ist zwar entgegen § BREMHG § 16 b Abs.6 BremHG unterblieben. Nachdem ihr Leiter jedoch keinen Anlass gesehen hat, in der Sache zugunsten des Antragstellers tätig zu werden (s. Schreiben an den Antragsteller v. 12.10.1992), ist nicht ersichtlich, dass sich das Verhalten des Behördenleiters zulasten des Antragstellers ausgewirkt haben kann.

Auch das für eine Umsetzung im Bereich der Universität vorgesehene personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren dürfte eingehalten worden sein. Da bei der StuUB als einer Organisationseinheit der Universität kein besonderer Personalrat gebildet worden ist und grundsätzlich auch nicht zu bilden ist (s.§ BRPERSONALVERTG § 7 Abs. BRPERSONALVERTG § 7 Absatz 1 BremPersVG), kam nur eine Beteiligung des Personalrats der Universität in Betracht, die stattgefunden hat.

bb) Nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ist jedoch anzunehmen, dass dem Antragsteller aus dem Gesichtspunkt des Rechts der Fürsorge durch seinen Dienstherrn (§ BRBEAMTENG § 78 BremBG u. § BRRG § 48 BRRG) ein Anspruch auf Unterlassung der Umsetzung zusteht. Die Umsetzung verletzt ihn in seinem Status als Oberbibliotheksrat, den der Dienstherr schützen muss und nur unter Wahrung der im Beamtenrecht vorgesehenen Formen und Verfahren ändern kann.

Durch die Umsetzung sind dem Antragsteller Aufgaben übertragen worden, die nicht seinem Amt entsprechen. Als Beamter hat er ständig Funktionen im Bibliotheksdienst wahrgenommen. Als Mitarbeiter der StuUB gehörte er nicht den Fachbereichen und wissenschaftlichen Einrichtungen der Universität an, sondern einer zentralen Betriebseinheit der bremischen Hochschulen, die gleichzeitig Organisationseinheit der Universität ist (§ BREMHG § 96 b Abs.2 BremHG). Er war demnach in einem Bereich der Universität tätig, der nur mittelbar zur Verwirklichung ihrer Aufgaben in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre (§ BREMHG § 4 Abs. BREMHG § 4 Absatz 1 BremHG) dient. Die StuUB ist als Betriebseinheit der Universität funktional und rechtlich grundsätzlich von ihren wissenschaftlichen Einrichtungen innerhalb und außerhalb der Fachbereiche der Universität zu unterscheiden (s. § HRG § 66 Abs.2 S. 1 HRG u. §§ BREMHG § 92, BREMHG § 94 BremHG, Kickartz in Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 93 Rdnr.138). Außer der Versorgung der Hochschule mit den verschiedenen für Forschung, Lehre und Studium erforderlichen Medien nimmt die StuUB die Aufgaben einer Landesbibliothek wahr (§ BREMHG § 96 d Abs. BREMHG § 96D Absatz 1 BremHG). Ihre Beamten und übrigen Mitarbeiter werden hochschulrechtlich als sonstige Mitarbeiter vom wissenschaftlichen Personal unterschieden (§ BREMHG § 30 Abs. BREMHG § 30 Absatz 1 BremHG). Wie die Stellenbeschreibungen v. 15.Oktober 1976 und v. 20. August 1982 zeigen, bestanden die vom Antragsteller wahrgenommenen Aufgaben eines Fachabteilungsleiters und Fachreferenten aus der Leitung, Organisation und Koordinierung verschiedener verwaltungstechnischer Tätigkeiten, die der Benutzbarkeit der Bücherei dienten, wie der Erstellung von Katalogen und Indizes und dem Aufsichts- und Auskunftsdienst, ferner aus der Mitwirkung bei den Erwerbsentscheidungen und bei der Ausbildung der Bibliotheksreferendare.

Diese Funktionen entsprachen der Vorbildung des Antragstellers für den höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken und seinem Status als Bibliotheksrat und Oberbibliotheksrat. Diese Ämter gehören einer besonderen Laufbahn an, deren Angehörige auch im Bereich der Antragsgegnerin besondere Anforderungen erfüllen und eine Laufbahnprüfung abgelegt haben müssen (s. §§ BRHOEHBIBAPO § 1, BRHOEHBIBAPO § 2, BRHOEHBIBAPO § 13 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den höheren Bibliotheksdienst im Lande Bremen vom 29.5.1982, BremABl. S. 573, SaBremR 2040-K-lo). Die Mitarbeit an bestimmten Forschungsvorhaben oder die Wahrnehmung von Lehrveranstaltungen obliegen dagegen dem wissenschaftlichen Personal einer Universität, u. a. den wissenschaftlichen Mitarbeitern i. S. der §§ HRG § 53 Abs. HRG § 53 Absatz 1 S. 1, Abs.2 HRG und § BREMHG § 22 Abs. BREMHG § 22 Absatz 1 S. 1 u. 3 BremHG. Für sie gelten die besonderen Anforderungen an den höheren Bibliotheksdienst nicht. Zu ihnen gehören nach der ausdrücklichen Funktionsbeschreibung in der Besoldungsordnung A, Besoldungsgruppe A 14, in der Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz die Akademischen Oberräte (s. OVG Bremen, Beschl. v. OVGBREMEN 28.6.1982 -1 B 81/82-; Kickartz, Rdnrn. 198, 202). Wenn der Antragsteller in der Forschungstransferstelle des Kooperationsbereichs Universität/Arbeiterkammer Aufgaben übernehmen soll, die nach der Bewertung seiner Dienststelle „exakt“ die Anforderungen erfüllen, die an die Funktion eines Akademischen Oberrats gestellt werden (s. Schreiben der Universität v, 10.7.1992), so wird von ihm eine grundlegende Änderung seiner beruflichen Tätigkeit verlangt und nicht ein bloßer Arbeitsplatzwechsel innerhalb des abstrakt umschriebenen Funktionsbereichs der Beamten der Laufbahn des höheren Bibliotheksdienstes und insbesondere eines Oberbibliotheksrats. Er soll nach der Funktionsbeschreibung unmittelbar Dienstleistungen für Forschungsarbeiten zu Gewerkschaftsproblemen erbringen: Außer der systematischen Erfassung und Auswahl relevanter gewerkschaftsbezogener Veröffentlichungen, der EDV-Organisation und dem Betrieb für diesen Bereich, der Anleitung und Beaufsichtigung studentischer Hilfskräfte sowie dem Aufbau eines Kooperationszusammenhanges zu gewerkschaftlichen Wissenschaftlern und Institutionen, soll er auch Forschungsvorhaben betreuen und unterstützen sowie Arbeitsberichte und Publikationen erstellen. Auch wenn der Antragsteller aufgrund seines Studiums und seiner Ausbildung zum höheren Bibliotheksdienst in der Lage sein dürfte, sich in diesen Aufgabenbereich einzuarbeiten, gleicht doch wegen der Spezialität des Aufgabenthemas und der Art der Aufgabenerledigung die Aufnahme der neuen Tätigkeit einem beruflichen Neuanfang oder kommt ihm nahe. Vom Antragsteller wird nicht nur eine kurze Neuorientierung in einem ihm von der Ausbildung und bisherigen beruflichen Tätigkeit vertrauten Aufgabenbereich verlangt, sondern die Übernahme eines Tätigkeitsfeldes, das er sich erst in einer mehr oder weniger langen Einarbeitungszeit vertraut machen muss. Nicht zuletzt deshalb wird ihm im Widerspruchsbescheid ausdrücklich eine zeitlich nicht begrenzte „angemessene“ Einarbeitungszeit zugebilligt. Die schriftliche Fixierung der ersten Arbeitsschritte nach seinem Dienstantritt auf seinem neuen Arbeitsplatz am 14.Januar 1993 deutet ebenfalls darauf hin, dass er wie ein Berufsneuling in seine Tätigkeit eingeführt werden muss.

Mit der Übertragung solcher Aufgaben musste der Antragsteller nicht rechnen, nachdem die Antragsgegnerin ihn aufgrund seiner Vorbildung als Diplomkaufmann und aufgrund seiner in einem besonderen Vorbereitungsdienst erworbenen Qualifikation für den höheren Bibliotheksdienst an wissenschaftlichen Bibliotheken zum Bibliotheksrat und Oberbibliotheksrat ernannt hat. Die Übertragung von Dienstleistungen, die zum gesetzlich festgelegten Inhalt des Amtes eines Akademischen Oberrats gehören, ist mit seinem Status als Oberbibliotheksrat nicht vereinbar und für ihn laufbahnfremd. Eine derartige den Status eines Beamten berührende Aufgabenzuweisung, die einen Laufbahnwechsel beinhaltet, steht nicht im freien Organisationsermessen des Dienstherrn (s. BVerwG, Urt. v. BVERWG 12.2.1981 -2 C 42.78- in Schütz ES/A II 4.3 Nr.2). Sie ist, da sie das Recht des Beamten auf amtsgemäße Beschäftigung beeinträchtigt und folglich Außenwirkung hat, ein Verwaltungsakt. Eine solche Veränderung kann nur unter den besonderen gesetzlichen Voraussetzungen für Versetzungen (§ BRBEAMTENG § 27 BremBG) vorgenommen werden, auch wenn sie die Behördenzugehörigkeit unberührt lässt (s. BVerwG, Urt. v. BVERWG 29.4.1982 -2 C 41.80- in E 65, 270, 276).

Ob die Voraussetzungen für eine Versetzung vorliegen, ist hier nicht zu entscheiden, weil eine solche Verfügung durch die zuständige Behörde bewusst nicht getroffen worden ist. Der Senat beschränkt sich auf den Hinweis, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Versetzung eines Beamten, dem wie dem Antragsteller nur noch wenige Jahre bis zum Übertritt in den Ruhestand verbleiben, nur durch einen ganz besonders dringendes Bedürfnis des Dienstherrn gerechtfertigt werden kann, wenn ihm ein Amt einer Laufbahn übertragen werden soll, das sich hinsichtlich Vor- und Ausbildung und in seiner praktischen Ausprägung von dem Amt seiner Laufbahn unterscheidet (s. BVerwG, Urt. v. 15.8.1960 – BVERWG Aktenzeichen 6C959 6 C 9.59 – in Buchholz 237.3 § BRBEAMTENG § 27 BremBG Nr. 1). Da hier keine Versetzungsverfügung zu überprüfen ist, kann auch die von den Behörden der Antragsgegnerin bisher nicht erörterte Frage offenbleiben, ob die Tatsache der Entbindung des Antragstellers von seinen Aufgaben aufgrund der Reorganisation der StuUB in dem Zeitraum 1984 bis 1987 ein dringendes dienstliches Bedürfnis für eine Versetzung darstellt. Ebenso die Frage, weshalb sich bis heute keine Möglichkeit ergeben hat, ihn an der StuUB wieder einzusetzen.

Es ist nötig, dass die Verletzung der Rechtsposition des Antragstellers als Oberbibliotheksrats durch eine einstweilige Anordnung für die Dauer des Klageverfahrens 6 A 4/93 untersagt wird. Ohne einstweilige Anordnung müsste der Antragsteller während der möglicherweise mehrjährigen Dauer dieses Prozesses über die Hauptsache seinem Status nicht entsprechende Aufgaben ausführen. Da die Antragsgegnerin ohne die einstweilige Anordnung keinen Anlass zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Versetzungsverfahrens sehen würde, würde der jetzt im 60. Lebensjahr stehende Antragsteller möglicherweise bis zum Eintritt in den Ruhestand gezwungen, laufbahnfremde Tätigkeiten auszuführen, obwohl offen ist, ob dies von ihm aufgrund einer Versetzung verlangt werden könnte, und nicht gesichert erscheint, dass die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme noch vor seinem Eintritt in den Ruhestand rechtlich geklärt werden kann.

Zur Vermeidung von Missverständnissen stellt der Senat klar, dass die einstweilige Anordnung einer Versetzung, die eine Erledigung der Klage 6 A 4/93 herbeiführen würde, nicht entgegensteht. Als vorläufige Regelung steht sie auch nicht einer anderweitigen Einigung der Beteiligten während des Klageverfahrens entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § VWGO § 154 Abs. VWGO § 154 Absatz 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf §§ GKG § 13 Abs. GKG § 13 Absatz 1, GKG § 20 Abs.3 GKG.

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