Gericht: Landgericht Aachen
Entscheidungsdatum: 31.05.1951
Aktenzeichen: 7 S 97/51
Entscheidungsart: Urteil
eigenes Abstract: Strittig ist der Haftungsumfang des Klägers, der als Entleiher den Verlust eines Bibliotheksbuches weder vorsätzlich noch fahrlässig verschuldet hat. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sah das Gericht im vorliegenden Fall einen erweiterten Haftungsmaßstab, da das Leihverhältnis allein für den Entleiher einen Vorteil darstellte, so dass dieser auch bei zufälliger Vernichtung des entliehenen Mediums für den Verlust herangezogen werden kann.
Entscheidungsgründe
Grundsätzlich haftet der Schuldner einer Leistung nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit (§§ 276, 280 BGB). Eine abweichende Bestimmung für die Haftung des Entleihers enthält das Gesetz nicht. Dementsprechend lehnt auch die h. M. eine Haftung des Entleihers für Zufall ab, so dass also der Verleiher die Gefahr der unverschuldeten Vernichtung, Beschädigung oder Entwendung der Sache zu tragen hat (vgl. RGRK,, 9. Aufl., Anm. 1 an § 699, und Palandt, Anm. zu § 699 BGB). Zuzugeben ist dem Kl. allerdings, dass im täglichen Leben an die Haftung des Entleihers teilweise höhere Anforderungen gestellt werden, dass zum Beispiel der Entleiher eines Buches sich regelmäßig für sittlich verpflichtet hält, den Verleiher bei unverschuldetem Verlust des Buches schadlos zu halten. Dementsprechend wird sowohl in der Rspr. wie in der Rechtslehre von einer Minderheit die Auffassung vertreten, dass der Entleiher unter Umständen gemäß §§ 167, 242 BGB auch dann auf Schadensersatz zu haften hat, wenn die entliehene Sache ohne sein Verschulden untergegangen oder verschlechtert ist (vgl. RGRK, 9. Aufl., Anm. 3 zu § 604 BGB; LG Saarbrücken in DJ 37, 614). Eine derartige Haftungserweiterung wird in Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben daraus hergeleitet, dass es billig erscheint, wenn derjenige, der aus einem Leihverhältnis allein Vorteil gezogen hat, auch den Schaden trägt. Voraussetzung für eine solche Haftungserweiterung ist jedoch, dass das Leihverhältnis auch tatsächlich allein für den Entleiher einen Vorteil darstellt und dass es auch im übrigen nach den Umständen des Einzelfalles der Billigkeit und der Verkehrssitte entspricht, wenn er für den durch Zufall oder höhere Gewalt verursachten Schaden einzustehen hat.