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Rechtswidriger Widerspruchsbescheid

Gericht: Verwaltungsgericht Bremen

Entscheidungsdatum: 17.10.1995

Aktenzeichen: 2 A 95/94

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen hat gegen einen säumigen Bibliotheksbenutzer einen Entgeltbescheid in Höhe von 58,20 DM erlassen und mangels Zahlung Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. Gegen diese erhebt der Kläger Widerspruch und gibt an, dass ihm der ursprüngliche Entgeltbescheid nicht zugegangen ist.  Daraufhin erlässt die Hochschule einen Widerspruchsbescheid, gegen den der Nutzer erfolgreich Klage erhebt. Zum einen konnte die Bibliothek nicht den Versand des Entgeltbescheides nachweisen und zum anderen war der Widerspruchsbescheid rechtswidrig, da der Nutzer nicht gegen den Entgeltbescheid, sondern gegen die Vollstreckungsmaßnahme Widerspruch eingelegt hatte.

Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Widerspruchsbescheides der Staats- und Universitätsbibliothek vom 05.07.1994, in dem Kosten in Höhe von DM 65,– festgesetzt wurden.
Durch Entgeltbescheid der Staats- und Universitätsbibliothek vom 08.01.1993 wurde gegen den Kläger ein Entgelt von DM 52,80 festgesetzt. Nach der Begründung des Bescheides wurde das Entgelt wegen Überschreitung der Leihfristen bei Rückgabe entliehener Bücher erhoben. Der Bescheid wurde an die damalige Anschrift des Klägers R str. in A adressiert.
Nachdem keine Zahlung einging, betrieb die Beklagte die Vollstreckung. Zu diesem Zweck wurde die Stadt A um Amtshilfe ersucht. Gegen die eingeleitete Vollstreckung seitens der Stadt A zugunsten der Beklagten wandte sich der Kläger mit einem Schreiben, das bei der Stadt A am 06.05.1993 einging. In diesem Schreiben führte der Kläger aus, daß er von der Forderung keine Kenntnis und einen Bescheid am 08.01.1993 auch nicht erhalten habe. Die Stadt A übermittelte dieses Schreiben des Klägers mit weiteren Vorgängen an die Landeshauptkasse die die Unterlagen an die Staats- und Universitätsbibliothek weiterleitete.
Mit Schreiben vom 04.08.1993 wandte sich die Staats- und Universitätsbibliothek an den Kläger und sandte ihm eine Kopie des Entgeltbescheids vom 08.01.1993 zu. Eine schriftliche Reaktion des Klägers hierauf erfolgte nicht.
Daraufhin wies die Staats- und Universitätsbibliothek mit Bescheid vom 05.07.1994 den „Widerspruch gegen den Entgeltbescheid“ zurück und setzte für die Erteilung des Widerspruchsbescheides DM 65,– Kosten fest. In dem Bescheid wird davon ausgegangen, daß der Kläger Widerspruch gegen den Entgeltbescheid vom 08.01.1993, eingegangen bei der Stadt A erhoben habe. Der Widerspruch sei nicht fristgerecht erhoben worden. Der Entgeltbescheid vom 08.01.1993 sei an diesem Tage von der Ortsleihe über die Poststelle der Staats- und Universitätsbibliothek an den Kläger abgesandt worden. Da er von der Post nicht wegen Unzustellbarkeit zurückgegeben worden sei, sei von einer ordnungsgemäßen Zustellung auszugehen. Erst im Rahmen der Vollstreckungsmaßnahmen hätte der Kläger der Stadt A einen Widerspruch übergeben. Dieser sei dort aber erst am 06.05.1993 eingegangen und damit verspätet.
Im übrigen sei der Widerspruch unbegründet. Das Entgelt sei wegen der Fristüberschreitung von vier Tagen pro entliehenem Buch entstanden. Eine Verjährung sei nicht eingetreten.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 22.07.1994 zugestellt.
Der Kläger hat am 22.08.1994 Klage erhoben. Er habe lediglich einen Widerspruch gegen die Vollstreckungsandrohung der Stadt A erhoben. Gegen den Entgeltbescheid vom 08.01.1993 habe er einen Widerspruch nie einlegen können, da ihm gar kein rechtsmittelfähiger Bescheid zugegangen sei.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 05. Juli 1994 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unzulässig. Es fehle an einem Vorverfahren. Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs gem. § 70 Abs. 1 VwGO sei vom Kläger schuldhaft versäumt worden. Der Entgeltbescheid vom 08.01.1993 sei am selben Tag ordnungsgemäß der Post übermittelt worden und gelte damit als am 11.01.1993 zugegangen. Da der Kläger sonst Briefsendungen erhalten habe, sei seine Behauptung, er habe den Entgeltbescheid nicht bekommen, nicht glaubwürdig.
Im übrigen könne er sich ohnehin nicht darauf berufen, daß ihm der Entgeltbescheid nicht bekanntgegeben worden sei. Er habe mit der in Amtshilfe ergangenen Vollstreckungsandrohung der Stadt A vom 22.04.1993 Kenntnis über die Entgeltforderung der Universität erlangt. Zumindest habe er zuverlässige Kenntnis vom Ergehen des Bescheides gehabt, und es wäre ihm möglich und auch zumutbar gewesen, sich Klarheit über die näheren Umstände zu verschaffen. Er habe damit sein Recht, sich auf das Fehlen oder eine fehlerhafte Bekanntgabe des Entgeltbescheides zu berufen, verwirkt.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluß vom 16.08.1995 auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des Inhalts des angefochtenen Bescheids und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
I.
1. Über die Klage kann das Gericht gem. § 101 Abs. 2 VwGO durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Damit haben sich die Parteien ausdrücklich schriftlich einverstanden erklärt.
2. Die Klage ist zu richten gegen die Universität und nicht gegen die Staats- und Universitätsbibliothek. Das folgt aus § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, wonach die Klage gegen die Körperschaft zu richten ist, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Allerdings genügt zur Bezeichnung der Beklagten die Angabe der Behörde. Während die Universität nach § 2 Abs. 1 Bremisches Hochschulgesetz (BremHG) eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts darstellt, hat die Staats- und Universitätsbibliothek gem. § 96 b Abs. 2 BremHG lediglich die Rechtsstellung einer Organisationseinheit der Universität ist damit keine juristische Person und grundsätzlich nicht beteiligungsfähig i. S. d. § 61 VwGO.

II.
1.
Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Durchführung eines Vorverfahrens nicht erforderlich. Der Kläger hat ausdrücklich keine Anfechtungsklage gegen den Ausgangsbescheid vom 08.01.1993 erhoben, sondern mit dem Klagantrag ausschließlich die Aufhebung des Widerspruchsbescheids der Staats- und Universitätsbibliothek vom 05.07.1994 begehrt.
Ist die Anfechtungsklage auf den Widerspruchsbescheid beschränkt, ist ein Vorverfahren entbehrlich. Das folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i. V. m. § 79 Abs. 2 VwGO (vgl. Kopp, Kom. zur VwGO, 10. Aufl., zu § 68, Rdnr. 21). Es liegt hier auch eine zusätzliche selbständige Beschwer i. S. d. § 79 Abs. 2 S. 1 VwGO vor, da für den Erlaß des Widerspruchsbescheids Kosten in Höhe von DM 65,– festgesetzt wurden.
Die Klagefrist ist eingehalten.
2.
Die Klage ist auch begründet.
2.1
Der Widerspruchsbescheid vom 05.07.1994 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, da er keinen Widerspruch gegen den Entgeltbescheid vom 08.01.1993 erhoben und es daher keinen Anlaß für einen Widerspruchsbescheid gegeben hat. Die Beklagte war auch nicht befugt, eine Verwaltungsgebühr für ein erfolgloses Rechtsbehelfsverfahren nach §§ 96 g Abs. 1 S. 2, 109 Abs. 1 BremHG i. V. m. § 8 Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG) und § 1 Abs. 1 BremKostO i. V. m. Nr. 101.11 des Kostenverzeichnisses festzusetzen, denn dieses setzt das Vorliegen eines Rechtsbehelfs voraus.
Der „Widerspruch“ gegenüber der Stadt A richtete sich gegen eine Vollstreckungsmaßnahme, nicht gegen den Entgeltbescheid vom 08.01.1993. Das sieht die Beklagte im gerichtlichen Verfahren jetzt offenbar ebenso, denn im Schriftsatz vom 05.07.1995 heißt es ausdrücklich: „Das o.a. Schreiben des Klägers an die Stadt A (dort am 06.05.1993 eingegangen) hat insoweit keine Bedeutung, denn es richtet sich gegen die Vollstreckungsandrohung der Stadt A und nicht gegen die Entgeltforderung vom 08.01.1993.“
Ein weiteres Schreiben des Klägers, das als Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.01.1993 angesehen werden könnte, liegt nicht vor.
2.2
Der angefochtene Widerspruchsbescheid wäre aber auch dann rechtswidrig, wenn in dem bei der Stadt A am 06.05.1993 eingegangenen Schreiben des Klägers zugleich auch ein Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid der Beklagten vom 08.01.1993 gesehen werden könnte, der nach Übersendung nach B mit Eingang bei der Staats- und Universitätsbibliothek als bei der Beklagten erhoben gelten könnte.
Denn bei einer solchen Bewertung des fraglichen Schreibens des Klägers wäre die Beklagte nicht berechtigt gewesen, einen solchen Widerspruch als unzulässig oder als unbegründet zurückzuweisen.
Der Bescheid vom 08.01.1993 ist dem Kläger nämlich nicht bekanntgegeben worden und hat daher keine Wirksamkeit i. S. d. § 43 Abs. 1 Bremisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BremVwVfG) erlangt. Auch wenn mangels Wirksamkeit keine unmittelbare rechtliche Beschwer des Klägers insoweit vorlag, stehen dem Betroffenen wegen des Rechtsscheins des Entgeltbescheides – hier insbesondere im Hinblick auf die Auffassung der Beklagten zu der Wirksamkeit des Zuganges und damit auch der Vollstreckbarkeit des Entgeltbescheides -, gegen den nicht wirksam gewordenen Verwaltungsakt die gleichen Rechtsbehelfe zu wie bei wirksamen Verwaltungsakten (vgl. VG Bremen, Urt. v. 13.08.1993 – 2 A 47/93 in NVwZ 94,1236; Kopp, Kom. zum VwVfG, 5. Aufl., zu § 43, Rdnr. 29,25).
Die Beklagte hat den Zugang des Entgeltbescheides nicht nachgewiesen. Der Kläger bestreitet den Empfang. Zwar gilt gem. § 41 Abs. 2 BremVwVfG ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Diese Bekanntgabefiktion kommt aber nach § 41 Abs. 2 BremVwVfG nicht zum Zuge, wenn der Verwaltungsakt tatsächlich nicht zugegangen ist.
Zwar reicht die einfache Behauptung des Betroffenen, der Verwaltungsakt sei ihm nicht zugegangen, regelmäßig nicht aus, um die Zugangsvermutung des § 41 Abs. 2 BremVwVfG zu entkräften (vgl. Drescher, „Beweisfragen bei der Behauptung des Nichtzugangs eines mittels einfachen Briefs übersandten Verwaltungsakts (§ 41 II VwVfG)“ in NVwZ 87,771).
Vielmehr ist grundsätzlich ein glaubhafter, substantiierter Vortrag eines Bescheidadressaten, daß er den ihm zugedachten Bescheid nicht bekommen hat, erforderlich, um Zweifel am Zugang i. S. d. § 41 Abs. 2 letzter Halbsatz BremVwVfG zu bewirken (VG Bremen, Urt. v. 13.08.1993 – 2 A 47/93 a.a.O.).
Im hier vorliegenden Fall reicht allerdings ausnahmsweise das einfache Bestreiten des Klägers aus, um die Bekanntgabevermutung zu erschüttern.
Es läßt sich nämlich aus der vorgelegten Akte der Beklagten nicht entnehmen, daß der Entgeltbescheid vom 08.01.1993 überhaupt abgesandt worden ist. Um dieses zu dokumentieren, ist regelmäßig durch den zuständigen Sachbearbeiter ein Absendevermerk auf der in der Behördenakte verbleibenden Durchschrift des abgesandten Verwaltungsakts unter dem Datum der Aufgabe zur Post vorzunehmen, der mit seinem Handzeichen zu versehen ist. Ohne einen solchen Absendevermerk, der den Aussteller erkennen lassen muß, kann nicht festgestellt werden, daß ein Verwaltungsakt auch wirklich zur Post aufgegeben ist.
Dieses gilt hier um so mehr, als der Entgeltbescheid vom 08.01.1993 gem. § 37 Abs. 4 BremVwVfG mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wurde und daher Unterschrift und Namenswiedergabe fehlten.
Zwar hat ein Sachbearbeiter der Beklagten am 05.11.1993 einen Vermerk erstellt, daß die Ortsleihe die Entgeltbescheide vom 08.01.1993 seinerzeit versandt habe, u. a. auch den an den Kläger. Aber auch in diesem Vermerk fehlt die Angabe, wann der Bescheid vom 08.01.1993 an den Kläger zur Post aufgegeben worden ist. Außerdem ist nicht anzunehmen, daß der Sachbearbeiter sich elf Monate nach Erlaß eines im automatischen Verfahren ergangenen Bescheides noch konkret erinnern konnte, daß der hier fragliche Bescheid tatsächlich an den Kläger abgesandt worden ist.
Läßt sich demzufolge noch nicht einmal die Absendung des Entgeltbescheides vom 08.01.1993 feststellen und bestreitet der Adressat den Empfang des Verwaltungsakts, so liegen jedenfalls Zweifel i. S. d. § 41 Abs. 2 letzter Halbsatz BremVwVfG vor. Im Zweifel hat danach die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts nachzuweisen. Ein solcher Nachweis liegt hier nicht vor.
2.3 Der Entgeltbescheid vom 08.01.1993 ist dem Kläger auch nicht auf andere Weise bekannt gemacht worden. Daß die Stadt A den Kläger anläßlich der im Wege der Amtshilfe versuchten Vollstreckung von dem Bescheid der Beklagten vom 08.01.1993 in Kenntnis setzte, ersetzt nicht die Bekanntgabe durch die Beklagte.
Bekanntgabe im Rechtssinne liegt nur vor, wenn sie mit Wissen und Willen der Behörde erfolgt (Kopp., Kom. zum VwVfG, 5. Aufl., zu § 41, Rdnr. 23). Dieses kann zwar auch durch Vermittlung einer anderen Behörde geschehen. Die Beklagte hat aber die Stadt A nicht darum ersucht, den Entgeltbescheid vom 08.01.1993 dem Kläger bekanntgegeben, sondern sie beauftragt, die Vollstreckung gegen ihn durchzuführen. Daß der Kläger anläßlich der Vollstreckungsandrohung von dem Bescheid vom 08.01.1993 erfuhr, ersetzt nicht seine Bekanntgabe.
2.4 Entsprechendes gilt auch, soweit die Staats- und Universitätsbibliothek selber mit Schreiben vom 04.08.1993 dem Kläger eine Kopie des Entgeltbescheids vom 08.01.1993 übersandt hat. Die Übersendung der Kopie geschah gerade nicht zum Zwecke der Bekanntgabe, wie sich aus dem Anschreiben vom 04.08.1993 unmißverständlich ergibt. Denn dort stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, der Entgeltbescheid vom 08.01.1993 sei dem Kläger ordnungsgemäß zugestellt worden. Hätte die Beklagte mit der Übersendung der Kopie des Entgeltbescheids mit Schreiben vom 04.08.1993 eine Bekanntgabe dieses Bescheides vornehmen wollen, hätte sie die Erhebung eines Widerspruchs hiergegen als zulässig betrachtet, was sie gerade nicht getan hat. Die Übersendung der Kopie des Entgeltbescheids mit Schreiben vom 04.08.1993 war daher aus Sicht der Beklagten nur eine unverbindliche Information über eine nach ihrer Auffassung bereits früher erfolgte Zusendung und nicht eine gewollte nunmehrige Bekanntgabe des Entgeltbescheids vom 08.01.1993.
3. Der Kläger hat auch nicht das Recht verwirkt, sich auf eine fehlende Bekanntgabe des Entgeltbescheids zu berufen. Der Rechtsgrundsatz der Verwirkung ist aus dem Gebot von Treu und Glauben sowie dem Verbot der unzulässigen Rechtsausübung entwickelt und findet auch im öffentlichen Recht Anwendung. Für die Verwirkung eines Rechts müssen allerdings besondere Umstände vorliegen, die die Geltendmachung als illoyal und als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (BVerwG, Urt. v. 07.02.1974 – III C 115.71 in BVerwGE 44,339, 343). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Insbesondere durfte die Beklagte nicht infolge eines bestimmten Verhaltens des Klägers darauf vertrauen, daß dieser die fehlende Bekanntgabe ihr gegenüber nicht rügen werde (vgl. zur Verwirkung VG Bremen, B. v. 09.10.1991 – 2 V 28/91). Vielmehr hat sich der Kläger von Anfang an auf das Fehlen einer Bekanntgabe des Entgeltbescheids vom 08.01.1993 ihm gegenüber berufen, so daß die Beklagte ein dem entgegenstehendes Vertrauen nicht entwickeln konnte.
Vielmehr hatte es die Beklagte in der Hand, durch Nachholung der ordnungsgemäßen Bekanntgabe den Entgeltbescheid nachträglich wirksam werden zu lassen. Dazu ist sie immer noch in der Lage. Soweit sie wegen der Nachweisproblematik in der einfachen Bekanntgabe des Entgeltbescheids Schwierigkeiten sieht, hat sie die Möglichkeit, nach Art. II Bremisches Verwaltungszustellungsgesetz (BremVwZG) i. V. m. § 41 Abs. 5 BremVwVfG die förmliche Zustellung des Entgeltbescheids behördlich anzuordnen. Bei dieser Sachlage scheidet ein Berufen der Beklagten auf Verwirkung aus.

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