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Änderungsvertrag II

Gericht: Bundesarbeitsgericht

Entscheidungsdatum: 25.05.2005

Aktenzeichen: 7 AZR 286/04 [1]

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Eine Angestellte für Bibliothekshilfsarbeiten klagt gegen ihren Arbeitgeber auf Weiterbeschäftigung. Der Klage wurde in erster Instanz stattgegeben. In zweiter Instanz wurde die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Im Revisionsverfahren entscheidet das Bundesarbeitsgericht, dass die vereinbarte Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sachgrundlos zulässig ist, da im Änderungsvertrag weder eine erneute Befristung des  Arbeitsverhältnisses vereinbart worden ist noch die zuvor vereinbarte Befristung verlängert wurde.

Instanzenzug:
– ArbG Dresden, 16.07.2003, Az: 1 Ca 7156/02
Sächsisches LAG, 13.01.2004, Az: 7 Sa 743/03 [2]
– BAG, 25.05.2005, Az. 7 AZR 286/04

Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Januar 2004 – 7 Sa 743/03 – aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 16. Juli 2003 – 1 Ca 7156/02 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung zum 14. November 2002 geendet hat.

Die Klägerin war zunächst bis zum 31. Dezember 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Vertrag vom 30. Oktober 2000/13. November 2000 vereinbarten die Parteien eine befristete Beschäftigung der Klägerin für Bibliothekshilfsarbeiten zu einer Arbeitszeit von wöchentlich maximal 10 Stunden für die Zeit vom 15. November 2000 bis zum 14. November 2001. Die Stundenvergütung betrug 8,29 DM. Die Parteien gehören den Verbänden an, die den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) geschlossen haben. Mit Vertrag vom 12. Oktober 2001 vereinbarten die Parteien eine weitere Befristung bis zum 14. November 2002. Mit Vertrag vom 25. April 2002, den die Klägerin Anfang Mai 2002 unterzeichnete, schlossen die Parteien mit Wirkung zum 1. Mai 2002 einen Änderungsvertrag für Angestellte, die eine geringfügige Beschäftigung iSd. § 8 SGB IV ausüben.

Nach § 1 dieses Vertrags fanden auf das Arbeitsverhältnis ab 1. Mai 2002 die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags Ost (BAT-O) Anwendung. Die Eingruppierung der Klägerin erfolgte in die Vergütungsgruppe VIII Anl. 1a des BAT-O. Die Arbeitszeit wurde gemäß § 3 des Vertrags auf maximal 6,75 Stunden wöchentlich und bedarfsweise (auf Abruf) monatlich maximal 27 Stunden festgelegt. In § 4 heißt es ua.:

“Das Arbeitsverhältnis ist bis zum 14.11.2002 befristet im Sinne des
§ 14 Abs. 1 TzBfG
§ 14 Abs. 2 TzBfG
§ 14 Abs. 3 TzBfG.”

Mit der am 4. Dezember 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung zum 14. November 2002 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die im Vertrag vom 25. April/Mai 2002 vereinbarte Befristung verstoße gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, weil zwischen den Parteien bereits bis zum 31. Dezember 1992 und auf Grund Vertrags vom 12. Oktober 2001 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristung des Änderungsvertrags vom 1. Mai 2002 nicht mit Ablauf des 14. November 2002 beendet wurde.

2. Im Falle des Obsiegens zu Antrag 1 die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Bibliothekshilfsarbeiterin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, mit Änderungsvertrag vom 25. April/Mai 2002 sei kein erneuter befristeter Arbeitsvertrag vereinbart worden. Es hätten nur die Regelungen des BAT-O einbezogen worden sollen, nachdem durch die Streichung des § 3b BAT-O auch Angestellte, die eine geringfügige Beschäftigung ausübten, in den Geltungsbereich des BAT-O einbezogen worden seien. Die Anpassung an die neue Tariflage stelle keinen Neuabschluss des Arbeitsvertrags dar.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien im Änderungsvertrag vom 25. April/Mai 2002 keine weitere der gerichtlichen Kontrolle unterfallende Befristung vereinbart. Die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 12. Oktober 2001 zum 14. November 2002 ist wirksam. Deshalb hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 14. November 2002 geendet. Die vereinbarte Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sachgrundlos zulässig. Die Klage ist somit unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Änderungsvertrag vom 25. April/Mai 2002 der selbstständigen gerichtlichen Prüfung unterfällt. In diesem Vertrag wurde weder eine Erstbefristung noch eine Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags vereinbart. Gegenstand der in der Klage beantragten Befristungskontrolle ist vielmehr der Vertrag vom 12. Oktober 2001. Denn die Parteien haben im Änderungsvertrag vom 25. April/Mai 2002 weder eine erneute Befristung ihres Arbeitsverhältnisses vereinbart noch die zuvor vereinbarte Befristung verlängert. Die Vereinbarungen betrafen ausschließlich Änderungen der Vergütung und der Arbeitszeit der Klägerin. Durch sie wurde die Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrags vom 12. Oktober 2001 zum 14. November 2002 nicht verändert. Es handelt sich deshalb um die vereinbarte Änderung von Arbeitsbedingungen im laufenden Arbeitsverhältnis, die nicht der Befristungskontrolle unterliegt (vgl. zu § 1 Abs. 1 und Abs. 3 BeschFG 1996: BAG 19. Februar 2003 – 7 AZR 648/01 -, zu I 2 b der Gründe; 19. Februar 2003 – 7 AZR 2/02 -, zu III der Gründe).

II. Die in dem Vertrag vom 12. Oktober 2001 vereinbarte Befristung zum 14. November 2002 ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG wirksam. Dem steht nicht § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG auf Grund der Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten bis zum 31. Dezember 1992 entgegen. Diese Vorschrift ist auf die Verlängerung von Verträgen, die zunächst nach § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 befristet waren, nicht anzuwenden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags zulässig.

Die Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren wurde eingehalten. Die Klägerin war auf Grund zweier befristeter Arbeitsverträge vom 15. November 2000 bis zum 14. November 2002 bei der Beklagten beschäftigt.

2. Bei der Befristungsabrede vom 12. Oktober 2001 handelt es sich um eine nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG statthafte Verlängerung.

a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG ist bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Nicht zulässig ist hingegen der mehrfache Neuabschluss sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge in diesem Zeitraum. Eine Verlängerung setzt voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags vereinbart wird und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen (vgl. zu § 1 Abs. 1 BeschFG 1996: BAG 26. Juli 2000 – 7 AZR 51/99 – BAGE 95, 255 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 4 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 19, zu III 1 und 2 der Gründe) .

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Parteien haben die am 30. Oktober/13. November 2000 vereinbarte Befristung zum 14. November 2001 noch während dessen Laufzeit mit Vereinbarung vom 12. Oktober 2001 einmalig zum 14. November 2002 verlängert, ohne die Vertragsbedingungen zu ändern.

b) Der Zulässigkeit der Verlängerung steht nicht entgegen, dass der verlängerte Vertrag noch im Jahre 2000 und damit unter Geltung des § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 vereinbart worden war. Auch Arbeitsverträge, die gemäß § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 befristet waren, konnten nach dem 31. Dezember 2000 gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG verlängert werden (BAG 15. Januar 2003 – 7 AZR 346/02 – BAGE 104, 244 = AP TzBfG § 14 Nr. 2 = EzA TzBfG § 14 Nr. 2, zu II 2 b der Gründe) .

3. Die im Vertrag vom 12. Oktober 2001 vereinbarte Befristung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Klägerin bei der Beklagten schon einmal bis zum 31. Dezember 1992 beschäftigt war. Zwar ist die Befristung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dieses Verbot betrifft jedoch nur die Erstbefristung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz TzBfG. Es erstreckt sich nicht auf die Verlängerung eines nach § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 befristeten Arbeitsvertrags gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG (BAG 13. Januar 2003 – 7 AZR 346/02 – BAGE 104, 244 = AP TzBfG § 14 Nr. 2 = EzA TzBfG § 14 Nr. 2, zu II 3 der Gründe) .

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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