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Teilnahme an einer geschlossenen Veranstaltung

Gericht: Verwaltungsgericht Augsburg

Entscheidungsdatum: 08.05.2013

Aktenzeichen: Au 7 E 13.652 [1]

Entscheidungsart: Beschluss

Eigenes Abstract: Das Ballonmuseum Gersthofen mit angeschlossener Stadtbibliothek richtet anlässlich des 10- jährigen Bestehens des Kulturzentrums im Neubau einen Festakt aus. Dieser findet aufgrund des begrenzten Platzkontingents im Kreis geladener Gäste statt. Der Antragsteller möchte, obwohl er nicht zu den Geladenen gehört, an der Ausstellungseröffnung teilnehmen und hatte dazu bereits Karten in der Stadtbibliothek reserviert. Das Gericht lehnt seinen Eilantrag ab, da die Veranstaltung außerhalb der geregelten Öffnungszeiten stattfindet und somit keine Einschränkung seines öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechts vorliegt. Zudem wurden die Gäste nach sachlichen Kriterien ausgewählt, die auf den Antragssteller nicht zutreffen.

Tenor

I. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und auf Gewährung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Beteiligten stehen in Streit um die Teilnahme des Antragstellers an einer Festveranstaltung der Antragsgegnerin am 10. Mai 2013.

1. Die Antragsgegnerin betreibt das sogenannte „…museum“ als öffentlich-rechtliche Einrichtung. Der Besuch des Museums ist während der allgemeinen Öffnungszeiten unter Beachtung der Gebührensatzung möglich. Anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Neubaus des Museums veranstaltet die Antragsgegnerin am 10. Mai 2013 außerhalb der Öffnungszeiten einen Festakt. Zu diesem Festakt sind verschiedene Personen wie die Bürgermeister, Stadträte und Altstadträte der Antragsgegnerin, der Landrat des Landkreises …, Mitarbeiter der Verwaltung, baubeteiligte Firmen und Architekten, Zuschussgeber und Berater sowie Mitglieder der angeschlossenen Bibliothek geladen. Es stehen ca. 100 Plätze zur Verfügung, die allesamt an Personen aus diesem geladenen Kreis vergeben sind. Im Rahmen des Festakts wird auch die Kunstausstellung „Schutzschilde“ eröffnet. Die Veranstaltung ist im Veranstaltungskalender der Antragsgegnerin eingetragen und dort vermerkt, dass es sich um einen „kleinen Festakt mit geladenen Gästen“ handelt. Es wird auf die Eröffnung der Kunstausstellung und die Möglichkeit, diese während der Öffnungszeiten von 11. bis 30. Mai 2013 zu besichtigen, hingewiesen. Unter der Rubrik „News“ auf der Internetseite der Antragsgegnerin war vermerkt, dass der Eintritt zur Veranstaltung frei sei und es ein begrenztes Platzkontingent gebe.

2. Der Antragsteller ist ein ehemaliger Partner der Künstlerin, deren Ausstellung am 10. Mai 2013 eröffnet werden soll. Er hat am 20. März 2013 persönlich in der Stadtbibliothek insgesamt sechs Plätze für die Festveranstaltung am 10. Mai 2013 reserviert. Mit E-Mail vom 19. April 2013 teilte eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass es sich bei der Vornahme der Reservierung um ein internes Missverständnis gehandelt habe, da für die geschlossene Veranstaltung keine Reservierungen möglich seien und keine Plätze vorhanden seien. Die Reservierung wurde daher storniert und der Antragsteller auf die allgemeinen Öffnungszeiten verwiesen. Auf diese Nachricht folgte ein E-Mail-Verkehr, in welchem der Antragsteller sein Begehren, eine Reservierung für die Festveranstaltung zu erhalten weiter verfolgte und die Antragsgegnerin ihn wiederum auf die allgemeinen Öffnungszeiten verwies.

3. Mit Schreiben vom 2. Mai 2013 an das Amtsgericht … beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit folgendem Antrag:

Das …museum … und dessen Leiter … wird verpflichtet, ihm den Zugang zur Vernissage und den Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung „Schutzschilde“ zu ermöglichen.

Dem Antrag beigefügt war der Vordruck „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ mit Anlagen.

Zur Begründung wurde neben Hinweisen auf die Beziehung des Antragstellers zur Künstlerin ausgeführt, dass die Antragsgegnerin mit Scheinargumenten versuche, die Teilnahme an der Vernissage zu verhindern. Eine stichhaltige Erklärung gebe es nicht. Der Antragsteller würde an der Vernissage teilnehme wollen, um sich öffentlich mit der gezeigten Kunst auseinandersetzen zu können und Informationen aus erster Hand erhalten zu können. Der Antragsteller gab an, keine Schmähkritik üben zu wollen und jede Störung der Veranstaltung zu unterlassen.

4. Mit Beschluss vom 7. Mai 2013 erklärte das Amtsgericht … nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg.

5. Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 6. Mai 2013

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Festveranstaltung mit Ehrengästen stattfinden solle und daher sonstigen Personen kein Zugang gewährt werden könne. Die persönlichen Beziehungen des Antragstellers und der Künstlerin seien von der Antragsgegnerin nicht bewertet worden. Der Antragsteller habe während der allgemeinen Öffnungszeiten für die Dauer der Ausstellung die Möglichkeit, sich mit der Kunst auseinanderzusetzen. Die Antragsgegnerin legte am 8. Mai 2013 die Einladungs- und Reservierungsliste zu der streitgegenständlichen Veranstaltung vor.

6. Aufgrund der Eilbedürftigkeit der Sache wird von einer weiteren Darstellung der Einzelheiten abgesehen und auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (dazu 1.) und Gewährung von Prozesskostenhilfe (dazu 2.) haben keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Erlass einer Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Teilnahme an einer Festveranstaltung am 10. Mai 2013 zu ermöglichen, ist zulässig aber unbegründet.

a) Statthaft ist vorliegend ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO. Die Mitteilungen der Antragsgegnerin zur Stornierung der Reservierung sind nicht als Verwaltungsakt gemäß Art. 35 BayVwVfG zu qualifizieren, da durch sie lediglich informatorisch dem Antragsgegner mitgeteilt wurde, dass die Veranstaltung am 10. Mai 2013 nur für geladene Gäste zugänglich sei und es insoweit am Regelungscharakter fehlt.

b) Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht – auch schon vor Klageerhebung – eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Erforderlich ist, dass der Antragsteller die Eilbedürftigkeit (den Anordnungsgrund) und sein subjektiv-öffentliches Recht (den Anordnungsanspruch) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

c) Ungeachtet eines Anordnungsgrundes kann der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch geltend machen. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Teilnahme an der Festveranstaltung am 10. Mai 2013.

(1) Da die am 10. Mai 2013 stattfindende Veranstaltung im weitesten Sinne unter den Begriff der öffentlichen Einrichtung fällt, ist Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch, dem Antragsteller die Teilnahme an der Festveranstaltung am 10. Mai 2013 zu ermöglichen, Art. 21 Abs. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO). Der Festakt wird von dem …museum Gersthofen, einer öffentlichen Einrichtung, veranstaltet und ist daher der Antragsgegnerin zuzuordnen. Gemäß Art. 21 Abs. 1 GO sind alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen.

(2) Die Antragsgegnerin hat im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 83 Abs. 1 BV einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Ausgestaltung ihrer öffentlichen Einrichtungen (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2011 – 4 CS 11.1200 – juris; B.v. 12.7.2010 – 4 CE 10.1535 – BayVBl 2011, 23; B.v. 27.3.2001 – 4 ZE 01.628 – juris). Die Grenzen des Benutzungsanspruchs der öffentlichen Einrichtung aus Art. 21 Abs. 1 GO ergeben sich aus der der öffentlichen Einrichtung beigegebenen bzw. zugeordneten Zweckbestimmung, die nicht ausdrücklich ausgesprochen werden muss, sondern auch – wie hier – konkludent der Art der Veranstaltung bzw. aus den Gesamtumständen entnommen werden kann.

(3) Danach handelt es sich bei der Veranstaltung vom 10. Mai 2013 – wie sich aus den Veröffentlichungen der Antragsgegnerin ergibt – um einen Festakt, also eine Feier zum 10-jährigen Bestehen des Neubaus des …museums. Mit dem genannten Gestaltungsspielraum ist es vereinbar, dass die Antragsgegnerin aufgrund der beschränkten Kapazität der Örtlichkeit – es stehen nur ca. 100 Plätze zur Verfügung – die Veranstaltung geladenen Gästen vorbehält, die sie nach sachgerechten Kriterien auswählt. Der Antragsgegnerin bleibt es – jedenfalls unter Berücksichtigung sachlicher Kriterien – belassen, geschlossene Veranstaltungen wie den Festakt am 10. Mai 2013 zu veranstalten und diese nur einem ausgewählten Publikum zugänglich zu machen. Der von der Antragsgegnerin aufgezählte Personenkreis (Vertreter aus Politik, Verwaltung, ausführenden Unternehmen und Mitglieder der Bibliothek) ist sachgerecht ausgewählt, da er sich an dem Zweck der Veranstaltung, der Feier des 10-jährigen Bestehens des Neubaus orientiert. Bei diesem Personenkreis ist ein Interesse an dem Festakt und eine Bindung zum …museum anzunehmen.

Keinen Bedenken begegnet hierbei, wenn die Antragsgegnerin der Künstlerin selbst die Möglichkeit einräumt, einen gewissen Personenkreis zur Eröffnung ihrer Ausstellung – auch ohne Bezug zum …museum – einzuladen. Auch ist es aufgrund der Zielrichtung der Festveranstaltung nicht nötig, eine weitere breite Öffentlichkeit zu schaffen, zumal die Platzverhältnisse in jedem Falle eingeschränkt sind.

Der Antragsteller hat hingegen keinen Bezug zur Veranstaltung als Festakt zum 10-jährigen Bestehen des Neubaus des …museums dargelegt; ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat vielmehr selbst geäußert, dass sein Anliegen die Auseinandersetzung mit der Kunst sei.

Weiter zu berücksichtigen ist, dass die geschlossene Veranstaltung einmalig und außerhalb der geltenden Öffnungszeiten der öffentlichen Einrichtung …museum stattfindet, wodurch der Zugang zu diesem – und damit zu der Kunstaustellung – nicht eingeschränkt wird.

(4) Die allgemeine Möglichkeit, sich im Rahmen der Öffnungszeiten und sonstigen Veranstaltungen mit der Kunst auseinanderzusetzen ist verhältnismäßig. Sie verstößt insbesondere auch nicht gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG. Die Festveranstaltung am 10. Mai 2013 ist dem 10-jährigen Bestehen des Neubaus des …museums gewidmet und die Vernissage bildet gleichermaßen „nur“ das Rahmenprogramm. Es ist daher nicht nötig, eine Auseinandersetzung mit der dargestellten Kunst gerade zu diesem Zeitpunkt zu gewährleisten und angemessen, den Antragsteller für sein Anliegen auf die sonstige Ausstellungszeit zu verweisen. Sein primär geäußertes Anliegen, die Auseinandersetzung mit der Kunst wird nicht unverhältnismäßig dadurch erschwert, dass eine Teilnahme an der Eröffnung der Ausstellung nicht möglich ist.

(5) Darüber hinaus fällt der Antragsteller bereits aus dem Anwendungsbereich des Art. 21 Abs. 1 GO, da er als Gemeindeangehöriger der Stadt … kein Gemeindeangehöriger der Antragsgegnerin i.S.d. Art. 15 GO ist.

2. Aus diesen Gründen war auch der durch die Einreichung des ausgefüllten Formulars „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ mit Anlagen konkludent gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, da die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 S. 1, § 117 ZPO).

Der Antrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

 

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