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Kopienversand II

Gericht: Oberlandesgericht München

Entscheidungsdatum: 23.05.1996

Aktenzeichen: 6 U 4192/95

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Der Börsenvereins des Deutschen Buchhandels klagt gegen das Land Niedersachsen, da er meint, dass die Technische Informationsbibliothek Hannover (TIB) das Urheberrecht verletze, indem sie auf Einzelbestellung Kopien von Zeitungs- und Zeitschriftenartikel an ihre Nutzer per Post oder Fax versendet. Die Klage wurde abgewiesen, da nach Auffassung des Gerichts der Kopienversand nach der Schrankenregelung des § 53 UrhG zulässig ist.

Instanzenzug:
LG München I vom 18.05.1995, AZ. 7 O 18987/94 [1]
– OLG München vom 23.05.1996, AZ. 6 U 4192/95
BGH vom 25.02.1999, Az. I ZR 118/96 [2]

Tenor:
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18.5.1995 wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,- DM.

Tatbestand:
Die Parteien streiten ob die … auf Fernbestellungen hin Kopien von Aufsätzen Artikeln usw versenden und für diese Tätigkeit werben darf, wenn der Besteller die Auswahl vorgenommen hat, und ob sie sich damit im Rahmen des § 53 Abs. 2 Nr. 4 a UrhG bewegt oder ob sie dabei unter Verletzung von Urheberrechten entweder eine neue Nutzungsart wahrnimmt bzw gemäß § 17 UrhG unzulässig Vervielfältigungsstücke verbreitet.
Der Kläger ist der … der die Interessen … vertritt. Er klagt aus abgetretenen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechten einer Reihe von Zeitschriften-Verlagen an Aufsätzen und Beitragen, die in deren Zeitschriften veröffentlicht sind Diese Verlage haben ihre ausschließlichen Nutzungsrechte hinsichtlich des Versands von Kopien (Vervielfältigung und Verbreitung) an den Aufsätzen und Beitragen, die der Kläger in seinem Klageantrag nennt, zum Zwecke des vorliegenden Prozesses und für die Dauer desselben an den Kläger abgetreten.
Das beklagte Land … (in der Folge die Beklagte genannt) ist Träger der … die … als … in Deutschland gegrüdet wurde. Diese sind Teil des von der … seit … entwickelte Sondersammelgebietsplans Dessen Ziel ist es, durch eine überregionale Kooperation sowie durch die Verteilung fachlicher Sammelschwerpunkte die von der Wissenschaft und Forschung benötigte Literatur möglichst rasch und umfassend für jeden Interessenten verfügbar zu machen. Die … arbeitet in engem räumlichen und organisatorischen Verbund mit der … Beide Bibliotheken sammeln Literatur zu den Schwerpunktgebieten Technik/Ingenieurwissenschaften Chemie Informatik Mathematik und Physik weltweit. Die Schwerpunkte der … liegen in der Sammlung Erschließung und Bereitstellung hochspezialisierter Fachliteratur wie speziellen Fachzeitschriften von Verbänden und Industriebetrieben, Tagungsberichten Forschungsberichten und Reports. Die … wirbt weltweit für ihr Angebot an Fachliteratur und mit den Konditionen zu denen sie Interessenten versorgt.
Die … erstellt auf Anforderung Kopien von Zeitschriften Aufsätzen die sie den Bestellern per Post zusendet oder per Fernkopie (Telefax) übermittelt.
Für die Bestellung stellt die … einen computerisierten Katalog (Oneline-Katalog) ihrer Bestände zur Verfugung wobei hier die Titel der Zeitschriften nicht aber die Titel der einzelnen Beitrage und Ausätze gespeichert sind Diese kann der Interessent aber über oneline-Recherchendienste erfahren (sog Hosts) Die Texte der Zeitschriften Artikel und Beitrage sind nicht gespeichert.
Während die Ortsbenutzung und die Benutzung über den Leihverkehr der Bibliotheken gebührenfrei sind verlangt die Beklagte für sogenannte Direktbestellungen also Übersendung von Kopien aus Zeitschriften, Aufsätzen und Beitragen aus Tagungsbänden und ähnlichem Entgelt Soweit die … zur Versendung per Fax Zwischenkopien von den Originalzeitschriften (die aus technischen Gründen nicht direkt gefaxt wer den können) erstellt, werden diese entweder zur Bestätigung per Post an den Besteller nachgesandt oder vernichtet.
Im Jahr 1984 haben auf Empfehlung des Klägers ca 20 Technikverlage Lizenzvereinbarungen mit dem Fachinformationszentrum … in … einer weiteren technischen Dokumentionszentrale über die Mikroverfilmung von Beitragen aus Fachzeitschriften und die Lieferung von Papierkopien an Besteller abgeschlossen.
Der Kläger vertrat die Auffassung das Verhalten der Beklagten stelle ein unerlaubtes Vervielfältigen und Verbreiten der nach seiner Auffassung urheberrechtlich geschützten Beitrage in den genannten Zeitschriften und sonstigen Sammelveröffentlichungen gemäß §§ 16, 17 Abs. 1 UrhG dar, und er habe deshalb gemäß § 97 UrhG Schadensersatz, Auskunfts und Unterlassungsansprüche.
Der Kläger machte geltend, er sei aufgrund der entsprechenden Vereinbarungen mit den Autoren und den Abtretungserklärungen der Verlage aktivlegitimiert.
Die Beklagte betreibe einen systematischen Kopienversand, der nicht mehr unter die eng auszulegende gesetzliche Schranke des § 53 UrhG falle sondern der eine eigene Verwertungsart sei die als Vervielfältigungs- und Verbreitungshandlung nach §§ 16, 17 UrhG zu bemessen sei. Die Beklagte maße sich gegenüber ihren Kunden die Stellung und Funktion eines Verlegers an. Die Beklagte biete nämlich die Herstellung und den Erwerb von Vervielfältigungsstücken an, wobei dieses Angebot bereits eine Verbreitungshandlung im Sinne von § 17 UrhG sei Auch wenn die Beklagte nicht schon jetzt eine Volltextspeicherung der Aufsätze durchführe, unterscheide sich die von ihr schon jetzt geübte Praxis nicht wesentlich von einer solchen elektronischen Volltextübermittlung. Der Unterschied hierzu bestehe lediglich dann daß die Beklagte eine Fotokopie des gewünschten Aufsatzes übersenden oder per Tele fax vermitteln müsse. Letzteres stelle ebenfalls eine elektronische Vermittlung dar. Die Interessenten erhielten sämtliche Informationen auf ihrem Bildschirm und brauchten weder eine Bibliothek mehr aufzusuchen noch eine Zeitschrift zu erwerben.
Es komme nicht darauf an, ob die Vervielfältigungsstücke bereits vorrätig seien oder erst bei der einzelnen Bestellung hergestellt wurden Außerdem sei die Grenze von 7 Vervielfältigungsstücken von einer Vorlage überschritten, da die Beklagte für jeden Besteller auf Wunsch eine Kopie anfertige.
Durch die Kopierpraxis der Beklagten wurden die Auflagen der Spezial Zeitschriften ständig sinken.
Die Herstellung der Kopien seien beim Kopieversand nicht dem Interessenten sondern dem Versender zuzuordnen. Die Sachlage liege gleich wie im Falle eines Fotokopieversands durch einen gewerblichen Recherchendienst.
Es werde hier nicht nur in Einzelheiten kopiert sondern das gesamte bisherige und auch das aktuelle Programm des jeweiligen Verlages werde den Kunden in Form von Fotokopien angeboten und zugesandt und zwar planmäßig und systematisch.
Die Beklagte ziehe auch einen Gewinn aus dieser Tätigkeit, der wieder um den Gewinn der Verlage schmälere. Es gebe auch bereits weitere gewerbliche Nutznießer die den Kopienversand der Bibliotheken wie ihn auch die Beklagte betriebe in bare Münze umsetzten.
Aus der Entstehungsgeschichte des § 53 UrhG ergebe sich daß der Gesetzgeber den vorliegenden Fall nicht habe privilegieren wollen Aus dem Gesamttext des § 53 UrhG ergebe sich außerdem eine eingeschränkte Reichweite dieser Vorschrift die als Ausnahmevorschrift zu dem eng auszulegen sei. Es seien nur absolut notwendige Kopien dort gestattet. Der Kläger nimmt weiter Bezug auf die Erörterung der Fotokopievergütung im Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Urheberrechtsnovelle 1985 BT Drucksache 11/4929 und dort geschilderte Mißstände durch den Kopienversand der Zentralbibliotheken.
Dazu stelle das Verhalten der Beklagten einen Wettbewerbsverstoß dar, da die Beklagte als Konkurrentin der hinter dem Kläger stehenden Verlage tätig sei und Vervielfältigungsstücke der Werke vertreibe die die Verlage ebenfalls vertrieben. Es liege eine unmittelbare Leistungsübernahme im Sinn von § 1 UWG vor da eine Behinderung der hinter dem Kläger stehenden Verlage erfolge und deshalb die Wettbewerbswidrigkeit gegeben sei.

Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an dem Präsidenten der … für jeden einzelnen Fall der Zwiderhandlung zu unterlassen, Fotokopien von Aufsätzen und/oder Beitragen aus den Zeitschriften
a) …
b) …
c) …
d) …
e) …
f) …
g) …
h) …
i) …
k) …
l) …
m) …
n) …
o) …
p) …
r) …
s) …

insbesondere die Aufsätze:
-„Faserverbandkunststoff erwertet die Systemgrenzen für Werkzeugmaschinenkoponenten“ von … in der Zeitschrift …
-„Zustände von Hauptspindellagern erkennen“ von … in der …
-„Planschleifen auf Läppmaschinen von … in der …
Systematik zur Auswahl von Einsatzfeldern für Expertensysterne“ von … in der Zeitschrift …
-„Hochgeschwindigkeitsfräsen im Werkzeuge und Formenbau“ von … in der Zeitschrift …
-„Drehmaschinen mit Hohlrollenmotoren“ von … in der Zeitschrift …
-„Produkthaftung Forderungen an die Meß-, Prüf- und Überwachungsverfahren“ von … in der Zeitschrift …
-„Die fraktale Fabrik von … in der Zeitschrift …
-Conservation Problems on Galapagos the Showcase of Evolution in Danger“ von … in der Zeitschrift …
-„Natur als Kulturaufgabe“ von … in der Zeitschrift …
-CIM: Rechnerintegrierte Produktion, Anwender berichten über ihre Erfahrungen von … in der Zeitschrift … „Flexible Fertigungssysteme in Europa Erfahrungen der Anwender“ von …
-„Fachgebiete in Jahresübersichten: Kaltmassivumformung“ von … in der Zeitschrift …;
-„Fachgebiete in Jahresübersichten: Kaltmassivumformung“ von … in der Zeitschrift …
-„Datenschutz und Datensicherung in neuen Kommunikationsmedien“ von …, in der Zeitschrift …
-„Elektronik-Voraussetzung zur Erhaltung der Mobiltät“ von … in der Zeitschrift …
-„Methoden zur Verminderung der Ablagerungsbildung in Wärmeüberträgern“ von … in der Zeitscrift …
-„Optimation of Post Column Reaction Detector for HPLC of Explosives“ von … in der Zeitschrift …
-„Kryptoalgorithmen in offenen Kommunikationssysteme“ von … in der Zeitschrift …
-„Ein Vorgehensmodell zum Software Reengineering und seine praktische Umsetzung“ von … und … in der Zeitschrift …
-„Entwicklung und Perspektiven für Angebot und Nachfrage auf dem Steinkohlenweltmarkt (1992)“ von … in der Zeitschrift für …
-Korrosionsbeständiger Stahlguß von … und … in der Zeitschrift …
-Ein Programm für die Steuerung einer kompetetiven Reizdarbietung zur Auslosung ereigniskorrelierter Potentiale von … in der Zeitschrift …
-„Struktur eines Nulldurchgangs-Phasenregelkreises (ZC-PLL) erster Ordnung“ von … in der Zeitschrift …
-„Einbindung unterlagerter Ebenen in der Steuerlogik des Prozeßleitsystems“ von … in der Zeitschrift …
-„Verfahren zum Entwurf und Stabilitätsnachweis von Regelungssystemen mit Fuzzy-Reglern“ von … und … in der Zeitschrift …
anzubieten und/oder herzustellen und/oder zu verbreiten oder anbieten und/oder herstellen und/oder verbreiten zu lassen wie dies in dem von ihr betriebenen und gemäß ihrer Werbebroschüre (Anl. K 1) erläuterten Kopienversand geschieht.

2. Die Beklagte wird verurteilt Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Kopienversand gemäß Antrag 1 und zwar seit 1.1.1993 Insbesondere sind anzugeben:
a) die einzelnen Aufsätze und/oder Beitrage aus den Zeitschriften von denen Kopien versandt wurden nebst Angabe des jeweiligen Autors und der jeweiligen Fundstelle
b) die Anzahl der vom jeweiligen Aufsatz und/oder Beitrag versandten Kopien
c) die in Rechnung gestellten und/oder erhaltenen Betrage für den jeweiligen Kopienversand

3. Es wird festgestellt, daß die Beklagte dem Kläger jeglichen Scha den zu ersetzen hat, der ihm bzw den in diesem Verfahren hinter ihm stehenden Verlagen durch den Kopienversand gern An trag 1) entstanden ist oder noch entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertrat die Auffassung der Kläger sei nicht aktivlegitimiert da die Abtretungen inhaltlich auf die Geltendmachung der Ansprüche gegen die Beklagte und zeitlich auf den Zeitraum bis zum Eintritt der Rechtskraft des Rechtsstreits beschränkt seien, und eine derartig beschrankte Abtretung nicht ausreiche, die urheberrechtliche Aktivlegitimation zu begründen. Die Klägerin sei nämlich nicht berechtigt, die ihr übertragenen Rechte für andere Zwecke als zur Führung des Rechtsstreits zu nutzen, sie habe daher kein über die Führung des Rechtsstreits hinausgehendes eigenes Interesse.
Die Beklagte betonte daß sie nur jeweils Kopien von einem Aufsatz oder einem Beitrag aus einer Zeitschrift anfertige und versende. Soweit sie die Versendung per Fax vornehme, sei die Zwischenkopie ebenfalls dem bestellenden Leser zuzuordnen.
Die Beklagte führte weiter aus die Hauptbenutzungsform sei die „Ortsbenutzung“, die kostenpflichtige Direktbenutzung, also die Versendung von Kopien, stelle nur etwa 1/5 der Benutzungsfälle etwa im Jahr 1993 dar.
Eine Online-Archivierung sei solange nicht beabsichtigt, solange das Urheberrechtsgesetz dieses nicht zulasse. Gewinn falle bei der Beklagten aus der Versendung nicht an. Die Herstellung von Fotokopien auf Bestellung sei auch für die Tätigkeit der Zentralbibliotheken notwendig. Jedenfalls falle die angegriffene Tätigkeit unter die Privilegierung von § 53 Abs. 2 Ziff 4 a UrhG wobei die Vergütung gemäß § 54 UrhG abgeführt werde.
Wie die Begründung für die Urheberrechtsnovelle im Jahr 1985 zeige habe der Gesetzgeber seinerzeit die Kopierpraxis der öffentlichen Bibliotheken für unter die Ausnahme des § 53 Abs. 2 Ziff IV a fallend angesehen und deshalb eine Änderung dieser Vorschrift nicht unternommen Insoweit sei die amtliche Begründung zur Urheberrechtsreform von 1965 überholt.
Seit 1985 sei bei der Beklagten weder eine sachliche noch eine wesentliche zahlenmäßige Änderung der Kopierpraxis eingetreten Von einer neuen Nutzungsart könne daher nicht die Rede sein Soweit in dem vom Klag er zitierten Bericht von Mißständen die Rede gewesen sei habe sich dieser Ausdruck nur auf die Höhe der Vergütungssätze bezogen.
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche seien schon deshalb nicht gegeben da über das bloße Kopieren hinaus kein zusätzlicher Unrechtsgehalt gegeben sei.
Mit Endurteil vom 18.5.1995 hat das Landgericht die Klage kosten pflichtig abgewiesen weil das Handeln der Beklagten von § 53 Abs. 2 4 a UrhG gedeckt sei so daß es auf die Aktivlegitimation des Klägers nicht ankommte. Bei der Urheberrechtsnovelle 1985 habe der Gesetzgeber angesichts der Zunahme von privilegierten Vervielfältigungen die Beteiligung des Urhebers geregelt die Errichtung von Kopierzentralen durch die Verleger jedoch abgelehnt unter Berücksichtigung der Versendung von Kopien durch wissenschaftliche Bibliotheken. Der Wortlaut von § 53 UrhG stelle auch nicht auf einen geringen Umfang dieses Versands ab. Die Anforderung von Vervielfältigungsstücken von Bibliotheken und Dokumentationsstellen werde von Rechtsprechung und Lehre allgemein als zulässig erachtet.
In der Kopiertätigkeit der Beklagten liege auch nicht im Zusammenhang mit den Informationsmöglichkeiten über den Bibliotheksbestand den erleichterten Anforderungsmöglichkeiten und dem Angebot auch Kopien zu fertigen ein urheberrechtlich relevantes Verbreiten von Vervielfältigungsstücken im Sinne von § 17 UrhG Die Privilegierung gelte auch nicht nur für den innerbibliothekarischen Leihverkehr. Die aus technischen Gründen bei Fax Übertragung erforderliche Zwischenkopie sei ebenso wie die Fax-Kopie beim Empfänger privilegiert.
Ein UWG Verstoß hege mangels zusätzlicher besonderer Umstände nicht vor.
Mit seiner Berufung vertieft der Kläger seine Argumente und verweist auf die Rechtsprechung zu § 17 UrhG wonach unter das Verbreitungsrecht bereits die Ankündigung fallt alsbald Vervielfältigungsstücke her zustellen und zu überlassen wobei auch nach § 53 Abs. 5 UrhG die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken unzulässig sei. Der Kopienversand der Beklagten falle hierunter bzw sei eine neue Nutzungsart, die den Urhebern bzw den Inhabern der entsprechenden Rechte hier an den Kläger abgetreten vorbehalten sei Wenn dieser Versand für zulässig gehalten werde wurden die Auflagen der Fachzeitschriften usw drastisch zurückgehen und es wurde zu einer Bestandskoordinierung mehrerer Bibliotheken kommen.
Der von der Beklagten betriebene Kopienversand sei gegenüber § 53 UrhG ein aliud und das System bedrohe die wissenschaftlichen Verlage.

Nachdem die Beklagte bezüglich der Aktivlegitimation des Klägers geltend gemacht hatte, die Rechtseinräumung jeglicher künftiger Beitrage in den genannten Zeitschriften durch jeglichen Autor sei kaum vorstellbar hat der Kläger auf Anraten des Senats das Verhältnis von Haupt und Hilfsantrag umgekehrt und beantragt, auch unter zeitlicher Einschränkung von Nr. 4 zu erkennen:
1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 18.5.1995 (Az.: 7 O 18987/94) wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt es bei Meidung eines Ordnungsgel des bis zu DM 500.000,- ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an dem Präsidenten der …, für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen Fotokopien von Aufsätzen und/oder Beitragen aus den Zeitschriften
a) …
b) …
c) …
d) …
e) …
f) …
g) …
h) …
i) …
k) …
l) …
m) …
n) …
o) …
p) …
r) …
s) …
nämlich die Aufsätze
-„Faserverbandkunststoff erwertet die Systemgrenzen für Werkzeugmaschinenkoponenten“ von … in der …
-„Zustände von Hauptspindellagern erkennen“ von …
-„Planschleifen auf Läppmaschinen“ von … in der …
-„Systematik zur Auswahl von Einsatzfeldern für Expertensysteme“ von … in der Zeitschrift …
-„Hochgeschwindigkeitsfräsen im Werkzeuge und Formenbau“ von … in der Zeitschrift …
-„Drehmaschinen mit Hohlrollenmotoren“ von … in der Zeitschrift …
-„Produkthaftung Forderungen an die Meß-, Prüf- und Überwachungsverfahren“ von … in der Zeitschrift …
-„Die fraktale Fabrik“ von … in der Zeitschrift
-„Conservation Problems on Galàpagos the Showcase of Evolution in Danger“ von … der Zeitschrift …
-„Natur als Kulturaufgabe“ von … in der Zeitschrift …
-CIM: „Rechnerintegrierte Produktion, Anwender berichten über ihre Erfahrungen“ von … in der Zeitschrift …
-„Flexible Fertigungssysteme in Europa: Erfahrungen der Anwender“ von … in der Zeitschrift …
-„Fachgebiete in Jahresübersichten: Kaltmassivumformung“ von … in der Zeitscrhift …
-„Fachgebiete in Jahresübersichten: Kaltmassivumformung“ von …, in der Zeitschrift …
-„Datenschutz und Datensicherung in neuen Kommunikationsmedien“ von …, in der Zeitschrift …
-„Elektronik – Voraussetzung zur Erhaltung der Mobilität“ von … in der Zeitschrift …
-„Methoden zur Verminderung der Ablagerungsbildung in Wärmeüberträgen“ von … in der Zeitschrift …
-„Optimation of Post-Column Reaction Detector for HPLC of Explosives“ von … der Zeitschrift …
-„Kryptoalgonthmen in offenen Kommunikationssysteme“ von … in der Zeitschrift …
-Ein Vorgehensmodell zum Software Reengineering und seine praktische Umsetzung“ von … und … in der Zeitschrift …
-„Entwicklung und Perspektiven für Angebot und Nachfrage auf dem Steinkohlenweltmarkt (1992)“ von … in der Zeitschrift …
-„Korrosionsbeständiger Stahlguß“ von … in der Zeitschrift …
-„Ein Programm für die Steuerung einer kompetetiven Reizdarbietung zur Auslosung ereigniskorrelierter Potentiale“ von … in der Zeitschrift …
-„Struktur eines Nulldurchgangs Phasenregelkreises (ZC-PLL) erster Ordnung“ von … in der Zeitschrift …
-„Einbindung unterlagerter Ebenen in der Steuerlogik des Prozeßleitsystems“ von … in der Zeitschrift …
-„Verfahren zum Entwurf und Stabilitätsnachweis von Regelungssystemen mit Fuzzy-Reglern“ von … und … in der Zeitschrift …
anzubieten und/oder herzustellen und/oder zu verbreiten oder an bieten und/oder herstellen und/oder verbreiten zu lassen wie dies in dem von ihr betriebenen und gemäß ihrer Werbebroschüre (Anl. K 1) erläuterten Kopienversand geschieht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Kopienversand gemäß Antrag 1., und zwar seit 1.1.1993
Insbesondere sind anzugeben
a) die einzelnen Aufsätze und/oder Beitrage aus den Zeitschriften von denen Kopien versandt wurden, nebst Angabe des jeweiligen Autors und der jeweiligen Fundstelle;
b) die Anzahl der vom jeweiligen Aufsatz und/oder Beitrag versandten Kopien;
c) die in Rechnung gestellten und/oder erhaltenen Betrage für den jeweiligen Kopienversand.
4. Es wird festgestellt daß die Beklagte dem Kläger jeglichen Scha den zu ersetzen hat der ihm bzw den in diesem Verfahren hinter ihm stehenden Verlagen durch den Kopienversand gern An trag 1 seit 1.1.1993 entstanden ist oder noch entstehen wird.
Hilfsweise
stellt er die gleichen Anträge mit der Maßgabe, daß es bei An trag 2) nach Buchstabe s) statt nämlich heißt „insbesondere“.

Die Beklagte beantragt
kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.
Sie verteidigt das Urteil als zutreffend und verweist darauf daß der Gesetzgeber den Bedenken des Klägers bei der Reform 1985 Rechnung getragen habe obwohl er den eigentlichen Vorschlag des Klägers abgelehnt habe. Die vom Kläger beschworene Entwicklung sei nicht eingetreten und der Kläger solle sich mit seinem Anliegen allenfalls an den Gesetzgeber wenden statt eine sich gesetzeskonform verhaltende Bibliothek zu verklagen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Einzelheiten des Parteivortrags in den eingereichten Schriftsätzen nebst Anlagen, den Inhalt der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist ohne Erfolg.
Zunächst wird auf die zutreffenden und sorgfältigen Ausführungen des Landgerichts verwiesen denen sich der Senat mit Ausnahme zur Aktivlegitimation und zur Notwendigkeit des Vorhandenseins der kopierten Werkstücke zum Zeitpunkt des Anbietens im Rahmen des § 17 UrhG voll und ganz anschließt, § 543 Abs. 1 ZPO.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind folgende ergänzende Überlegungen angezeigt:

I.
Die Frage der Aktivlegitimation hinsichtlich der konkreten Beitrage ist durch die vorgelegten Anlagen im Sinne von § 286 ZPO hinreichend bewiesen. Die Prozeßstandschaft ist vorliegend zulässig. Die Urheberrechtsfähigkeit der Beitrage ist nicht ausreichend in Frage gestellt.

II.
In der Sache selbst ist der Senat der Ansicht, daß die Beklagte rechtmäßig handelt.
Der Kläger mag sich gegebenenfalls mit seinem Anliegen wieder um an den Gesetzgeber wenden, falls die Verlagstätigkeit tatsächlich in unzumutbarer Weise unterlaufen werden sollte durch den streitgegenständlichen Kopienversand und eine angemessene Aufteilung der dem Urheber nach § 54 f. UrhG zustehenden Vergütungen zwischen Verlag und Urheber nicht auf andere Weise zu erzielen sein sollte.
Nach geltendem Recht ist das Verhalten der Beklagten nach § 53 UrhG zulässig. Die Urheber denen lediglich kein Verbietungsrecht eingeräumt worden ist werden über § 54 f. UrhG im Rahmen einer Zwangslizenz auch wirtschaftlich am Kopien Versand beteiligt Ein Verstoß gegen Art. 14 GG ist bei dieser Regelung nicht er sichtlich.
Entgegen dem Ansinnen des Klägers kann die grundsätzlich eng auszulegende Ausnahmeregelung des § 53 UrhG nicht über § 17 UrhG nur deshalb zu Fall gebracht werden, weil die Beklagte ihre Dienste mit modernen Mitteln anbietet und die Benutzer davon Gebrauch machen.
Die Argumentation des Klägers liefe darauf hinaus, daß die Beklagte ihren Bestand an wisschenschaftlichen Arbeiten nur über Karteikästen oder ähnliches offenbaren durfte oder die interessierten Kreise zumindest anreisen mußten um vor Ort die gewünschten Kopien ziehen zu lassen oder allenfalls mit Hilfe des interbibliothekaren Leihverkehrs dies bei einer anderen naher gelegeneren Bibliothek tun konnten. Bereits dies zeigt, daß hier letztlich lediglich technische Erleichterungen den Kläger veranlassen eine gesetzlich geregelte Nutzungsart anders beurteilt wissen zu wollen. Das ist aber keine Aufgabe für ein Gericht sondern allenfalls für den Gesetzgeber.

III. Folgende Gesichtspunkte der Sachdiskussion sind hervorzuheben.
1. Die vom Kläger zu § 17 Abs. 1 UrhG zitierte Rechtsprechung und Rechtsmeinung (auf deren Widergabe hier verzichtet wird), ist richtig und sinnvoll, damit § 17 Abs. 1 UrhG nicht umgangen wird, wenn lediglich erst alsbald her zustellende Vervielfältigungsstücke der Öffentlichkeit angebe ten werden, ohne daß dem Anbieter ein Verbreitungsrecht zusteht.
Hiermit kann jedoch nicht die nach § 53 UrhG als zulässig gewollte Vervielfältigung unterlaufen werden: Der hier zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke nämlich durch einen anderen herstellen lassen (§ 53 Abs. 1 Satz 2 Abs. 2 Eingangssatz, Abs. 3 Schlußsatz).
Wenn die Beklagte im Rahmen des § 53 UrhG für den Befugten Vervielfältigungsstücke herstellt, handelt sie rechtmäßig wahrend im Falle des § 17 UrhG ohne Rechtseinräumung – ein unbefugtes Verbreiten vorliegt.
Allein die Tatsache, daß die Beklagte darauf hinweist, daß sie (als Bibliothek) über die eventuell benötigte Literatur verfugt und bereit ist für befugte Personen im Rahmen des § 53 UrhG zulässige einzelne Vervielfältigungsstücke herzustellen und ihnen zu überlassen führt nicht aus dem Rahmen des § 53 UrhG heraus.
Denn die Beklagte stellt nicht von sich aus Vervielfältigungsstücke her trifft keine diesbezügliche Auswahl und verstoßt auch nicht gegen § 53 Abs. 5 UrhG Entgegen der Argumentation des Klägers handelt es sich nach dieser Be Stimmung um Vervielfältigungsstücke des befugten Benutzers die dieser nach § 53 Abs. 5 UrhG nicht verbreiten darf Andere als unter § 53 Abs. 2, 4 a UrhG fallende Vervielfältigungsstücke stellt die Beklagte jedoch nicht her und verbreitet solche auch nicht.
Die Argumentation des Klägers zum Verhältnis von § 17 und § 53 UrhG lauft darauf hinaus, daß Befugte in den Verzeichnissen der Beklagten nach geeigneten Beitragen suchen und von diesen bei der Beklagten Vervielfältigungsstücke herstellen lassen dürfen die Kenntnis von dieser Verfahrensweise auch weitergeben und wohl sogar bewerben dürfen daß aber die Beklagte selbst nicht auf ihr Tätigkeitsfeld hinweisen darf.
Das erscheint nicht möglich.
Ein solches Reglement ist auch nicht durch irgendeinen Schutzzweck für den Urheber gerechtfertigt.
Durch das Bewerben eines rechtmäßigen Handelns nach § 53 UrhG werden keine unrechtmäßigen Vervielfältigungsstücke nach § 17 UrhG angeboten.
2. Welche Gefahren drohen, wenn sich die Beklagte nicht an die bestehende Gesetzesregelung halt braucht nicht erörtert zu werden. Die Beklagte berühmt sich nicht anders verfahren zu dürfen und Verstoße sind nicht behauptet. Es besteht somit weder Wiederholungs- noch Erstbegehungsgefahr.
Soweit der Kläger geltend macht, Vervielfältigungsstücke, die die Beklagte hergestellt habe, wurden von Verlagen als Besteller weiterverbreitet verstoßen allenfalls diese Verlage gegen § 53 Abs. 5 UrhG.
Der Beklagten ist dieses Verhalten nicht zuzurechnen sie ist insoweit die falsche Partei.
3. Der beklagte Rückgang von Auflagen wissenschaftlicher Werke und die Bestandskoordinierung mehrerer Bibliotheken ist allenfalls rechtspolitisch anzugreifen nicht mit Hilfe eines Zivilprozesses.
4. Die Versendung von Kopien die laut Kläger der Gesetzgeber bei der Novellierung des Urhebergesetzes 1965 und 1985 nicht im Auge gehabt haben soll ist zumindest im Jahre 1985 nicht völlig ungewöhnlich gewesen (vgl. dazu auch Anl. B 14).
a) Expressis verbis ist diese Handhabung in § 53 UrhG zwar nicht erwähnt.
Entscheidend ist jedoch, daß dieser Weg in § 53 UrhG nicht ausgeschlossen ist.
Das Herstellenlassen von Vervielfältigungsstücken ist dort mit Ausnahme von Abs. 4 („Abschreiben“!) in der näheren Ausgestaltung offengelassen.
Damit sind die von der Beklagten und ihren Benutzern gewählten Wege im Rahmen der modernen Technik zulässig und die Beklagte ist nicht darauf zu beschränken hier nur umständliche, nicht mehr zeitgemäße Verfahren praktizieren zu können.
b) Bestätigt wird diese Gesetzesinterpretation durch die Drucksache 10/837 vom 22.10.1983 (Anl. B 6) zur Reform des Urheberrechts: Bereits auf S. 1 wird der „außerordentliche Anstieg von Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützter Werke zum privaten und sonstigen eigenem Gebrauch“ infolge der technischen Entwicklung auf dem Gebiet der Reprographie angesprochen und die wirtschaftliche Beteiligung der Urheber an ihrer Werksnutzung „auch für diesen Bereich“.
Letzterem wird durch Einführung einer Vergütungspflicht (§ 54 Abs. 2 UrhG) Rechnung getragen (a.a.O. S. 2) Dabei ist besonders zu berücksichtigen daß die Vergütungssätze lediglich in einer Anlage geregelt sind die unabhängig vom Urhebergesetz selbst entsprechend den eingetretenen Veränderungen angepaßt werden konnte (vgl BT 10/837 S. 22).
Ferner ist darauf zu verweisen, daß ab Herbst 1994 § 54 UrhG durch § 54 bis 54 h ersetzt worden ist (BGBl I, 1741 f vom 30.7.1994) wobei diese Regelung ab 1.8.1994 in Kraft ist, also rund zwei Monate vor Klageerhebung: Der Gesetzgeber hat demnach die zur Zeit der Klageerhebung herrschende Praxis auf die die Klage maßgeblich abstellt, lediglich hinsichtlich der Vergütungsregelung als novellierungsbedürftig angesehen nicht jedoch den Kopienversand als solchen. Das laßt der Kläger völlig unberücksichtigt.
Dem Urhebernutzungsrecht wird in den Materialien das Recht der Allgemeinheit an dem ungehinderten Zugang gegenübergestellt und damit das Vervielfältigungsrecht ohne Zustimmung nach § 53 UrhG gerechtfertigt (S. 9 linke Spalte) Die frühere Vergütungsfreiheit durch Reprographie (S. 9 rechte Spalte) wird damit erläutert daß sie seinerzeit ohne nennenswerte Bedeutung war Dies habe sich aber geändert neue Techniken hatten zu einem außerordentlichen Anstieg von Vervielfältigungen geführt (S. 10 2 a) infolge des großen Umfangs müsse von einer neuen Nutzungsart gesprochen werden (a.a.O.) Die Konfliktlösung geschieht dahingehend daß für die Berechtigung zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke im wesentlichen am geltenden Recht festgehalten wird der Urheber jedoch wirtschaftfich angemessen an der neuen oder gesteigerten Nutzung seiner Werke beteiligt werden soll (a.a.O. S. 11 Ziff 4).
Das ist auch bei der Reform 1994 so geblieben.
Schon damit ist ersichtlich daß die Regelung die streitgegenständlichen Probleme im Kern im Auge gehabt und gelost hat im Sinne der Beklagten.
Die technischen Einzelheiten bezüglich des Herstellenlassens sind demgegenüber kurzlebig, nebensächlich und sinnvollerweise nicht ausdrücklich geregelt.
Die Ausführungen zu § 53 und § 54 UrhG (S. 16 f. a.a.O.) bestätigen diese Interpretation S. 17 wird das Verbot der Vervielfältigung ganzer Zeitschriften mit der Schädigung der Primärliteratur begründet so daß auch dieses Problem im Gesamtzusammenhang gesehen wurde.
Bei der Regelung der Vergütung (ab S. 19 rechte Spalte) wird auch der Vorschlag des Klägers abgehandelt der sog. Kopienzentralen der Verleger beinhaltet für den Fall daß der Befugte kein persönlich entliehenes Exemplar besitzt (also wie im Streitfall) die ausschließlich Kopten versenden dürfen Dieser Vorschlag wird vom Gesetzgeber aber unter anderem damit abgelehnt, daß es nicht sinnvoll sei den großen Zentralbibliotheken die Versendung von Kopien zu untersagen (!) – S. 20 linke Spalte und sich die Anschaffung umfangreicher Literatur für sie nicht mehr lohnen wurde, da diese „nur wenige Personen am Ort benutzen konnten und die Versendung von Fotokopien erst nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist möglich wäre“.
Diese expressis verbis vom Gesetzgeber abgelehnte Verfahrensweise will der Kläger mit der Klage nach Ansicht des Senats jedoch in etwa im Prozeßwege einführen.
Das widerspricht dem Gesetzeswortlaut, den denkbar klaren Materialien sowie der Funktion der Gerichte.
Der Kopienversand ist damit nach den Materialien ausdrücklich ein Fall des § 53 UrhG und kein aliud dazu, wie der Kläger behauptet. Der Gesetzeswortlaut ist, wie bereits betont, sinnvollerweise nicht auf einen bestimmten technischen Weg beschränkt sondern offen.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Versenden von Kopien durch Zentralbibliotheken in der Bundestagsdrucksache auch nicht auf den interbibliothekarischen Leihverkehr bezogen wie der oben zitierte Nachsatz zeigt. Das angebotene Sachverständigengutachten für die klägerische Auslegung ist nicht zu er holen angesichts der Bedeutung der Materialien für die Auslegung des letztlich maßgebenden Gesetzestextes.
Die weiteren Ausführungen der Bundestagsdrucksache (S. 20 rechte Spalte) befassen sich mit der nicht streitgegenständlichen Vergütung (die zwischenzeitlich erneut reformiert ist) wobei auf das Ausmaß der urheberrechtlichen Nutzung abgestellt wird (S. 21 rechte Spalte) und die Verwertungsrechte des Urhebers berücksichtigt werden Änderungen sollen in Anpassung „an veränderte wirtschaftliche oder technische Verhältnisse“ nur vorgenommen werden wenn die Veränderung erheblich ist (S. 22 Abschn c).
Das ist hier der eigentliche Hintergrund des vorliegen den Streits.
Auch diese Begründung laßt der Kläger außer Betracht, wenn er infolge der angegriffenen Praxis eine andere Auslegung von § 53 UrhG wünscht und nicht eine Anpassung der Vergütung.
5. Die vom Landgericht bereits zutreffend gewürdigte Rechtsprechung und Meinung von Autoren ergibt für den Kläger trotz weiterer Angriffe keine abweichende Beurteilung der vorliegenden Fragen.
a) Die Entscheidung BGH NJW 91, 1234, 1235 „Tauschangebot für Computerspiele – Einzelangebot“ betrifft einen anderen Sachverhalt weil hier durch Übersenden einer Programmliste zum Zwecke des Tausches an eine Einzelperson ein der Öffentlichkeit Anbieten im Sinne des § 17 UrhG liegt.
Die Beklagte übersendet zum einen nicht von sich aus Übersichten ihres Buchbestandes mit sämtlichen Titeln aller Aufsätze usw., zum anderen steht in der angezogenen Entscheidung nicht die Privilegierung nach § 53 UrhG im Raum, sondern es handelt sich ausschließlich um einen Fall des § 17 UrhG, wobei die Abgrenzung zur rein privaten Weitergabe und die Weitergabe nur eines einzelnen Werkstücks an einen Dritten der der Öffentlichkeit angehört erörtert wird Dabei genügt das Anbieten zur alsbaldigen Herstellung und Lieferung was auch nach Meinung des Senats zutreffend ist aber die Bestellung durch den Berechtigten nicht zur unberechtigten Vervielfältigung macht.
Selbst wenn man die informatorischen Zugriffsmöglichkeiten auf die bei der Beklagten vorhandenen Titel als Angebot der Beklagten an die Öffentlichkeit im Sinne von § 17 UrhG wertet wird dadurch die Ausnahmeregelung des § 53 UrhG nicht ausgehebelt Die Beklagte darf in jenem Rahmen ohne Zustimmung des Urhebers für den Berechtigten Vervielfältigungsstücke fertigen kann somit dadurch nicht gegen § 17 UrhG verstoßen.
b) Schricker, Kommentar zum Urheberrecht, § 17 Anm. 4, 1987 berücksichtigt nicht die Vergütungsregelung des § 54 UrhG bzw der Nachfolgeregelung für den Urheber.
c) In seinem Kurzkommentar zur Entscheidung des OLG Frankfurt/Main (Anl. K 92) in EWiR § 53 UrhG 1/96 S. 223 (Anl. K 93) wird von Schricker zutreffend darauf hingewiesen daß das Übersenden von Kopien aufgrund einer Recherche des vervielfältigenden Unternehmens nicht unter § 53 Abs. 2, 4 a UrhG fallt zumal die dortige Beklagte ohne eigene Recherche gar nicht kopiert (22 a.a.O., S. 23 von Anl. K 92) Auch Abschn 2.3 der Anmerkung stellt wiederum entscheidend auf die Recherche ab.
Die Ausführungen von Schricker unter Ziff. 3 die für den Kläger sprechen sind nicht überzeugend und eher rechtspolitisch: Es ist nicht ersichtlich warum entgegen den bestehenden Regelungen mit der Kopiervergütung keine angemessene Beteiligung des Urhebers zu erreichen sein soll. Mit dem angestrebten Verbot wird die Verbreitung verhindert ohne jegliche Beteiligung des Urhebers über § 54 f. UrhG.
Es entsteht der Eindruck, daß die Tatsache der Recherche durch den Vervielfältiger bei der Anmerkung von Schricker in den Hintergrund geschoben wird Der Senat halt die besprochene Entscheidung eben falls für zutreffend aber gerade wegen dieser Besonderheit die vom Ausnahmetatbestand des § 53 Abs. 2, 4 a UrhG nicht gedeckt ist (vgl OLG Frankfurt Anl. K 92 S. 21/22 sowie 22/23, 24 und 25).
6. Der Kläger verzeichnet die tatsächliche Situation, wenn er geltend macht der Kopienversand der Beklagten trete an die Stelle der den Verlagen vorbehaltenen Veräußerung von Vervielfältigungsstücken das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers werde hier in seinem Be stand unterlaufen.
Die Verlage vertreiben zum einen komplette Werke und nicht Auszüge gemäß § 53 UrhG.
Zum anderen bewegt sich der Kläger damit wieder auf die vom Gesetzgeber bereits abgelehnte Kopierzentrale der Ver läge zu.
Auch die eng auszulegende Schranke des § 53 UrhG führt damit nicht zum Erfolg für den Kläger.
7. Der Kläger, der immerhin aus abgetretenem Recht der Urheber und Rechtsinhaber klagt übersieht schlichtweg die Regelungen der §§ 54 ff UrhG und bemängelt vor allem, die Verleger wurden lediglich zu Produzenten bloßer Kopier vorlagen degradiert wenn die Beklagte vorliegend obsiege Abgesehen davon daß der Gesetzgeber dies bei der Reform 1994 im Zeitpunkt der Klage nicht so sah ergeben sich entsprechend dem Geschäftsbericht der VG Wort Ein nahmen pro Jahr in Höhe von mindestens 50 Mio DM über § 54 f UrhG (vgl Anl. B 11), die nach einem Schlüssel zwischen Verlag und Autor geteilt werden.
Auch sprechen die Zahlen über die Direktbestellung von 1980 bis 1995 bei der Beklagten (Anl. B 10) gegen die Befürchtungen des Klägers da die Bestellungen bis auf die Jahre 1981 und 1990 sogar zurückgegangen sind.
Schließlich ist der Vortrag der Beklagten nicht widerlegt die Kopiertätigkeit wurde ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben Streitentscheidend ist dies jedoch nicht.

IV.
Zutreffend hat bereits das Landgericht entschieden daß für die Anwendung von § 1 UWG vorliegend kein Raum ist wenn das Verhalten durch § 53 Abs. 2, 4 a UrhG gedeckt ist und keine zusätzlichen Merkmale die unlauter sind hinzukommen Daran fehlt es nach wie vor.

V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO Die Sicherheitsabwendungsbefugnis folgt aus § 711 ZPO Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,- DM.
Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO

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