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Gericht: Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße)

Entscheidungsdatum: 14.06.2007

Aktenzeichen: 4 K 54/07.NW

Entscheidungsart: Beschluss

eigenes Abstract: Der Kläger, der ein privates Archiv mit dem Schwerpunkt der jüngeren deutschen Geschichte betreibt und zu diesem Zweck vom Stadtarchiv Ludwigshafen im 1. Klageantrag eine Kopie der Ehrenbürgerurkunde Adolf Hitlers fordert, verlangt im 2. Klageantrag, dass zukünftig seine selbstverlegten Publikationen ebenso wie andere Druckerzeugnisse in der Stadtteilbibliothek öffentlich ausgelegt werden.
Die Klage wird abgewiesen. Im Rahmen des Hausrechts und unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes ist die Stadt berechtigt, private Publikationen von der Auslage auszuschließen, da ansonsten die Platzkapazitäten nicht ausreichen würden. Es ist nicht zu erkennen, dass die Druckerzeugnisse des Klägers vergleichbar zu anderen Blättern ortsbebezonge und aktuelle Informationen enthalten, die dem Informationsinteresse der örtlichen Bevölkerung entsprechen.

Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Der Kläger ist Leiter des „ … Archivs“, das sich nach seinen Angaben mit der jüngsten deutschen
Geschichte beschäftigt und hierzu Publikationen veröffentlicht. Als Leiter dieser Einrichtung
beantragte er zunächst am 22. November 2006 die Zusendung von Dokumenten betreffend die
von der Stadt Ludwigshafen im Dritten Reich an Adolf Hitler verliehenen Ehrenbürgerwürde. Die
Beklagte verwies ihn insoweit mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 auf die Möglichkeit, die
Dokumente im Stadtarchiv einzusehen, lehnte aber die Übersendung der Schriftstücke an ihn aus
grundsätzlichen Erwägungen ab.

Des Weiteren verlangte der Kläger mit Schreiben vom 26. November 2006 unter Bezugnahme auf
die Auslage der Zeitung „Die Nase“ in verschiedenen öffentlichen Gebäuden im Stadtteil …, dass
auch die Publikationen des „ … Archivs“ dort ausgelegt werden dürfen. Dieser Antrag wurde von
der Beklagten zunächst als unsachlich angesehen und nicht beschieden.

Daraufhin hat der Kläger am 16. Januar 2007 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, mit der er
seine Begehren weiterverfolgt.

Während des Klageverfahrens lehnte die Beklagte dann mit Schreiben vom 3. April 2007 den
Antrag auf Auslegung der Publikationen des „ … Archivs“ ab, weil sich wegen der mangelnden
Kapazitäten in ihren öffentlichen Gebäuden eine Auslage von Publikationen auf solche mit
einem aktuellen Bezug beschränken müsse und dies bei den vom Kläger verantworteten
Druckerzeugnissen offensichtlich nicht der Fall sei.

Nachdem die Beklagte auch einen weiteren am 1. März 2007 gestellten Antrag des Klägers
auf Überlassung der im Stadtarchiv vorhandenen Dokumente, die die Verleihung der
Ehrenbürgerschaft an Adolf Hitler durch die damals noch unabhängige Stadt Oggersheim im
Dritten Reich betreffen, aus grundsätzlichen Erwägungen am 26. April 2007 abgelehnt hatte, hat
der Kläger seine bereits anhängige Klage auch um dieses Begehren erweitert.

Er trägt vor:

Er benötige die genannten Dokumente zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung und zur
Herstellung einer Publikation mit dem Titel „Ludwigshafen im Dritten Reich“ und habe auch einen
aus Art 5 Abs. 3 GG folgenden Anspruch auf Überlassung. Den Verfassern anderer historischer
Betrachtungen der Stadtgeschichte seien diese Urkunden auch zugänglich gemacht worden. Es
gehe ihm um eine Überlassung von brauchbaren Kopien, was nicht bedeute, dass diese in einem
Größenverhältnis von 1:1 angefertigt werden müssten. Kopien in diesem Größenverhältnis habe
er selbst schon anhand der Veröffentlichungen der Beklagten in dem Werk „Geschichte der Stadt
Ludwigshafen am Rhein“ herstellen können. Diese Kopien seien aber qualitativ zu schlecht.

Er verlange bezüglich der Auslage der Publikationen seines Archivs die Gleichbehandlung mit
den Druckerzeugnissen der Stadtteilszeitung „Die Nase“. Inhaltlich weise diese Zeitung nicht
nur einen aktuellen Bezug auf, sondern befasse sich unter der Rubrik „Geschichte“ ebenfalls
mit jüngerer deutscher Geschichte. Bei dieser Zeitung handele es sich um ein kommerziellen
Interessen dienendes Erzeugnis. Das „ … Archiv“ sei ebenfalls gewerblich tätig. Seine bisher nur
geplanten Publikationen, die auszulegen seien, sollten eine Selbstdarstellung der Arbeit des „ …
Archivs“, geschichtliche Betrachtungen und auch Veranstaltungshinweise enthalten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm die im Stadtarchiv vorhandenen Dokumente betreffend
die im Dritten Reich von der Stadt Ludwigshafen und der Stadt Oggersheim jeweils an
Adolf Hitler verliehene Ehrenbürgerschaft in brauchbarer Kopie zu überlassen;

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. April 2007 zu verpflichten,
die Auslage der Publikationen des „ … Archivs“ in öffentlichen Gebäuden der Stadt
zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt zur Begründung vor:

Die Klage auf Aushändigung der Dokumente des Stadtarchivs betreffend die Ehrenbürgerschaft
von Adolf Hitler sei unzulässig, da der entsprechende Antrag mit Bescheid vom 14. Dezember
2006 abgelehnt worden sei. Der Kläger müsse hiergegen zunächst Widerspruch einlegen. Im
Übrigen sei die Klage unbegründet, weil eine Aushändigung einer originalgetreuen Kopie der
begehrten Ehrenbürgerurkunden befürchten ließe, dass diese Schriftstücke auf dem bestehenden
Markt für nationalsozialistische Memorabilia gehandelt würden, und deshalb grundsätzlich den
Archivbenutzern solche Kopien nicht überlassen würden.

Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Auslage von Publikationen vertieft die Beklagte ihre bereits
genannten Ablehnungsgründe.

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten
Schriftsätze und vorgelegten Verwaltungsvorgänge, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Klageantrag zu 1. ist zulässig.

Der Kläger hat eine statthafte allgemeine Leistungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens
erhoben. Die Verpflichtungsklage ist nicht einschlägig, weil die Beklagte nicht die Vornahme
eines beantragten Verwaltungsaktes abgelehnt hat. Die begehrte Überlassung von Kopien
der im Stadtarchiv vorhandenen Dokumente bezüglich der an Adolf Hitler im Dritten Reich von
den Städten Ludwigshafen und Oggersheim verliehenen Ehrenbürgerschaft ist ein schlicht
hoheitliches Handeln, das keine rechtsverbindliche Regelung durch Verwaltungsakt nach § 35
Satz 1 VwVfG beinhaltet. Auch die Ablehnung des beantragten schlicht hoheitlichen Handelns mit
Schreiben vom 14. Dezember 2006 ist kein mit Widerspruch und danach mit Anfechtungsklage
anfechtbarer Verwaltungsakt, weil insoweit keine Regelung erfolgt ist. Die Beklagte hat mit
diesem formlosen Schreiben nicht hinreichend sicher erkennen lassen, dass sie eine auf die
Herbeiführung eines Rechtserfolgs (z. B. die verbindliche Ablehnung von Benutzungsansprüchen
des Klägers) gerichtete Entscheidung hat treffen wollen (vgl. hierzu Stelkens/Stelkens in Stelkens/
Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rdnr. 56).

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch darauf, ihm die begehrten Dokumente in Kopien von
einer bestimmten Güte zu überlassen. Als Anspruchsgrundlage kommen § 3 Absätze 1 und
8 Landesarchivgesetz – LArchG – vom 5. Oktober 1990 (GVBl. S. 277) i. V. m. §§ 2, 3, 8
Archivordnung der Beklagten vom 9. März 2001 (Blatt 31 d. GA) in Betracht. Danach hat jeder,
der ein berechtigtes Interesse darlegt, ein Recht auf Benutzung des öffentlichen Archivguts nach
Maßgabe der Benutzungsordnung, also im vorliegenden Fall der Archivordnung der Beklagten.
Allerdings folgt daraus nicht das Recht, Reproduktionen von Archivgut anfertigen zu lassen oder
Archivgut vervielfältigen zu dürfen. Nach § 3 Abs. 1 Archivordnung besteht die Benutzung des
Archivguts im Regelfall darin, dass die in den Räumen des Stadtarchivs vorhandenen Dokumente
eingesehen werden können. Reproduktionen hingegen, wie sie der Kläger mit Kopien hergestellt
wissen möchte, bedürfen nach § 8 Archivordnung der Zustimmung des Stadtarchivs, auf deren
Erteilung im Gegensatz zum allgemeinen Benutzungsanspruch kein Rechtsanspruch besteht.

Zudem wird in der Gesamtschau der genannten Vorschriften des Archivgesetzes und der
Archivordnung auch deutlich, dass eine vom Regelfall abweichende Archivbenutzung in Form
einer Überlassung von Kopien auch allenfalls dann in Betracht kommt, wenn der Benutzer hierfür
ein berechtigtes Interesse geltend machen kann. Ein solches Interesse an der Überlassung von
Kopien in bestimmter Güte hat der Kläger aber nicht nachvollziehbar dargetan. Er beruft sich
insoweit nur auf seine grundrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 GG.
Unabhängig davon, ob der Schutzbereich des Grundrechts für diese Tätigkeit des Klägers für das
„ … Archiv“ überhaupt eröffnet ist, hat er aber nicht substantiiert dargelegt, zu welchem Zweck er
die Kopien in bestimmter Güte überhaupt benötigt und weshalb insoweit die Verwendung der von
ihm selbst bereits hergestellten Kopien nicht ausreichend ist. In der mündlichen Verhandlung gab
er insoweit nur an, dass er sich die Informationen bei einer bloßen Einsichtnahme der Dokumente
im Stadtarchiv nicht alle merken könne. Dies lässt aber offen, warum er dann nicht auf die von
ihm angefertigten Kopien der Veröffentlichungen der beiden begehrten Urkunden in dem von der
Beklagten bzw. dem Stadtarchiv herausgegebenen Werk „Geschichte der Stadt Ludwigshafen am
Rhein“ zurückgreifen kann.

Dass er aus wissenschaftlichen Gründen auf eine bessere Qualität dieser Kopien zum Zwecke
der Verbreitung in einer eigenen wissenschaftlichen Ausarbeitung angewiesen ist, hat der Kläger
nicht substantiiert dargelegt. So ist weder erkennbar, dass der von ihm verfolgte wissenschaftliche
Zweck es überhaupt erfordert, die Ehrenbürgerurkunde für Adolf Hitler in Kopie von bestimmter
Qualität zu veröffentlichen, noch ist für die erkennende Kammer nachvollziehbar, dass eine
wissenschaftliche Verarbeitung der ihm jetzt schon in Kopie vorliegenden Dokument gar nicht
möglich ist.

Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers annehmen möchte, dass er nur durch die
Übersendung von qualitativ hochwertigen Kopien dieser Urkunden überhaupt in der Lage ist,
seiner wissenschaftlichen Arbeit nachzugehen, dann besteht nach § 2 Abs. 5 der Archivordnung
ein durchgreifender Ausschlussgrund hinsichtlich einer solchen Benutzung des Archivs, auf den
sich die Beklagte in ermessensfehlerfreier Weise beruft. Danach kann die Beklagte nämlich aus
nicht abschließend aufgezählten wichtigen Gründen die Benutzung einschränken.

Die vom Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung noch einmal vertieften
grundsätzlichen Erwägungen gegen eine Überlassung solcher vervielfältigungsfähigen Kopien der
Ehrenbürgerurkunden für Adolf Hitler tragen als ein weiterer, den genannten Regelbeispielen in
der Tragweite entsprechender Einschränkungsgrund ihre ablehnende Entscheidung.

Bei der Ehrenbürgerurkunde für Adolf Hitler handelt es sich um ein politisch sensibles,
historisches Dokument, das sowohl einem bestehenden Markt für NS-Erinnerungsstücke als auch
einer historisch verzerrenden, insbesondere die Person Adolf Hitler verherrlichenden Darstellung
durchaus zugänglich ist und es gerade deswegen erforderlich macht, dass mit einem solchen
Dokument verantwortungsvoll umgegangen wird. Aus diesem Grund hat sich die Beklagte
in nachvollziehbarer Weise entschlossen, solche Dokumente Archivbenutzern grundsätzlich
nicht in einer zu Vervielfältigungszwecken geeigneten Form zur Verfügung zu stellen, sofern
dies nicht einer von ihr selbst bzw. ihrem eigenen Stadtarchiv zu verantwortenden Verwertung
dient. Letztlich ist nur dadurch gewährleistet, dass eine unkontrollierte Verbreitung von solchem
Archivgut zu unerwünschten oder gar missbilligenswerten Zwecken vermieden ist. Andernfalls
bestünde nämlich die Gefahr, dass der Beklagten als Inhaberin der Dokumente in der öffentlichen
Meinungsbildung eine wohlwollende Haltung gegenüber einer solchen von ihr doch abgelehnten
Verwertung und Darstellung zugerechnet werden könnte. Als Archivbetreiberin muss sie es aber
nicht hinnehmen, dass mit ihrem Archivgut in einer Weise umgegangen wird, die negativ auf sie
selbst zurückfallen kann.

Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass Anhaltspunkte für eine solche missbilligte
Verbreitung der Ehrenbürgerurkunden durch ihn nicht bestünden. Er bietet insoweit nämlich
gerade keine Gewähr dafür, dass eine derartig unerwünschte Verwertung dieser Dokumente nicht
erfolgt, wenn vervielfältigungsfähige Kopien der Ehrenbürgerurkunden für Adolf Hitler in seine
Hände gelangen. Denn der Geschäftszweck des von ihm betriebenen „ … Archivs“ ist nach seiner
eigenen Darlegung gerade darauf gerichtet, mit Sammlerstücken, zu denen typischerweise auch
eine solche Ehrenbürgerurkunde für Adolf Hitler gehören dürfte, zu handeln (vgl. Bl. 112 d. GA).
Dies lässt aber die Befürchtung zu, dass bei einer von ihm zu verantwortenden Weiterverbreitung,
die dem Geschäftszweck des von ihm betriebenen Unternehmens entspricht, wenn nicht von ihm
selbst, so dann doch von seinen Kunden, denen er solche Kopien zugänglich machen kann, eine
Benutzung erfolgen kann, die die Beklagte aus nachvollziehbaren Gründen ablehnt.

Der Klageantrag zu 2. bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage bestehen keine durchgreifenden Bedenken, soweit
der hier erhobenen Verpflichtungsklage kein Widerspruchsverfahren nach § 68 Abs. 2 VwGO
vorausgegangen ist, weil die Voraussetzungen für die Erhebung der Untätigkeitsklage nach §
75 VwGO vorliegen. Die Beklagte hat den klägerischen Antrag vom 26. November 2006 ohne
hinreichenden Grund nicht innerhalb einer angemessenen Frist beschieden. Zwar hat der Kläger
dann bereits vor Ablauf der nach § 75 Satz 2 VwGO grundsätzlich geltenden Drei-Monats-Frist
Klage erhoben, ohne dass hierfür ein besonderer Grund bestanden hat. Da aber der Antrag nach
Anhängigkeit der Klage auch erst nach Ablauf von drei Monaten am 3. April 2007 beschieden
wurde, ist seine Untätigkeitsklage zulässig geworden und die Durchführung eines Vorverfahrens
nun nicht mehr geboten gewesen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, § 75 Rdnr. 24 m. w.
N.).

Die Kammer hegt allerdings schon beträchtliche Zweifel, ob der Klageantrag, der auf die Auslage
von nicht näher bezeichneten Publikationen, die bisher nicht existieren, hinreichend bestimmt ist
und den Anforderungen nach § 82 Abs. 1 VwGO genügt. Über deren Inhalt konnte der Kläger in
der mündliche Verhandlung nur so rudimentäre Angaben machen, dass der Eindruck entstand,
er wisse im Grunde selbst nicht, wie sich diese „Publikationen“ gestalten, weil er nach seinen
Angaben zunächst einmal habe wissen wollen, was er überhaupt auslegen dürfe. Wenn damit
aber nicht bekannt ist, welche konkreten Publikationen ausgelegt werden sollen, so ist der
Klagegegenstand letztlich unbestimmt.

Die Klage ist aber zumindest unbegründet. Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Auslage
der Publikationen des „ … Archivs“.

Als Anspruchsgrundlage kommt hier allein § 14 Abs. 2 Gemeindeordnung – GemO – in Betracht.
Danach ist der Kläger als Einwohner der beklagten Stadt im Rahmen des geltenden Rechts
berechtigt, öffentliche Einrichtungen zu benutzen. Der Rechtsanspruch besteht allerdings nur
insoweit, als sich die begehrte Nutzung im Rahmen des Widmungszwecks der Einrichtung hält.
Eine dem Widmungszweck zuwiderlaufende Nutzung kann nicht beansprucht werden.

Der Kläger begehrt hier die Auslage von Publikationen in städtischen Gebäuden, in denen
auch die von ihm genannte Stadtteilszeitung ausgelegt wird. Von den von ihm genannten
Gebäuden zählen die Stadtteilsbibliothek und auch das Gemeindehaus sicher zu den öffentlichen
Einrichtungen nach § 14 Abs. 2 GemO, nicht jedoch die Stadtsparkasse, da es sich hierbei um
ein kommunales Wirtschaftsunternehmen, das den Regelungen aus dem Sparkassengesetz
unterworfen ist, handelt.

Die Auslage von Printmedien bewegt sich grundsätzlich im Rahmen des Widmungszwecks
dieser öffentlichen Einrichtungen. Die Stadtteilsbibliothek ist im Rahmen der öffentlichen
Daseinsvorsorge dem Zweck gewidmet, ein Informationsbedürfnis der örtlichen Bevölkerung
zu befriedigen. Das Gemeindehaus dient insoweit zwar in erster Linie Zwecken der öffentlichen
Verwaltung oder der Durchführung von Veranstaltungen, bietet aber typischerweise auch Raum
für die Versorgung der Bevölkerung mit aktuellen Informationen, die einen örtlichen Bezug
aufweisen.

Ob auch die vom Kläger geplanten, bisher aber noch nicht existierenden Publikationen diesem
Widmungszweck genügen, kann mangels Kenntnis des Inhalts und der Gestaltung dieser
Publikationen nicht abschließend beantwortet werden. Angesichts der vom Kläger in der
mündlichen Verhandlung auf wiederholte Nachfrage nur rudimentär gemachten Inhaltsangaben
(Selbstdarstellung des „ … Archivs“, historische Betrachtungen, Veranstaltungshinweise)
muss dies hinsichtlich des Gemeindehauses zumindest stark bezweifelt werden. Allerdings
könnte eine Auslage solcher Publikationen noch mit dem Widmungszweck der Stadtbibliothek
vereinbar sein. Die Frage muss aber vorliegend auch nicht abschließend geklärt werden, weil ein
Zulassungsanspruch aus anderen Gründen scheitert.

Der Benutzungsanspruch des Klägers nach § 14 Abs. 2 GemO besteht nur im Rahmen
der Gesetze und wird letztlich durch das auf § 47 Abs. 1 GemO gestützte Hausrecht des
Bürgermeisters eingeschränkt. In Ausübung des Hausrechts hat der Bürgermeister dafür
Sorge zu tragen, dass die widmungsgemäße Benutzung der öffentlichen Einrichtung nicht
gestört wird. Insoweit beruft sich die Beklagte dann aber auch zu Recht darauf, dass eine
unbeschränkte Zulassung der Auslage privater Druckerzeugnisse in gemeindlichen Einrichtungen
die dort vorhandenen Platzkapazitäten sprengen würde und damit weder eine sachgerechte
Nutzung der Stadtteilsbibliothek noch ein störungsfreier Ablauf von Verwaltungsgeschäften
oder Veranstaltungen im Gemeindehaus gewährleistet ist. Aus diesem Grund ist die Beklagte in
Ausübung ihres Hausrechts durch die Oberbürgermeisterin berechtigt, private Publikationen von
der Auslage auszuschließen, wobei sie allerdings den Gleichheitsgrundsatz zu beachten hat.

Die Beklagte verstößt aber nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG,
wenn sie einerseits die Auslage der Zeitung „Die Nase“ in den genannten Gebäuden zulässt, die
geplanten Publikationen des „ … Archivs“ aber ausschließt. Sie ist nämlich nach Art. 3 Abs. 1 GG
nur gehalten, wesentlich gleiche Sachverhalte auch gleich zu behandeln, sofern nicht sachliche
Differenzierungsgründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Vorliegend lassen sachliche Differenzierungskriterien es aber zu, die Publikationen des Klägers
im Gegensatz zur Zeitung „Die Nase“ von der Auslage auszuschließen. „Die Nase“ beinhaltet zum
weit überwiegenden Teil ortsbezogene, aktuelle Informationen, die auch geeignet sind, einem
öffentlichen Interesse an einer Befriedigung eines diesbezüglichen Informationsbedürfnisses
der örtlichen Bevölkerung zu dienen. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten,
dass in der Zeitung „Die Nase“ auch historische Betrachtungen unter der Rubrik „Geschichte“
veröffentlicht würden. Dadurch ändert sich nämlich in keiner Weise der weit überwiegende
aktuelle und ortsbezogene Inhalt dieser Zeitung, der ein nachvollziehbar bestehendes Bedürfnis
innerhalb der Bevölkerung des Ortsteils nach solchen Informationen zu befriedigen bestimmt
ist und deren Auslage sich die Beklagte damit noch als im öffentlichen Interesse stehend
zurechnen lassen kann. Dabei steht der gewünschten Befriedigung eines solchen öffentlichen
Informationsinteresses nicht entgegen, dass die Verbreitung dieser Zeitung auch kommerziellen
Interessen der Herausgeber dienen mag.

Demgegenüber sind die Inhalte der geplanten Publikationen des Klägers darauf gerichtet, eine
Selbstdarstellung und damit eine Werbung für das „ … Archiv“, historische Betrachtungen und
Veranstaltungshinweise zu veröffentlichen, so dass sie sowohl weitgehend den aktuellen und
ortsbezogenen Informationsgehalt als auch eine Befriedigung eines öffentlichen Interesses
vermissen lassen. Die Auslage solcher Publikationen dient vielmehr – soweit erkennbar –
vorwiegend privaten Zwecken. Der Kläger begehrt nämlich nach seinen Angaben in der
mündlichen Verhandlung, durch die Auslage in den öffentlichen Einrichtungen der Beklagten
seinen Publikationen einen „halb-offiziellen Charakter“ und damit eine Aufwertung zu verleihen,
die ihnen nicht zukommt und deren Anschein sich die Beklagte durch eine Auslage solcher
Druckerzeugnisse auch nicht zurechnen lassen muss.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,– € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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