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Ablauf des Bibliotheksausweises

Gericht: Verwaltungsgericht Minden

Entscheidungsdatum: 02.12.2004

Aktenzeichen: 9 K 5182/03

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Ein Benutzer der Stadtbibliothek, dessen Bibliotheksausweis abgelaufen war, verlängerte auch weiterhin seine entliehenen Medien, u. a. einige Fernleihen. Er wurde mehrmals auf die notwendige Verlängerung seines Ausweises hingewiesen, führte diese jedoch nicht durch. Nach Ablauf von drei Monaten wurde der Ausweis durch die Bibliothek gesperrt. Daraufhin konnte der Kläger keine weiteren Verlängerungen mehr vornehmen, so dass Säumnisgebühren anfielen. Gegen den erlassenen Gebührenbescheid erhob der Benutzer eine Klage, die vor Gericht erfolglos blieb.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger war Benutzer der Stadtbibliothek C. , deren Benutzung durch die Benutzungsordnung der Stadtbibliothek C. vom 17.12.2001 geregelt ist. Danach benötigt jeder Benutzer einen Benutzerausweis, der längstens ein Jahr gültig ist und für den eine Gebühr in Höhe von 15,00 EUR zu entrichten ist.

Der Kläger besaß seit dem 02.01.2003 keinen gültigen Benutzerausweis mehr. Am 18.02.2003 wurden ihm dennoch nochmals Medien ausgeliehen, nach Angaben des Beklagten aus Kulanzgründen.

Am 08.04.2003 wurde ihm das Entleihen bzw. das Verlängern von Medien untersagt.

Der Kläger brachte von ihm ausgeliehene Medien erst am 09.05. und 10.05.2003 zurück, so dass die Leihfrist in der fünften Woche überzogen war.

Mit Bescheid vom 15.05.2003 zog der Beklagte den Kläger daraufhin unter anderem zu Säumnisgebühren in Höhe von 27,00 EUR (für zwei Fernleihexemplare vom 09.04. bis 09.05. = 18,00 EUR, für ein Fernleihexemplar vom 09.04. bis 10.05. = 9,00 EUR).

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung vor: Die Säumnisgebühren seien nicht berechtigt. Er habe die Verlängerung der Fernleihexemplare beantragt und sei bei dieser Gelegenheit erstmals darauf hingewiesen worden, es bestehe eine Sperre, wonach er keine neuen Medien entleihen dürfe. Eine Begründung für die Sperre sei nicht gegeben worden. Unter Hinweis auf die Sperre sei die Verlängerung abgelehnt worden. Ferner sei zweifelhaft ob die Sperre ihres Inhaltes nach sich auch auf eine Verlängerung von bereits entliehenen Büchern beziehen könne. Für die Fernleihe mit ihren erheblichen Ausleihgebühren könnten selbstverständlich nicht die selben Bedingungen gelten wie für die normale Stadtausleihe. Er habe die Bücher dann innerhalb der bei einer Verlängerung geltenden Monatsfrist zurückgebracht. Er betrachte daher sowohl die nicht angekündigte Sperre, welche zudem auch nicht begründet worden sei, wie auch die Verweigerung der Verlängerung von Fernleihebüchern i.V.m. dem Neuausleihverboten als rechtswidrig. In Folge dessen seien auch keine Versäumnisgebühren entstanden.

Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27.06.2003, der mit einfachem Brief verschickt wurde, zurückgewiesen.

Am 31. Juli 2003 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Es sei richtig, dass er seit dem 02.01.2003 über keinen gültigen Benutzerausweis verfügt habe. Er sei jedoch niemals über den Ablauf der Gültigkeit seines Ausweises informiert worden. Vielmehr seien zwischen dem 02.01.2003 und dem 08.04.2003 die bereits seit längerer Zeit entliehenen Bücher der Fernleihe immer wieder anstandslos verlängert worden. Ein Hinweis, dass diese Verlängerungspraxis plötzlich nicht mehr weitergeführt werden dürfe, sei nicht erfolgt. Bücher, welche über die Fernleihe bezogen würden, seien mit einer verhältnismäßig hohen Ausleihgebühr belegt, so dass der Benutzer gehalten sei, die Bücher möglichst zu fotokopieren, um den Aufwand an Ausleihgebühren gering zu halten. Von daher ergebe sich von selbst eine tolerante Verlängerungspraxis aller am Fernleihverkehr beteiligten Bibliotheken. Er habe daher mit Recht davon ausgehen können, dass die im 01. April-Drittel erfolgte plötzliche und unvermittelte Mitteilung, es bestehe eine Sperre für Neuausleihen, ein Versehen der Organisation des Beklagten dargestellt habe. Das Verhalten des Beklagten, eine über längere Zeit andauernde Duldung plötzlich und unvermittelt abzubrechen, sei auf Grund des für die gesamte Rechtsordnung geltenden § 242 BGB als rechtswidrig einzuordnen. Der Beklagte müsse sich in einer Rechtsordnung, welche von § 242 BGB geprägt werde, konsequent verhalten, um nicht andere Teilnehmer am Rechtsverkehr zu schädigen.

Der Kläger beantragt, den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 15.05.2003 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor: Der Kläger sei auf den Umstand, dass er seit dem 02.01.2003 nicht mehr in Besitz einer Nutzungserlaubnis gewesen sei, mehrfach von den Bediensteten der Stadtbibliothek hingewiesen worden. Es sei in der Stadtbibliothek üblich, die Kunden bei ihren Besuchen darauf aufmerksam zu machen, dass diese ihren Ausweis verlängern müssten. Aus Kulanz werde jedoch nicht sofort jede Ausleihe verweigert. Dem Kläger sei jedoch keinesfalls fortgesetzt gestattet worden, ohne gültige Benutzererlaubnis die Fernleihe der Stadtbibliothek in Anspruch zu nehmen. Von einem durch fortgesetzte Duldung entstandenen Vertrauenstatbestand könne somit überhaupt keine Rede sein. Vielmehr habe der Kläger auf Grund seines ungültigen Benutzerausweises ständig damit rechnen müssen, die Bibliothek nicht mehr benutzen zu dürfen. Ihm sei die Benutzungsordnung bekannt, so dass der Ausschluss von der Benutzung für ihn kein überraschendes Verhalten und erst recht kein Verstoß gegen § 242 BGB darstelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO ist auf jeden Fall gewahrt, da der Widerspruch entgegen dieser Vorschrift nicht förmlich zugestellt wurde.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid vom 15.05.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Versäumnisgebühr sind die §§ 5 Abs. 8, 6 Abs. 2 der auf Grund der §§ 4, 5, 6 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – erlassenen Benutzungsordnung i.V.m. Nr. 8 des Gebührentarifs. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Säumnisgebühr sind danach gegeben. Nach § 5 Abs. 2 der Benutzungsordnung beträgt die Leihfrist für Bücher vier Wochen. Diese Leihfrist ist unstreitig um mehr als vier Wochen überschritten worden, so dass auch die Höhe der Gebühr rechtmäßig festgesetzt wurde.

Eine Verlängerung ist nicht erfolgt. Zwar kann nach § 5 Abs. 9 Benutzungsordnung die Leihfrist vor ihrem Ablauf auf Antrag verlängert werden. Eine solche Verlängerung ist vom Beklagten jedoch ausdrücklich abgelehnt worden.

Die Ablehnung war auch rechtmäßig. Der Kläger besaß nämlich keinen Benutzungsausweis, ohne den die Benutzung der Stadtbibliothek nicht zulässig ist. Unstreitig war dieser bereits am 02.01.2003 abgelaufen. Daher war es nicht ermessensfehlerhaft, die weitere Verlängerung von Medien zu untersagen. Es ist Sache des Klägers, für einen gültigen Benutzungsausweis zu sorgen. Wenn er mehr als drei Monate nach Ende der Gültigkeitsdauer eine Verlängerung des Benutzerausweises immer noch nicht vorgenommen hat, muss er damit rechnen, dass ihm auch eine Verlängerung der von ihm ausgeliehenen Bücher versagt wird. Nach § 5 Abs. 1 Benutzungsordnung ist nämlich für alle Buchungsvorgänge der gültige Benutzerausweis vorzulegen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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