Gericht: Amtsgericht Stuttgart
Entscheidungsdatum: 12.07.1994
Aktenzeichen: 11 C 6932/94
Entscheidungsart: Urteil
eigenes Abstract: Der Kläger fordert die Zahlung des Kaufpreises für eine Gesetzessammlung, die sich bei Lieferung als inhaltlich veraltet herausgestellt hat, obgleich sie im Prospekt als „neu erschienen“ angepriesen wurde. Auf Grund des Mangels hat die beklagte Bibliothek rechtzeitig die Wandelung des Kaufvertrags erklärt. Die Wandelung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Bibliothek die Gesetzessammlung bereits gestempelt und mit einem Rückenschild versehen hat. Die Klage wird somit abgewiesen, da die Beklagte auch nicht verpflichtet war, die gelieferte Gesetzessammlung vor der Buchbearbeitung auf eventuelle Mängel zu überprüfen.
Zum Sachverhalt:
Die Bekl. hatten bei der Kl. eine im Prospekt als „neu erschienen“ angepriesene Gesetzessammlung bestellt. Das gelieferte Werk war auf dem Stand vom 1. 9. 1991. Die Bekl. haben deshalb die Wandelung erklärt. Die auf Zahlung des Kaufpreises gerichtete Klage wurde vom AG abgewiesen.
Aus den Gründen:
Der Kl. steht grundsätzlich aus dem zwischen ihr und den Bekl. abgeschlossenen Kaufvertrag ein Anspruch auf Bezahlung des Kaufpreises zu. Dieser Anspruch ist aber erloschen, da die Bekl. rechtzeitig die Wandelung des Kaufvertrages erklärt haben und nunmehr im Prozeß die Wandlungseinrede erheben. Allein ausschlaggebend ist, daß den Bekl. ein Wandlungsrecht zusteht. Ob die Erklärung der Kl. vom 2. 2. 1994 eine Zustimmung zum Wandlungsbegehren der Bekl. war oder einen Aufhebungsvertrag darstellt und ob sie diese Erklärung wirksam angefochten hat, spielt deshalb keine Rolle.
Es braucht vernünftigerweise nicht näher erläutert werden, daß die von der Kl. gelieferte Gesetzessammlung mangelhaft war, nachdem sie unbestrittener Maßen auf dem Stand vom 1. 9. 1991 ist. Denn wenn die Kl. in ihrem Prospekt die Gesetzessammlung unter der Rubrik „neu erschienen“ anpreist und sie auch tatsächlich erst 1993 erschienen ist, so kann ein vernünftiger Empfänger davon ausgehen, daß das Werk auch die neuesten Gesetze zumindest bis kurz vor dem Erscheinungsdatum mitbeinhaltet. Wenn dies wie vorliegend nicht der Fall ist, stellt dies einen Mangel des Werkes dar, denn es ist nicht zu dem vom Käufer erwartungsgemäß vorausgesetzten möglichen Gebrauch verwendbar. Die Wandelung ist auch weder gem. § 351 BGB ausgeschlossen, noch müssen die Bekl. der Kl. Schadensersatz wegen Verschlechterung der Gesetzessammlung bezahlen. Sowohl bei § 351 BGB als auch bei § 347 BGB ist beim gesetzlichen Rücktrittsrecht erst ein Verschulden maßgeblich, das nach Kenntnis des Wandelungsgrundes eintritt. Die Verschlechterung ist hier aber bereits vor Kenntnis eingetreten. Es entspricht auch wohl der gängigen Praxis, daß bei Büchern, welche einer größeren Bibliothek einverleibt werden sollen, diese gleich mit einem Stempel und einem Rückschild zur Katalogisierung versehen werden. Die Bekl. waren nicht verpflichtet, die gelieferte Gesetzessammlung vorher hinsichtlich eventueller Mängel zu überprüfen. Es kann ihnen deshalb kein Verschulden angelastet werden, das den Ausschluß der Wandelung, bzw. die Pflicht zum Schadensersatz begründen würde.