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Urheberrechtsabgaben in Betriebsbibliothek I

Gericht: Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 20.02.1997

Aktenzeichen: I ZR 13/95

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Ein Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit verschiedenen Forschungsbereichen und einer Fachbibliothek betreibt in diesen Bereichen mehrere Kopiergeräte. Die VG Wort verlangt von dem Unternehmen die Angabe der Zahl von Kopien urheberrechtlich geschützter Werke für den Zeitraum vom 01.07.1985 bis zum 31.12.1992, die mit diesen Geräten gemacht wurden, um auf dieser Grundlage die Betreibervergütung berechnen zu können.
Im Revisionsverfahren hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass auch für Kopiergeräte, die in Forschungsabteilungen und in der nicht öffentlich zugänglichen Bibliothek eines gewerblichen Betriebes aufgestellt sind, eine Betreibervergütung gefordert werden kann und hat den Fall an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Instanzenzug:
– LG München I vom 25.02.1994, Az. 21 O 17661/93
– OLG München vom 22.12.1994, Az. 6 U 3042/94
– BGH vom 20.02.1997, Az. I ZR 13/95
OLG München vom 17.09.1998, Az. 6 U 3042/94 [1]

Leitsatz

1. Zum Inhalt des Auskunftsanspruchs zur Vorbereitung des Anspruchs auf Zahlung einer Betreibervergütung nach UrhG § 54 Abs 2 S 2 aF (jetzt UrhG § 54a Abs 2).

2. Für den Betrieb von Kopiergeräten in Bildungseinrichtungen, Forschungseinrichtungen und öffentlichen Bibliotheken ist auch dann eine Betreibervergütung zu bezahlen, wenn diese Einrichtungen zum Bereich der gewerblichen Wirtschaft gehören.

3. Zu den Begriffen Bildungseinrichtung, Forschungseinrichtung und öffentliche Bibliotheken im Sinne des UrhG § 54 Abs 2 S 2 aF (jetzt UrhG § 54a Abs 2).

Tenor
Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Dezember 1994 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand
Die klagende Verwertungsgesellschaft WORT verlangt von der Beklagten, einem Großunternehmen der gewerblichen Wirtschaft, wegen des Betriebs von Kopiergeräten im Wege der Stufenklage Auskunft und Zahlung einer Betreibervergütung gemäß § 54 Abs. 2 UrhG a.F.

Die Beklagte hat in ihrem Unternehmen 15 Unternehmensbereiche nach sachlich-technischen Gesichtspunkten gebildet (z.B. „Anlagentechnik“, „Energieerzeugung“), in denen neben der Produktion auch ein wesentlicher Teil der Forschungs- und Entwicklungsarbeit stattfindet (gemessen am Personaleinsatz zu etwa 95 %). Daneben bestehen insgesamt 12 Zentralabteilungen, Zentralstellen oder sogenannte Zentrale Dienste, darunter die „Zentralabteilung Forschung und Entwicklung“ und der „Zentrale Dienst Personal“.

Die „Zentralabteilung Forschung und Entwicklung“ (ZFE) ist im engeren Forschungsbereich untergliedert in die Bereiche „Materialwissenschaften und Elektronik“, „Informatik und Software“ sowie „Entwicklungslabor für Silizium-Prozeßtechnik“. Zur ZFE gehören weiter die Patentabteilung, die Normenabteilung, die Abteilung „Laborbetriebe“ und die Abteilung Fachbibliotheken. In der ZFE sind etwa 2.000 Beschäftigte eingesetzt, von denen etwa ein Drittel mit Verwaltungsaufgaben befaßt sind.

Der „Zentrale Dienst Personal“ (ZDP) gliedert sich in sieben Abteilungen, darunter die Abteilung ZDP2 („Ausbildung“) und die Abteilung ZDP3 („Weiterbildung“). Der Abteilung ZDP3 sind die Bildungszentren der Beklagten in B., E. und M. zugeordnet.

Die Parteien haben zunächst ein Verfahren vor der Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz durchgeführt (vgl. den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle ZUM 1993, 636).

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß die ZFE (mit der Abteilung Fachbibliotheken) sowie die mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben befaßten Abteilungen der sogenannten Unternehmensbereiche Forschungseinrichtungen im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. seien. Die für die Aus- und Weiterbildung zuständigen Abteilungen ZDP2 und ZDP3 seien als Bildungseinrichtungen im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen.

Nach Ankündigung eines anders gefaßten Antrags hat die Klägerin in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, wieviele Kopien von urheberrechtlich geschützten Vorlagen in der Zentralabteilung Forschung und Entwicklung (ZFE), den Abteilungen Ausbildung (ZDP2) und Weiterbildung (ZDP3), in der Abteilung Fachbibliotheken ZFE-GR-ID sowie in den Fachabteilungen der Unternehmensbereiche, die mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben befaßt sind, in den Jahren vom 1. Juli 1985 bis 31. Dezember 1992 im jeweiligen Kalenderjahr hergestellt wurden.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, sie sei ein Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und unterliege deshalb nicht der Pflicht zur Zahlung einer Betreibervergütung für ihre Kopiergeräte. Sie unterhalte weder Forschungs- oder Bildungseinrichtungen noch öffentliche Bibliotheken im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F.

Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, wieviele Kopien von urheberrechtlich geschützten Vorlagen

a) in den bei ihr bestehenden ZFE-Forschungsbereichen Materialwissenschaften und Elektronik,
– Informatik und Software sowie
– Silizium-Prozeßtechnik

und

b) in den bei ihr gebildeten Abteilungen Ausbildung (ZDP2) und Weiterbildung (ZDP3)

in dem Zeitraum vom 1. Juli 1985 bis 31. Dezember 1992 im jeweiligen Kalenderjahr hergestellt wurden.

Im übrigen hat das Landgericht den Auskunftsanspruch abgewiesen.

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Teilurteils des Landgerichts die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin <weiter> Auskunft darüber zu geben, wieviele Kopien von urheberrechtlich geschützten Vorlagen

a) in den bei ihr bestehenden ZFE Forschungsbereichen Patentabteilung
– Normenabteilung

b) in der Abteilung Fachbibliotheken

c) in der in der Zentralabteilung Forschung und Entwicklung zusammengefaßten Forschungs- und Entwicklungsverwaltung

sowie

d) in den Fachabteilungen der Unternehmensbereiche, die mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben befaßt sind,

in dem Zeitraum vom 1. Juli 1985 bis 31. Dezember 1992 im jeweiligen Kalenderjahr hergestellt wurden.

Die Beklagte hat mit einer Anschlußberufung ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Beklagten das landgerichtliche Teilurteil insofern abgeändert, als es die Verurteilung zur Auskunft gemäß Ausspruch zu b) aufgehoben und die Klage in diesem Umfang abgewiesen hat (OLG München ZUM 1995, 875).

Mit ihren zugelassenen Revisionen verfolgen beide Parteien ihre im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter, soweit sie mit diesen unterlegen sind. Die Klägerin hat zusätzlich einen Hilfsantrag mit dem Inhalt des Hauptantrags, in dem die Worte „von urheberrechtlich geschützten Vorlagen“ gestrichen sind, gestellt.

Die Parteien beantragen jeweils, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe nach § 54 Abs. 5 Satz 2 i.V. mit Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. (jetzt § 54 g Abs. 2, § 54 a Abs. 2 UrhG in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Patentgebührengesetzes und anderer Gesetze vom 25.7.1994, BGBl. I S. 1739) nur Anspruch auf Auskunft über die Zahl der Kopien urheberrechtlich geschützter Vorlagen, die in den drei für Forschung und Entwicklung zuständigen Unterabteilungen der Zentralabteilung ZFE („Materialwissenschaft und Elektronik“, „Informatik und Software“ sowie „Silizium-Prozeßtechnik“) gefertigt worden seien (Urteilsausspruch zu a) des Teilurteils des Landgerichts).

Die Betreibervergütung sei zu zahlen bei Kopiergeräten, mit denen in Forschungs- und Bildungseinrichtungen geschützte Werke gemäß § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG kopiert worden seien. Der Inhalt der Begriffe „Forschungs- und Bildungseinrichtungen“ sei anhand der Gesetzesmaterialien näher zu bestimmen. Nach diesen solle die Gerätevergütung Fotokopien (u.a.) in Gewerbebetrieben pauschaliert abgelten, weil in diesem Bereich nur in geringerem Umfang geschütztes Material abgelichtet werde. Sogenannte Großbetreiber (Bildungseinrichtungen, Forschungseinrichtungen, Bibliotheken und Kopierläden) sollten dagegen als Schwerpunktbereiche der urheberrechtsrelevanten Kopiertätigkeit zusätzlich die nach der Zahl der Fotokopien zu entrichtende Betreibervergütung zu zahlen haben. Forschungs- und Bildungseinrichtungen seien auch im gewerblichen Bereich nicht von der Betreibervergütung freigestellt.

Die mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben befaßten Fachabteilungen in den 15 Unternehmensbereichen der Beklagten seien keine „Forschungseinrichtungen“, weil sie nicht einer selbständigen Forschungseinrichtung ähnlich seien. Sie hätten nicht die erforderliche organisatorische Selbständigkeit; ihre Tätigkeit lasse sich auch nicht hinreichend von der Produktion, der sie zugeordnet seien, abgrenzen. Keine „Forschungseinrichtungen“ seien auch die Patentabteilung, die Normenabteilung und die Abteilung „Fachbibliotheken“. Trotz der Eingliederung in den Bereich ZFE stünden diese Abteilungen der Produktion wesentlich näher als der Forschung. Die Abteilung „Fachbibliotheken“ sei nicht nur die Bibliothek der Forschungsabteilung; ihr gehörten vielmehr die zahlreichen Bibliotheken im gesamten Unternehmen an, bis hin zur Handbibliothek des einzelnen Sachbearbeiters. Sie sei auch keine „öffentliche“ Bibliothek im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F., weil die Allgemeinheit keinen Zutritt habe. Die im Bereich ZFE zusammengefaßte Forschungs- und Entwicklungsverwaltung sei mangels einer klaren organisatorischen Abgrenzbarkeit keine „Forschungseinrichtung“.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin auch keine Auskunft bezüglich der Kopien in den Abteilungen ZDP2 („Ausbildung“) und ZDP3 („Weiterbildung“) verlangen, weil diese keine Einrichtungen der Berufsbildung im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. seien. Kriterium für die Erhebung der Betreibervergütung sei auch hier die Produktionsbezogenheit der Tätigkeit. Sowohl die Abteilung ZDP2 mit ihren Unterabteilungen „Gemeinsame Ausbildungsaufgaben“, „Zentrale Gewerbliche Ausbildungen“, „Kaufmännische Schulungszentren“ und „Technische Schulen“ als auch die Abteilung ZDP3 mit ihren Unterabteilungen „Bildungszentrum B.“, „Bildungszentrum E.“, „Bildungszentrum M.“, „Vertriebliches Führungs- und Fachtraining, Personalauswahl“, „Fremdsprachentraining, Interkulturelles Training“ und „Methodisches Training, Didaktisches Training“ seien zu sehr produktionsbezogen, um Berufsbildungseinrichtungen im Sinne des Gesetzes zu sein. Die gewerbliche, technische und kaufmännische Ausbildung für Betriebsangehörige sei zwar berufliche Ausbildung, finde aber im Betrieb und in Ausrichtung auf die Betriebsabläufe statt. Ebenso stehe die Weiterbildung von Betriebsangehörigen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Geschehen. Soweit in den drei Bildungszentren der Beklagten Dritte ausgebildet würden, seien dies ihre Kunden oder deren Mitarbeiter, denen Kenntnisse über die hergestellten Produkte sowie ihre Bedienung und Wartung vermittelt werden sollten. Auch diese Tätigkeit sei somit produktionsbezogen. Wenn die Beklagte wegen ihrer Größe für Aus- und Weiterbildungsaufgaben eigene, rechtlich aber unselbständige Betriebsabteilungen schaffe, seien diese nicht Bildungseinrichtungen im Sinne des Gesetzes.

Dagegen seien die Unterabteilungen der Zentralabteilung ZFE „Materialwissenschaften und Elektronik“, „Informatik und Software“ und „Entwicklungslabor für Silizium-Prozeßtechnik“ Forschungseinrichtungen im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. In ihnen seien Forschungs- und Entwicklungsaufgaben mit Grundlagencharakter im Verhältnis zur Produktion und dieser gegenüber organisatorisch verselbständigt zusammengefaßt.

II. Auf die Revisionen der Parteien ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

1. Die Revision der Beklagten hat schon deshalb Erfolg, weil die Klageanträge und dementsprechend der Inhalt des Urteilsausspruchs unbestimmt sind (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

a) Der Mangel der Unbestimmtheit der Klageanträge und des Urteils ist von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1996 – V ZR 298/94, WM 1996, 1240, 1241). Das Berufungsgericht hat über Anträge entschieden, mit denen von der Beklagten Auskunft darüber verlangt wird, „wieviele Kopien von urheberrechtlich geschützten Vorlagen“ in näher bezeichneten Bereichen ihres Unternehmens hergestellt worden sind. Durch die Beschränkung auf Kopien von urheberrechtlich geschützten Vorlagen ist aber der Umfang der geforderten Auskunft nur unzureichend bestimmt. Denn die Frage der Urheberrechtsschutzfähigkeit der Vorlagen, von der die Auskunftspflicht abhängen soll, kann im konkreten Fall durchaus unterschiedlich beurteilt werden. Die Entscheidung darüber, in welchem Umfang Auskunft zu erteilen ist, würde deshalb gegebenenfalls in unzulässiger Weise in das Vollstreckungsverfahren verlagert.

b) Durch diese Beurteilung der gestellten Klageanträge wird der Klägerin nicht die Möglichkeit genommen, die für die Durchsetzung ihrer Vergütungsansprüche erforderlichen Auskünfte zu erhalten. Nach § 54 Abs. 5 Satz 2 UrhG a.F. (jetzt § 54 g Abs. 2 UrhG) kann zur Vorbereitung eines Vergütungsanspruchs gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. von dem Betreiber eines Gerätes die für die Bemessung der Vergütung erforderliche Auskunft verlangt werden. Im Hinblick auf die Art und Weise der Bemessung der Vergütung, die in § 54 Abs. 2 Satz 3 UrhG a.F. (jetzt § 54 d Abs. 2 UrhG) und § 54 Abs. 4 Satz 1 UrhG a.F. i.V. mit Abschn. II Nr. 2 bis 4 der Anlage zu dieser Vorschrift (jetzt § 54 d Abs. 1 UrhG i.V. mit Abschn. II Nr. 2 bis 4 der Anlage zu § 54 d Abs. 1 UrhG) vorgeschrieben ist, gehören zum Inhalt der zu erteilenden Auskunft Angaben über Anzahl, Art und Typ der in den Einrichtungen aufgestellten Geräte und deren Standort sowie Angaben, anhand derer – nach den für den betreffenden Bereich typischen Verhältnissen – der wahrscheinliche Umfang der Vervielfältigung urheberrechtlich geschützten Fremdmaterials mit Hilfe der Geräte beurteilt werden kann.
Zudem ist die Gesamtzahl der hergestellten Kopien mitzuteilen (zum Inhalt des Auskunftsanspruchs vgl. auch BVerfG NJW 1997, 247, 248; vgl. weiter die Begründung zu § 54 UrhG in der Fassung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts, BT-Drucks. 10/837, S. 21 f.; Möller, Die Urheberrechtsnovelle ’85, S. 48; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 54 Rdn. 18, 24; Nordemann in Nordemann/Vinck/Hertin, Urheberrecht, 8. Aufl., § 54 Rdn. 6).

2. Auch im Rahmen der durch die Revision der Klägerin veranlaßten Rechtsprüfung ist die fehlende Bestimmtheit der Klageanträge und des entsprechenden Urteilsausspruchs des Berufungsgerichts von Amts wegen zu berücksichtigen. Wie die zuerkannten Anträge sind auch die vom Berufungsgericht als unbegründet abgewiesenen Klageanträge bereits deshalb insgesamt unbestimmt, weil Auskunft über die Zahl der „von urheberrechtlich geschützten Vorlagen“ hergestellten Kopien verlangt wird (vgl. unter II. 1. a).

Der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte Antrag ist aber – jedenfalls nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens – auch in den Buchstaben c) und d) unbestimmt. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, was unter der in Buchstabe c) des Antrags genannten „Forschungs- und Entwicklungsverwaltung“ in der Zentralabteilung Forschung und Entwicklung verstanden werden soll und wie diese demgemäß abzugrenzen ist. Gleiches gilt für die in Buchstabe d) des Antrags genannten „Fachabteilungen der Unternehmensbereiche, die mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben befaßt sind“. Das Berufungsgericht wird auch insoweit im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, auf die Ergänzung des Sachvortrags der Klägerin und gegebenenfalls die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken.

3. Die Unbestimmtheit der Klageanträge führt nicht zu ihrer Abweisung. Das Berufungsgericht hätte die Klage, wenn es die Unzulässigkeit der Anträge erkannt hätte, seinerseits nicht als unzulässig abweisen dürfen, ohne zuvor gemäß § 139 ZPO auf diesen von den Parteien im Berufungsverfahren übersehenen rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen. Besteht aber eine derartige gerichtliche Hinweispflicht mit dem Ziel, der Partei in der Tatsacheninstanz Gelegenheit zur Äußerung und zur Stellung sachdienlicher Anträge zu geben, so kommt eine Klageabweisung als unzulässig durch das Revisionsgericht nicht in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.1993 – VI ZR 152/92, NJW 1994, 652, 653 f.; Urt. v. 29.2.1996 – I ZR 6/94, GRUR 1996, 796, 797 = WRP 1996, 734 – Setpreis, m.w.N.).

4. Da die Klage danach mit dem Hauptantrag nicht abweisungsreif ist, stellt sich die Frage einer Entscheidung über den in der Revisionsinstanz gestellten Hilfsantrag nicht.

III. Für das weitere Verfahren wird auf folgendes hingewiesen:

1. Das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung über den Auskunftsanspruch nach § 54 Abs. 5 Satz 2 i.V. mit Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. (jetzt § 54 g Abs. 2 i.V. mit § 54 a Abs. 2 UrhG) zutreffend angenommen, daß die Betreibervergütung auch für den Betrieb von Kopiergeräten in Bildungs- und Forschungseinrichtungen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft zu bezahlen ist, wenn mit diesen Geräten urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen gefertigt werden. Die Auffassung der Beklagten, daß der Betrieb von Kopiergeräten im Bereich der gewerblichen Wirtschaft insgesamt von der Betreibervergütung freigestellt sei, findet im Gesetz keine Grundlage (vgl. Schiedsstelle ZUM 1993, 636, 638; Möller, aaO, S. 45; Schricker/Loewenheim, aaO, § 54 Rdn. 15 f.; Nordemann, aaO, § 54 Rdn. 4).

Nach dem Wortlaut des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. ist allein maßgebend, ob ein Kopiergerät in einer Einrichtung der dort genannten Art betrieben wird. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung. Die Bestimmungen über die Gerätevergütung und die Betreibervergütung sind Ausdruck des Grundgedankens des Urheberrechts, daß der Urheber tunlichst angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen seines Werkes zu beteiligen ist (vgl. BGHZ 129, 66, 72 – Mauer-Bilder; BGH, Urt. v. 12.11.1992 – I ZR 194/90, GRUR 1993, 822, 824 – Katalogbild). Sie bezwecken, die Urheber auch dort wirtschaftlich angemessen zu beteiligen, wo ihre Werke durch Vervielfältigungen gemäß § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG erlaubnisfrei genutzt werden können (vgl. BVerfG NJW 1997, 248, 249). Die Gerätevergütung (§ 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG a.F., jetzt § 54 a Abs. 1 UrhG) ist dabei für alle Kopiergeräte zu bezahlen, die zur Herstellung von Vervielfältigungen geschützter Werke gemäß § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG bestimmt sind. Mit ihr werden die nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zugelassenen Werknutzungen grundsätzlich pauschal abgegolten. Eine solche Pauschalabgeltung durch eine einmalige Zahlung wäre aber dann unangemessen, wenn ein Kopiergerät in Bereichen betrieben wird, in denen geschützte Werke in Ausnutzung der Schranken des Urheberrechts aus § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG typischerweise in größerem Umfang vervielfältigt werden. Das Gesetz sieht deshalb für den Betrieb von Kopiergeräten in bestimmten Einrichtungen, in denen ihrer Art nach erfahrungsgemäß besonders viele urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen hergestellt werden, eine Betreibervergütung vor, deren Höhe sich nach Art und Umfang der Gerätenutzung bemißt (§ 54 Abs. 2 Satz 3 UrhG a.F., jetzt § 54 d Abs. 2 UrhG). Erfaßt wird deshalb der Betrieb von Kopiergeräten in Bildungseinrichtungen, Forschungseinrichtungen, öffentlichen Bibliotheken und solchen Einrichtungen, in denen Geräte für Vervielfältigungen entgeltlich bereitgehalten werden. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck wäre es nicht zu rechtfertigen, den Betrieb von Kopiergeräten in Einrichtungen der genannten Art von der Betreibervergütung nur deshalb allgemein freizustellen, weil die Einrichtungen zum Bereich der gewerblichen Wirtschaft gehören.

Diese Auslegung wird durch § 53 Abs. 3 UrhG bestätigt, auf den § 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG a.F. (jetzt § 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG) Bezug nimmt. Bei der Regelung der Zulassung von Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch wird dort teilweise ausdrücklich zwischen gewerblichen und nichtgewerblichen Einrichtungen unterschieden. Wenn eine solche Unterscheidung in § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. fehlt, ist daraus zu schließen, daß sie vom Gesetz auch nicht gewollt ist.

Der Entstehungsgeschichte der Vorschrift kann nichts anderes entnommen werden. Die Vorschrift des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. geht in ihrer Gesetz gewordenen Fassung auf den Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zurück (vgl. BT-Drucks. 10/3360 S. 7, 19 f.). In dessen Bericht ist ausgeführt, daß die urheberrechtliche Vergütung für Fotokopien urheberrechtlich geschützter Werke, die von Privatpersonen, Vereinen, Behörden, Angehörigen freier Berufe und Gewerbetreibenden angefertigt werden, mit der Gerätevergütung pauschaliert abgegolten sein solle, weil insoweit nur in geringerem Umfang geschütztes Material abgelichtet werde. Zusätzlich sollten jedoch sogenannte Großbetreiber wie Bildungs- und Forschungseinrichtungen oder öffentliche Bibliotheken zur Zahlung einer angemessenen Vergütung für jede von ihnen gefertigte Fotokopie urheberrechtlich geschützter Werke verpflichtet sein. Dem Bericht des Rechtsausschusses ist nicht zu entnehmen, daß dies nicht gelten solle, wenn die betreffenden Einrichtungen zur gewerblichen Wirtschaft gehören. Es ist im Bericht vielmehr dargelegt, daß die Betreibervergütung im Interesse der Praktikabilität auf Schwerpunktbereiche der urheberrechtsrelevanten Kopiertätigkeit beschränkt worden sei. Dazu gehören aber in aller Regel Bildungs- und Forschungseinrichtungen aufgrund ihrer besonderen Tätigkeit, ohne daß es dafür von Bedeutung wäre, ob sie einen gewerblichen oder nichtgewerblichen Träger haben.

2. Die Betreibervergütung ist nach § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. für urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen, die in Einrichtungen der in dieser Vorschrift genannten Art gefertigt werden, zu bezahlen.

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß von einer „Einrichtung“ im Sinne dieser Vorschrift im Bereich der gewerblichen Wirtschaft nur gesprochen werden kann, wenn eine gewisse organisatorische Selbständigkeit und Abgrenzbarkeit gegenüber dem Produktionsbereich gegeben ist. Dies wird nicht nur durch das Wortverständnis des Begriffs „Einrichtung“ nahegelegt, sondern auch durch das in der gesetzlichen Regelung zum Ausdruck gekommene Ziel, den Anwendungsbereich der zur Gerätevergütung hinzutretenden Betreibervergütung aus praktischen Erwägungen auf bestimmte – einfach festzustellende – Schwerpunktbereiche zu begrenzen, in denen erfahrungsgemäß verstärkt urheberrechtlich relevante Kopiervorgänge stattfinden. Eine Einrichtung im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. setzt demgemäß zunächst voraus, daß ein in einer besonderen Organisationsform unter verantwortlicher Leitung zur Erfüllung bestimmter Aufgaben zusammengefaßter Bestand an persönlichen und sachlichen Mitteln vorhanden ist, der auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Die Einrichtung muß weiter – in vergleichbarer Weise wie die anderen im Gesetz genannten Einrichtungen – als Schwerpunktbereich der urheberrechtlich relevanten Kopiertätigkeit anzusehen sein, in dem die Wahrscheinlichkeit der Vervielfältigung von urheberrechtlich geschütztem Fremdmaterial deutlich höher ist als in den sonstigen Unternehmensteilen (vgl. Schiedsstelle ZUM 1993, 636, 638). Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht beurteilen, ob die von den Klageanträgen erfaßten Bereiche, die teilweise noch einer Konkretisierung bedürfen, als Einrichtungen in dem dargelegten Sinn zu werten sind. Dabei werden insbesondere die Ausführungen der Beklagten zu ihrer Unternehmensstruktur in den Schriftsätzen vom 22. November 1993 und 19. September 1994 zu berücksichtigen sein. Die Parteien werden im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit haben, dazu weiter vorzutragen.

b) Eine Forschungseinrichtung im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. ist im Bereich der gewerblichen Wirtschaft anzunehmen, wenn die Forschungsaufgabe der Einrichtung in ähnlicher Weise das Gepräge gibt, wie dies etwa im allgemeinen bei Bildungs- und Forschungseinrichtungen der öffentlichen Hand der Fall ist. Dagegen kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, inwieweit die betriebene Forschung unmittelbar anwendungsbezogen ist. Nach dem Zweck des Gesetzes, in bestimmten Schwerpunktbereichen die urheberrechtlich relevante Kopiertätigkeit mit dem Anspruch auf Zahlung der Betreibervergütung zu erfassen, unterliegt innerhalb einer Forschungseinrichtung die gesamte urheberrechtlich relevante Kopiertätigkeit dem Anspruch auf Zahlung der Betreibervergütung. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob das benutzte Kopiergerät im engeren Forschungsbereich oder etwa in einem der Einrichtung eingegliederten, ihr dienenden Verwaltungsbereich betrieben wird. Allerdings wird in Bereichen, die innerhalb einer Forschungseinrichtung lediglich eine Hilfsfunktion für diese besitzen, regelmäßig nur in geringerem Umfang eine urheberrechtlich relevante Kopiertätigkeit stattfinden. Dieser Umstand ist jedoch nur bei der Höhe der Vergütung zu berücksichtigen.

c) Bei der Prüfung, ob im Bereich der gewerblichen Wirtschaft eine Bildungseinrichtung im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. anzunehmen ist, liegt ein Vergleich der zu beurteilenden Organisationseinheit mit Bildungseinrichtungen öffentlich-rechtlicher Träger besonders nahe. Im übrigen gelten die für Forschungseinrichtungen dargelegten Grundsätze entsprechend.

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt in der Belastung des Betriebs von Kopiergeräten in Bildungs- und Forschungseinrichtungen der gewerblichen Wirtschaft keine mit dem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung derjenigen Unternehmen, die sich aufgrund ihrer Größe veranlaßt sehen, für die Aufgaben der Aus- und Weiterbildung oder der Forschung besondere Einrichtungen zu schaffen. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nur dann verletzt, wenn sich eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung nicht – sachbereichsbezogen – auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückführen läßt (vgl. BVerfGE 93, 319, 348 m.w.N.). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist danach bei § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. nicht festzustellen. In Beziehung auf die Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft ist die getroffene Regelung jedenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich. Wenn sich der Gesetzgeber gegen eine allgemeine Betreibervergütung bei gewerblichen Unternehmen entschied – was im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit lag (vgl. BVerfG NJW 1997, 247) -, dann ist es nicht sachwidrig, wenn die Belastung auf bestimmte Schwerpunktbereiche der urheberrechtsrelevanten Kopiertätigkeit beschränkt wurde. Der Gesetzgeber darf sich im übrigen, wenn es sich um komplexe Sachverhalte handelt, auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zunächst mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen, um binnen angemessener Zeit Erfahrungen zu sammeln (vgl. BVerfGE 75, 108, 162; BVerfG NJW 1997, 247, 248). Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung wird schließlich auch dadurch vermieden, daß einem unterschiedlichen Umfang urheberrechtsrelevanter Kopiertätigkeit bei der Bemessung der Vergütungshöhe angemessen Rechnung getragen werden kann.

4. Eine Bibliothek im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. muß als Einrichtung (arg. § 54 Abs. 5 Satz 2 UrhG a.F.) den Voraussetzungen einer solchen besonderen Organisationseinheit genügen (vgl. unter III. 2. a). Grundsätzlich muß demgemäß – vergleichbar den Instituts- und Seminarbibliotheken öffentlich-rechtlicher Träger – ein systematisch gesammelter und Benutzern zentral zur Verfügung gestellter Bibliotheksbestand vorhanden sein, der nach seiner Größe und dem Umfang seiner Benutzung einer besonderen Verwaltung (u.a. auch in Form einer Katalogisierung) bedarf. Sind diese Voraussetzungen gegeben, werden vorhandene Kopiergeräte erfahrungsgemäß in größerem Umfang auch für urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen benutzt. Im Hinblick auf den Zweck des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F., solche Schwerpunktbereiche der Kopiertätigkeit zu erfassen, ist – abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts – daneben nicht mehr zu fordern, daß die Bibliothek der Allgemeinheit zugänglich ist. Es genügt vielmehr, wenn die Benutzung der Bibliothek einem Personenkreis möglich ist, der nach dem Maßstab des § 15 Abs. 3 UrhG als Öffentlichkeit anzusehen ist (vgl. Schricker/Loewenheim, aaO, § 27 Rdn. 9, § 54 Rdn. 16; Nordemann, aaO, § 27 Rdn. 2, § 54 Rdn. 4; vgl. weiter von Lewinski, Die urheberrechtliche Vergütung für das Verleihen und Vermieten von Werkstücken (§ 27 UrhG), S. 26 f.).

IV. Das Berufungsurteil war danach aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

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