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Untersuchungsausschuss wegen geplantem Verkauf von Handschriften

Gericht: Staatsgerichtshof Baden-Württemberg

Entscheidungsdatum: 26.07.2007

Aktenzeichen: GR 2/07 [1]

Entscheidungsart: Urteil

Eigenes Abstract: Zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Badenist das Eigentum einiger Kunst- und Kulturgüter ungeklärt. Zudem fehlen dem Haus Baden die Mittel, die Schlossanlage Salem weiterhin zu unterhalten.  Deswegen streben beide Parteien einen Vergleich bezüglich der ungeklärten Eigentumsverhältnisse an. Verschiedene Handschriften der Landesbibliothek Baden-Württemberg sollen veräußert werden und aus deren Erlös soll eine Stiftung zur Unterhaltung der Schlossanlage Salem gegründet und finanziert werden. Die SPD-Fraktion des Landes beantragt die Einsetzung eines Untersuchungsauschusses, durch welchen die Vorgehensweise der Landesregierung überprüft werden soll.  Der Antrag der SPD-Fraktion ist zulässig, aber unbegründet, da er sich auf ein laufendes Verfahren der Landesregierung bezieht. Zudem sind einige Fragen des Antrages unzulässig.

Instanzenzug:
– StGH Baden-Württemberg vom 26.07.2007, Az: GR 2/07

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Das Verfahren ist kostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Tatbestand

A.

1. Mitte September 2006 wurde bekannt, dass das Land Baden-Württemberg mit Vertretern des Hauses Baden Verhandlungen mit dem Ziel führt, die streitigen Eigentumsverhältnisse an verschiedenen Kunst- und Kulturgütern durch einen Vergleich zu bereinigen. Hintergrund war, dass sich das Haus Baden nach eigenen Angaben finanziell nicht mehr in der Lage sah, die Schlossanlage in Salem angemessen zu unterhalten. Der Finanzminister legte gegenüber Vertretern der Stadt Karlsruhe in einem Gespräch am 18.09.2006 dar, als Kompromisslösung sei vorgesehen, eine Stiftung zu gründen und deren Erträge zur Unterhaltung der Liegenschaften in Salem zu verwenden. Das Kapital für diese Stiftung in einer Höhe von 70 Mio. Euro solle aus dem Verkauf von Handschriften aufgebracht werden, die in der Badischen Landesbibliothek lagerten. Im Gegenzug werde das Haus Baden auf seine weitergehenden Eigentumsansprüche im Wert von ca. 300 Mio. Euro verzichten, wodurch eine erhebliche Rechtsunsicherheit beseitigt werde. Diese Kompromisslösung wurde in der Folgezeit in der Öffentlichkeit stark kritisiert und war auch Gegenstand von Anfragen im Landtag. In seiner Pressekonferenz vom 28.09.2006 verteidigte der Wissenschaftsminister die Kompromisslösung und wies zur Begründung darauf hin, dass die Eigentumsverhältnisse an verschiedenen Kunstgegenständen sehr umstritten seien. Nach der geplanten Vereinbarung mit dem Haus Baden könnten verschiedene Kunstgegenstände in unangefochtenes Landeseigentum übergehen.

Am 05.10.2006 fand unter Vorsitz des Ministerpräsidenten eine Besprechung mit Kabinettsmitgliedern, Landtagsabgeordneten, den Leitern von Karlsruher Kultureinrichtungen und Beamten der beteiligten Ressorts statt. In dieser Sitzung wurde über den Vorschlag diskutiert, dem Haus Baden zur Abgeltung seiner Ansprüche und gleichzeitig zur Abwendung einer Insolvenz zunächst nur einen Betrag von 30 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen. Dieser Betrag solle im Rahmen eines sog. „Drei-Säulen-Modells“ sowohl aus öffentlichen als auch aus privaten Mitteln sowie aus einem „Solidarbeitrag der Kunsteinrichtungen“ erbracht werden.

In seiner Sitzung am 09.10.2006 befasste sich auch der Ministerrat mit den Verhandlungen mit dem Haus Baden. Die Erörterung erfolgte, so das Staatsministerium in seiner Stellungnahme vom 06.07.2007 auf entsprechende Nachfrage des Staatsgerichtshofs, im Rahmen des TOP 1 dieser Sitzung „Tagesordnungen der Plenarsitzungen am 11. und 12. Oktober 2006“. Anlass war der auf der Tagesordnung des Landtagsplenums für den 11.10.2006 ausgewiesene Antrag der SPD-Fraktion „Die `unvollendete Revolution´ in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes“. Der Ministerrat erörterte in allgemeiner Form die nächsten Schritte und die Position der Landesregierung in der anstehenden Plenardebatte. Dabei stand die Frage der Finanzierung eines möglichen Vergleichs mit dem Haus Baden im Vordergrund. Der Ministerpräsident umriss als Element hierzu ein „Drei-Säulen-Modell“ mit verschiedenen Optionen, die in der Folgezeit weiter geprüft bzw. konkretisiert werden sollten. Die Protokollierung eines Beratungsergebnisses zu dem Themenbereich „möglicher Vergleich mit dem Haus Baden“ bzw. „Drei-Säulen-Modell“ erfolgte nicht. Es wurde lediglich protokolliert, dass die Tagesordnungen der Plenarsitzungen am 11. und 12. Oktober 2006 besprochen wurden. Zu TOP 12 „Verschiedenes“ der Ministerratssitzung am 09.10.2006 war vom Finanz- und vom Wissenschaftsministerium eine Tischvorlage vorbereitet worden, in der u. a. das „Drei-Säulen-Modell“ referiert wurde. Ein Aufruf der Thematik beim Tagesordnungspunkt 12 „Verschiedenes“ erfolgte jedoch nicht; die Tischvorlage wurde nicht verteilt.

Am 10.10.2006 veröffentlichte das Staatsministerium eine Pressemitteilung des Ministerpräsidenten und des Finanzministers mit der Überschrift „Ministerrat verständigt sich auf wesentliche Eckpunkte zur Sicherung der badischen Kulturgüter“. Der Ministerrat sei sich darin einig gewesen, dass zur Finanzierung der Vereinbarung mit dem Haus Baden eine Erhöhung der Kreditaufnahme ebenso ausscheide wie die Belastung anderer Ressortbereiche mit weiteren Einsparungen. Als Lösung kämen nur kreative Konzepte in Betracht, bei denen sämtliche gesellschaftlichen Kräfte im Land zusammenwirkten. Vor diesem Hintergrund sei das vom Ministerrat in seiner Sitzung vom 09.10.2006 gebilligte „Drei-Säulen-Modell“ zu sehen. Aus dem Bereich staatlicher Mittel könne grundsätzlich ein Beitrag zum Erwerb von Kulturgütern geleistet werden. Ankaufs- und Denkmalmittel könnten befristet für einige Jahre für die Sicherung badischen Kulturgutes bereitgestellt werden. Zudem werde man versuchen, Mittel der Landesstiftung Baden-Württemberg für den Erwerb einzelner Kunstwerke zu gewinnen (1. Säule). Da der Schutz von Kulturgütern nicht nur eine Aufgabe des Landes, sondern eine aller gesellschaftlichen Gruppen sei, erwarte die Landesregierung einen Beitrag von Privatpersonen und der Wirtschaft (2. Säule). Schließlich könne auch an einen Solidarbeitrag des Kunst- und Bibliotheksbereichs selbst gedacht werden (3. Säule). Verkäufe von Kunstgegenständen könnten aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Im Sinne einer Profilbildung von Kunst- und Kultureinrichtungen sei es vertretbar, die Kunstsammlungen zu überprüfen und weiterzuentwickeln.

Im Hinblick auf das sog. „Drei-Säulen-Modell“ beschloss der Aufsichtsrat der Landesstiftung Baden-Württemberg am 17.10.2006, einen Betrag von 10 Mio. Euro zum Erwerb von Kunstschätzen aus den ehemaligen großherzoglichen Sammlungen in Baden bereit zu stellen. Auch der Vorstand der W. G. kündigte an, einen Betrag von 1,5 Mio. Euro zur Verfügung stellen zu wollen. In der Pressemitteilung des Staatsministeriums vom 24.10.2006 rief der Ministerpräsident Unternehmen und Bürger zu weiteren Spenden für die dauerhafte Sicherung der „badischen Sammlungen“ auf. Das Wissenschaftsministerium richtete ein Sonderkonto „Bürgerspende kulturelles Erbe“ ein.

Anfang November 2006 veröffentlichte der F. Historiker M. die Ergebnisse seiner Nachforschungen zur Frage des Eigentums an einigen der zwischen dem Land und dem Haus Baden umstrittenen Kunstgegenstände. So gehöre z.B. die sog. „Markgrafentafel“ des Hans Baldung genannt Grien mit einem Wert von ca. 8 Mio. Euro aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung des Landes Baden mit dem Haus Baden, der der Badische Landtag mit Gesetz vom 1. April 1930 zugestimmt habe, bereits dem Land Baden-Württemberg als Rechtsnachfolger des Landes Baden.

In einer Presseerklärung vom 06.11.2006 gab das Wissenschaftsministerium die Einsetzung einer „Interministeriellen Arbeitsgruppe zu badischen Kulturgütern“ bekannt. Aufgabe dieser Arbeitsgruppe, zu der auch externe Experten aus den Bereichen der Geschichts- und Rechtswissenschaften hinzugezogen werden sollten, sei u. a. die Klärung der strittigen Eigentumsverhältnisse an zahlreichen bekannten Kunstgegenständen. In der Sitzung des Landtags vom 09.11.2006 (Punkt 12 der Tagesordnung, Plenarprotokoll 14/12, S. 640 ff.) wies der Wissenschaftsminister darauf hin, dass es noch kein Regierungshandeln, sondern nur ein Regierungsverhandeln gegeben habe. Gerade das Beispiel des Gemäldes von Baldung genannt Grien zeige die Schwierigkeiten auf. Denn unter dieser Bezeichnung gebe es zwei Gemälde; es sei unklar, welches Gemälde vom Gesetz vom 1. April 1930 erfasst worden sei. Ursprünglich habe man den Abschluss eines Vergleichs mit dem Haus Baden angestrebt, weil die Rechtsverhältnisse besonders schwierig seien. Die Untersuchung des Historikers M. sei aber Anlass, die Rechtsverhältnisse durch eine umfassende Aufarbeitung von Akten im Detail zu klären. Der einfache, praktikable und zunächst bevorzugte Vergleichsweg sei jetzt durch die gesamte Diskussion ausgeschlossen. Die eingesetzte Arbeitsgruppe habe die Aufgabe, die Eigentumsverhältnisse an den verschiedenen Kunstgegenständen zu klären. Trotz der Bemühungen der Arbeitsgruppe werde es Zweifelsfälle geben, bei denen eine genaue Zuordnung zum Land oder zum Haus Baden nicht möglich sei. Auf der fundierten Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppe werde das Land die Verhandlungen weiterführen.

2. Am 21.11.2006 ging beim Antragsgegner der Antrag auf Einsetzung und Beauftragung des Untersuchungsausschusses „Das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden beim Erwerb von Kunst- und Kulturgütern aus dem vermuteten oder tatsächlichen Eigentum des Hauses Baden“ ein. Gekennzeichnet war der Antrag als einer der Fraktion der SPD; unterschrieben war er mit „U. V. und Fraktion“. Beigefügt war dem Originalantrag ein weiteres Blatt, auf dem sämtliche Mitglieder der 38 Abgeordnete zählenden SPD-Fraktion – darunter auch die Fraktionsvorsitzende U. V. – mit Ausnahme der Abgeordneten U. H., W. H. und M. Q. durch ihre eigenhändige Unterschrift ihre Unterstützung des Antrags auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erklärten. Nachdem der Landtagspräsident im Hinblick auf zwei Teilfragen Bedenken geäußerte hatte, änderte die SPD-Fraktion mit Schreiben vom 04.12.2006 Frage A III. 4 ab und zog Frage A I. 8 zurück. Der Antrag lautete danach wie folgt (LT-Drucks. 14/577):

„Der Landtag wolle beschließen,

einen Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 35 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg einzusetzen

A mit dem Auftrag, unter Hinzuziehung aller Akten, die für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags von Bedeutung sind, folgende Aspekte und Vorgänge zu untersuchen:

I. Das Verhalten von Landesregierung und Landesbehörden im Zusammenhang mit einer Übereinkunft mit dem Haus Baden über den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern, insbesondere

1. Auf welche Kunst- und Kulturgüter im Einzelnen und zwar aus folgenden Provenienzen

1.1 Kunstgegenstände in der Badischen Kunsthalle Karlsruhe
1.2 Schriftgut in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe
1.3 Kunstobjekte aus dem Schloss Salem
1.4 Sakralobjekte aus dem Münster Salem
1.5 Sonstiges Kunstvermögen beim Hause Baden
1.6 Sonstige Kunstobjekte der gemeinnützigen Stiftung Schloss Salem
1.7 Wessenberg’sche Gemäldesammlungen im Rosgartenmuseum in Konstanz
1.8 Türkensammlung im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe
1.9 Kopf’sche Kunstsammlung
1.10 Jünke’sche Gemäldesammlung
1.11 Bibliotheksbestände aus der markgräflich badischen Sammlung
1.12 Großherzogliche Münzsammlung im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe
1.13 Säkularisationsgut
1.14 Waffen- und Antikensammlung, Baldung-Fenster, Mithras-Portal im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe

bezog sich die Übereinkunft zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Baden, die Gegenstand des Kabinettsbeschlusses am 9. Oktober 2006 war und wer auf Seiten der Landesregierung an den Verhandlungen des Landes mit dem Haus Baden beteiligt war, die zu dieser Übereinkunft führten?

2. Welche Rechtsperson war gemeint, wenn die Landesregierung als ihren Verhandlungspartner „das Haus Baden“ bezeichnet hat?

3. Wurde (und ggf. auf welche Weise und mit welchem Ergebnis) von Seiten der Landesregierung vor dem Hintergrund der Vermögensinteressen des Landes die finanzielle Situation des Hauses Baden insgesamt geprüft, die Ursache und Ausgangspunkt der gemeinsamen Verhandlungen war?

4. Welche Verwendungszwecke für die von Seiten der Landesregierung aufzuwendenden und eingeworbenen Mittel wurden in der Übereinkunft mit dem Haus Baden festgeschrieben und wie wurde sichergestellt, dass die Mittel des Landes oder der Landesstiftung tatsächlich den vereinbarten Verwendungszwecken zufließen werden?

5. Auf welchen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen wurden die der am 4. Oktober 2006 vom Ministerpräsidenten erläuterten und am 9. Oktober 2006 vom Kabinett beschlossenen Übereinkunft zugrunde liegenden Gegenstandslisten erarbeitet, welche Gegenstandsliste war schließlich verbindlich, welches Ministerium war federführend, welche anderen Ministerien und ggf. welche externen Personen und Stellen wirkten daran auf welche Weise mit?

6. Auf welcher Grundlage beruhte die Beurteilung durch den Herrn Justizminister, der von einem Verhandlungsergebnis sprach und einem ausgehandelten Vertrag, der von Seiten des Hauses Baden bereits unterschrieben sei und ob insoweit Unterlagen über eine entsprechende Mitwirkung insbesondere des Justizministeriums oder auch anderer Stellen vorliegen?

7. Welche sachlichen und rechtlichen Grundlagen liegen den Summen zugrunde, die in der Übereinkunft der Landesregierung mit dem Haus Baden für die Sanierung der Salemer Liegenschaften (30 Millionen €) und als Kapitalstock der auffangenden Stiftung (40 Millionen €) als notwendig erachtet werden?

II. Das Verhalten von Landesregierung und Landesbehörden bei den Versuchen, Klarheit über die Eigentumsverhältnisse der infrage stehenden Kunst- und Kulturgüter zu erhalten, insbesondere

1. Welchen Auftrag hatten die Autoren des W./W.-Gutachtens von der Landesregierung erhalten?

2. Hat die Landesregierung das W./W.-Gutachten ergebnisoffen in Auftrag gegeben oder im Hinblick auf die umfassende Absicherung der Übereinkunft mit dem Haus Baden und welche Kosten sind durch dieses und ggf. andere in diesem Zusammenhang erstellten Gutachten, Expertisen o. ä. angefallen?

3. Trifft es vor diesem Hintergrund zu, dass die Äußerung von Herrn Prof. W. vor dem Finanzausschuss, dieses mögliche Szenario müsste möglicherweise von einem Rechtsgutachten abgefedert werden, sich ausschließlich auf die verhandelte Übereinkunft mit dem Haus Baden bezog bzw. beziehen konnte?

4. Wurde die Möglichkeit des § 46 Abs. 5 Landeshochschulgesetz geprüft und warum wurde diese Vorschrift nicht genutzt, insbesondere im Hinblick auf die Ergänzung rechtshistorischer Gutachtertätigkeit durch mediävistische, kultur- und kunsthistorische und landeskundliche Expertise?

5. Ob und in welcher Größenordnung und auf welchen Rechtsgrundlagen hat das Land Baden-Württemberg seit 1980 Mittel für die Restauration und den Erhalt der unter I. 1. angesprochenen Kunst- und Kulturgüter im Einzelnen aufgewendet?

6. Auf welche Kunst- und Kulturgüter im Einzelnen bezog sich die Wertangabe von 300 Millionen € durch Herrn Wissenschaftsminister F. und welche Expertisen lagen dieser Wertangabe zugrunde?

7. Trifft es zu, dass die Landesregierung auf der Grundlage dieser Wertangabe mit dem Haus Baden verhandelte?

III. Das Verhalten von Landesregierung und Landesbehörden im Zusammenhang mit der materiellen und finanziellen Umsetzung einer Vereinbarung mit dem Haus Baden über den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern, insbesondere

1. Auf welcher sachlichen und rechtlichen Grundlage hat der Ministerrat am 9. Oktober 2006 dem „Drei-Säulen-Modell“ zur Finanzierung zugestimmt?

2. Auf welcher sachlichen und rechtlichen Grundlage hat die Landesstiftung Baden-Württemberg bzw. ihr Aufsichtsrat in der Sitzung am 17. Oktober 2006 über einen (bis zu) 10-Millionen-€-Betrag entschieden, mit dem das „Drei-Säulen-Modell“ der Landesregierung zum Erwerb der badischen Kunst- und Kulturgüter unterstützt werden soll?

3. Welche Verabredungen oder Annahmen aus der Übereinkunft mit dem Haus Baden lagen der Ankündigung des Ministerpräsidenten in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender der Landesstiftung am 17. Oktober 2006 zugrunde, nach der im Jahr 2006 zwei Millionen und in den Jahren 2007 und 2008 jeweils vier Millionen Euro zum Erwerb der badischen Kunst- und Kulturgüter zur Verfügung gestellt werden sollen?

4. Auf welcher rechtlichen und sachlichen Grundlage hat der Ministerpräsident Verhandlungen mit dem Südwestrundfunk geführt, deren Ergebnis angeblich die Zusage von „medialer Unterstützung“ bei der Umsetzung des so genannten „Drei-Säulen-Modells“ war?

5. Auf welcher sachlichen Grundlage hat sich der Herr Ministerpräsident „zur Rettung badischer Kulturgüter“ an potenzielle Sponsoren und die Bevölkerung gewandt und ein entsprechendes Spendenkonto bei der Landesbank Baden-Württemberg eingerichtet?

B Der Ausschuss hat dem Landtag über die Untersuchungsergebnisse zu berichten, diese zu bewerten und Vorschläge zu unterbreiten, wie den zu beanstandenden Vorgängen zukünftig vorgebeugt werden kann.

C Es ist hierzu ein Untersuchungsausschuss mit 10 Mitgliedern zu bilden, in dem die im Landtag vertretenen Fraktionen im Verhältnis von 5 (CDU): 3 (SPD): 1 (FDP): 1 (GRÜNE) vertreten sind.“

3. Am 06.12.2006 debattierte der Landtag über den Antrag auf Einsetzung und Beauftragung des Untersuchungsausschusses sowie die Wahl der Mitglieder des Ausschusses. Einzelne Abgeordnete machten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Untersuchung geltend. Auf Antrag der CDU-Fraktion stimmte der Antragsgegner aufgrund von § 1 Abs. 3 UAusschG mehrheitlich für die Überweisung an den Ständigen Ausschuss zur Prüfung der Zulässigkeit des Antrags (Landtag von Baden-Württemberg, Plenarprotokoll 14/13, S. 675 ff.).

In seiner Sitzung vom 12.12.2006 befasste sich der Ständige Ausschuss mit der Prüfung des Antrags auf Einsetzung und Beauftragung des Untersuchungsausschusses (LT-Drucks. 14/696). Gegenstand der Erörterung im Ständigen Ausschuss war eine von der SPD-Fraktion angeforderte Stellungnahme der Landtagsverwaltung vom 08.12.2006 sowie eine von der CDU-Fraktion in Auftrag gegebene Begutachtung durch Prof. Dr. K. vom 11.12.2006. Der Ständige Ausschuss sprach sich in der abschließenden Abstimmung mehrheitlich dafür aus, dass der Antrag der SPD-Fraktion sowie der 35 Abgeordneten aus den in der Sitzungsniederschrift und den Anlagen ersichtlichen Gründen (Gutachten) unzulässig ist.

Am 14.12.2006 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Einsetzung und Beauftragung eines Untersuchungsausschusses ab (Landtag von Baden-Württemberg, Plenarprotokoll 14/16, S. 906 ff.).

4. Mit dem am 06.02.2007 beim Staatsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz haben die Fraktion der SPD im Landtag von Baden-Württemberg und 37 ihrer Mitglieder (Antragsteller) aufgrund von Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LV beantragt,

festzustellen, dass der Antragsgegner dadurch gegen Art. 35 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg verstoßen und die Antragsteller in der Wahrnehmung ihrer sich aus dieser Vorschrift ergebenden verfassungsmäßigen Rechte verletzt hat, dass er es mit seinem in der 16. Sitzung der 14. Wahlperiode am 14.12.2006 gefassten Beschluss abgelehnt hat, dem Antrag von 35 Mitgliedern der Fraktion der SPD und der Fraktion der SPD auf Einsetzung und Beauftragung des Untersuchungsausschusses „Das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden beim Erwerb von Kunst- und Kulturgütern aus dem vermuteten oder tatsächlichen Eigentum des Hauses Baden“ (LT-Drucks. 14/577) zu entsprechen.

Von den 37 Abgeordneten des Landtags, die sich an der Antragstellung im gerichtlichen Verfahren beteiligt haben, hatten 34 den Einsetzungsantrag vom 21.11.2006 gestellt. Der Abgeordnete Sa., der den Einsetzungsantrag unterstützt hatte, hat sich nicht am gerichtlichen Verfahren beteiligt. Demgegenüber haben die Abgeordneten U. H., W. H. und M. Q., die die Unterstützungserklärung für den Einsetzungsantrag vom 21.11.2006 nicht eigenhändig unterzeichnet hatten, den Antrag im gerichtlichen Verfahren gestellt.

Zur Begründung tragen die Antragsteller vor:

Der Organstreitantrag sei zulässig. Der Staatsgerichtshof sei in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass eine Fraktion des Landtages in Organstreitverfahren im Zusammenhang mit Untersuchungsausschüssen antragsbefugt sei. Der Einsetzungsantrag sei auch von der Fraktion gestellt worden. Neben der Vorsitzenden hätten noch weitere 34 Mitglieder der Fraktion den Antrag unterzeichnet, um den Anforderungen des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV zu genügen. Ferner könne die Fraktion in Prozessstandschaft Rechte des Parlaments gegenüber der Regierung geltend machen. Dass ein Abgeordneter, der den Einsetzungsantrag unterstützt habe, sich nicht am gerichtlichen Verfahren beteiligt habe, sei auch wegen des Hinzutretens dreier Abgeordneter im gerichtlichen Verfahren nicht von Bedeutung. Ohnehin könnten die Antragsteller Ziff. 2 ihre Rechte als Abgeordnete, die Rechte der als Einsetzungsminderheit aufgetretenen Fraktion sowie die Rechte des gesamten Landtags auf Untersuchung geltend machen. Im Übrigen gehe auch der Staatsgerichtshof davon aus, dass die Antragsteller der Minderheitenenquète im Landtag und die im Organstreitverfahren nicht identisch sein müssten. Grundsätzlich reiche bereits ein einzelner Abgeordneter, der zur Einsetzungsminderheit gehört habe, aus, um ein Organstreitverfahren durchzuführen. Sowohl die Fraktion als auch die Abgeordneten könnten danach geltend machen, durch die Ablehnung ihres Antrags auf Einsetzung und Beauftragung eines Untersuchungsausschusses in der Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen Rechte verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein.

Der Antrag sei begründet. Die Fraktion, die mehr als ein Viertel der Mitglieder des Landtags umfasse, sowie die Abgeordneten, die mehr als ein Viertel der Mitglieder des Landtags ausmachten, hätten nach Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV einen Anspruch auf Einsetzung des von ihnen beantragten Untersuchungsausschusses durch den Antragsgegner.

Der umfassende und detaillierte Einsetzungsantrag trage dem Bestimmtheitsgebot hinreichend Rechnung. Gerade bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses sei im Hinblick auf die lückenhafte Tatsachengrundlage, die lediglich eine vorläufige Bewertung erlaube, eine nicht zu restriktive Auslegung des Bestimmtheitsgrundsatzes geboten.

Die Aufklärung des im Einsetzungsantrag umrissenen Sachverhalts liege entsprechend § 1 Abs. 1 UAusschG auch im öffentlichen Interesse. Die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen des Beschlusses des Ministerrats vom 09.10.2006, mit dem in Abkehr von der bisher ins Auge gefassten Vereinbarung mit dem Haus Baden ein abgespecktes Vergleichs- und Finanzierungskonzept präsentiert worden sei, seien, wie die sich über Wochen hin erstreckende Presseberichterstattung sowie die diversen parlamentarischen Initiativen belegten, von erheblichem öffentlichen Interesse. Dies gelte auch, soweit sich der Einsetzungsantrag mit dem Gutachten W./W. befasse. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die tatsächliche Ermittlung der Eigentumsverhältnisse an den Gegenständen über dieses Gutachten hinweggegangen sei, bestehe ein öffentliches Interesse zu erfahren, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Zielsetzung dieses Gutachten seitens der Landesregierung in Auftrag gegeben oder zum Maßstab der rechtlichen Beurteilung der zunächst mit dem Haus Baden ausgehandelten Vergleichslösung herangezogen worden sei. Die öffentliche Kritik am Handeln der Regierung habe die Einsetzung des Untersuchungsausschusses auch nicht erübrigt. Die Kritik habe Missstände aufgedeckt, deren Ermittlung im Einzelnen und abschließende Bewertung als legitimes und sowohl im öffentlichen Interesse als auch insbesondere im Parlamentsinteresse liegendes Ziel eines Untersuchungsausschusses angesehen werde.

Der Einsetzungsantrag sei auch geeignet, dem Landtag entsprechend § 1 Abs. 2 UAusschG Grundlagen für eine Beschlussfassung im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeiten zu vermitteln. Die drei Hauptaspekte des Antrags beträfen ausschließlich das Handeln der Landesregierung im Bereich der Landespolitik, das im Ministerratsbeschluss vom 09.10.2006 seine vorläufige abschließende Form gefunden habe. Es gehe lediglich um die Klärung der Eigentumsansprüche zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Baden sowie um den Einsatz von Sach- und Finanzmitteln des Landes im Rahmen eines Vergleichs mit dem Haus Baden. Der Untersuchungsauftrag sei auch durch die Organkompetenz des Landtags gedeckt. Der parlamentarischen Kontrolle entzogen sei die regierungsinterne Meinungs- und Entscheidungsfindung. Nach dem Einsetzungsantrag sei es aber ersichtlich um die tatsächliche und rechtliche Aufbereitung des Sachverhalts zur Vorbereitung der als maßgeblich anzusehenden Kabinettsentscheidung vom 09.10.2006 gegangen und nicht um die eigentliche Entscheidungsfindung im Ministerrat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse sich der Untersuchungsauftrag auf ein bereits abgeschlossenes Regierungshandeln oder zumindest auf ein solches beziehen, das zur „Verantwortungsreife“ gediehen sei und deshalb eine abschnittsweise Untersuchung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss erlaube. Eine solche Verantwortungsreife eines Verfahrensabschnitts sei gegeben, wenn sich die Regierung mit einem Vorgang befasst und diesen zur Entscheidung gebracht habe. Auch ohne eine förmliche Beschlussfassung sei die Verantwortungsreife gegeben, wenn die Regierung den Vorgang als nicht weiter behandlungsbedürftig eingestuft oder stillschweigend nicht weiter behandelt habe. Durch den formellen Beschluss des Ministerrats vom 09.10.2006 hätten sich die Meinungsbildung der Landesregierung und damit das Regierungshandeln in einer Weise konkretisiert, dass eine parlamentarische Kontrolle durch einen Untersuchungsausschuss möglich sei. Dies ergebe sich auch aus der Vorgeschichte des Kabinettsbeschlusses vom 09.10.2006. Ursprünglich habe die Landesregierung geplant, die streitigen Eigentumsansprüche des Hauses Baden durch den Verkauf der wertvollen, in der Badischen Landesbibliothek gelagerten Handschriften im Gesamtwert von ca. 70 Mio. Euro abzulösen. Von diesem Vorhaben habe die Landesregierung aber aufgrund massiver öffentlicher Kritik Abstand genommen. Der Kabinettsbeschluss vom 09.10.2006 beruhe auf dem „Krisengipfel“ vom 05.10.2006 und sehe ein vollkommen anderes Einigungs- und Finanzierungskonzept vor. Der formelle Beschluss des Ministerrats vom 09.10.2006 sei zudem vom Ministerpräsidenten und weiteren Kabinettsmitgliedern in der Öffentlichkeit vertreten worden. Weitere Maßnahmen, wie etwa die Erklärung der Landesstiftung, für den Ankauf badischen Kulturguts einen Betrag von 10 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen, der Spendenaufruf des Ministerpräsidenten vom 23.10.2006, die Einrichtung eines Spendenkontos durch das Wissenschaftsministerium und auch die Ankündigung, zur Gewinnung weiterer Mittel eine Spendengala in Karlsruhe Anfang 2007 zu veranstalten, hätten auf den Beschluss des Ministerrats vom 09.10.2006 Bezug genommen. Gerade durch die vom Ministerrat nach massiver öffentlicher Kritik im förmlichen Kabinettsbeschluss vom 09.10.2006 vollzogene Abkehr von der bisherigen Konzeption (Verkauf der badischen Handschriften) und Hinwendung zum sog. „Drei-Säulen-Modell“ sei ein Fall des abschnittsweise abgeschlossenen Regierungshandelns gegeben, so dass die Untersuchung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss möglich sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die von der Landesregierung ins Auge gefasste Vereinbarung mit dem Haus Baden erst noch mit diesem geschlossen werden müsse. Denn der Abschluss einer solchen Vereinbarung stelle einen weiteren Abschnitt des Regierungshandelns in Vollzug des Kabinettsbeschlusses vom 09.10.2006 dar. Auch die eigenverantwortliche Entscheidung der Landesregierung, wann sie die Vertragsgespräche beginnen wolle, welche Gegenstände in welcher Reihenfolge zum Inhalt der Vertragserwägungen gemacht werden sollten, wann sie mit ihrem Vorhaben an die Öffentlichkeit treten und wann sie Zwischenergebnisse und Vertragspartner in Parlament und Öffentlichkeit diskutieren wolle, sei gerade noch nicht Thema des Untersuchungsausschusses. Sollte sich die parlamentarische Kontrolle eines Abschnitts des Regierungshandelns auf nachfolgende Teile auswirken, so sei dies im Interesse der Effektivität der Parlamentskontrolle hinzunehmen. Dies gelte z. B. für die marktkundige Platzierung der Vertragsangebote, von der die Veräußerungserlöse wesentlich abhänge. Gegenstand des Einsetzungsbeschlusses seien die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des mit dem Kabinettsbeschluss vom 09.10.2006 verkündeten Finanzierungskonzepts nach Maßgabe des sog. „Drei-Säulen-Modells“ und nicht die Frage, wann und wie die entsprechenden Mittel dann tatsächlich erbracht und schließlich zur Finanzierung der geplanten Vereinbarung mit dem Haus Baden herangezogen und verbraucht würden.

Weder der Einsetzungsantrag noch der Antrag im Organstreitverfahren gingen davon aus, vor dem Beschluss des Ministerrats vom 09.10.2006 sei zwischen dem Land und dem Haus Baden eine abschließende Vereinbarung oder gar ein Vertrag geschlossen worden. Mit dem Begriff der „Übereinkunft“ sei vielmehr das bis zu der durch den Ministerratsbeschluss vom 09.10.2006 vollzogenen „Kehrtwende“ auf dem Verhandlungswege zwischen ihr und dem Haus Baden erzielte Ergebnis gemeint, so wie es etwa auch vom Finanzminister am 18.6.2006 Vertretern der Stadt Karlsruhe vorgestellt worden sei. Die Vorgänge seien allein deshalb als abgeschlossen zu betrachten, weil die Landesregierung durch ihren Beschluss vom 09.10.2006 und die kurze Zeit später erfolgte Einsetzung der Expertenkommission ihre bis dahin angestellten Erwägungen für obsolet erklärt habe. Gerade mit der Einsetzung der Expertenkommission habe die Regierung eine vollständige Neuorientierung eingeleitet. Weil es allein um den Zeitraum vor dem Beschluss vom 09.10.2006 gehe, sei auch der Vorwurf unzutreffend, es werde ein stetiger Untersuchungsausschuss angestrebt. Wegen der zeitlichen Parallelität von Untersuchungsausschuss und Weiterführung der Verhandlungen entstehe dem Land durch die mögliche Offenlegung der eigenen Verhandlungsposition auch kein Nachteil; eine einengende Vorwirkung des Untersuchungsausschusses für die weiteren Verhandlungen sei nicht zu befürchten. Denn allein die Dauer der Verhandlungen mit dem Haus Baden von fast 70 Jahren habe dazu geführt, dass diesem jede denkbare Variante der Verhandlungsposition des Landes bekannt sei.

Das Gutachten W./W. werde auch vom Antragsgegner als überholt betrachtet; damit könne es Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchung sein. Durch die Annahme des Gutachtensauftrags hätten sich die Gutachter zum Teil ihrer Privatheit begeben. Ein öffentliches Interesse an der Aufklärung der der Gutachtenserteilung zugrunde liegenden Vorgaben der Landesregierung sei gegeben.

In Bezug auf die Fragen unter A III. sei zu berücksichtigen, dass die Landesregierung das von ihr am 09.10.2006 beschlossene sog. „Drei-Säulen-Modell“ zügig z.B. durch den Spendenaufruf des Ministerpräsidenten und den Beschluss der Landesstiftung vom 17.10.2006 umgesetzt habe. Dieses Modell sei auch durch die Einsetzung der Expertenkommission nicht obsolet geworden.

5. Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor:

Da das Instrument des Untersuchungsausschusses nicht zu einem Mitregieren des Parlaments führen dürfe, sei „Verantwortungsreife“ nicht bereits dann gegeben, wenn sich die Regierung auch nur vorläufig eine Meinung gebildet habe. In einem Planungsprozess erwäge die Regierung häufig, welche Position sie einzunehmen gedenke. Diese Entscheidung schließe aber kein Verfahren ab, sondern sei lediglich Grundlage und Auftakt für ein Vorhaben oder Verfahren.

Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sei ferner deshalb unzulässig, weil es den Antragstellern nicht in erster Linie um die Klärung äußerer, nachprüfbarer Tatsachen gehe, sondern um die unspezifische Ausforschung von inneren Tatsachen oder Motiven, die den im politischen Planungsprozess der Regierung gemachten Äußerungen und Handlungen zugrunde lägen. Ein Untersuchungsausschuss dürfe nicht dazu führen, dass ein Regierungsmitglied gezwungen werde, sein politisches Handeln zu rechtfertigen. Das Instrument diene auch nicht der Überprüfung, ob Verhaltensweisen oder Entscheidungen der Regierung „wohlbegründet“ seien. Schließlich sei die Frage nach der „Grundlage“ einer Entscheidung unbestimmt. Sie münde ins Uferlose; es sei nicht zu erkennen, was konkret untersucht werden solle.

Sämtliche Fragen, die unter A I. des Einsetzungsantrags der Antragsteller formuliert seien, seien unzulässig. Denn der Gegenstand des Untersuchungsbegehrens greife hier in ein noch laufendes Verfahren im Entscheidungsbereich der Landesregierung ein. Insoweit gehe es den Antragstellern darum, sich in die Verhandlungen über einen Ausgleich zwischen dem Land und dem Haus Baden untersuchend einzubringen. Der Einsetzungsantrag unterstelle zu Unrecht, dass es bereits eine Übereinkunft zwischen dem Land und dem Haus Baden gebe. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Einsetzungsantrag am 14.12.2006 habe zudem festgestanden, dass die Überlegungen und Gespräche, die bis Oktober 2006 zwischen dem Land und dem Haus Baden geführt worden seien, durch die Entwicklung längst überholt gewesen seien. Denn seit dem 06.11.2006 befasse sich eine interministerielle Arbeitsgruppe unter anderem mit der Eigentumsfrage. Die Regierung habe in der Landtagssitzung vom 09.11.2006 klargestellt, dass erst nach einer umfassenden Aufklärung der Eigentumsverhältnisse durch diese Kommission die Fortführung der Verhandlungen mit dem Haus Baden sowie die Konkretisierung der Überlegungen zur Finanzierung eines Ausgleichs in Betracht kämen. Wegen der laufenden Verhandlungen zwischen dem Land und dem Haus Baden könne nicht davon ausgegangen werden, dass Anfang Oktober 2006 „Verantwortungsreife“ eingetreten sei. Von einem bereits abgegrenzten Teilabschnitt, der eine parlamentarische Untersuchung zulasse, könne nicht ausgegangen werden. Anfang Oktober 2006 sei die Regierung noch nicht mit einem Verhandlungsergebnis befasst worden; der Sachverhalt habe sich noch auf der Ebene der ministeriellen Vorbereitung und Diskussion befunden. Ein Fall, in dem die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses trotz des fehlenden Verfahrensabschlusses ausnahmsweise zulässig sei, sei nicht gegeben. Die Verhandlungen mit dem Haus Baden stellten ein einheitliches Ganzes dar, eine Bildung von Abschnitten sei nicht möglich. Auch die bloße Formulierung von Verhandlungszielen oder Planungen durch die Landesregierung führe nicht zu Abschnitten.

Die Frage A I. 5 sei zudem unzulässig, weil sie sich auf die Entscheidungsvorbereitung im Bereich der Landesregierung beziehe. Die Phase der Vorbereitung der Entscheidung des Ministerrats sei selbst dann der parlamentarischen Kontrolle durch einen Untersuchungsausschuss entzogen, wenn die Verhandlungen einen die Kontrollreife auslösenden Zwischenabschnitt erreicht hätten. Auch die in A I. 1 angesprochene Frage gehöre zum absolut geschützten Kernbereich der Regierungsarbeit, in dem eine parlamentarische Kontrolle durch einen Untersuchungsausschuss ausgeschlossen sei. Dies gelte auch für die Frage A I. 6, so weit dort in unspezifischer Weise nach Unterlagen über die Mitwirkung des Justizministeriums und anderer Stellen gefragt werde. Diese Frage diene auch dazu, in unzulässiger Weise innere Tatsachen auszuforschen. Der Justizminister sei dem Parlament keine Rechenschaft über die inneren Grundlagen der von ihm getroffenen politischen Entscheidung schuldig. Der Landtag sei bei seiner Entscheidung über den Einsetzungsantrag nicht verpflichtet, diese Frage der Mehrheit so umzudeuten, dass sie nur auf die äußere Tatsachensituation im Kontext einer Entscheidungslage abziele und damit zulässig sei. Zum Zeitpunkt der Entscheidung am 14.12.2006 seien die Überlegungen von Anfang Oktober durch die später beschlossene Einsetzung der Expertenkommission hinfällig geworden. Deshalb bestehe in Bezug auf weite Teile des Untersuchungsbegehrens unter A I. kein öffentliches Interesse mehr.

Bei den unter A II. aufgeführten Fragen handele es sich um abgeschlossene Sachverhalte. Dennoch könnten Teile dieses Komplexes nicht Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein. Zwar könne sich der Landtag in einem Untersuchungsausschuss mit der Verwendung öffentlicher Finanzmittel im Rahmen der Vergabe von Gutachtenaufträgen befassen. In Bezug auf die Vergütungsvereinbarung (Frage A II. 2. 2. Alt.) erweise sich die unter Einsatz von Zwangsmitteln erfolgende Untersuchung wegen der weitreichenden Beeinträchtigung der privaten Belange der Gutachter als unverhältnismäßig und sei damit nicht mehr vom öffentlichen Interesse getragen. Bei der Frage A II. 3 gehe es weder um die Aufklärung von Tatsachen noch um amtliches Handeln. Es solle lediglich die Intention erforscht werden, die eine Privatperson bei ihrer Äußerung vor einem Parlamentsausschuss verfolgt habe. Eine derart intensive Motivforschung bei einem Privaten sei für eine effektive parlamentarische Kontrolltätigkeit der Opposition nicht erforderlich. Die zweite Alternative dieser Frage („beziehen konnte“) beziehe sich unzulässigerweise auf Spekulationen. Die Frage A II. 6. sei unzulässig, weil sie auf die unspezifische Erforschung innerer Tatsachen abziele. Die Einschätzung eines Amtsträgers über den Wert der betroffenen Kunst- und Kulturgüter könne selbst nicht Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchung sein. Mit Zwangsmitteln könne auch nicht erforscht werden, wie dieser Amtsträger zu seiner Einschätzung gekommen sei. Dies wäre eine unzulässige Motiv- und Gesinnungsforschung. Aus diesem Grunde sei auch die Frage A II. 7 nicht zulässig. Auch diese sei nicht auf einen äußeren Sachverhalt, sondern auf eine innere Tatsache gerichtet. Wenn bei bereits abgeschlossenen Vorgängen eine parlamentarische Erforschung der Verhandlungsposition der Regierung wegen der Folgewirkungen für zukünftige Fälle ausgeschlossen sei, gelte dies für laufende Vertragsverhandlungen erst recht.

Der Untersuchungskomplex A III. könne zunächst deshalb nicht Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein, weil die Überlegungen der Landesregierung zum Finanzierungskonzept eines Ausgleichs mit dem Haus Baden noch nicht abgeschlossen seien und damit in ein laufendes Verfahren eingegriffen werde. Der Ministerrat habe hinsichtlich der Finanzierung noch keine abschließende Entscheidung getroffen. Anfang Oktober 2006 sei die Landesregierung lediglich von einem heftig kritisierten Finanzierungsmodell zu einer anderen Planung übergegangen. In seiner Sitzung vom 09.10.2006 habe der Ministerrat den angestrebten Ausgleich mit dem Haus Baden im Hinblick auf die Plenarsitzungen vom 11. und 12.10.2006 diskutiert. Die Erörterung habe lediglich der Vorbereitung der Parlamentsdebatte gedient, einen gesonderten Punkt auf der Tagesordnung des Kabinetts habe es nicht gegeben. Ein gesonderter Beschluss sei vom Kabinett nicht gefasst worden. Die in der Presseerklärung erwähnte „Verständigung“ habe sich darauf bezogen, welche Planungen die Regierung in der aktuellen Debatte vom 11. und 12.10.2006 dem Parlament präsentieren solle. Der Planungscharakter komme auch im Wortlaut der Presseerklärung deutlich zum Ausdruck, weil hinsichtlich der einzelnen Elemente der Gesamtlösung nur Erwartungen oder Annahmen zum Ausdruck gebracht worden seien. Ferner komme der Landesregierung hinsichtlich keiner der „drei Säulen“ eine Entscheidungsbefugnis zu. Der Regierung müsse es möglich sein, ihre Planungen der Öffentlichkeit zu präsentieren und auch die Konzeption abzuändern, ohne dass trotz des bloßen Planungsstadiums allein wegen der Veröffentlichung „Verantwortungsreife“ eintrete und eine parlamentarische Untersuchung möglich werde. Andernfalls litten zu Lasten der demokratischen Vorstellungen vom „guten Regieren“ Transparenz und Publizität des Regierungshandelns.

In Bezug auf den Komplex A III. lägen auch die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise zulässige Aufarbeitung eines noch nicht abgeschlossenen Sachverhalts durch einen Untersuchungsausschuss nicht vor. Werde mit der Untersuchung des Finanzierungskonzepts bis zum Abschluss der Arbeit der Expertenkommission gewartet, drohe nicht die Schaffung vollendeter Tatsachen. Unabhängig von den generellen Überlegungen zur Unzulässigkeit einer parlamentarischen Untersuchung von bloßen Planungen der Regierung sei die Frage A III. 1. deshalb unzulässig, weil in pauschaler und undifferenzierter Weise Motivforschung betrieben werde. Denn der Antrag ziele auf die Erforschung der Entscheidungsgrundlagen der Regierung ab. Zudem fehle es dem Untersuchungsbegehren am öffentlichen Interesse, weil der Kabinettsbeschluss vom 09.10.2006 hinfällig sei. Die Einsetzung der Expertenkommission habe zu einer Situation geführt, in der die Anfang Oktober 2006 in Aussicht genommenen politischen Planungen überholt seien.

Hinsichtlich des Komplexes A II. sei der Antrag in erheblichem Umfang unzulässig. Eine der bundesrechtlichen Regelung des § 2 Abs. 3 PUAG über die teilweise Zulassung vergleichbare Bestimmung bestehe weder in der Landesverfassung noch im Untersuchungsausschussgesetz des Landes. Sei das Einsetzungsbegehren teilweise unzulässig, könne das Parlament die Einsetzung des Untersuchungsausschusses vollständig verweigern. Es sei Sache der Antragsteller und nicht des Parlaments, den Antrag den verfassungsrechtlichen Vorgaben anzupassen. Die Antragsteller könnten ihren Antrag umformulieren. Bewerteten die Antragsteller die Ablehnung des Antrags durch das Parlament als unzulässig, so könnte diese Frage gerichtlich geklärt werden. Selbst bei der Annahme einer Pflicht des Parlaments zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit einem auf das verfassungsrechtlich Zulässige reduzierten Auftrag wäre der Antrag hier abzulehnen. Denn wesentliche Teile des Antrags seien unzulässig und die verfassungskonformen Reste wiesen isoliert keine Kohärenz mehr auf.

Entscheidungsgründe

B.

Der Antrag der Antragsteller Ziff. 2 ist unzulässig (I.). Der Antrag der Antragstellerin Ziff. 1 ist zwar zulässig (II.), aber unbegründet (III.).

I.

1. Der Antrag der Antragsteller Ziff. 2 ist nach Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LV statthaft. Gegenstand ist die Auslegung der Landesverfassung aus Anlass einer Streitigkeit zwischen Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg einerseits und dem Landtag andererseits. Es geht um die Frage, ob der Antragsgegner dadurch gegen Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV verstoßen hat, dass er den Einsetzungsantrag der damaligen Antragsteller (LT-Drucks. 14/577) in seiner Sitzung vom 14.12.2006 abgelehnt hat.

2. Die Antragsteller Ziff. 2 (37 Abgeordnete) sind unmittelbar nach Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV beteiligtenfähig im Sinne von § 44 StGHG. Es handelt sich um mehr als ein Viertel der Mitglieder des Landtags; sie sind damit als solche ein in der Landesverfassung (Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV) mit eigenen Zuständigkeiten ausgestatteter Teil des Landtags.

3. Der Antrag der Antragsteller Ziff. 2 ist aber unzulässig, weil diese nicht antragsbefugt sind. Nach § 45 Abs. 1 StGHG ist der Antrag im Organstreitverfahren nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners in der Wahrnehmung seiner ihm durch die Verfassung übertragenen Rechte und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet sei. Der Begriff der Geltendmachung einer Rechtsverletzung ist dahingehend auszulegen, dass eine Rechtsverletzung zumindest möglich ist.

Hier ist aber eine Verletzung oder unmittelbare Gefährdung solcher eigener Rechte der 37 Antragsteller Ziff. 2 ausgeschlossen (a). Die Antragsteller Ziff. 2 können auch nicht geltend machen, der Antragsgegner habe durch die Ablehnung des Einsetzungsantrags am 14.12.2006 Rechte des „Organs“, dem sie angehören, verletzt oder unmittelbar gefährdet (b).

a) Das Recht, um dessen Verletzung durch die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners es hier geht, steht nach Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV nicht dem einzelnen Abgeordneten als solchem, sondern einer Gruppe von Abgeordneten des Landtags zu, sofern dieser Gruppe mindestens ein Viertel der Mitglieder des Landtags angehören. Im Hinblick auf den einzelnen Abgeordneten besteht die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne von § 45 Abs. 1 StGHG nur, wenn der Abgeordnete, der im Organstreitverfahren als Antragsteller auftritt, bereits Teil der hinreichend großen Gruppe war, die den schließlich vom Landtag abgelehnten Einsetzungsantrag gestellt hatte. Derjenige, der keinen Antrag gestellt hat, kann von vornherein nicht durch eine ablehnende Entscheidung in einem Anspruch auf eine positive Entscheidung verletzt sein.

Für ein Organstreitverfahren, in dem von Abgeordneten die Verletzung ihres Rechts aus Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV geltend gemacht wird, folgt hieraus, dass mindestens so viele derjenigen Abgeordneten auftreten müssen, die den abgelehnten Antrag gestellt hatten, dass das verfassungsrechtliche Quorum noch erreicht wird. Andere Abgeordnete als die ursprünglichen Antragsteller im Landtag können der Gruppe der Antragsteller vor dem Staatsgerichtshof nicht zur Antragsbefugnis verhelfen, weil sie weder als Einzelne noch als Gruppenmitglieder eine Rechtsverletzung durch die Ablehnung ihres Antrags im Parlament geltend machen können.

Art. 92 LV bestimmt, dass „Mehrheiten oder Minderheiten der Mitglieder des Landtags“ im Sinne der Verfassung nach der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtags berechnet werden. Diese Regelung ist auf Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV anwendbar (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 92, Rn. 4). Die Bestimmung verweist auf die Festlegung durch das – einfache – Gesetz. Gesetzliche Zahl im Sinne von Art. 92 LV ist nicht lediglich die in § 1 Abs. 1 LWG festgelegte Mindestzahl von 120 Abgeordneten, sondern die tatsächliche Zahl von Mandatsträgern, die sich aus der letzten Wahl (26.03.2006) nach Maßgabe des in § 2 LWG geregelten Verfahrens ergeben hat. Die Auszählung der Wahl 2006 führte durch Überhang- und Ausgleichsmandate zu einer Mandatszahl von 139. Damit ist das Quorum von einem Viertel (Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV) erst bei einer Abgeordnetenzahl von 35 erfüllt.

Als Antragsteller Ziff. 2 sind im gerichtlichen Verfahren 37 Abgeordnete des Landtags aufgetreten. Von diesen 37 Abgeordneten hatten aber lediglich 34 den ursprünglichen Einsetzungsantrag vom 21.11.2006 unterstützt. Dass als Antragsteller Ziff. 2 im gerichtlichen Verfahren nunmehr auch drei weitere Abgeordnete auftreten, die den ursprünglichen Antrag vom 21.11.2006 nicht durch eine ausdrückliche Erklärung für ihre Person unterstützt hatten, verhilft der Gruppe der noch 34 Abgeordneten beim Einsetzungsantrag nicht zur Antragsbefugnis.

Für ihre abweichende Auffassung können sich die Antragsteller Ziff. 2 nicht auf das Urteil des Staatsgerichtshofs vom 13.08.1991 (- GR 1/91 -, ESVGH 42, 7 f.) berufen. Denn in dieser Entscheidung hat sich der Staatsgerichtshof nicht mit der hier gegebenen Konstellation befasst, dass der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Verfahren vor dem Landtag durch eine dem Quorum genügende Zahl von Abgeordneten unterstützt worden ist, sich im gerichtlichen Verfahren aber nur ein Teil dieser ursprünglichen Antragsteller beteiligt hat, der das Quorum nicht mehr erfüllt. In seinem Urteil vom 13.08.1991 hat der Staatsgerichtshof lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sich nicht sämtliche Antragsteller des Verfahrens vor dem Landtag auch an einem gerichtlichen Verfahren beteiligen müssen, wenn nur der Antrag im gerichtlichen Verfahren von einer Zahl von damaligen Antragstellern gestellt wird, die das Quorum erfüllt. Dementsprechend scheiterte die Antragsbefugnis der im gerichtlichen Verfahren als Antragsteller aufgetretenen 42 Mitglieder der SPD-Fraktion nicht daran, dass im parlamentarischen Verfahren der Einsetzungsantrag noch von weiteren Abgeordneten (einer anderen Fraktion) unterstützt worden war, die sich am gerichtlichen Verfahren aber nicht mehr beteiligten. Denn sämtliche Antragsteller im gerichtlichen Verfahren hatten auch den Einsetzungsantrag im Landtag gestellt und erfüllten das Quorum im Sinne von Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV.

Die drei weiteren Abgeordneten können nicht geltend machen, sie seien auch ohne persönliche Namensnennung bei der Abgabe der Unterstützungserklärung durch die Vorsitzende ihrer Fraktion stillschweigend vertreten worden.

Die Vorsitzende der SPD-Fraktion hat den Einsetzungsantrag im Schreiben vom 21.11.2006 mit „U. V. und Fraktion“ unterschrieben. Es kann aber nicht angenommen werden, die Vorsitzende der Fraktion habe bei der Antragstellung vom 21.11.2006 im eigenen Namen und als rechtsgeschäftliche Stellvertreterin sämtlicher übriger Mitglieder der aus 38 Personen bestehenden SPD-Fraktion des Landtags gehandelt, so dass auch diejenigen drei Abgeordneten beim Einsetzungsantrag vertreten gewesen wären, die die Unterstützungserklärung vom 21.11.2006 nicht persönlich unterschrieben haben. Denn dem Antragsschreiben sind Unterstützungserklärungen von – nur – 35 Mitgliedern der SPD-Fraktion beigefügt. Der Annahme einer rechtsgeschäftlichen Vertretung sämtlicher Mitglieder der Fraktion durch die Vorsitzende steht die Abgabe eigener Willenserklärungen der – lediglich 35 – Abgeordneten, sie unterstützten den Antrag ihrer Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, entgegen. Gegen die Annahme, die Vorsitzende der Fraktion habe im Einsetzungsantrag vom 21.11.2006 als Vertreterin sämtlicher Mitglieder ihrer Fraktion gehandelt, spricht ferner, dass diese auf der Seite, auf der die Abgeordneten ihre Unterstützung zum Ausdruck gebracht haben, selbst mitunterschrieben hat. Damit hat auch die Fraktionsvorsitzende zwischen der Erklärung in dieser Funktion und der „Unterstützungserklärung“ als Abgeordnete unterschieden. Schließlich ist von Bedeutung, dass aus Sicht der Fraktionsvorsitzenden zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Grund dafür bestand, als rechtsgeschäftliche Vertreterin für sämtliche Mitglieder der SPD-Fraktion zu handeln. Denn es war bei der Stellung des Einsetzungsantrags durch die beigefügten Unterstützungserklärungen klar, dass die Erklärungen einer der Vorgabe des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV genügenden Zahl von Abgeordneten vorlag.

b) § 45 Abs. 1 StGHG erlaubt als Ausnahme vom allgemeinen prozessrechtlichen Grundsatz, dass ein Antragsteller in einem gerichtlichen Verfahren nur die Verletzung eigener Rechte geltend machen kann, die Verfolgung von Rechten eines Organs durch eines seiner Teile (gesetzliche Prozessstandschaft). Die Voraussetzungen dafür sind hier aber nicht gegeben.

Geht es um den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, scheidet die Geltendmachung der Verletzung des aus Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV folgenden Rechts auf Einsetzung durch einen einzelnen Abgeordneten oder durch eine Gruppe von Abgeordneten, die das Quorum nicht erfüllen, aus. Das Bundesverfassungsgericht hat zu der mit § 45 Abs. 1 StGHG übereinstimmenden Vorschrift des § 64 Abs. 1 BVerfGG ausgeführt, dass eine Prozessstandschaft einzelner Abgeordneter für das Gesamtorgan Bundestag ausgeschlossen ist (BVerfG, Urt. v. 12.07.1994 – 2 BvE 3/92 u.a. -, BVerfGE 90, 286, 343 f.; Beschl. v. 12.03.2007 – 2 BvE 1/07 -, Rn. 22 f.). Als Organteile kämen nur die nach der Geschäftsordnung ständig vorhandenen Gliederungen des Bundestages in Betracht. Nur die Fraktionen, nicht aber ein einzelner Abgeordneter stellten eine solche Gliederung dar. In erster Linie werde das Parlament als Gesamtheit durch das in den Fraktionen verkörperte politische Gliederungsprinzip kontinuierlich arbeitsfähig. Hintergrund der in Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG zum Ausdruck kommenden Erweiterung auf Beteiligte, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet seien, sei der Schutz der parlamentarischen Minderheit. Den Oppositionsfraktionen als parlamentarischen Gegenspielern der Regierungsmehrheit sollte der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht eröffnet werden, nicht aber sonstigen „ganz kleinen Gruppen“. Auch die Literatur geht ganz überwiegend davon aus, dass eine Prozessstandschaft durch einen oder mehrere Abgeordnete, soweit diese keine Fraktion bilden, nicht in Betracht kommt (vgl. Umbach/Clemens, BVerfGG, §§ 63, 64, Rn. 7 ff.; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 64, Rn. 89; Lechner/Zuck, BVerfGG, 5. Aufl., § 64, Rn. 5 jeweils m.w.Nachw.). Diese Überlegungen gelten auch für die mit § 64 Abs. 1 BVerfGG vergleichbare Vorschrift des § 45 Abs. 1 StGHG.

Die Annahme einer Prozessstandschaft ist zudem mit dem Grundgedanken des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV nicht zu vereinbaren. Die Landesverfassung hat den gegen den Landtag gerichteten Anspruch auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nur einem bestimmten Teil der Abgeordneten eingeräumt. Beteiligt sich einer der Antragsteller im parlamentarischen Verfahren nicht an der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs und fällt die Gruppe dadurch unter das Quorum, so muss eine Durchsetzung dieses Rechts durch einen bloßen Teil des Quorums ausscheiden. Denn das Recht hängt von den übereinstimmenden Willenserklärungen einer der Regelung des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV entsprechenden Zahl von Abgeordneten ab.

II.

Der Antrag der Antragstellerin Ziff. 1 ist zulässig.

1. Die SPD-Fraktion ist als solche beteiligtenfähig im Sinne von § 44 StGHG. Sie ist in der Geschäftsordnung des Landtags mit eigenen Zuständigkeiten ausgestattet.

2. Die SPD-Fraktion ist in der hier gegebenen Konstellation antragsbefugt im Sinne von § 45 Abs. 1 StGHG. Durch die Geschäftsordnung des Landtags oder andere Gesetze eingeräumte Zuständigkeiten reichen für die Annahme der Antragsbefugnis allerdings nicht aus (vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl., Rn. 1015). Auch für ein von einer Fraktion angestrengtes Organstreitverfahren gilt, dass es, soweit nicht ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft gegeben ist, um den Schutz eigener – sich aus der Verfassung ergebender – Rechte dieser Antragstellerin gehen muss (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.07.1969 – 2 BvK 1/67 -, BVerfGE 27, 44, 51; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 64 Rn. 64; Gerhardt, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 73 Rn. 9 m.w.Nachw.). Solche sind der Fraktion in Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV nicht besonders zugewiesen (a). Indessen kann die Antragsbefugnis hier deshalb angenommen werden, weil die Fraktion sowohl bei der Stellung des Einsetzungsantrags im Landtag als auch bei der Einreichung des Antrags in diesem Organstreitverfahren die Unterstützung einer solchen Zahl ihrer Mitglieder vorweisen konnte, dass das Quorum des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV erreicht war (b).

a) Eine ständige Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs zur Frage der Antragsbefugnis von Fraktionen im Organstreitverfahren hat sich noch nicht gebildet.

Das Urteil vom 14.03.1985 (- GR 1/83 -, ESVGH 35, 161) betraf weder den Fall einer Antragstellung durch eine Fraktion noch den Streit um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Gegenstand des Urteils des Staatsgerichtshofs vom 13.08.1991 (- GR 1/91 -, ESVGH 42, 7) war die teilweise Ablehnung des Antrags der dortigen Antragsteller auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch den Landtag. Antragsteller im gerichtlichen Verfahren waren die SPD-Fraktion und deren 42 Mitglieder, die das Quorum des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV erfüllten. Im Hinblick auf die Fraktion hat der Staatsgerichtshof ausgeführt, dass gerade in Fällen, in denen sich der parlamentarische Streit um die verfassungsmäßige Ausgestaltung des Einsetzungsbeschlusses weitgehend zwischen den Landtagsfraktionen abspiele, im sinngemäßen Verständnis des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV auch deren Rechte berührt seien. Aus den dortigen Ausführungen zur Antragsbefugnis einer Fraktion (ESVGH 42, 7, 8) kann indessen nicht geschlossen werden, der Staatsgerichtshof habe den Fraktionen die Antragsbefugnis im Organstreitverfahren im Zusammenhang mit einem Streit um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses unabhängig davon zubilligen wollen, ob die Zahl ihrer Mitglieder das in Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV geregelte Quorum erfüllt. Denn in diesem Verfahren trat als Antragsteller eine Fraktion auf, deren Mitglieder zum einen das Quorum erfüllten und die zum anderen auch – vollzählig – den ursprünglichen Einsetzungsantrag gestellt hatten. In Bezug auf die Abgeordneten bestand Streit darüber, ob der Antragsbefugnis der Abgeordneten im gerichtlichen Verfahren der Umstand entgegensteht, dass der Antrag im parlamentarischen Verfahren von weiteren 10 Abgeordneten (der Fraktion der Grünen) unterstützt worden war, die sich aber nicht am anschließenden Organstreitverfahren beteiligt hatten. Der Staatsgerichtshof hat klargestellt, dass die Antragsbefugnis der Abgeordneten im gerichtlichen Verfahren dann gegeben ist, wenn die Abgeordneten, die zunächst den Einsetzungsantrag und anschließend den Antrag im gerichtlichen Verfahren gestellt haben, das Quorum erfüllen.

Auch dem Urteil des Staatsgerichtshofs vom 21.10.2002 (- GR 11/02 -) sind Ausführungen zur Frage der Antragsbefugnis einer Fraktion im Organstreitverfahren zu entnehmen (I. 2. b) aa) der Entscheidungsgründe). Die Entscheidung betraf nicht die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, sondern die Frage, ob der Antragsgegner im dortigen Organstreitverfahren, der Vorsitzende des vom Landtag eingesetzten Untersuchungsausschusses, die Antragsteller – zum einen die SPD-Fraktion im Landtag und zum anderen Mitglieder des Landtags, die von diesem zu Mitgliedern in einem von ihm eingesetzten Untersuchungsausschuss gewählt worden waren – in der Wahrnehmung ihrer sich aus Art. 35 LV ergebenden verfassungsmäßigen Rechte dadurch verletzt hatte, dass er es als Vorsitzender abgelehnt hatte, auf den Antrag von Mitgliedern des Ausschusses binnen einer Woche eine Sondersitzung des Untersuchungsausschusses einzuberufen. Auch aus dieser Entscheidung kann nicht gefolgert werden, der Staatsgerichtshof gehe von der Antragsbefugnis einer Fraktion des Landtags als solcher aus, ungeachtet der Frage, ob deren Mitglieder das Quorum des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV erfüllen. Denn auch hier hat der Staatsgerichtshof auf die Antragsbefugnis der „konkreten Einsetzungsminderheit“ abgestellt, d.h. auf den in Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV bestimmten Teil der Abgeordneten des Landtags, dem allein der Anspruch auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch den Landtag zusteht.

b) Der konkret zu entscheidende Fall gibt keinen Anlass, die Frage der Zulässigkeit eines Einsetzungsantrags einer Fraktion im parlamentarischen Verfahren und die ihrer Antragsbefugnis im Verfahren vor dem Staatsgerichtshof für alle denkbaren Fallkonstellationen zu klären. Der Staatsgerichtshof hat auch nicht zu entscheiden, ob es im Sinne von Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV ausreichen kann, wenn bei einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach der Landesverfassung nur eine Fraktion und nicht die den Antrag unterstützenden Abgeordneten in Erscheinung treten.

Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage einer möglichen Rechtsverletzung der in einer Fraktion verbundenen Abgeordneten in Bezug auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV. Danach muss gewährleistet sein, dass mindestens ein Viertel der Abgeordneten des Landtags die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses anstrebt. Voraussetzung ist hierfür zunächst, dass die Zahl der Mitglieder der betreffenden Fraktion zumindest diesem Quorum genügt und zudem eine mindestens dem Quorum entsprechende Zahl ihrer Mitglieder den Antrag unterstützt. Wegen der Zuweisung des Einsetzungsanspruchs in der Landesverfassung nur an eine bestimmte Zahl von Abgeordneten reicht danach insbesondere eine bloße Entscheidung der oder des Fraktionsvorsitzenden nicht aus. Unzureichend ist auch eine in der Fraktion getroffene Mehrheitsentscheidung über die Frage, ob ein Einsetzungsantrag gestellt werden soll, es sei denn diese Mehrheit als solche erfüllt das Quorum.

Ausgehend von diesen, die rechtliche Behandlung von Fraktionsanträgen nicht abschließend erwägenden Grundsätzen steht der Antragstellerin Ziff. 1 hier die Antragsbefugnis zu. Die Antragstellerin Ziff. 1 hat 38 Mitglieder. Dem von der Fraktionsvorsitzenden für die Fraktion gestellten Antrag waren eigenhändig unterschriebene Unterstützungserklärungen von 35 Mitgliedern des Landtags beigefügt. Damit war deutlich, dass der Antrag der SPD-Fraktion nicht auf einer Entscheidung allein der Vorsitzenden oder einer unter dem Quorum liegenden Mehrheit der Fraktionsmitglieder zurück ging, sondern von einer den Anforderungen des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV genügenden Zahl von Abgeordneten getragen wurde. Dass sich sogar 37 Abgeordnete der SPD-Fraktion als Antragsteller Ziff. 2 am gerichtlichen Verfahren beteiligt haben, lässt den Schluss zu, dass der Antrag der Antragstellerin Ziff. 1 sowohl im parlamentarischen als auch im gerichtlichen Verfahren – durchgehend – von einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügenden Zahl von Abgeordneten unterstützt worden ist.

3. Die sonstigen förmlichen Voraussetzungen des Antrags nach §§ 14 und 45 Abs. 2 und 3 StGHG sind erfüllt. Die Bestimmung des Art. 35 Abs. 1 LV, gegen welche die Unterlassung des Antragsgegners verstoßen haben soll, ist im Antragsschriftsatz genannt worden. Auch ist die Sechsmonatsfrist des § 45 Abs. 3 StGHG eingehalten, weil der Antrag gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 14.12.2006 bereits am 06.02.2007 beim Staatsgerichtshof einging.

Der Landtag ist als Antragsgegner seinerseits nach § 44 StGHG beteiligtenfähig. Er ist nach dem Sachvortrag der Antragsteller der richtige Antragsgegner, weil nach dem Vorbringen der Antragsteller durch einen Beschluss des Landtags in ihre Rechte eingegriffen wurde. Ein Rechtsschutzinteresse der Antragsteller ist zu bejahen, weil eine Untersuchung der Vorgänge entsprechend dem Einsetzungsbegehren der Antragsteller noch bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode möglich ist.

III.

Der zulässige Antrag der Antragstellerin Ziff. 1 ist unbegründet.

Der Antrag wäre begründet, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung des Antrags-gegners am 14.12.2006 die Voraussetzungen für die Einsetzung des beantragten Untersuchungsausschusses gegeben gewesen wären. Die Prüfung ergibt indessen, dass die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners vom 14.12.2006 rechtmäßig war. Das aus Art. 35 Abs. 1 LV folgende Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wurde nicht verletzt. Das Parlament hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Einsetzungsantrags zu prüfen und einen mit der Verfassung nicht zu vereinbarenden Antrag abzulehnen (vgl. z.B. HessStGH, Urt. v. 24.11.1966 – P. St. 414 -, DÖV 1967, 51, 52 m.w.Nachw.). Es ist nicht auf die Ablehnung offensichtlich unzulässiger Anträge beschränkt.

1. a) Das Untersuchungsrecht des (Minderheiten-) Quorums ist nach dem Wortlaut von Art. 35 Abs. 1 Satz 1 LV nicht näher begrenzt. Beschränkungen für die Einsetzung und Beauftragung eines Untersuchungsausschusses ergeben sich aber aus anderen Bestimmungen der Landesverfassung, die das Verhältnis der drei staatlichen Gewalten zueinander regeln. Dies ist in erster Linie der Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 25 LV), der auch die Aufgaben eines Untersuchungsausschusses begrenzt. Ein Untersuchungsausschuss arbeitet im Auftrag des gesamten Parlaments, so dass sich seine Aufgaben und Befugnisse nach der verfassungsrechtlich vorgegebenen Funktionstrennung von Parlament und Regierung bestimmen.

Der Grundsatz der Gewaltenteilung zielt weniger auf eine trennscharfe Abgrenzung zwischen den drei staatlichen Gewalten als vielmehr auf eine flexible Gewaltenbalance ab. Nicht jede Einflussnahme des Parlaments auf die Exekutive stellt einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung dar. Ein solcher ist erst bei einem Eingriff des Parlaments in den Kernbereich der Exekutive gegeben. Dieser Kernbereich ist auf der Grundlage der positiven verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung mit den Kriterien der Funktionsfähigkeit und Verantwortlichkeit zu bestimmen. Dabei geht es darum, die selbstständige politische Entscheidungsgewalt der Regierung, ihre Funktionsfähigkeit zur Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben und ihre Sachverantwortung gegenüber Volk und Parlament als zwingende Gebote der demokratisch-rechtsstaatlichen Verfassung zu sichern (BVerfG, Urt. v. 27.04.1959 – 2 BvF 2/58 -, BVerfGE 9, 268, 280). Damit begrenzt die Kernbereichslehre nicht nur die parlamentarische Kontrolle, sondern ermöglicht sie zugleich: Weil die Regierung nur für „ihre“ Entscheidungen verantwortlich gemacht werden kann, muss ihr auch ein Bereich selbstständiger Entscheidungsgewalt zustehen. Danach setzt der Grundsatz der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus (BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 – 2 BvE 11, 15/83 -, BVerfGE 67, 100, 139 unter Berufung auf Scholz, AöR Bd. 105, 564, 598; Urt. v. 18.12.1984 – 2 BvE 13/83 -, BVerfGE 68, 1, 87). Dieser Kernbereich schließt einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich ein. Dazu gehört z.B. die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Rechtsprechung und Literatur gehen deshalb davon aus, dass sich die Kontrollkompetenz eines Parlaments gegenüber der jeweiligen Regierung grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge bezieht und das Prüfungsrecht des Parlaments nicht die Befugnis umfasst, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen (BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 – 2 BvE 11, 15/83 -, BVerfGE 67, 100, 139; Beschl. v. 30.03.2004 – 2 BvK 1/01 -, BVerfGE 110, 199, 215; HessStGH, Urt. v. 24.11.1966 – P. St. 414 -, DÖV 1967, 51, 55 f.; BayVerfGH, Urt. v. 27.11.1985 – Vf. 67-IV-85 -, VerfGHE 38, 165, 176 = DVBl 1986, 233, 234; BremStGH, Entsch. v. 01.03.1989 – St 1/88 -, NVwZ 1989, 953, 956; BbVerfG, NVwZ-RR 1998, 209, 211; Böckenförde, AöR Bd. 103, 1, 17). Dem Parlament ist es nicht erlaubt, die einzelnen Verfahrensschritte der Exekutive vor Erlass einer bestimmten Entscheidung zu untersuchen (HessStGH, Urt. v. 24.11.1966 – P. St. 414 -, DÖV 1967, 51, 55 f.). Andernfalls würde „Untersuchung“ zur Mitbeteiligung werden (Böckenförde, AöR Bd. 103, 1, 17).

Ausgehend von diesen Grundsätzen wird eine abschnittsweise Untersuchung des Regierungshandelns allerdings auch dann als zulässig angesehen, wenn die Verfahrensabschnitte ihrerseits Aspekte in sich geschlossener Vorgänge aufweisen, die unabhängig von der Entscheidung zu beurteilen sind, die sie vorbereiten (BayVerfGH, Urt. v. 27.11.1985 – Vf. 67-IV-85 -, VerfGHE 38, 165, 177 = DVBl 1986, 233). In der Literatur wird ferner unter Hinweis darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem „Flick“-Urteil lediglich von einem Grundsatz der „ex post“-Kontrolle gesprochen habe (BVerfGE 67, 100, 139), sowie im Hinblick auf die gewachsene Macht der Exekutive – und der damit einhergehenden Machtverschiebung zu Lasten des Parlaments – gefordert, die Untersuchung eines Sachverhalts bereits zu einem Zeitpunkt zuzulassen, zu dem die Entscheidungsfindung der Exekutive „Verantwortungsreife“ erlangt habe (Thieme, Das Verhältnis der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zur Exekutive, 1983, S. 51; Glauben/Broker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, § 5, Rn. 40; Klein, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 44, Rn. 153 m.w.Nachw.). Die Beurteilung der Zulässigkeit von parlamentarischen Untersuchungen gewährleiste auch, dass eine solche wirksam werde, bevor die Regierung irreversible Tatsachen schaffe und damit eine parlamentarische Kontrolle tatsächlich leer laufe. Von den Vertretern dieser Auffassung wird aber sogleich eingeräumt, dass der Begriff der Verantwortungsreife des Regierungshandelns, die eine parlamentarische Untersuchung gestatten soll, sehr unscharf ist (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 153 a.E.). Ähnliche Probleme wirft die oben genannte Ansicht auf, eine abschnittsweise parlamentarische Untersuchung sei zulässig, „wenn die Verfahrensschritte ihrerseits Aspekte in sich geschlossener Vorgänge aufweisen“. In laufenden politischen Prozessen fällt der Schutz des Kernbereichs des Regierungshandelns stärker ins Gewicht und muss die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Ausnahme bleiben (BVerfGE 110, 199, 214 ff.).

Abstrakt lässt sich die Abgrenzung zwischen dem parlamentarischen Untersuchungsrecht und dem aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz abzuleitenden Schutz der Exekutive vor einer frühen parlamentarischen Kontrolle nicht präzise festlegen (so auch BremStGH, Entsch. v. 01.03.1989 – St 1/88 -, NVwZ 1989, 953, 956: „kasuistische Entfaltung durch die politische Praxis und die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung“; Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, § 5, Rn. 40 m.w.Nachw.). Für die Frage, ob eine parlamentarische Untersuchung in den verfassungsrechtlich geschützten „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ eingreift, muss im jeweiligen Einzelfall entscheidend sein, ob eine Untersuchung eines Sachverhalts bereits zu dem von der Minderheit gewünschten – frühen – Zeitpunkt zu weitgehend in den geschützten Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Exekutive eingreift, diese bei der Ausnutzung der ihr von der Verfassung eingeräumten Kompetenzen unverhältnismäßig einschränkt und damit insbesondere durch die öffentliche Erörterung und mit strafprozessualen Zwangsmitteln mögliche Erforschung von Einzelfragen in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigt. Leitend ist die Erwägung, dass eine parlamentarische Untersuchung nicht zur Vorabkontrolle der einzelnen Schritte der Exekutive und damit zu einer Mitbeteiligung am Regierungshandeln führen darf.

b) Die Ablehnung eines Antrags auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch das Parlament ist rechtlich auch zulässig, soweit die im – als beschlussreif zur Abstimmung gestellten – Einsetzungsantrag aufgeführten Fragen durch eine unzutreffende tatsächliche Annahme geprägt sind, so dass die Fragen nicht beantwortet werden können und gegenstandlos sind.

c) Nach Art. 35 Abs. 1 Satz 2 LV ist der Gegenstand der Untersuchung im Beschluss genau festzulegen. Diesem Bestimmtheitsgebot unterliegt nicht erst der Beschluss über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses, sondern bereits der als beschlussreif zur Abstimmung gestellte Einsetzungsantrag (StGH, Urt. v. 16.04.1977 – GR 2/76 -, ESVGH 27, 1). Das Bestimmtheitserfordernis ist Ausdruck der organschaftlichen Stellung des Parlaments, das den Untersuchungsausschuss als Hilfsorgan zur Erfüllung seiner Aufgaben einsetzt. Die sachliche Begrenzung der Gesetzgebungskompetenz des Landes im bundesstaatlichen Verband sowie seine durch das Gewaltenteilungsprinzip eingegrenzte Tätigkeit und Kontrollbefugnis gegenüber der Exekutive bestimmen die Schranken, denen auch die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses unterworfen ist. Auch das Rechtsstaatsprinzip gebietet eine hinreichende Bestimmtheit des Untersuchungsauftrags. Denn der Einsetzungsbeschluss ist auch Grundlage für eine dem Untersuchungsausschuss mit strafprozessualen Zwangsmitteln mögliche Beweisaufnahme, die mit Grundrechtseingriffen einhergehen kann. Der hiervon Betroffene muss aufgrund des Einsetzungsbeschlusses prüfen können, ob der Untersuchungsausschuss tatsächlich zu solchen Maßnahmen ermächtigt ist (Klein, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 44, Rn. 84 m.w.Nachw.).

Den unter III. 1. a) bis c) erläuterten Schranken des Untersuchungsrechts, die sich nicht exakt von einander trennen lassen, sondern sich überschneiden, wird in dem Antrag der SPD-Fraktion in der Fassung der Landtags-Drucksache 14/577 vom 21.11./04.12.2006 nicht in der gebotenen Weise Rechnung getragen.

2. Die unter A I. des Einsetzungsantrags vom 21.11./04.12.2006 aufgeführten Fragen können insgesamt nicht Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein.

Zunächst steht der Zulässigkeit entgegen, dass eine Vereinbarung mit dem Haus Baden entgegen der Grundannahme des Fragenkomplexes A I. noch nicht zustande gekommen war. Zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt lag überdies noch kein abgeschlossenes Regierungshandeln vor, das Gegenstand eines Untersuchungsausschusses hätte sein können. Die Handlungsfähigkeit der Regierung bei den noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit dem Haus Baden wäre durch einen parallel tagenden Untersuchungsausschuss erheblich beeinträchtigt. Auch bestehen hinsichtlich der Bestimmtheit der Fragen Bedenken.

a) Die unter A I. aufgeführten Fragen sind von der Annahme geprägt, es habe zwischen dem Haus Baden und dem Land Baden-Württemberg eine „Übereinkunft“ gegeben. Schon in der Überschrift des Fragenkomplexes A I. findet sich das Wort „Übereinkunft“. Ferner wird dieser Begriff bei den Fragen I. 1., I. 4., I. 5. und I. 7. mit unterschiedlichen Zuschreibungen verwendet; zudem wird ein Bezug der „Übereinkunft“ zu einem angenommenen Kabinettsbeschluss vom 09.10.2006 hergestellt. Damit sind die Antragsteller von einem sachlich unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, so dass die Fragen tatsächlich nicht sinnvoll beantwortet werden können.

Gerade wenn Verhandlungsparteien um die Zuordnung des Eigentums an zahlreichen Gegenständen streiten und eine Übereignung von verschiedenen beweglichen Sachen nach §§ 929 ff. BGB erwogen wird, kann der Begriff der Übereinkunft nur Verwendung finden, wenn es bereits zu einer rechtlich bindenden Vereinbarung zwischen den Parteien mit Bezug auf eine Übereignung oder die Eigentumslage gekommen ist. Den von den Beteiligten vorgelegten und den sonstigen allgemein zugänglichen Informationen ist aber zu entnehmen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Einsetzungsantrag am 14.12.2006 eine solche Vereinbarung zwischen dem Haus Baden und dem Land, vertreten durch ein hierzu berechtigtes Kabinettsmitglied, noch nicht vorlag. Vielmehr war das Regierungshandeln mehrfach davon geprägt, die in den Verhandlungen mit dem Haus Baden bis dahin verfolgten Überlegungen und Strategien zugunsten weiterer Planungen und Untersuchungen einstweilen zurückzustellen:

aa) Im Jahr 2004 trat das Haus Baden an die Landesregierung heran, verwies auf seine finanziellen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Unterhaltung der Schlossanlage Salem und machte geltend, dass die Rechtslage in Bezug auf zahlreiche Kunstgegenstände zu klären sei, die unter Umständen zur Deckung der eigenen Verbindlichkeiten zur Verwertung kommen sollen. Bis in den Herbst des Jahres 2006 arbeiteten verschiedene Ressorts der Landesregierung an einer Lösung, wonach im Wege eines Vergleichs die Finanzierung des Unterhalts für das Schloss Salem durch die Erträge einer Stiftung erfolgen sollte, für welche ein Finanzstock durch einen Verkauf von Handschriften im Wert von ca. 70 Mio. Euro geplant war. Diese Planung wurde im September 2006 in der Öffentlichkeit bekannt.

bb) Nach massiver Kritik in der Öffentlichkeit und mehreren Anträgen im Landtag (z.B. Auskunftsersuchen der SPD-Fraktion und der Fraktion Grüne, LT-Drucks. 14/341, 14/343 und 14/402), rückte die Regierung von ihrer bisherigen Planung (u.a. Verkauf von Handschriften) ab und skizzierte im Hinblick auf die am 11.10.2006 anstehende parlamentarische Behandlung der genannten Anträge der SPD-Fraktion und der Fraktion Grüne in der Kabinettssitzung vom 09.10.2006 ein sog. „Drei-Säulen-Modell“. Von den bisherigen Planungen unterschied sich dieses Modell durch die Einbeziehung weiterer – teilweise nicht in der Entscheidungsgewalt der Regierung liegender – Finanzierungsquellen, nicht dagegen durch ein Abrücken von einer Vergleichs- und Stiftungslösung. Dieses Modell legte der Ministerpräsident auch in seiner Rede in der Plenardebatte vom 11.10.2006 dar. In dieser Rede stellte der Ministerpräsident im Übrigen auch klar, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine rechtlich verbindliche Vereinbarung mit dem Haus Baden gab (Landtag von Baden-Württemberg, Plenarprotokoll 14/9 vom 11.10.2006, S. 310 f.). Das Fehlen einer solchen Vereinbarung ergab sich ferner aus dem Schreiben des Finanzministers vom 10.10.2006 an den Landtag, mit dem dieser den Antrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion (LT-Drucks. 14/341) beantwortete.

cc) Bereits zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Einsetzung und Beauftragung eines Untersuchungsausschusses am 21.11.2006 war diese Konzeption, die in der Pressemitteilung des Staatsministeriums vom 10.10.2006 mit dem Begriff der im „Ministerrat herbeigeführten Verständigung“ umschrieben worden ist, wieder überholt. Dies hatte der zuständige Wissenschaftsminister für die Landesregierung in der Sitzung des Landtags vom 09.11.2006 (TOP 12, S. 646 ff. des Protokolls) ausdrücklich klargestellt. War bisher eine Vergleichslösung ohne eine ins Einzelne gehende Untersuchung der Eigentumslage an den zahlreichen Kunst- und Kulturgegenständen in Aussicht genommen worden, soll nun vor der Fortsetzung der Verhandlungen die Eigentumslage durch die Einsetzung der Expertenkommission einer detaillierten Klärung zugeführt werden. Dabei handelt es sich aber nicht um einvernehmliche Bemühungen der Verhandlungsparteien zur Klärung der verworrenen Eigentumslage oder gar um eine Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1029 BGB. Vielmehr bemüht sich das Land einseitig darum, die Eigentumslage aufzuklären, um diese Ergebnisse in die weiteren Verhandlungen mit dem Haus Baden einbringen zu können. Nach dem Abschluss der Arbeiten der Kommission sollen die Verhandlungen wieder mit dem Ziel des Abschlusses einer Vereinbarung aufgenommen werden.

b) Im Hinblick auf das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit des Einsetzungsantrags ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass der Begriff der Übereinkunft bereits in der Überschrift des Fragenkomplexes verwendet wird („im Zusammenhang mit einer Übereinkunft“) und damit bei jeder Einzelfrage zu berücksichtigen ist. Wird entsprechend der Argumentation der Antragsteller die Kabinettsbefassung vom 09.10.2006 als Zäsur angesehen, so stellt sich die Frage, ob sich die Fragestellungen unter A I. auf das zeitlich vor dem 09.10.2006 liegende Regierungshandeln (Verhandlungsphase) oder auf das – angebliche – Ergebnis der Verhandlungen beziehen. Mehr spricht dafür, dass die Fragen unter A I. 3., 5., 6. und 7. auf die Grundlagen der angenommenen Übereinkunft, also auf die Verhandlungsphase vor Oktober 2006, gerichtet sind, die übrigen Fragen dagegen auf die „Übereinkunft“ selbst.

c) Die Antragsteller messen im Hinblick auf den Aspekt der Abgeschlossenheit des Regierungshandelns dem – vermeintlichen – Umstand, dass der Ministerrat am 09.10.2006 einen förmlichen Kabinettsbeschluss gefasst habe, besondere Bedeutung bei. Der Ministerrat habe, so die Antragsteller im gerichtlichen Verfahren, in seiner Sitzung vom 09.10.2006 das Vorhaben, die erforderlichen Finanzmittel durch den Verkauf von Handschriften im Gesamtwert von ca. 70 Mio. Euro zu beschaffen, aufgegeben und mit dem sog. „Drei-Säulen-Modell“ ein vollkommen anderes Einigungs- und Finanzierungskonzept beschlossen.

Den Antragstellern ist einzuräumen, dass das Verhalten der Landesregierung dahingehend verstanden werden kann, es sei am 09.10.2006 im Kabinett ein förmlicher Beschluss gefasst worden. Die Pressemitteilung des Staatsministeriums vom 10.10.2006 spricht davon, dass sich der Ministerrat „auf wesentliche Eckpunkte zur Sicherung der Kulturgüter in Baden verständigt“ habe. Das sog. „Drei-Säulen-Modell“ ist seitens der Landesregierung u.a. durch den Spendenaufruf des Ministerpräsidenten in der Pressemitteilung vom 24.10.2006 und die Einrichtung eines Spendenkontos durch das Wissenschaftsministerium vorangetrieben worden. Tatsächlich kann aber von einem förmlichen Kabinettsbeschluss, der die abschließende Entscheidung des Ministerrats in einer für die gesamte Exekutive (Ministerien und die diesen nachgeordneten Behörden) verbindlichen Weise festlegt, nicht gesprochen werden. Eine vorbereitete Tischvorlage kam nach der Mitteilung des Staatsministeriums vom 06.07.2007 an den Staatsgerichtshof nicht zur Verteilung. Die Erörterung im Ministerrat am 09.10.2006 diente zudem nicht der Herbeiführung einer förmlichen Kabinettsentscheidung hinsichtlich der Billigung einer mit dem Haus Baden erzielten Einigung, sondern nur der Festlegung, welche Erklärung die Landesregierung in der Plenartagung vom 11.10.2006 zum Antrag der SPD-Fraktion „Die `unvollendete Revolution´ in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes“ abgeben solle. Sie enthielt auch kein neues Einigungskonzept, sondern betraf lediglich Modalitäten der Mittelaufbringung.

Neben dem Umstand, dass der Ministerrat bis zum 14.12.2006 nicht förmlich mit der Billigung einer mit dem Haus Baden ausgehandelten, bindenden Vereinbarung befasst war, ist die weitere Entwicklung zu berücksichtigen. Das sog. „Drei-Säulen-Modell“ zielte, wie schon das vorangegangene Vergleichsmodell, auf eine schnelle und praktikable Lösung der finanziellen Probleme des Hauses Baden sowie auf Beseitigung der im Hinblick auf die Eigentumslage bestehenden Unklarheiten im Wege eines Vergleichs ab. Die Landesregierung hat durch die Einsetzung der Expertenkommission nicht von einer Vergleichslösung überhaupt, aber doch von einer solchen ohne eine einseitige detaillierte rechtliche Untersuchung der Eigentumslage zumindest vorläufig Abstand genommen. Durch diese erneute Umorientierung der Regierung sind bis dahin bei den Verhandlungen mit dem Haus Baden etwa erzielte Teil- und Zwischenergebnisse wieder in Frage gestellt worden. Durch die entsprechenden Ausführungen des Wissenschaftsministers im Landtag am 09.11.2006 war dies den Antragstellern auch bekannt. Diese Sachlage bestand auch zu dem für die Beurteilung der Begründetheit des Antrags maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners vom 14.12.2006.

Die Entwicklung bis hin zum 14.12.2006 steht auch der Annahme entgegen, es habe in den Verhandlungen mit dem Haus Baden bis zum maßgeblichen Zeitpunkt Abschnitte gegeben, die in einer Weise abgeschlossen waren, dass sie Gegenstand eines Untersuchungsausschusses hätten sein können. Denn immer wieder hat die Landesregierung ihre Position neu bestimmt, ohne dass eine die Verantwortungsreife begründende Zäsur erfolgt wäre. Dies gilt auch für die Anfang November 2006 erfolgte Einsetzung der Expertenkommission. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag plante die Landesregierung, die Verhandlungen auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Kommission wieder aufzunehmen.

Schließlich spricht auch der Wortlaut der Pressemitteilung des Staatsministeriums vom 10.10.2006 über die Sitzung des Ministerrats am Vortag gegen die Annahme, das Kabinett habe ein festes Konzept zur Finanzierung einer Vereinbarung mit dem Haus Baden beschlossen. In dieser Erklärung kommen im Wesentlichen Planungen und Erwartungen zum Ausdruck. Am ehesten könnte noch hinsichtlich eines Teils des ersten Elements der „drei Säulen“ Entscheidungsabsicht angenommen werden („könnte man … Ankaufs- und Denkmalmittel … bereit stellen“). Bezüglich der Landesstiftung Baden-Württemberg ist lediglich davon die Rede, „man werde versuchen, Mittel der Landesstiftung…zu gewinnen.“. Ein weiteres Element betrifft Spenden von Privatpersonen und Wirtschaftsunternehmen. Hier hat sich die Regierung auf einen Appell an private Dritte beschränkt. Auch in Bezug auf das dritte Element („Solidarbeitrag des Kunst- und Bibliothekbereichs“) spricht die Landesregierung nach der Presseerklärung lediglich eine Erwartung aus („könne…gedacht werden“). Zu keinem Element der Planung stand der Landesregierung eine abschließende Entscheidungsbefugnis zu. Insgesamt geht es zudem lediglich um einseitige Finanzierungserwägungen der Regierung, an keiner Stelle um Elemente einer Übereinkunft mit dem Verhandlungspartner.

Wortlaut und Sinngehalt der Pressemitteilung vom 10.10.2006 und der Mitteilung des Staatsministeriums über den Gehalt der Ministerratsbefassung am 09.10.2006 sprechen sonach nicht nur deutlich gegen die Annahme, die Regierung habe bereits eine Übereinkunft mit dem Haus Baden getroffen; sie sprechen auch dagegen, dass damit das Ziel einer in eine Stiftung mündenden Vergleichslösung aufgegeben sei oder gar, dass nun eine neue Lösung erzielt worden und der Öffentlichkeit vorzustellen sei. Die Regierung hielt ausdrücklich an einer „beabsichtigte(n) Vereinbarung im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs“ fest, auch noch an einer Aufteilung des Eigentums an verschiedenen Kulturgütern ohne detaillierte zivilrechtliche Klärung. Dazu gekommen waren Eckpunkte von Überlegungen zu weiteren Möglichkeiten der Finanzierung, die in den folgenden Wochen geprüft und für die in der Öffentlichkeit geworben werden sollte.

d) Durch die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses darf die Handlungsfähigkeit und -freudigkeit der Regierung bei der Wahrnehmung der ihr nach der Landesverfassung zustehenden Kompetenzen nicht beeinträchtigt werden (BremStGH, Entsch. v. 01.03.1989 – St 1/88 -, NVwZ 1989, 953, 956). Insbesondere darf die Einsetzung und Beauftragung des Ausschusses nicht zu einem Mitregieren des Parlaments bei Entscheidungen führen, die in die alleinige Zuständigkeit der Regierung fallen (Böckenförde, AöR Bd. 103, 1, 17). Schon unter der Weimarer Reichsverfassung (Art. 34) war in Bezug auf Untersuchungsausschüsse anerkannt, dass Kontrollmaßnahmen ausscheiden, die geeignet sind, die Initiative der Regierung zu beschränken, indem die Vorbereitungen für eine Entscheidung der Regierung in eine bestimmte Richtung gelenkt oder gehemmt und damit gestört werden (HessStGH, Urt. v. 24.11.1966 – P. St. 414 -, DÖV 1967, 51, 55 unter Hinweis u.a. auf Heck, Das parlamentarische Untersuchungsrecht, 1925, S. 40). Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn Verhandlungen, Absprachen und Zusagen sowie bloße Teilergebnisse noch nicht vollständig abgeschlossener Verhandlungen zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden.

Das Aushandeln der vom Land beabsichtigten Unterstützung des Hauses Baden bei dessen Bemühungen zur Unterhaltung der Schlossanlage Salem und die Klärung der zum Teil verworrenen Eigentumslage hinsichtlich zahlreicher Gegenstände fällt, da es sich nicht um Gesetzgebung und Rechtsprechung handelt (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 45, Rn. 3), in die Zuständigkeit der Regierung. Würde der beantragte Untersuchungsausschusses tatsächlich eingesetzt, so wäre die Landesregierung grundsätzlich verpflichtet, auf die Fragen des Ausschusses in Bezug auf einzelne Aspekte der bisherigen Verhandlungen mit dem Haus Baden umfassend zu antworten. Nach Art. 35 Abs. 2 Satz 1 LV erfolgt die Beweisaufnahme durch den Untersuchungsausschusses grundsätzlich in öffentlicher Verhandlung. Die Stellung der parlamentarischen Opposition ist dadurch gestärkt, dass nach Art. 35 Abs. 2 Satz 2 LV Beweise dann zu erheben sind, wenn sie – lediglich – von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses beantragt werden. Dies hätte zur Folge, dass die Landesregierung einerseits verpflichtet wäre, gegenüber dem öffentlich tagenden Ausschuss die eigene Verhandlungsposition offen zu legen und – der Sache nach – politisch zu rechtfertigen. Gleichzeitig müsste die Regierung die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit dem Haus Baden weiter führen.

Der Zwang zur Offenlegung und Rechtfertigung der eigenen Position in den Verhandlungen mit dem Haus Baden gegenüber dem Landtag würde die Regierung bei der Führung der Verhandlungen und damit bei der Wahrnehmung der nach der Landesverfassung allein ihr zugewiesenen Kompetenzen einengen. Dies zeigt sich bereits beim Gegenstand der Frage A I. 1. des Einsetzungsantrags, die Aufklärung darüber fordert, welche Kunstgegenstände in die – vermeintliche – Übereinkunft mit dem Haus Baden einbezogen worden sind. Auch wenn – mangels bestehender Übereinkunft – als Bezugspunkt der Frage die Einbeziehung von Kunstgegenständen in die Verhandlungspositionen der Verhandlungspartner angenommen würde, wäre die Frage unzulässig. Denn die Regierung wäre damit zur Offenlegung der eigenen Position verpflichtet. Für die noch laufenden Verhandlungen kann es aber eine beachtenswerte Erwägung sein, ein bestimmtes Kunstwerk überhaupt nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Gespräche einzubeziehen oder die verschiedenen Kunstwerke in einer bestimmten Reihenfolge zu erörtern. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine nicht auszuschließende Veräußerung einzelner Kunstwerke zur Erlangung von Finanzmitteln, mit denen die Unterhaltungsarbeiten an der Schlossanlage Salem abgedeckt werden können. Ein vorzeitiges Bekanntwerden der Einbeziehung eines bestimmten Kunstwerks in die Gespräche, die über den Untersuchungsausschuss publik werdende Auseinandersetzung über die Frage des Eigentums und auch die Taxierung des Kunstwerks im Rahmen einer – saldierenden – Vereinbarung mit dem Haus Baden könnten zu Lasten des Landes den Veräußerungserlös des Kunstwerks nachteilig beeinflussen. Die öffentliche Erörterung der noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen sowie der Verhandlungsposition des Landes im Ausschuss verschaffte zudem dem Verhandlungspartner, dem Haus Baden, einen Einblick in die Erwägungen und Überlegungen der Regierung.

Die Antragsteller machen geltend, es gehe ihnen nicht um die zukünftigen Verhandlungen der Regierung auf der Basis der Ergebnisse der Expertenkommission, sondern nur um solche abgeschlossenen Abschnitte, die durch politische Entscheidungen der Regierung beendet worden seien. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die begehrte Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass „Abgeschlossenheit“ keine förmliche Entscheidung der Regierung voraussetzt, sondern dieses Merkmal auch dann erfüllt sein kann, wenn ein Vorgang ohne förmliche Entscheidung als nicht weiter behandlungsbedürftig eingestuft oder stillschweigend nicht weiter behandelt worden ist (vgl. BremStGH, Entsch. v. 01.03.1989 – St 1/88 -, NVwZ 1989, 953, 956). Tatsächlich kann von abgeschlossenen Abschnitten des Regierungshandelns, wie oben dargelegt, hier aber nicht gesprochen werden. In keiner Phase wurde eine verbindliche Übereinkunft mit dem Haus Baden erzielt. Die Regierung beabsichtigt, die derzeit ruhenden Verhandlungen auf der Basis der Ergebnisse der Expertenkommission wieder aufzunehmen. Diese der Regierung obliegenden Erörterungen würden durch eine Beantwortung der unter A I. aufgeführten Fragen im Rahmen eines gleichzeitig tagenden Untersuchungsausschuss in unzulässiger Weise beeinträchtigt.

Dies kann nicht durch die Überlegung entkräftet werden, angesichts der Dauer der Auseinandersetzung zwischen dem Haus Baden und dem Land Baden-Württemberg sowie dessen Rechtsvorgängern seien dem Haus Baden sämtliche denkbaren Varianten der Verhandlungsposition des Landes bekannt geworden. Es handelt sich dabei um eine nicht weiter untermauerte, von der Realität eher widerlegte Annahme, die zudem der Kompetenzverteilung zwischen Parlament und Regierung nicht gerecht wird. Es ist Aufgabe der Regierung, unbeeinträchtigt von einer Untersuchung des Parlaments die Interessen des Landes in den – vertraulichen – Verhandlungen mit dem Haus Baden wahrzunehmen und eine Lösung anzustreben, die nach ihrer Ansicht den Interessen des Landes am ehesten gerecht wird.

3. Die Fragen unter A III. des Einsetzungsantrags vom 21.11./04.12.2006 können nach den unter 1. dargelegten Grundsätzen ebenfalls nicht Gegenstand des beantragten Untersuchungsausschusses sein.

Die Fragen sind bereits deshalb gegenstandlos, weil es nach der Überschrift des Komplexes hier um das Verhalten der Exekutive im Zusammenhang mit der materiellen und finanziellen Umsetzung einer Vereinbarung mit dem Haus Baden über den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern gehen soll. Diese Fragen gehen ins Leere, weil es zum maßgeblichen Zeitpunkt an einer solchen Vereinbarung, die hätte umgesetzt werden können, fehlte. Darüber hinaus wird in der Frage A III. 3. erneut von einer „Übereinkunft mit dem Haus Baden“ gesprochen, deren Verabredungen oder Annahmen einer Ankündigung des Ministerpräsidenten vom 17.10.2006 in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender der Landesstiftung zugrunde gelegen haben sollen. Frage A III. 1. ist ferner durch die unzutreffende Annahme geprägt, der Ministerrat habe in seiner Sitzung am 09.10.2006 einem bestimmten Modell zur Finanzierung einer Vereinbarung mit dem Haus Baden förmlich zugestimmt. In A III. 1. wird die Frage nach der „rechtlichen Grundlage“ der – tatsächlich nicht erfolgten – Zustimmung des Ministerrats vom 09.10.2006 zum „Drei-Säulen-Modell“ aufgeworfen. Diese Frage ist wegen Offenkundigkeit der Antwort und damit wegen des Fehlens eines öffentlichen Interesses an der Aufklärung unzulässig (BayVerfGH, Urt. v. 27.11.1985 – Vf. 67-IV-85 -, VerfGHE 38, 165, 177). Wenn tatsächlich eine Zustimmung erfolgt wäre, so hätte sich die entsprechende Kompetenz der Regierung aus Art. 45 Abs. 1 LV ergeben, wonach die Regierung die vollziehende Gewalt ausübt. Da die Entscheidung über eine Vereinbarung mit dem Haus Baden weder Sache der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung ist, ist die Zuständigkeit der Regierung gegeben. Entsprechendes gilt für die Frage A III. 4., soweit dort nach der rechtlichen Grundlage für die – nach dem Einsetzungsantrag – vom Ministerpräsidenten mit dem Sü. geführten Verhandlungen gefragt wird. Offenkundig ist auch die Antwort auf die Frage A III. 2., in der nach den für das Handeln der Landesstiftung maßgebenden rechtlichen Grundlagen gefragt wird. Denn dies ist dem über das Internet allgemein zugänglichen Gesellschaftsvertrag der „Landesstiftung Baden-Württemberg gGmbH“, deren alleiniger Gesellschafter das Land ist, zu entnehmen.

4. Einige der unter A. II konkret aufgeführten Fragen sind zulässig (a). Die vollständig ablehnende Entscheidung des Antragsgegners ist aber auch in Ansehung einiger teilweise zulässigen Fragen unter A II. rechtlich nicht zu beanstanden (b).

a) Nach seinem Einleitungssatz zielt dieser Fragenkomplex auf das Verhalten von Landesregierung und Landesbehörden bei den Versuchen, Klarheit über die Eigentumsverhältnisse der infrage stehenden Kunst- und Kulturgüter zu erhalten, ab. Zwar waren diese Bemühungen, wie gerade die am 06.11.2006 erfolgte Einsetzung der Expertenkommission belegt, zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners über den Einsetzungsantrag am 14.12.2006 insgesamt noch nicht abgeschlossen. In Bezug auf das Gutachten der Autoren W./W. gilt jedoch etwas anderes. Insoweit liegt ein Verfahrensschritt des noch nicht beendeten Teilaspekts „Klärung der Eigentumsverhältnisse an Kunst- und Kulturgegenständen“ vor, der unabhängig von der noch ausstehenden abschließenden Entscheidung des Ministerrats beurteilt werden kann. Denn mit der Erstellung des Gutachtens und dessen Erörterung in der Öffentlichkeit war die Tätigkeit der Gutachter beendet. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners über den Einsetzungsantrag konnte auch davon ausgegangen werden, dass dieses Gutachten durch die Beauftragung der Expertenkommission zur Klärung der Eigentumslage überholt ist und keine weitere Verwendung mehr finden wird. Deshalb begegnen die Fragen unter A II. 1. und 2. keinen durchgreifenden Bedenken. Diese Überlegungen gelten aber nicht, soweit bei den das Gutachten W./W. betreffenden Fragen – unzutreffend – von einer bereits mit dem Haus Baden erzielten Übereinkunft ausgegangen wird (Frage A II. 2.).

Demgegenüber ist die Frage A II. 3. nicht hinreichend bestimmt. Denn es ist nicht klar, was unter der „verhandelten Übereinkunft“ mit dem Haus Baden zu verstehen ist. Ungeachtet dessen ist diese Frage unzulässig, weil damit die subjektive Wertung einer Privatperson angesprochen ist, der nachzugehen nicht Aufgabe eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein kann. Die Frage A II. 4. ist zulässig, soweit darin angesprochen wird, ob die Anwendung des § 46 Abs. 5 des Landeshochschulgesetzes geprüft worden ist. Soweit dagegen nach dem Grund der unterbliebenen Heranziehung gefragt wird („warum“), ist die Frage unzulässig. Gerichtet ist sie insoweit auf die Erforschung der Beweggründe des Handelns der Landesregierung. Die Regierung kann aber durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht gezwungen werden, die Motive ihrer politischen Entscheidung detailliert darzulegen. Zulässig ist die Frage A II. 5. Die Frage nach der Höhe der vom Land seit 1980 für die Restaurierung und den Erhalt der unter A I. 1. aufgeführten Kunst- und Kulturgüter aufgewendeten Mittel geht nicht von einer mit dem Haus Baden erzielten Übereinkunft des Landes aus und betrifft abgeschlossenes Handeln der Exekutive. Die Fragen A II. 6. und 7. sind dagegen wiederum unzulässig. Ihre Beantwortung hätte nachhaltige Auswirkungen auf die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen des Landes mit dem Haus Baden. Ihre Beantwortung („im Einzelnen“) setzt voraus, dass die Regierung die von ihr angenommenen Werte der einzelnen Kunst- und Kulturgegenstände offen legt. Aus diesen Einzelangaben zu den Fragen A II. 6 und 7 könnte das Haus Baden Rückschlüsse auf die Überlegungen der Landesregierung für die anstehenden Verhandlungen ziehen. Ein Untersuchungsausschuss darf die Landesregierung aber nicht dazu zwingen, die Grundlagen der eigenen Verhandlungsposition einer zeitgleich laufenden, vertraulichen Verhandlung zu offenbaren.

Hinsichtlich der zulässigen Teile der Fragen A II. 1. und 2. kann der Untersuchung nicht das erforderliche öffentliche Interesse abgesprochen werden. Eines solchen bedarf es, weil sich ein Untersuchungsausschuss auf Vorgänge der persönlichen Sphäre Privater beziehen kann und der Ausschuss zur Durchführung der Beweisaufnahme mit Zwangsbefugnissen gegenüber Privaten ausgestattet ist, die grundsätzlich Gerichten vorbehalten sind. Die Ausübung dieser Befugnisse setzt aber gemeinwohlorientiertes Handeln und damit eine Rechtfertigung durch ein ausreichend gewichtiges öffentliches Interesse voraus (Böckenförde, AöR Bd. 103, 1, 14 f. m.w.Nachw.; Glauben/Broker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, § 5, Rn. 18 ff.; Masing, Parlamentarische Untersuchungen privater Sachverhalte, 1998, S. 190 ff.). Der Landesgesetzgeber hat diese Forderung in § 1 Abs. 1 UAusschG zum Ausdruck gebracht. Hierfür reicht es nicht aus, dass es sich bei dem zu untersuchenden Sachverhalt vom Thema her um einen Gegenstand öffentlichen Interesses handelt. Erforderlich ist vielmehr, dass an der Aufklärung als solcher ein öffentliches Interesse besteht (BayVerfGH, Urt. v. 27.11.1985 – Vf. 67-IV-85 -, VerfGHE 38, 165, 176 = DVBl 1986, 233, 234). Ungeachtet des grundsätzlich schützenswerten Interesses der vom Land bestellten Gutachter (W./W.) an der Vertraulichkeit der der Erstellung des Gutachtens zugrunde liegenden privatrechtlichen Vereinbarung könnte sich das erforderliche öffentliche Interesse aus der möglichen Klärung ergeben, aus welchen Gründen Hochschullehrer nicht aufgrund von § 46 Abs. 5 Satz 1 LHG zur unentgeltlichen Erstattung eines entsprechenden Gutachtens herangezogen worden sind. Aufgeklärt würde damit zugleich der Umgang der Landesregierung mit öffentlichen Finanzmitteln sowie, ob dieses Gutachten ergebnisoffen oder im Hinblick auf ein von der Landesregierung gewünschtes Ergebnis in Auftrag gegeben wurde. Bezüglich des Schutzes der Privatsphäre der Gutachter weisen die Antragsteller zutreffend darauf hin, dass die Gutachter mit der Annahme des Gutachtensauftrags des Landes Vertragspartner der Exekutive geworden sind und dadurch zumindest teilweise eine Einschränkung ihrer Privatheit hingenommen haben.

b) Auch wenn Teile der unter A II. aufgeführten Fragen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners über den Einsetzungsantrag Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein konnten, ist nicht von der (Teil-) Rechtswidrigkeit des ablehnenden Beschlusses des Antragsgegners vom 14.12.2006 auszugehen. Auch ein dahin gehender Hilfsantrag könnte keinen Erfolg haben.

Ist ein Minderheitenantrag teilweise unzulässig, so besteht für die parlamentarische Mehrheit keine verfassungsrechtliche Pflicht, ihn durch Änderungen oder Streichungen zulässig zu machen (StGH, Urt. v. 16.04.1977 – GR 2/76 -, ESVGH 27, 1, 9). Zweck eines Untersuchungsausschusses ist in erster Linie die Aufklärung von Vorgängen im Verantwortungsbereich der Regierung, die auf Missstände hinweisen. Solche Untersuchungen richten sich nicht nur gegen die Regierung, sondern auch gegen die sie stützende Parlamentsmehrheit. Kennzeichnend für die parlamentarische Demokratie ist nicht mehr das Gegeneinander von Regierung und Parlament, sondern das Spannungsverhältnis zwischen Regierung und der sie tragenden Parlamentsfraktionen einerseits und der Opposition andererseits. In der Praxis wird die parlamentarische Kontrollfunktion von der Minderheit wahrgenommen (BVerfG, Beschl. v. 02.08.1978 – 2 BvK 1/77 -, BVerfGE 49, 70, 85 f.). Auch deshalb ist in deutschen Verfassungen seit der Regelung in Art. 34 WRV das Untersuchungsrecht als Recht der parlamentarischen Minderheit ausgestaltet. In einer durch das Gegeneinander von Parlamentsmehrheit und -minderheit geprägten Situation kann von jener nicht verlangt werden, sie solle die Minderheit bei Ausübung des auch gegen sie selbst gerichteten Oppositionsrechts unterstützen und bei der Entwicklung verfassungsrechtlich zulässiger Alternativanträge mitwirken, die gleichzeitig der Opposition ein Maximum politischer Verwertbarkeit versprechen. Insbesondere besteht für die Annahme einer solchen Rechtspflicht der Mehrheit kein verfassungsrechtliches Bedürfnis. Denn der Minderheit ist es unbenommen, zu einem bestimmten Aspekt einen weiteren, den Bedenken der Mehrheit Rechnung tragenden Einsetzungsantrag einzubringen. Im Unterschied zum Verfahren, das Gegenstand des Urteils des Staatsgerichtshofs vom 16.04.1977 (- GR 2/76 -, ESVGH 27, 1, 8) war, haben die Antragsteller hier nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die drei Fragenkomplexe des Antrags getrennt zur Abstimmung zu stellen; demzufolge wurde vom Antragsgegner über den Gesamtantrag entschieden. Eine rechtskraftähnliche Wirkung kommt der Ablehnung eines Einsetzungsantrags durch die Mehrheit nicht zu. Die parlamentarische Minderheit hat im Falle der Ablehnung eines Einsetzungsantrags die Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit der Ablehnung verfassungsgerichtlich klären zu lassen (StGH, Urt. v. 16.04.1977 – GR 2/76 -, ESVGH 27, 1, 8; BayVerfGH, Urt. v. 27.11.1985 – Vf. 67-IV-85 -, VerfGHE 38, 165, 176 = DVBl 1986, 233, 234).

Etwas anderes könnte allerdings dann gelten, wenn die unzulässigen Teile eines Einsetzungsantrags gegenüber den zulässigen Fragen von so untergeordneter Bedeutung wären, dass eine Ablehnung des Antrags insgesamt als rechtsmissbräuchlich angesehen werden müsste. Wenn die unzulässigen Teile des Antrags im Verhältnis zum Gesamtinhalt von so geringer Bedeutung sind, dass ihre Streichung den Antrag nicht wesentlich umgestaltet würde, wäre es der Mehrheit bei gebührender Beachtung des Rechts der Minderheit nicht gestattet, den Antrag insgesamt abzulehnen. Eine solche Ausnahmekonstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Denn wie vorstehend dargelegt, überwiegen die unzulässigen Teile des Antrags die zulässigen Aspekte (Teile des Komplexes A II.) bei Weitem. In diesen Fällen ist die Mehrheit nicht verpflichtet, den Antrag durch erhebliche Streichungen zulässig zu machen und auf diese Weise einen Ausschuss zu ermöglichen.

Eine solche Entscheidung dürfte der Mehrheit aus rechtlichen Gründen sogar untersagt sein. In § 3 Abs. 2 UAusschG ist generell geregelt, dass der in einem Minderheitsantrag bezeichnete Gegenstand gegen den Willen der Antragsteller nicht geändert werden darf. Diese Regelung ist Ausdruck der Überlegung, dass, wenn die parlamentarische Minderheit das Instrument des Untersuchungsausschusses zur Kontrolle der Exekutive zu nutzen beabsichtigt, diese allein den Gegenstand der Untersuchung bestimmt. Wenn die Mehrheit zu Änderungen befugt wäre, die das Begehren beeinträchtigen, könnte das Untersuchungsrecht der Minderheit ausgehöhlt werden. Das Entsprechende gilt für die Konstellation, dass wesentliche Elemente eines Einsetzungsbegehrens unzulässig sind. Denn durch Streichung der unzulässigen Teile erhielte das Untersuchungsbegehren unter Umständen in qualitativer Hinsicht eine völlig neue Ausrichtung. Dies wäre z.B. dann gegeben, wenn ein Teilaspekt, dem die Minderheit zunächst nur untergeordnete Bedeutung beigemessen hatte, durch die Streichung in den Mittelpunkt der Erörterung rückte. Einen solchen „Torso“ darf die Mehrheit der Minderheit, die mit dem Untersuchungsausschuss ein bestimmtes politisches Ziel verfolgte, durch Streichung unzulässiger Teile nicht aufdrängen. Auch die Interessen der Minderheit sind im Falle einer bloßen Ablehnung eher gewahrt. Denn in diesem Fall ist die Minderheit nicht vor die Entscheidung gestellt, entweder den Untersuchungsausschuss mit dem von ihrer eigentlichen politischen Intention abweichenden Inhalt durchzuführen oder in der Öffentlichkeit zu erklären, warum sie sich an einem ursprünglich von ihr initiierten Untersuchungsausschuss tatsächlich nicht nachhaltig beteiligt. Bei einer bloßen Ablehnung könnte die Minderheit den Einsetzungsantrag entsprechend ihrer eigentlichen politischen Zielvorstellung umformulieren und ferner eine verfassungsgerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung herbeiführen, ohne zugleich im Untersuchungsausschuss mit dem abgeänderten Untersuchungsauftrag mitarbeiten zu müssen.

5. Bereits aus den zu den einzelnen Fragekomplexen genannten Gründen war also der ablehnende Beschluss des Antragsgegners vom 14.12.2006 nicht zu beanstanden. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob es mit dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit eines Einsetzungsantrags vereinbar war, in den Einleitungssätzen der drei Fragenkomplexe zunächst das jeweilige Themengebiet nur allgemein zu umreißen und hieran „insbesondere“ einzelne Fragen anzuschließen. Bedenken können deshalb bestehen, weil das Wort „insbesondere“ darauf zu verweisen scheint, dass die nachfolgenden Fragen lediglich als Beispiele und nicht abschließend zu verstehen sind. Den Anforderungen hinsichtlich der Bestimmtheit der Fragen würde allerdings dann Rechnung getragen, wenn entgegen diesem Verständnis des Wortes „insbesondere“ die konkret aufgeführten Fragen eine abschließende Beschreibung des Untersuchungsgegenstands sein sollten.

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 StGHG.

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