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Gericht: Verwaltungsgericht Freiburg

Entscheidungsdatum: 16.03.2018

Aktenzeichen: 1 K 1182/16

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Die wissenschaftliche Mitarbeiterin einer Universitätsbibliothek hat ein ausgeliehenes Buch verloren und klagt nun gegen die von der Bibliothek in Rechnung gestellte Ersatzgebühren für das Buch. Die Klage wird abgewiesen.

 

Leitsätze

1. Die Rechtsfigur des innerbetrieblichen Schadensausgleichs überlagert und modifiziert das Benutzungsverhältnis der wissenschaftlichen Mitarbeiter mit der Universitätsbibliothek.

2. Zur Darlegungs- und Beweislast bei Verlust eines Buchs durch eine angestellte wissenschaftliche Mitarbeiterin.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Kostenersatz wegen eines entliehenen Buches, das nicht mehr auffindbar ist.

Die Klägerin war von Juni 2012 bis Februar 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin (Teilzeit) bei der Beklagten angestellt. Am 16.08.2012 lieht sie sich auf ihren Handapparat das Buch „Dahs, Handbuch des Strafverteidigers“ (7. Aufl. 2005) aus der Universitätsbibliothek der Beklagten aus. Es ist nicht mehr auffindbar.

Mit einer „Rechnung“ vom 27.10.2015 forderte die Beklagte die Klägerin auf, „Buchkosten Wertersatz“ in Höhe von 122,00 EUR, Bearbeitungsgebühren in Höhe von 20,00 EUR und Portogebühren in Höhe von 0,70 EUR – insgesamt 142,70 EUR – innerhalb von zehn Tagen bar zu bezahlen oder zu überweisen. Die „Rechnung“ war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.

Am 23.11.2015 erhob die Klägerin Widerspruch, den sie wie folgt begründete: Das Buch sei ihr zur Verrichtung ihrer dienstvertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten von der universitätseigenen Einrichtung Universitätsbibliothek ausgeliehen worden. Nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs komme ein Rückgriff zu 100 % für durch die Verrichtung verursachte Schäden allenfalls bei grobem Verschulden in Betracht. Ein solches Verschulden liege nicht vor. Auch sei weder ein leichtes noch ein mittleres Verschulden dargetan. Ein Rückgriff scheitere somit an der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Ferner fehle es dem Verwaltungsakt an der erforderlichen Begründung. Die Bezeichnung als Rechnung sei in Kombination mit der abgedruckten Rechtsbehelfsbelehrung äußerst fragwürdig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. In den Gründen wird ausgeführt: Bei dem als Rechnung bezeichneten Bescheid handle es sich um einen Verwaltungsakt. Es liege ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Bibliothek als Betriebseinheit der Beklagten vor. Im Rahmen dieses Verhältnisses seien durch den angefochtenen Bescheid die Kosten einer Ersatzbeschaffung geltend gemacht worden. Die Bezeichnung als Rechnung ändere an der Rechtmäßigkeit des Bescheids nichts. Nach der Bibliotheksordnung könne Kostenersatz für die Ersatzbeschaffung eines nicht zurückgegebenen Werks verlangt werden. Der Klägerin sei zuzugeben, dass die Haftungsprivilegierung auch dann Anwendung finde, wenn Mitarbeiterinnen des öffentlichen Dienstes ein Buch zu dienstlichen Zwecken ausliehen. Die Klägerin sei ihrer Pflicht, entliehene Bücher nach Beendigung der Leihfrist zurückzugeben, unbestritten nicht nachgekommen. Dies gelte umso mehr, als es sich bei dem betreffenden Buch um eine Leihe für den sogenannten Handapparat gehandelt habe; es sei ihr also persönlich für einen langen Zeitraum zur Verfügung gestellt worden sei. Nur bei der Leihe von Literatur, die dienstlich benötigt werde, komme das Haftungsprivileg in Betracht. Die Beklagte habe keine Zweifel, dass die Leihe zu dienstlichen Zwecken erfolgt sei. Demnach hafte die Klägerin, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig die bestehende Dienstpflicht zur Rückgabe dienstlich entliehener Bücher verletzt habe. Für die Aufbewahrung und Nutzung entliehener Bücher bestehe eine besondere Sorgfaltspflicht. Eine erhöhte Sorgfaltspflicht hätte es nach der Lebenserfahrung verhindert, dass dienstlich entliehene Bücher durch Unaufmerksamkeit, sei es zum Beispiel durch Nichtabschließen des Dienstzimmers, durch unkontrollierte Weitergabe an Dritte, durch Liegenlassen im öffentlichen Raum, verlustig gingen. Es handle sich auch nicht um einen kleinen und leichten Gegenstand, der durch ein nicht auszuschließendes Augenblicksversagen abhandenkommen könne, sondern um ein immerhin 814 Seiten starkes Werk im Wert von ca. 120,00 EUR. Die Klägerin habe keinerlei Angaben dazu gemacht, wie es zu dem Verlust gekommen sei. Es sei Sache der Klägerin, derartige Umstände glaubhaft zu machen. Diese Beweislastregelung beruhe auf der Tatsache, dass das Buch bei der Leihe in ihren alleinigen Verantwortungsbereich übergegangen sei, den nur sie und nicht die Bibliothek kontrollieren könne. Ihr sei es nicht gelungen, eine bloß einfache Fahrlässigkeit oder gar das Fehlen von Verschulden glaubhaft zu machen.

Am 18.04.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat sie vorgetragen: Sie habe stets eine Liste der von ihr ausgeliehenen Bücher geführt, in der sie berechtigte Entnahmen aus ihrem ausschließlich in ihrem Büro befindlichen Bestand durch andere Mitarbeiter sowie durch Professoren protokolliert habe. Aus diesem Protokoll habe sich der Verbleib des streitgegenständlichen Buches nicht ermitteln lassen. Bei anderen (auch ehemaligen) Mitarbeitern des Lehrstuhls sowie Herrn Professor T. habe sich das Buch ebenfalls nicht auffinden lassen. Ihr Büro, zu dem auch diverse andere Mitarbeiter zugangsberechtigt gewesen seien, habe sie immer ordnungsgemäß verschlossen. Im Umgang mit Universitätseigentum habe sie sich somit noch nicht einmal leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Im Rahmen der Abwicklung ihres Handapparats sei sie durch die Universitätsbibliothek aufgefordert worden, zwei weitere fehlende Bücher zurückzugeben. Diese Bücher seien wenige Tage später in der Bibliothek aufgefunden worden. Ihr sei erklärt worden, dass ein Fehler beim Einbuchungsvorgang unterlaufen sei. Sie fühle sich der Beklagten sehr verbunden, sehe jedoch nicht ein, für ein unverschuldet untergegangenes veraltetes Handbuch aus dem Jahr 2005 122 EUR zu zahlen. Sei es, dass die Bibliotheksordnung bei Mitarbeitern unanwendbar sei oder dass die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs anwendbar seien, sei die Schadensersatzforderung unbegründet.

Auf Bitte des Gerichts, die Liste der ausgeliehenen Bücher vorzulegen, teilte die Klägerin mit, dass sie ihre handschriftlich geführte Liste, die stets griffbereit über ihrem Computer gehangen habe, nicht mehr vorlegen könne, weil sie diese bereits im Frühjahr 2015 entsorgt habe, als sie ihr Büro geräumt habe. Sie könne jedoch versichern, dass sie diese Liste gewissenhaft geführt habe. Sie habe alles entsorgt, was ihr für den Lehrstuhl nicht mehr wesentlich erschienen sei. Aufgrund ihres anstehenden Umzugs habe sie auch nur das Nötigste für sich selbst mitgenommen. Es sei ihr ihr nicht notwendig erschienen, die Liste mitzunehmen, nachdem sie die gesamte dort verzeichnete Literatur zurückerhalten und an die Bibliothek zurückgegeben habe. Sie habe während ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin und während ihrer Promotion Unmengen an Büchern ausgeliehen und zurückgebracht. Abgesehen von dem streitgegenständlichen Buch, dessen Verbleib sie sich nicht erklären könne, habe sie stets jedes Werk zuverlässig zurückgegeben. Sie habe lediglich etwa 15 Bücher innerhalb von drei Jahren an andere Universitätsmitarbeiter weiter verliehen. Angesichts des Umfangs an Literatur, mit dem sie sich täglich beschäftigt habe, habe sie sich nicht täglich über den Verbleib jedes Buches in ihrem Büro vergewissern können. Allein der Handapparat habe einen Umfang von 100 Büchern gehabt, hinzu seien Kurzausleihen und Fernleihen über den Mitarbeiterausweis gekommen. Die Annahme, sie habe stets kontrollieren müssen, ob sich das Buch noch in ihrem Büro befinde, sei lebensfremd und für den Verlust nicht kausal. Das Verleihen mancher Bücher habe sich nicht auf den Schaden ausgewirkt. Sie seien allesamt verzeichnet und wieder zurückgegeben worden. Um einen Eindruck vom Umfang der stets ordnungsgemäß verwaltet der Literatur zu vermitteln, könne sie das Inhaltsverzeichnis ihrer Dissertation vorliegen, das 57 Seiten umfasse. Für ihre Dissertation habe sie das streitgegenständliche Buch nicht verwendet. Es finde sich nicht in dem Literaturverzeichnis. Im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit habe sie noch deutlich mehr Literatur verwaltet. Die regelmäßige Kontrolle habe sich darauf beschränkt, alle Bücher im Regal daraufhin zu überprüfen, ob zu erwarten gewesen sei, dass sie sich mit dem Buch in absehbarer Zeit zu beschäftigen habe. Das Thema des Buches habe sich (Strafverteidigung) auf einen Themenkomplex bezogen, der zu einem Kernbereich der dienstlichen Tätigkeiten gehört habe. Sie habe sich daher ständig potentiell mit dem Buch zu befassen gehabt. Angesichts der Vielzahl der Bücher zum Themenkomplex Strafverteidigung könne sie sich nicht mehr erinnern, wann sie das Buch zuletzt in der Hand gehabt habe. Um ihre Zuverlässigkeit zu untermauern, lege sie ihr Arbeitszeugnis und ihre Promotionsurkunde vor. Wenn sie nicht stets gewissenhaft arbeiten würde, hätte ihre Arbeit nicht die entsprechende Auszeichnung erfahren. Zeugnis und Promotionsurkunde beinhalteten eine Bewertung der Arbeitsauffassung der Klägerin durch den Rechtsträger, der ihr nun ohne Anhaltspunkte grobe Fahrlässigkeit vorwerfe. Sie sehe daher kein Verschulden ihrerseits.

Die Bibliothek habe bei der Annahme der Bücher häufig schlampig gearbeitet. Bücher seien dort bei der Rückgabe häufig nicht erfasst worden. Es sei gut möglich, dass auch das streitgegenständliche Buch irgendwann zurückgegeben, aber nicht verbucht worden sei. Ihre Verpflichtung gegenüber ihrem Dienstherrn habe darin bestanden, das Buch in ihrem Dienstzimmer aufzubewahren, das Büro abzuschließen, das Buch nicht mit nach Hause zu nehmen und es nicht auszuleihen bzw. in diesem Fall zumindest für eine Rückführung zu sorgen. Das streitgegenständliche Buch sei von ihr nicht verliehen worden. Dadurch, dass sie andere Bücher weiterverliehen habe, habe sie jedenfalls keine Dienstpflicht im Hinblick auf das streitgegenständliche Buch verletzt. Sie habe innerhalb von drei Jahren etwa 15 Bücher kurzfristig verliehen. Nach der gelebten Realität bei der Beklagten leihe dort jeder Mitarbeiter Bücher an andere Mitarbeiter aus. Die Zwischenausleihe bei der Beklagten funktioniere nicht. Daher sei es zwischen Universitätsmitarbeitern geradezu verpönt gewesen, den Weg über die Zwischenausleihe zu gehen.

Den Beamten treffe keine formelle Beweislast hinsichtlich seines Verschuldens. Auch in materieller Hinsicht dürften an den Beweis eines Nichtverschuldens keine übertriebenen, sondern nur maßvolle Ansprüche gestellt werden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sie alle anderen Bücher stets zurückgebracht habe. § 619a BGB verdränge die Regelung der Beweislastverteilung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Dabei handle es sich um eine zwingende Schutzvorschrift, die auch durch Tarifvertrag nicht abdingbar sei. Ein Fall, in dem die Vorschrift aufgrund des Alleinbesitzes des Arbeitnehmers nicht anwendbar sei, liege nicht vor. Die setze dessen alleinigen Zugang zur Sache und dessen selbstständige Verwaltung voraus. Dazu gehöre auch, dass der Arbeitnehmer wirtschaftliche Überlegungen anstellen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache zu treffen habe. Für den Fall des unselbständigen Besitzdieners bleibe es bei den Grundsätzen des § 619a BGB. Sie sei nicht Besitzerin der von ihr verwalteten Arbeitsmittel, sondern lediglich Besitzdienerin gewesen. Daher habe sie ihr fehlendes Verschulden nicht nachzuweisen. Die Regelung des § 3 Abs. 7 TV-L solle alleine diejenigen Arbeitnehmer privilegieren, denen kein Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Eine Veränderung der Beweislast sei ersichtlich nicht bezweckt. In Anbetracht eines Nettogehalts von ca. 1.300 EUR sei die Forderung unbillig.

Der Landesgesetzgeber habe keine Kompetenz zur Regelung der Rechte und Pflichten aus einem mit der Universität abgeschlossenen Arbeitsverhältnis. Der Bund habe abschließend von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Die Regelungen der Benutzungsordnung seien daher mangels Ermächtigungsgrundlage nichtig, soweit sie gegenüber Arbeitnehmern Geltung beanspruchten. Den Handapparat habe die Klägerin allein als Angestellte der Universität zur Verfügung gestellt bekommen. Sie sei keine Dritte im Sinne des Landeshochschulgesetzes. Die Festsetzung von Schadenersatzansprüchen gehe über die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers hinaus. Die Klägerin sei als Arbeitnehmerin angestellt und keinesfalls verbeamtet gewesen. Es liege also kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vor. Mit der Anwendung der allgemeinen Benutzungsordnung auf ihre Beschäftigte nehme die Beklagte eine Verlagerung ihres Betriebsrisikos auf alle wissenschaftlich tätigen Mitarbeiter vor. Der Untergang von Arbeitsmaterial gehöre nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zum Risiko des Geschäftsherrn. Der Umgang mit dem Buch sei insgesamt dienstlich veranlasst gewesen. Sie habe das Fehlen des Buchs bereits bei der Auflösung des Handapparats im Februar 2015 bzw. nicht mehr sicher ausschließbar Anfang März festgestellt und sich nach eigenen Versuchen, den Verbleib des Buches zu klären, direkt an die Bibliothek gewandt. Sie habe zahlreiche Bücher an einem Sonntag zurückgebracht. Einige dieser Bücher seien durch die Bibliothek fehlerhaft nicht verbucht worden. Mit Ausnahme des streitgegenständlichen Buchs seien alle noch bei ihr befindlichen Bücher wieder in der Bibliothek aufgefunden worden. Die mangelhafte, verzögernde Prozessführung durch die Beklagte sowie der einer öffentlichen Einrichtung unwürdige Tonfall ließen erhebliche Zweifel an der Betriebsorganisation der Beklagten aufkommen. Es sei gerade der Mangelverwaltung der Bibliothek geschuldet, dass der wissenschaftliche Bereich eigene Strukturen der Problembewältigung geschaffen habe. Ihr Verhalten sei üblich gewesen und begründe keinesfalls den Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Sie habe alle noch in ihrem Besitz befindlichen Bücher spätestens im März 2015 zurückgegeben. Falls ein Buch später eingebucht worden sei, sei dies so zu erklären, dass die Beklagte das Buch in der Bibliothek wieder aufgefunden und zurückgebucht habe.

Ihr gehe es nicht um das Geld, sondern alleine um die abwertende Behandlung der Verwaltung der Beklagten gegenüber ihren wissenschaftlichen Mitarbeitern, die auch in dem ständigen Nachschieben weiterer Behauptungen in diesem Prozess zu Tage trete. Ihre Geduld gegenüber der Beklagten sei langsam erschöpft. Letztlich geht es allein um die Beantwortung der Rechtsfrage, ob sich die Beklagte nicht an das für normal sterbliche Arbeitgeber geltende Arbeitsrecht halten müsse.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2015 und deren Widerspruchsbescheid vom 31.03.2016 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag von 142,70 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Nach dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis im Februar 2015 habe die Beklagte die Rückgabe der über den Handapparat ausgeliehenen Bücher angefordert. Das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis werde durch die Benutzungsordnung für die Bibliothek geregelt. Danach dürfe die Bibliothek nach angemessener Frist eine Ersatzbeschaffung auf Kosten des Entleihers vornehmen. Unstreitig sei, dass die Klägerin das streitgegenständliche Buch entliehen und nicht zurückgegeben habe. Nach ihrem eigenen Vorbringen sei sie hierzu nicht mehr in der Lage, da sie offensichtlich keine Ahnung habe, wo das Buch geblieben sei. Die Beweispflicht für die Rückgabe entliehener Bücher obliege dem Entleiher. Sie sei verpflichtet gewesen, das Bibliotheksgut sorgfältig zu behandeln. Nach § 9 Abs. 3 der Benutzungsordnung hafte sie für den Verlust und die Beschädigung aller auf ihren Benutzungsausweis entliehenen Materialien. Bei Verlust oder Beschädigung eines in einem Apparat stehenden Buches hafte die für den Apparat verantwortliche Person, § 23 Abs. 6 der Benutzungsordnung. Ihr sei es nicht gestattet gewesen, entliehenes Bibliotheksgut an Dritte weiterzugeben. Entliehene Bücher seien nach Beendigung des Leihverhältnisses an die Bibliothek zurückzugeben. Bei dienstlich entliehenen Büchern seien diese Verpflichtungen aus der Benutzungsordnung als dienstliche Pflichten zu werten. Die Benutzungsordnung der Bibliothek sei auch auf Mitarbeiter anzuwenden. Der Klägerin sei jedoch zuzugeben, dass Angestellte im öffentlichen Dienst eine Haftungsprivilegierung genössen. Der Verlust des streitgegenständlichen Buchs sei Folge eines vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstoßes der Klägerin gegen ihre Pflichten aus der Benutzungsordnung. Hinsichtlich der materiellen Beweislast für das Verschulden gelte der Rechtsgedanke des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Schuldner trage die materielle Beweislast, wenn sich nicht klären lasse, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe. Die Klägerin habe sich nicht konkret dazu geäußert, wie es zu dem Verlust des Buches habe kommen können. Ihr fehlendes Verschulden habe sie weder dargelegt noch bewiesen. Das schädigende Ereignis sei im Bereich der Klägerin anzusiedeln. Das Buch sei bei der Ausleihe in ihren Verantwortungsbereich übergegangen, den nur sie selbst, nicht aber die Bibliothek kontrollieren könne. Für entliehene Bücher bestehe eine besondere Sorgfaltspflicht. Ein sorgfältiger Umgang mit dem Buch hätte nach der Lebenserfahrung verhindert, dass entliehene Bücher durch Nichtabschließen des Dienstzimmers oder Weitergabe an Dritte verloren gingen. Aufgrund der bestehenden Weisung, das Dienstzimmer bei Verlassen abzuschließen, sei ein Buchverlust durch Diebstahl aus dem nicht verschlossenen Zimmer als grob fahrlässig zu werten. Es werde bestritten, dass das Büro der Klägerin immer ordnungsgemäß abgeschlossen gewesen sei. Bei dem Buch handle es sich nicht um einen kleinen und leichten Gegenstand wie beispielsweise einen Schlüssel oder einen USB-Stick, sondern um ein 814 Seiten starkes Werk, das nicht mal eben so Abhandenkommen könne, zumal das Buch nicht nach Hause mitgenommen, sondern nur am Arbeitsplatz aufgestellt werden dürfe.

Die Klägerin habe sogar vorsätzlich gegen die Benutzungsordnung verstoßen, da sie ausgeliehene Bücher eigenmächtig an Dritte weitergegeben habe. Ihre Behauptung, der Weg über die Zwischenausleihe sei unter Mitarbeitern verpönt, sei unwahr und widerspreche den persönlichen Erfahrungen der Unterzeichnerin. Die Zwischenausleihe von über den Handapparat verliehenen Büchern über die Bibliothek funktioniere einwandfrei. Abgesehen davon könne sich die Klägerin grundsätzlich nicht mit der Behauptung, dass auch andere gegen die Vorschriften verstoßen würden, entlasten. Zwischen dieser Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, da die Weitergabe entliehener Bücher das Risiko berge, dass diese verloren gingen. Das unberechtigte Verleihen ausgeliehener Bücher sei gerade deshalb untersagt, weil es zu deren Verlust führen könne. Es erscheine wenig plausibel und glaubwürdig, dass die Kläger sich sicher sei, gerade das streitgegenständliche Buch nicht weiter verliehen zu haben. Dies sei nur dann nachvollziehbar, wenn sie konkrete Angaben zum Verbleib des Buches seit der Ausleihe machen würde. Die Klägerin gebe an, die angeblich geführte Liste der rechtswidrig weiter verliehenen Bücher entsorgt zu haben, obwohl sie noch nicht alle auf den Handapparat ausgeliehenen Bücher zurückgegeben habe. Auch dieses Verhalten widerspreche der Behauptung, sie habe die in ihrem Besitz stehende Literatur stets ordnungsgemäß verwaltet. Dass die Liste der rechtswidrig weiter verliehenen Bücher stets griffbereit über ihrem PC gehangen habe, lege nahe, dass sie wesentlich häufiger und umfangreicher Bücher rechtswidrig weiter verliehen habe, als sie nun zugeben wolle.

Die Klägerin habe das Buch mehr als drei Jahre lang über ihren Handapparat ausgeliehen. Danach habe sie es aber offenbar völlig vergessen bzw. sich nicht mehr um seinen Verbleib gekümmert. Anders sei es nicht zu erklären, weshalb sie keine Angaben dazu mache, wann und wie es zu dem Verlust des Buchs gekommen sei. Hätte sie das Buch im ständigen Gebrauch gehabt, wäre ihr der Verlust aufgefallen. Sie habe sich offenbar zu keinem Zeitpunkt vergewissert, dass das Buch noch da sei. Sobald sie das Buch nicht mehr in ständigem Gebrauch gehabt habe, hätte sie es zurückgeben müssen. Auch diese Umstände seien ein Indiz für grob fahrlässiges Verhalten. Gerade bei einer so lang andauernden Leihe über mehrere Jahre, oblägen dem Entleiher besondere Sorgfaltspflichten. Hätte die Klägerin die von behaupteten Vorsichtsmaßnahmen getroffen, müsste das Buch noch vorhanden sein. Sie mache selbst geltend, in drei Jahren Unmengen an Büchern ausgeliehen zu haben. Dabei habe sie offensichtlich den Überblick verloren. Das Ausschöpfen der Obergrenzen der rechtlich zulässigen Ausleihmöglichkeiten enthebe einen Benutzer nicht von seiner Verpflichtung, sorgfältig mit dem Bibliotheksgut umzugehen. Die Klägerin sei nach § 23 der Bibliotheksordnung nur berechtigt, ständig für ihre Tätigkeit benötigte Bücher über den Handapparat auszuleihen. Hätte sie das streitgegenständliche Buch ständig benötigt, müsste sie Angaben dazu machen können, wann und wie das Buch abhandengekommen sei. Wenn sie den Handapparat mehrmals im Jahr durchgegangen wäre, könnte sie zum Zeitpunkt des Verlustes Angaben machen. Nicht mehr ständig benötigte Bücher müssten umgehend zurückgegeben werden. Eine Ausleihe des streitgegenständlichen Buchs über einen Zeitraum von drei Jahren zu dienstlichen Zwecken sei offensichtlich nicht notwendig gewesen. Die Behauptung der Klägerin, sie habe sich mit dem Buch ständig potentiell dienstlich zu befassen gehabt, sei eine reine Schutzbehauptung. Sie sei nicht berechtigt gewesen, ein Buch, mit dem sie sich nur potentiell zu befassen habe, auf ihren Handapparat auszuleihen. Ein solches Buch solle in der Bibliothek verbleiben und anderen Nutzern nicht entzogen werden, bis es tatsächlich konkret dienstlich benötigt werde. Dann sei es auf den Mitarbeiterausweis und nicht auf den Handapparat auszuleihen. Naheliegender sei, dass die Klägerin das Buch zur Anfertigung ihrer Dissertation ausgeliehen und es nicht für dienstliche Zwecke benötigt habe. Allein dass das Buch nicht im Literaturverzeichnis der Dissertation zitiert sei, könne die dienstliche Notwendigkeit nicht belegen. Die Klägerin könne es dennoch ursprünglich für die Dissertation ausgeliehen haben, bevor es verlustig gegangen sei. Wenn man den Vortrag der Klägerin ausreichen lassen wolle, hätte künftig kein Mitarbeiter der Beklagten bei Nichtrückgabe eines Buchs aus dem Handapparat irgendwelche Konsequenzen zu befürchten. Der Handapparat könne dann nicht mehr zur Verfügung gestellt werden.

Am 15.06.2015 seien noch zwei Bücher auf den Handapparat der Klägerin eingetragen gewesen, nämlich das streitgegenständliche Buch und ein Werk von Bottke. Bezüglich beider Bücher sei die Klägerin von der Bibliothek angemahnt worden. Das Buch von Bottke sei dann noch im Juni 2015 zurückgegeben worden, das streitgegenständliche Buch jedoch bis heute nicht. Wenn die Klägerin ihr Büro bis Ende März 2015 geräumt und im April 2015 verzogen sei, stelle sich die Frage, wieso sie das Buch von Bottke erst im Juni 2015 zurückgegeben habe. Auch bei diesem Buch habe die Klägerin gegen die Benutzungsregelungen verstoßen. Die Behauptung, zurückgebrachte Bücher seien nicht richtig eingebucht worden, werde bestritten. Bei der Rückgabe von Büchern erhalte jeder Nutzer einen schriftlichen Beleg, durch den er die Rückgabe nachweisen könne. Das Rückgabesystem funktioniere einwandfrei.

Es sei ausgeschlossen, dass die Klägerin das Buch bereits zurückgegeben habe. Ihre Vermutung, es sei nicht ausgeschlossen, dass sie das Buch irgendwann zurückgegeben habe, es aber nicht erfasst worden sei, sei eine bloße Schutzbehauptung. Das Rückgabesystem funktioniere zuverlässig. Es sei unwahr, dass bei der Annahme zurückgegebener Bücher häufig schlampig gearbeitet werde. Andernfalls wären die Versuche, das Buch in der Bibliothek aufzufinden, erfolgreich gewesen. Zudem erhalte der Nutzer bei der Rückgabe eine Quittung, mit welcher die Rückgabe bewiesen werden könne. Obwohl Mitglieder des Lehrstuhls Zutritt zu ihrem Zimmer gehabt hätten, habe es sich dabei nur um einen eng begrenzten Personenkreis gehandelt. Das Buch sei in der alleinigen Obhut und im alleinigen Besitz der Klägerin gewesen. Es könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die Klägerin ihre Promotionsurkunde und ihre Dienstzeugnisse vorlege. Dies könne den konkreten Vortrag zu den Umständen des Verlusts des Buches nicht ersetzen.

Einen Beamten, der objektiv eine Dienstpflicht verletzt habe, treffe die materielle Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung ohne ein für die Haftung ausreichendes Verschulden begangen habe. Es gehe zu seinen Lasten, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass er die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen habe. Die bloße Möglichkeit eines vom Schuldner nicht zu vertretenden Schadenseintritts reiche nicht aus. Die Klägerin könne sich vorliegend gerade nicht darauf berufen, vor dem Verlust des streitgegenständlichen Buches stets die Sorgfaltspflichten im Umgang mit Bibliotheksgut eingehalten zu haben, da sie selbst einräume, durch die Weitergabe von ausgeliehenen Büchern an Dritte gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen zu haben. Die Ausführungen über die Anwendbarkeit des § 619a BGB gingen ins Leere. Die Klägerin habe keine Tatsachen vorgetragen, die ihr Verschulden ausschließen könnten.

Auch die Höhe des Wertersatzes sei gerechtfertigt. Es handle sich um ein Einzelexemplar und sei keineswegs veraltet. Die Neuauflage sei erst im Jahr 2015 erschienen. Auch ältere Auflagen wissenschaftlicher Fachliteratur seien von Bedeutung und keinesfalls wertlos. Schließlich sei die Forderung eines Betrags von 120 EUR angesichts eines Nettogehalts von 1.300 EUR nicht unbillig.

Rechtsgrundlage der Geltendmachung der Kosten der Ersatzbeschaffung sei das Landeshochschulgesetz. Zudem könnten in einem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis Schadensersatzansprüche im Wege des Verwaltungsakts geltend gemacht werden. Diese Befugnis ergebe sich auch ohne ausdrückliche Hervorhebung aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung. Nach § 2 der Benutzungsordnung der Bibliothek werde das Nutzungsverhältnis ausdrücklich als öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis bezeichnet. Auch durch die Bibliotheksgebührenordnung werde das Nutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich gestaltet. In § 9 der Bibliotheksgebührenordnung sei die Möglichkeit der Erhebung von Wertersatz und Bearbeitungsgebühren durch die Bibliothek geregelt. Dadurch werde der Bibliothek die Möglichkeit gegeben, eine einseitige verbindliche Regelung zu treffen. Für Schadensersatzansprüche im Rahmen öffentlicher Dienstverhältnisse bestehe eine Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt. Die Benutzungsordnung der Bibliothek sei auch für Mitarbeiter anwendbar. Der Haftungsmaßstab richte sich bei ihnen jedoch nach den Haftungsprivilegien der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Es werde bestritten, dass die Ausleihe des streitgegenständlichen Buches auf den Handapparat dienstlich veranlasst gewesen sei. Die Klägerin sei als Teilzeitbeschäftigte tätig gewesen. In der übrigen Zeit habe sie privat an ihrer Dissertation gearbeitet. Dafür habe sie ebenfalls ihren von der Beklagten zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz genutzt.

Zur mündlichen Verhandlung am 16.03.2018 sind die Beteiligten nicht erscheinen. Das Gericht hat ihnen mit Beschluss vom 08.03.2018 einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbereitet, dem sie nicht zugestimmt haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Vorsitzenden als Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).

I.

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.v. § 40 Abs. 1 VwGO.

Die Beklagte hat in der Form eines Verwaltungsakts im Sinne von § 35 LVwVfG gehandelt. Zwar wird der angefochtene Verwaltungsakt vom 27.10.2015 als „Rechnung“ bezeichnet. Inhaltlich beruft sich die Beklagte jedoch auf die Benutzungsgebührenordnung Ihrer Bibliothek und damit auf eine öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage. Ferner hat sie die „Rechnung“ mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne. Daraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass sie in der Form des Verwaltungsakts handeln wollte. Dies hat sie nochmals in ihrem Widerspruchsbescheid vom 31.03.2016 klargestellt. Die Frage, ob die Beklagte in der Sache zu Recht in der Handlungsform des Verwaltungsakts gehandelt hat, ihr also eine so genannte VA-Befugnis zusteht, hat keinen Einfluss auf den Rechtsweg, sondern auf die Begründetheit der Klage.

Da der Leistung der Klägerin ein Verwaltungsakt zugrunde liegt, ist auch das geltend gemachte Erstattungsbegehren öffentlich-rechtlicher Natur. In der Sache macht sie insoweit einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch geltend.

II.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig und verletzt diese daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Daher geht auch das von ihr geltend gemachte Erstattungsbegehren ins Leere. Es fehlt an einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung, denn der angefochtene Bescheid stellt einen Rechtsgrund für die von ihr geleistete Zahlung dar.

1. Der angefochtene Bescheid, mit dem die Beklagte Wertersatz für ein verloren gegangenes Buch, Bearbeitungsgebühren und Portokosten geltend macht, ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

a) Die Beklagte ist befugt, in der Form des Verwaltungsakts zu handeln (sogenannte VA-Befugnis).

Nach § 2 der Benutzungsordnung für die Bibliothek der Beklagten vom 06.02.07 (Benutzungsordnung) wird zwischen der Bibliothek und den Benutzerinnen und Benutzern ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis begründet. Nach § 7 Benutzungsordnung werden Gebühren und Auslagen nach der Bibliotheksgebührenordnung der Beklagten erhoben. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 der Bibliotheksgebührenordnung der Beklagten in der Fassung vom 12.12.2006 und der Änderung vom 27.07.2007 (Bibliotheksgebührenordnung) hat die Benutzerinnen bzw. der Benutzer die Kosten für die Ersatzbeschaffung als besondere Auslagen zu erstatten, wenn Bibliotheksgut neu beschafft werden muss, weil die Benutzerinnen bzw. der Benutzer es nach der dritten Mahnung nicht zurückgegeben oder es verloren hat. Nach § 9 Abs. 1 S. 2 Bibliotheksgebührenordnung wird eine Bearbeitungsgebühr von 20 EUR je Einheit erhoben.

Diese Vorschriften finden ihrerseits ihre Ermächtigungsgrundlage im Landeshochschulgebührengesetz. Nach § 2 Abs. 1 LHGebG setzen die Hochschulen, die eine öffentliche Leistung erbringen, für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen Gebühren und Auslagen nach diesem Gesetz fest. In den folgenden Absätzen werden Einzelheiten zur Gebührenerhebung geregelt. Nach § 19 LHGebG sollen die Hochschulen Gebühren und Auslagen für sonstige öffentliche Leistungen erheben, die im Zusammenhang mit dem Hochschulbetrieb erbracht werden und nicht durch spezielle Gebührentatbestände erfasst werden.

Die Ermächtigung zur Errichtung einer Bibliothek folgt aus § 28 Abs. 1 S. 1 LHG. Danach sollen die Hochschulen unter anderen zur Versorgung der Hochschule mit Literatur und anderen Medien ein einheitliches Informationszentrum nach den Grundsätzen der funktionalen Einschichtigkeit bilden. Nach § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LHG ist dabei unter anderem die bestmögliche Verfügbarkeit von Literatur für alle Mitglieder und Angehörigen der Hochschule herzustellen. In § 28 Abs. 2 S. 1 LHG wird das Informationszentrum als zentrale Betriebseinheit definiert, dessen Leitung unmittelbar dem Rektorat untersteht und dem alle Aufgaben der Literaturversorgung in einer Hochschule insgesamt übertragen sind, soweit nicht das Rektorat etwas Anderes bestimmt hat. Werden die Aufgaben des Informationszentrums von anderen Einrichtungen, insbesondere von der Hochschulbibliothek wahrgenommen, finden die Bestimmungen für das Informationszentrum entsprechende Anwendung (§ 28 Abs. 2 S. 2 LHG).

Aus diesen Vorschriften folgt die Befugnis einer Hochschule, eine Bibliothek einzurichten, die die Literaturversorgung für alle Mitglieder und Angehörigen der Hochschule sicherstellt. Ferner ist geregelt, ob und unter welchen Voraussetzungen für diese Leistungen Gebühren erhoben werden dürfen. Aus einem Zusammenspiel dieser Vorschriften folgt schließlich auch, dass das Benutzungsverhältnis der Universitätsbibliothek mit allen Mitgliedern und Angehörigen der Hochschule öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Auf dieser Grundlage ist die Beklagte befugt, Forderungen aus dem Benutzungsverhältnis in der Form des Verwaltungsakts geltend zu machen.

Soweit die Klägerin geltend macht, es fehle an einer Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, da der Bund bezüglich der Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis abschließend von seiner Gesetzgebungskompetenz gebraucht gemacht habe, ist dem nicht zu folgen. Der Landesgesetzgeber hat primär den Status und die Aufgaben eines Informationszentrums bzw. einer Universitätsbibliothek geregelt. Dabei handelt es sich nicht um eine unmittelbare gesetzliche Bestimmung arbeitsrechtlicher Rechte und Pflichten. Soweit Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse betroffen sind, geschieht dies nur mittelbar als Reflex. Der Schwerpunkt der Regelungen ist durch hochschulrechtliche Fragestellungen geprägt und unterliegt somit der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers.

Soweit die Vorschriften bezüglich der Bibliotheksordnung wie hier Einfluss auf die Beschäftigungsverhältnisse wissenschaftlicher Mitarbeiter haben, sind allerdings in der Sache die sich daraus ergebenden Modifikationen angemessen zu berücksichtigen. Das öffentlich-rechtlich Benutzungsverhältnis zu einer Universitätsbibliothek wird in solchen Fällen durch arbeitsrechtliche Grundsätze überlagert (s. sogleich unter c). Darüber besteht im Ergebnis zu Recht Einigkeit zwischen den Beteiligten.

b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Wertersatzes und weiterer Auslagen liegen vor. Das Buch „Dahs, Handbuch des Strafverteidigers“ (7. Aufl. 2005) ist unstreitig nicht mehr auffindbar. Das Gericht ist darüber hinaus davon überzeugt, dass es endgültig verloren gegangen und nicht etwa lediglich nicht ordnungsgemäß verbucht worden ist.

Die Klägerin trägt vor, es könne sein, dass sie das streitgegenständliche Buch zurückgebracht habe, es in der Bibliothek jedoch nicht ordnungsgemäß zurückgebucht worden sei. Dies kann nach der Überzeugung des Gerichts jedoch ausgeschlossen werden. Selbst wenn man der Klägerin folgt und es insoweit häufiger zu Problemen bei der Rückgabe von Büchern gekommen sein sollte, kann jedenfalls im vorliegenden Einzelfall nach menschlichem Ermessen mit hoher Gewissheit ausgeschlossen werden, dass das Buch zurückgegeben worden ist.

Dabei ist davon auszugehen, dass es sich um ein sehr umfangreiches Werk von über 800 Seiten handelt, das nicht einfach im Bestand eine Bibliothek verschwinden kann, während es bei einem schmalen Werk durchaus als denkbar erscheint, dass es zwischen anderen Werken im Regal nach hinten rutscht und dadurch zumindest zeitweise nicht mehr auffindbar ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Buch nunmehr seit über drei Jahren verschwunden ist. Nach allgemeiner Lebenserfahrung erscheint es als ausgeschlossen, dass ein versehentlich nicht zurückgebuchtes Buch für einen derart langen Zeitraum innerhalb der Bibliothek unwiederbringlich verschwinden kann und nicht wieder auftaucht. Ferner handelt es sich um kein Standardwerk, das für Studierende von großem Interesse wäre. Die Gefahr, dass es ein Studierender bewusst innerhalb der Bibliothek versteckt haben könnte, um es für sich selbst zu sichern, ist angesichts dessen höchstens theoretischer Natur.

Diese Annahme wird dadurch bestärkt, dass das weitere Werk von Bottke, das nach dem Vortrag der Klägerin ebenfalls zurückgegeben und nicht verbucht worden sein soll, nach wenigen Wochen bzw. Monaten wieder aufgetaucht ist. Dies belegt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Buch innerhalb der Bibliothek für Jahre oder gar dauerhaft verschwindet, so gering ist, dass sie vernachlässigt werden kann.

Schließlich entspricht es nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten der ständigen Praxis ihrer Bibliothek, die Rückgabe von Büchern zu quittieren. Eine Quittung, in der die Rückgabe des streitgegenständlichen Werks bestätigt worden wäre, hat die Klägerin nicht vorlegen können. Gerade wenn es, wie sie vorträgt, bei der Bibliothek immer wieder entsprechende Probleme gegeben haben sollte, wäre es aber naheliegend gewesen, solche Quittungsbelege genau durchzusehen und unverzüglich zu reklamieren, wenn ein zurückgebrachtes Buch darin nicht aufgeführt wird.

c) Für die Frage, ob die Klägerin für den Verlust des Buches einzustehen hat, ist auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zurückzugreifen (s. bereits oben unter a). Dabei unterliegt es für das Gericht keinem vernünftigen Zweifel, dass der Verlust des Buchs betrieblich veranlasst ist (hierzu: ErfK/Preis, § 619a BGB, 18. Aufl., Rn. 12; Henssler in MüKo BGB, § 619a Rn. 22) und die Klägerin das Buch nicht lediglich für Ihre Dissertation verwenden wollte. Damit ist der Anwendungsbereich der Rechtsfigur des innerbetrieblichen Schadensausgleichs eröffnet, die das Benutzungsverhältnis der wissenschaftlichen Mitarbeiter mit der Bibliothek überlagert und modifiziert. Dies führt dazu, dass die Vorschrift des § 9 Abs. 3 der Benutzungsordnung, die eine Haftung für den Verlust eines Buchs ohne Verschulden statuiert, im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses keine Anwendung finden kann. Nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gilt vielmehr Folgendes:

Nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts haftet, wer einen Schaden in schuldhafter Weise verursacht (hierzu und zum Folgenden s. auch: Röhrborn/Lang, BB 2015, 2357). Einem Arbeitnehmer würden bei Anwendung dieser allgemeinen Regeln indes immense Haftungsrisiken drohen, die außer Verhältnis zu seinem Verdienst stehen und ihn in seiner Existenz bedrohen könnten. Angesichts dieser Gefährdungslage hat die Rechtsprechung Grundsätze zur Arbeitnehmerhaftung entwickelt. Der Große Senat des BAG hat in seiner Entscheidung vom 27.09.1994 – GS 1/89 (A) – (NJW 1995, 210) festgestellt, dass ein Arbeitnehmer – auch wenn er an sich schadensersatzpflichtig wäre – gem. § 254 BGB analog nicht uneingeschränkt haftet. Dies setzt jedoch voraus, dass der Schaden anlässlich einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden ist. Eine Tätigkeit ist betrieblich veranlasst, wenn sie dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich übertragen worden ist oder im Interesse des Betriebs ausgeführt wird, das Handeln dazu bestimmt war, dem Betriebsinteresse zu dienen und unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch war (vgl. BAG, 28.10.2010 – 8 AZR 418/09 – NZA 2011, 345). Sofern eine betriebliche Veranlassung bestand, wird im Rahmen der Haftungsprivilegierung nach dem Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers unterschieden. Während der Arbeitnehmer bei leichtester Fahrlässigkeit überhaupt nicht haftet, sind für die quotale Verteilung bei mittlerer Fahrlässigkeit die Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Billigkeits- und Zumutbarkeitskriterien maßgeblich. Hierzu zählen unter anderem der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers innerhalb des Spektrums der mittleren Fahrlässigkeit, das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers und seine persönlichen Verhältnisse sowie die Möglichkeit des Arbeitgebers, den Schaden durch eine Versicherung abzudecken. Eine uneingeschränkte Haftung kommt in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. In Fällen, in denen das Einkommen des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum eingetretenen Schaden steht, gilt dies jedoch nur eingeschränkt (vgl. BAG, 12.10.1989 – 8 AZR 276/88 – BB 1990, 65; BAG, 15.11.2001 – 8 AZR 95/01 – NZA 2002, 612). Diesbezüglich existiert keine summenmäßige Haftungsbeschränkung; das BAG hat jedoch noch keinem Arbeitnehmer eine Schadensquote in einer Höhe von mehr als einem Jahresgehalt auferlegt (vgl. BAG, 28.10.2010 – 8 AZR 418/09 – NZA 2011, 345).

Beim Verlust von Gegenständen, die einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber überlassen werden, bietet es sich an, auf die Grundsätze der sogenannten Mankohaftung – die Haftung des Arbeitnehmers für Fehlmengen in den ihm anvertrauten Waren- oder Geldbeständen (hierzu und zum Folgenden: Henssler in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 619a Rn. 40) – zurückzugreifen. Sind dem Arbeitnehmer derartige Gegenstände anvertraut, ist deren Beaufsichtigung Bestandteil der geschuldeten Arbeitsleistung; die Verursachung eines Fehlbestandes stellt sich als Schlechtleistung dar. Zudem trifft den Arbeitnehmer generell die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, die Vermögensinteressen seines Arbeitgebers zu wahren. Seine Ersatzpflicht folgt aus § 280 Abs. 1 BGB. Auf die allgemeine Mankohaftung sind jedoch die Grundsätze der Haftungsprivilegierung des § 619a BGB anwendbar. Während die Rechtsprechung früher mangels Schadensgeneigtheit eine Entlastung ablehnte, besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass auch die Mankohaftung angesichts des betrieblichen Bezugs der Obhutleistung nach den zwingenden Grundsätzen der Haftungsbeschränkung zu beurteilen ist (ErfK/Preis, § 619a BGB, 18. Aufl., Rn. 32).

Es ist umstritten, ob und in welchen Fällen diese Grundsätze bei einer weitgehend selbständigen Verwahrung von Gegenständen durch den Arbeitnehmer zu modifizieren sind. Teilweise wird danach differenziert, ob der Arbeitnehmer im Hinblick auf die anvertrauten Sachen lediglich Besitzdiener des Arbeitgebers war oder ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den alleinigen Besitz eingeräumt hat; nur in der letztgenannten Variante rechtfertige es der Entscheidungsspielraum des Arbeitnehmers, ihm die Verantwortung für die Herausgabe der verwalteten Sache aufzuerlegen (vgl. Henssler in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 619a Rn. 41).

Diese grundsätzliche Streitfrage kann jedoch ebenso offenbleiben wie die weitere Frage, ob die Klägerin Besitzerin oder Besitzdienerin hinsichtlich des abhanden gekommenen Buches war. Denn im Bereich der Beweislastverteilung drängen sich unstreitig in jedem Fall Besonderheiten auf. Nur der Arbeitnehmer, dem eine Sache anvertraut ist, hat nämlich die Möglichkeit, die Ursachen der Leistungsstörung zu erhellen. Nur er kann aufklären, weshalb der ihm zum eigenverantwortlichen Gebrauch anvertraute Gegenstand nicht zurückgegeben werden kann. In derartigen Fällen können zwar bei betrieblicher Veranlassung durchaus die Grundsätze der Haftungsbeschränkung zum Zuge kommen. Aufgrund der überlegenen Einflussmöglichkeiten des Arbeitnehmers muss aber ausnahmsweise der Gleichlauf zwischen materieller Haftungsprivilegierung und Beweislastverteilung durchbrochen und aus einer – für das Beweisrecht typischen – Sphärenerwägung heraus die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen dem Arbeitnehmer aufgebürdet werden (vgl. Henssler in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 619a Rn. 51). In den Fällen der Mankohaftung ist daher eine gestufte Darlegungs- und Beweislast angemessen, sofern das Schadensereignis näher bei dem Arbeitnehmer als beim Arbeitgeber lag. Der Arbeitgeber hat seinen Vortrag nur im Rahmen einer gestuften Darlegungslast zu substantiieren; von ihm vorgetragene Indizien, die auf ein haftungsbegründendes Verhalten des Arbeitnehmers hinwiesen, sind sorgfältig zu würdigen. Bereits die Tatsache, dass dem Arbeitnehmer ein bestimmter Bereich zu alleiniger Kontrolle zugewiesen war, ist als ein solches Indiz zu werten. Unterlässt es der Arbeitnehmer, sich zu den konkreten Umständen des Schadensfalles zu äußern, können entsprechende Schlüsse aus diesem Verhalten gezogen werden. Nur mit Hilfe eines Systems abgestufter Darlegungslast wird dem Arbeitgeber in vielen Fällen ein substantiierter Vortrag überhaupt möglich sein. Über die Fälle der Mankohaftung hinaus sind die Grundsätze der Darlegungserleichterung wohl sogar auf alle Fälle zu übertragen, in denen der Arbeitnehmer dem Schadensereignis nähersteht als der Arbeitgeber. Wird im Einzelfall die konkrete Darlegungslast ermittelt, so sind die Möglichkeiten eigenverantwortlichen Handelns des Arbeitnehmers gegen die Organisations- und Einflussmöglichkeiten des Arbeitgebers abzuwägen (vgl. Henssler in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 619a Rn. 52 f.).

Zu beachten ist allerdings, dass sich diese Grundsätze in dem vom Aufklärungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägten Verwaltungsprozess grundsätzlich nur auf die materielle und nicht auf die formelle Darlegungslast beziehen können. Daher hat jeder Beteiligte zunächst die Obliegenheit, in Bezug auf seinen Bereich umfassend vorzutragen. Erst wenn nach Ausschöpfung des Vortrags der Beteiligten eine Überzeugungsbildung des Gerichts nicht möglich ist, ist auf die oben wiedergegebenen Grundsätze zurückzugreifen.

d) Hiernach hat im vorliegenden Fall die Klägerin den Verlust des Buchs zu vertreten.

Auszugehen ist davon, dass die Beklagte Indizien vortragen konnte, die darauf hindeuten, dass eine grob fahrlässige Pflichtverletzung der Klägerin ursächlich für den Verlust des Buches gewesen sein kann. Dafür spricht schon, das Buch für einen Zeitraum von mehreren Jahren in ihrer Obhut hatte. Auch wenn sie wahrscheinlich nicht Besitzerin, sondern nur Besitzdienerin gewesen ist, hatte sie faktisch die Kontrolle über und die Verantwortung für das Buch. Demgegenüber hatte die Beklagte in diesem Zeitraum keinerlei Eingriffsmöglichkeiten. Angesichts der hohen Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 GG war es ihr schon rechtlich nicht möglich, ständig zu kontrollieren, ob das Buch im Handapparat der Klägerin noch vorhanden war und dort benötigt wurde. Dies eigenverantwortlich zu prüfen war allein Sache der Klägerin.

Die Klägerin konnte indes noch nicht einmal einen zeitlichen Rahmen angeben, in dem das Buch abhandengekommen sein könnte. Auch eine plausible Erklärung für den Verlust des Buches hat sie nicht geliefert. Nach ihrem Vortrag hat sie das Buch nicht mitgenommen und nicht weiter verliehen sowie ihr Dienstzimmer ordnungsgemäß abgeschlossen. Geht man von diesem Vortrag aus, stellt sich die Frage, wie das Buch dennoch verloren worden sein kann.

Demgegenüber weist die Beklagte darauf hin, dass die Klägerin in mehrerlei Hinsicht ihrer objektiven Pflichten aus dem Bibliotheksverhältnis verletzt habe. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass sie andere Bücher weiter verliehen hat. Allerdings hat sie insoweit angegeben, eine Liste geführt zu haben, auf der sie genauestens über diese Weiterverleihungen Buch geführt habe. Diese Liste konnte sie indes nicht vorlegen, da sie sie nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses entsorgt habe. Ungeachtet dessen ist die weitere Verleihung ausgeliehener Bücher nach der Benutzungsordnung der Bibliothek nicht gestattet. Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang auf Missstände bei der dafür eigentlich vorgesehenen Zwischenausleihe verweist, geben ihr auch (unterstellte) Fehler der Beklagten in diesem Bereich nicht das Recht, eigenmächtig Bücher an andere Benutzer der Bibliothek weiter zu verleihen. Ferner weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Vortrag der Klägerin, den Verlust des Buchs nicht bemerkt zu haben und nicht einmal zeitlich einordnen zu können, dagegen spricht, dass sie dieses Buch ständig benötigt hat. Nach § 23 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 Benutzungsordnung ist der Handapparat aber nur dazu gedacht, ständig benötigte Bücher am Arbeitsplatz innerhalb der Universität aufzustellen. Der Vortrag der Klägerin, sie habe das Buch potentiell ständig benötigt, weil sie sich häufig mit strafprozessualen Themen beschäftigt habe, überzeugt demgegenüber nicht. Eine abstrakte Vorratshaltung für den Fall, dass ein Buch irgendwann einmal benötigt werden könnte, wird nach der Benutzungsordnung mit dem Handapparat gerade nicht bezweckt. In einem solchen Fall ist es einem wissenschaftlichen Mitarbeiter ohne weiteres zumutbar, ein überhaupt nicht oder nur sehr selten benötigtes Buch in den allgemeinen Bibliotheksbestand zurückzugeben und damit anderen Nutzern zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Buch aus dem von der Klägerin kontrollierten Verantwortungsbereich abhandengekommen ist, die Klägerin diesen Verlust in zeitlicher Hinsicht noch nicht einmal grob einordnen konnte und sie auch keine plausible Erklärung für den Verlust des Buchs gegeben hat. Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, dass sich das Buch im Einflussbereich der Klägerin befunden habe und sich die Klägerin in Bezug auf ihren Handapparat nicht 100-prozentig an alle damit verbundenen Obliegenheiten gehalten habe. Bei dieser Sachlage ist es im Ergebnis zulasten der Klägerin zu werden, dass die genauen Umstände des Abhandenkommens des Buchs nicht aufklärbar sind. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall im Übrigen auch von vergleichbaren Fällen. So wird es beispielsweise dem angestellten Taxifahrer, dem das von dem Arbeitgeber überlassene Fahrzeug gestohlen wird, oder dem Außendienstmitarbeiter, dem ein EDV-Gerät abhandenkommt, regelmäßig möglich sein, substantiiert zu der Frage vorzutragen, wann und wie es zu dem Verlust gekommen ist; in einem solchen Fall ist es dann dem Arbeitgeber zuzumuten, näher darzulegen, weshalb er eine Haftung des Arbeitnehmers für angemessen hält. Dies ist der Beklagten im vorliegenden Fall jedoch nicht möglich, weil es an einem substantiierten Vortrag der Klägerin zu dem Verlust des Buchs fehlt. Bei dieser Sachlage muss es für die Annahme grober Fahrlässigkeit genügen, wenn die Beklagte darauf verweist, dass sich das Buch in der Sphäre und unter Kontrolle der Klägerin befunden hat und diese in objektiver Hinsicht ihre Obliegenheiten aus dem Benutzungsverhältnis verletzt hat.

e) Soweit die Klägerin ihr Dienstzeugnis und ihre Promotionsurkunde vorgelegt hat, um ihre Zuverlässigkeit zu untermauern, verhilft dies ihrer Klage nicht zum Erfolg. Das Gericht versteht diesen Vortrag so, dass die Klägerin wohl meint, ihr komme insoweit ein Anscheinsbeweis besonderer Zuverlässigkeit zugute. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Verlust eines bei einer Bücherei ausgeliehenen Buches kann vielmehr grundsätzlich jedermann unterlaufen, ohne dass damit ein persönliches (Un-) Werturteil verbunden wäre.

f) Entgegen der Auffassung der Klägerin wird ihr kein unverhältnismäßiges Haftungsrisiko aufgebürdet, wenn sie bei einem damaligen Nettogehalt von ca. 1.300 EUR Wertersatz und Auslagen in Höhe von weniger als 150 EUR leisten muss. Dabei ist auch zu beachten, dass ein Buch nicht in besonderer Weise das Risiko eines Verlusts in sich trägt. Anders als etwa ein Kraftfahrzeug oder ein teures EDV-Gerät ist es weder besonders wertvoll noch unterliegt es einem unangemessen hohen Risiko, abhandenzukommen oder beschädigt zu werden.

2. Nach alledem geht auch das von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsbegehren ins Leere. Sie kann sich im Ergebnis nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch berufen. Zwar ist durch die von ihr geleistete Zahlung des von der Beklagten geltend gemachten Betrags eine Vermögensverschiebung eingetreten. Diese erfolgte jedoch nicht rechtsgrundlos, da der angefochtene Bescheid den Rechtsgrund für die Zahlung darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gericht:

Entscheidungsdatum:

Aktenzeichen:

Entscheidungsart:

eigenes Abstract:

 

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