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Gericht: Arbeitsgericht Stuttgart

Entscheidungsdatum: 26.10.2016

Aktenzeichen: 30 Ca 5994/15

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract:

Eine Bibliotheksangestellte (ohhne einschlägige Ausbildung in dem Bibliotheksbereich) arbeitet seit Jahren für eine Stadtbibliothek. Mehrmals wurde ihr Arbeitsvertrag zeitlich geändert, da sie Stunden von Kollegen in Sonderurlaub, in Elternzeit oder bei längerer Krankheit vertrat.  Die Bibliotheksangestellte ist der Meinung, dass der letzter Änderungsvertrag mit der Begründung der Vertretung von Kollegen ungültig war. Vor Gericht soll nun geklärt werden, wie viele Stunden die Bibliotheksangestellte bei der Stadtbibliothek arbeiten sollte. Das Gericht entscheidet, dass ein Arbeitsverhältnis mit 62,5% der regelmäßigen Arbeitszeit besteht.

 

Leitsätze

1. Die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung unterliegt der Angemessenheitskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB. Im Falle einer Erhöhung des Arbeitszeitvolumens um mehr als 25 % einer entsprechenden Vollzeitbeschäftigung sind zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung Umstände erforderlich, die die Befristung des Arbeitsverhältnisses insgesamt gem. § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden (im Anschluss an BAG 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 -).

2. Beruft sich der Arbeitgeber für die Wirksamkeit der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang (hier: mehr als 50 % einer Vollzeitbeschäftigung) auf einen Vertretungsfall gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG bedarf es ebenso wie zur Befristung eines Arbeitsverhältnisses eines vom Arbeitgeber darzulegenden und ggf. zu beweisenden Kausalzusammenhangs zwischen dem Vertretungsfall und der Befristung der Arbeitszeiterhöhung.

3. Die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang kann nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein (im Anschluss an LAG Baden-Württemberg 17.06.2013 – 1 Sa 2/13 -).

4. Wird die Unwirksamkeit der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang in erster Instanz festgestellt, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung mit dem erhöhten Arbeitszeitvolumen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits.
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit besteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bei 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit als Angestellte in der Bücherei weiter zu beschäftigen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Der Streitwert wird auf 7.200,00 EUR festgesetzt.

5. Die Berufung wird für die Beklagte gesondert zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit (ab 01.09.2015), hilfsweise die Wirksamkeit einer befristeten Arbeitszeiterhöhung (bis 31.08.2015), höchsthilfsweise über die Verpflichtung der Beklagten zur Abgabe eines Angebots zum Abschluss eines Arbeitsvertrags und die Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits mit einem Beschäftigungsumfang von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit.

Die beklagte Stadt (im Folgenden: die Beklagte) unterhält im Gebiet der Gemeinde S. mehrere (Stadtteil-)Bibliotheken. Ein Personalrat ist eingerichtet.

Die im Dezember 1961 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 01.09.1997 als Büchereiangestellte beim Kulturamt der Beklagten beschäftigt. Sie ist in der Bibliothek in B. eingesetzt. Die Klägerin verfügt über keine für das Bibliothekswesen einschlägige Ausbildung. Die Klägerin wurde nach Maßgabe des Merkblatts vom 21.06.1999 (Bl. 36 d. A.) zunächst „zur geringfügigen oder kurzfristigen Beschäftigung beim Kulturamt“ eingestellt. Das geringfügige Beschäftigungsverhältnis wurde zum 01.07.2004 auf den Bundesangestelltentarifvertrag „umgestellt“. Grundlage der „Umstellung“ ist der Arbeitsvertrag vom 02.11.2004/09.01.2005 (Bl. 35 d. A.). Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

„(…)

Einstellung

ab 01.07.2004

BAT-Verg.-Gr./Fallgruppe

für Tätigkeiten der VII, TV vom 15.01.1960

Beschäftigung

im unbefristeten Arbeitsverhältnis

Amt/Eigenbetrieb

Kulturamt

Beschäftigungsumfang in %

nicht vollbeschäftigt zu 9,09 % der regelmäßigen wöchentlichen

Arbeitszeit bei Vollbeschäftigung

Bei Bedarf können vorübergehend auch Tätigkeiten

einer anderen Vergütungsgruppe übertragen werden.

Eine nicht nur vorübergehende Übertragung von Tätigkeiten einer anderen

Vergütungsgruppe bedarf der schriftlichen Änderung dieses Arbeitsvertrags.

Vertragsgrundlage

Bundes-Angestelltentarifvertrag – BAT – (ggf.

einschließlich der einschlägigen Sonderregelungen)

und die weiteren für die Angestellten der

Landeshauptstadt Stuttgart jeweils geltenden

tarifrechtlichen und sonstigen Bestimmungen. (…)

…“

Mit Wirkung ab dem 01.11.2004 wurde der Arbeitszeitumfang auf Grundlage des Änderungsvertrags vom 20.12.2004/09.01.2005 (Bl. 34 d. A.) unbefristet auf 12,33 % der regelmäßigen Arbeitszeit erhöht. Für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.08.2015 schlossen die Parteien insgesamt 19 Änderungsverträge ab, auf deren Grundlage die Arbeitszeit – überwiegend mehrfach zeitlich gestaffelt – auf 50 %, 75 %, 70 %, 60 %, 50 % und auf 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit erhöht wurde (Bl. 15 – 33 d. A). In den Änderungsverträgen sind für die befristeten Arbeitszeiterhöhungen bestimmte Stellenanteile unter Angabe von Stellen-Nummern benannt. Des Weiteren wird in den Verträgen der Beschäftigungsumfang nach Ablauf der befristen Arbeitszeiterhöhung wieder auf 12,33 % der regelmäßigen Arbeitszeit festgesetzt. Während der Dauer der befristeten Erhöhung der Arbeitszeit wurden die Aufgaben der Klägerin im Umfang von 12,33 % der regelmäßigen Arbeitszeit von einer anderen Arbeitnehmerin übernommen. Diese wechselte mit Ablauf des 01.09.2015 in die Stadtteilbibliothek in M..

In der Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.08.2015 war die Klägerin im Umfang von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit bzw. im Umfang von 24,22 Wochenstunden beschäftigt. In dieser Zeit war sie in der Entgeltgruppe 6 eingruppiert. Das Bruttoentgelt belief sich bis dahin auf ca. 1.800,00 Euro. Seit dem 01.09.2015 ist sie in der Entgeltgruppe 5 eingruppiert.

Die letzte befristete Arbeitszeiterhöhung wurde mit – von der Beklagten angebotenem – Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 vereinbart (Bl. 15 d. A. = Anlage B 2, Bl. 125 d. A.). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

„Änderung der vereinbarten Arbeitszeit

vom 24.03.2015 bis 31.08.2015 zu 62,5 %,

ab 01.09.2015

12,33 % der regelmäßigen Arbeitszeit

(…)

Stelle Nr. 410.0300.355 zu 25 % befr., 410.0300.180 zu 25 % befr., 410.0300.384 zu 12,5 % befr., ab 01.08.2015 060.4100.910 zu 12,33 %, als Büchereibeschäftigte“

Die Beklagte hat die befristeten Arbeitszeiterhöhungen in der Zeit ab dem 01.11.2006 bis zum 31.08.2015 auf Vertretungsfälle gestützt und diese im Einzelnen wie folgt begründet (vgl. Schriftsatz vom 22.12.2015, Bl. 60 ff. d. A.):

  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.07.2004 | Umfang der Erhöhung: 9,09% (BAT VII) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „unbefristet“
  • Arbeitsvertragsänderung ab:  01.11.2004 | Umfang der Erhöhung: 12,33% | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „unbefristet“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.11.2006 | Umfang der Erhöhung: 50% (EG 6)| Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „befr. bis 31.01.2007 (Vertretung E.)
  • Arbeitsvertragsänderung ab:  01.02.2007 | Umfang der Erhöhung: 50% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% bref. bis 31.07.2007 (Reduzierung K.) 25% befr. bis 30.06.2007 (Elternzeit B.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.05.2007 | Umfang der Erhöhung: 50% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 30.06.2007 (Elternzeit B.) 25% befr. bis 25.06.2008 (Sonderurlaub En.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.07.2007 | Umfang der Erhöhung: 50% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2008 (Sonderurlaub En.) 25% befr. bis 31.12.2008 (Sonderurlaub T.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 16.06.2008 | Umfang der Erhöhung: 75% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2009 (Sonderurlaub En.) 25% befr. bis 31.12.2008 (Sonderurlaub T.) 25% befr. für die Dauer der Erkrankung von Frau F., längstens bis 31.10.2008“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.11.2008 | Umfang der Erhöhung: 75% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2010 (Sonderurlaub En.) 25% befr. bis 30.06.2010 (Sonderurlaub T.) 25% befr. für die Dauer der Erkrankung von Frau F., längstens bis 31.10.2008 [sic! vermutl. 31.12.2008]“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.01.2009 | Umfang der Erhöhung: 75% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2010 (Sonderurlaub En.) 25% befr. bis 30.06.2010 (Sonderurlaub T.) 25% befr. für die Dauer der Erkrankung von Frau F., längstens bis 31.10.2009“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.02.2009 | Umfang der Erhöhung: 70% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2010 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 30.06.2010 (Sonderurlaub T.), 20% befr. bis 08.11.2009 (Elternzeit S.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 09.11.2009 | Umfang der Erhöhung: 60% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2010 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 30.06.2011 (Sonderurlaub T.), 10% befr. bis 08.11.2010 (Elternzeit S.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 26.06.2010 | Umfang der Erhöhung: 60%  (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2011 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 30.06.2011 (Sonderurlaub T.), 10% befr. bis 08.11.2010 (Elternzeit S.) nicht verlängert“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 26.06.2011 | Umfang der Erhöhung: 50% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2012 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 30.06.2011 (Sonderurlaub T.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.09.2011 | Umfang der Erhöhung: 62,5% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2012 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 31.12.2013 (Sonderurlaub T.), 12,5% befr. bis 31.08.2013 (Reduzierung Bi.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 26.06.2012 | Umfang der Erhöhung: 62,5% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% bbefr. bis 25.06.2013 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 31.12.2013 (Sonderurlaub T.), 12,5% befr. bis 31.08.2013 (Reduzierung Bi.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 26.06.2013 | Umfang der Erhöhung: 62,5% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten:  „25% befr. 25.06.2014 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 31.12.2013 (Sonderurlaub T.), 12,5% befr. bis 31.08.2014 (Reduzierung Bi.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.01.2014  | Umfang der Erhöhung: 62,5%  (EG 6)| Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 25.06.2014 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 31.01.2015 (Sonderurlaub T.), 12,5% befr. 31.08.2015 (Reduzierung Bi.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 26.06.2014 | Umfang der Erhöhung: 62,5% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten:“25% befr. bis 25.06.2015 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 31.01.2015 (Sonderurlaub T.), 12,5% befr. bis 31.08.2015 (Reduzierung Bi.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 24.03.2015 | Umfang der Erhöhung: 62,5% (EG 6) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „25% befr. bis 31.08.2015 (Sonderurlaub En.), 25% befr. bis 31.08.2015 (Sonderurlaub H.), 12,5% befr. bis 31.08.2015 (Reduzierung Bi.)“
  • Arbeitsvertragsänderung ab: 01.09.2015 | Umfang der Erhöhung: 12,33% (EG 5) | Sachgrund lt. Sachvortrag der Beklagten: „unbefristet“

Die Arbeitnehmerin En. beantragte mit Schreiben vom 18.12.2014 (Anlage B 3, Bl. 126 d. A.) die Verlängerung ihres Sonderurlaubs um ein weiteres Jahr (bis 25.06.2016). Daraufhin wurde am 12.01./26.01.2015 die Verlängerung des Sonderurlaubs ohne Entgelt nach § 28 TVöD „zum Zwecke der Kinderbetreuung“ vom 26.06.2015 bis zum 25.06.2016 vereinbart (Anlage B 4, Bl. 127 d. A.). Die Arbeitnehmerin H. beantragte mit Schreiben vom 16.09.2014 (Anlage B 5, Bl. 128 d. A.) die Verlängerung ihres Sonderurlaubs um ein weiteres Jahr zur Pflege ihres Vaters. Daraufhin wurde am 06.10./15.10.2014 die Gewährung von Sonderurlaub gem. § 28 TVöD für die Zeit vom 25.03.2015 bis zum 24.03.2016 vereinbart (Anlage B 6, Bl. 129 d. A.). Die Arbeitnehmerin Bi. beantragte mit Schreiben vom 21.02.2014 (Anlage B 7, Bl.130 d. A.) die befristete Reduzierung ihrer Arbeitszeit um ein weiteres Jahr. Daraufhin schloss sie mit der Beklagten den Änderungsvertrag vom 13.03./28.03.2014 (Anlage B 8, Bl. 131 d. A.), mit dem – antragsgemäß – die Reduzierung der Arbeitszeit in der Zeit vom 01.09.2014 bis zum 31.08.2015 vereinbart wurde. Darüber hinaus war die Arbeitnehmerin Bi. jedenfalls bis zum Kammertermin am 21.06.2016 weiterhin in nur reduziertem Umfang tätig (vgl. Sitzungsprotokoll, Bl. 105 d. A.). Die Vereinbarungen mit den Arbeitnehmerinnen En., H. und Bi. lagen bei Abschluss des Änderungsvertrags mit der Klägerin vom 27.01./12.02.2015 zur befristeten Arbeitszeiterhöhung bis zum 31.08.2015 vor.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 28.07.2015 mit, dass die Aufstockung des Arbeitsvertrages auf 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit zum 31.08.2015 auslaufe und das Arbeitsverhältnis ab dem 01.09.2015 wieder als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis fortgeführt werde (Bl. 12 d. A.). Die Klägerin beantragte daraufhin die unbefristete, hilfsweise befristete Aufstockung der Arbeitszeit auf 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit ab dem 01.09.2015 (Bl. 13 d. A.). Die Beklagte lehnte eine weitere Aufstockung der Arbeitszeit mit Schreiben vom 01.09.2015 ab (Bl. 14 d. A.).

Mit der am 21.09.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin in der Hauptsache die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einem Beschäftigungsumfang von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit besteht. Sie ist der Auffassung, dass die zuletzt bis zum 31.08.2015 erfolgte befristete Erhöhung der Arbeitszeit zum 31.08.2015 unwirksam ist. Sie trägt vor:

Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung bedürfe eines sachlichen Grundes. Der von der Beklagten behauptete Sachgrund des Vertretungsbedarfs läge nicht vor. Dieser sei bereits nicht ausreichend dargelegt. Soweit sich die Beklagte auf die Vertretung anderer Arbeitnehmer berufen habe, seien ihr nur die Arbeitnehmerinnen F. und S. bekannt. Ehemalige Arbeitnehmerinnen hätten bestätigen können, dass die übrigen Arbeitnehmerinnen in der Stadtbibliothek in B. beschäftigt gewesen seien. Die Beklagte habe ihr auf Nachfrage zudem mitgeteilt, dass die Vertretungsanteile abweichend zu den Vorjahren aus rein organisatorischen Gründen auf ein einheitliches Datum (31.08.2015) verlängert worden seien. Des Weiteren könne nicht davon ausgegangen werden, dass künftig nicht mehr mit Arbeitszeitreduzierungen anderer Arbeitnehmerinnen bzw. nicht mehr mit dem sich hieraus ergebenden erhöhten Beschäftigungsbedarf zu rechnen sei. Es handele sich vorliegend um einen Dauertatbestand der Reduzierung der Arbeitszeit anderer Kolleginnen.

Die von der Beklagten behaupteten Leistungsmängel lägen nicht vor. Es sei der Beklagten jedenfalls möglich und zumutbar gewesen, sie im Hinblick auf die behaupteten Defizite weiter einzuarbeiten und zu schulen. Sie sei seit 18 Jahren bei der Beklagten beschäftigt. Die behaupteten Defizite und die behauptete fehlende Fortbildungsbereitschaft seien für den Rechtsstreit zudem irrelevant.

Selbst wenn ein Sachgrund für die befristete Erhöhung der Arbeitszeit vorliege, sei die vorliegend langjährig und mehrfach erfolgte befristete Arbeitszeiterhöhung rechtsmissbräuchlich.

Die Klägerin beantragt in der Hauptsache:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit besteht.

Sie beantragt hilfsweise:

2. Es wird festgestellt, dass der Umfang der Arbeitszeit von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit nicht aufgrund der am 27.01.2015/12.02.2015 vereinbarten Befristung am 31.08.2015 beendet worden ist.

Sie beantragt höchsthilfsweise:

3. Die Beklagte wird zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, in der sie der Klägerin einen Arbeitsvertrag/eine Arbeitsvertragsänderung – bei sonst unveränderten Arbeitsbedingungen – mit einer Arbeitszeit von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit anbietet.

Im Falle des Obsiegens mit den Anträgen zu 1, 2 oder 3 beantragt die Klägerin:

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bei 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit als Büchereiangestellte weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 erfolgte – letzte – Befristung der Arbeitszeiterhöhung zum 31.08.2015 wirksam ist. Sie trägt vor:

Die letzte befristete Arbeitszeiterhöhung beruhe auf dem Sachgrund der Vertretung anderer Arbeitnehmer iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG. Die vertretenen Arbeitnehmerinnen En. und Bi. hätten ihre Arbeitszeit jeweils zur Betreuung ihrer Kinder ganz (En.) bzw. teilweise (Bi.) und die Arbeitnehmerin H. zur Pflege ihres Vaters reduziert. Die Klägerin habe die Arbeitnehmerin Bi. hinsichtlich ihres Stellenanteils (12,5 %) unmittelbar vertreten. Die Arbeitnehmerinnen En. und H. hätten aufgrund der langen Beurlaubung keinen Anspruch auf Rückkehr auf die bisherigen Stellen. Allerdings sei sie – die Beklagte – verpflichtet, den Arbeitnehmerinnen En. und H. gleichwertige Stellen zur Verfügung zu stellen. Diese Stellen könnten daher nur bis zur Dauer des jeweils vereinbarten bzw. verlängerten Sonderurlaubs besetzt werden. In Übereinstimmung damit seien die Stellenanteile erst nach Abschluss der jeweiligen Verlängerungsentscheidung der Vertretenen auf die Klägerin übertragen worden. Dass die Klägerin die von ihr vertretenen Arbeitnehmerinnen nicht kenne, besage nichts. In der Stadtbibliothek gebe es viele Mitarbeiter, die komplett beurlaubt seien oder ihre Arbeitszeit befristet reduziert hätten. Für diese Fälle erfolge nicht immer eine direkte Vertretung. Die Stellen würden teils stadtbibliotheksintern und teils extern ausgeschrieben. Es könnten sich auch unbefristet beschäftigte Mitarbeiter bewerben. In diesen Fällen müssten die freiwerdenden Stellen nachbesetzt werden. Für die Nachbesetzung stünde aber nur der Stellenanteil der befristet ausgeschriebenen Stelle zur Verfügung.

Obwohl zum Zeitpunkt des Abschlusses der letzten Vereinbarung zur befristeten Erhöhung der Arbeitszeit mit der Klägerin festgestanden habe, dass der Sonderurlaub der Arbeitnehmerinnen En. und H. über den vereinbarten Endtermin (31.08.2015) hinaus fortbestehen werde, sei als Ende der befristeten Erhöhung der Arbeitszeit einheitlich der 31.08.2015 gewählt worden. Dies sei zum einen zur zeitlichen Synchronisierung der einzelnen Stellenanteile erfolgt. Zum anderen sei absehbar gewesen, dass die Klägerin aufgrund des sich wandelnden Arbeitsumfelds den künftigen Anforderungen qualifikationsmäßig nicht mehr gewachsen sei. Die veränderte Bildungslandschaft sowie die neuen technischen Möglichkeiten hätten die Aufgabenfelder in den Bibliotheken in den letzten Jahren drastisch verändert. Daher sei es erforderlich, Stellenanteile mit entsprechendem Fachpersonal zu besetzen, nämlich mit Bibliothekaren und Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste. Durch die zunehmende Anzahl von Ganztagsschulen und die stetig steigenden Anforderungen an die Vermittlung von Informationskompetenz werde von den Bibliotheksmitarbeitern ein fundiertes Wissen bei den Auskunftsquellen sowie pädagogische Kompetenz in der Vermittlung dieses Wissens vorausgesetzt. Um diesen gestiegenen Anforderungen Rechnung zu tragen, würden die 25 % bibliothekarischen Stellenteile, die die Klägerin zuletzt inne gehabt habe, für die Beschäftigung einer Bibliothekarin benötigt. Für die restlichen 37,5 % werde ein Mitarbeiter mit fundiertem Fachwissen aus dem Bereich der Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste benötigt.

Bei der Klägerin hätten sich trotz der langjährigen Tätigkeit in der Stadtbibliothek und trotz der Versuche, sie in neue Aufgabenfelder einzuarbeiten, massive fachliche Lücken sowie Defizite im Verständnis, auch von internen Zusammenhängen, gezeigt. Es läge bei der Klägerin zudem eine auffällige Selbstüberschätzung vor, die es fast unmöglich machten, ihr ihre eigenen Grenzen aufzuzeigen und sie auf ihren Lernbedarf hinzuweisen. Die Leitung der Stadtbibliothek in B. habe die Klägerin mehrfach mündlich auf ihre Leistungsmängel hingewiesen. Zudem fehle es bei der Klägerin an Interesse an fachlichen Fortbildungen und eigener Weiterqualifizierungsmaßnahmen. Es habe viele Beschwerden anderer Mitarbeiter gegeben. Die Kolleginnen scheuten allerdings die persönliche Auseinandersetzung mit der Klägerin.

Der Personalrat sei über das Auslaufen der Befristung informiert gewesen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und Sitzungsprotokolle verwiesen (§ 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO) verwiesen. Das Gericht hat ohne Beweisaufnahme entschieden.

 

Entscheidungsgründe

Der Klageantrag zu 1 ist zulässig und begründet (A). Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin beträgt ab dem 01.09.2015 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit. Die zuletzt mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 vereinbarte Befristung der Arbeitszeiterhöhung ist unwirksam. Die weiteren Anträge zu 2 und 3 sind nicht zur Entscheidung angefallen (B). Die Beklagte ist zur Weiterbeschäftigung der Klägerin mit einem Beschäftigungsumfang von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit verpflichtet (C).

A.

Der Klageantrag zu 1 ist zulässig (I) und begründet (II).

I.

Der Klageantrag zu 1 ist zulässig. Die Klägerin begehrt in der gebotenen Auslegung, dass ihre Arbeitszeit ab dem 01.09.2015 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit beträgt.

1. Der Antrag bedarf der Auslegung. Die Klägerin wendet sich gegen die befristete Aufstockung der Arbeitszeit zum 31.08.2015 und begehrt dem folgend die Feststellung, dass der Beschäftigungsumfang ab dem 01.09.2015 weiterhin 62,5 % einer Vollzeitbeschäftigung betrage. Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht der Beschäftigungsumfang in der Zeit bis zum 31.08.2015. Hiergegen wendet sich die Klägerin nicht.

2. Es handelt sich um eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO. Der Klageantrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 07.10.2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 20). So verhält es sich hier. Die Parteien streiten über den arbeitsvertraglich dauerhaft geschuldeten Umfang der Leistungspflicht der Klägerin. Auf die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung findet die Entfristungsklage gem. § 17 Satz 1 TzBfG keine Anwendung (vgl. nur BAG 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 -).

3. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung liegt vor. Die Beklagte hat ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einem Beschäftigungsumfang von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit in Abrede gestellt.

II.

Der Klageantrag zu 1 ist – in der gebotenen Auslegung – begründet. Die Arbeitszeit der Klägerin beträgt ab dem 01.09.2015 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit. Die mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 vereinbarte Befristung der Arbeitszeiterhöhung um 50,17 % bzw. auf 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit hält der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf den Sachgrund des Vertretungsbedarfs iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG berufen (1). Selbst wenn ein solcher Sachgrund für die befristete Arbeitszeiterhöhung vorliegen sollte, liegt nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs ein sogenannter außergewöhnlicher Umstand auf Seiten der Klägerin vor, der zur Rechtsunwirksamkeit der mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 vereinbarten Befristung der Arbeitszeiterhöhung führt (2).

1. Die unter dem Datum vom 27.01./12.02.2015 vereinbarte Befristung der Arbeitszeiterhöhung ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Gegenstand der Vertragskontrolle ist bei mehrfacher Befristung nur die letzte befristete Arbeitszeiterhöhung (a). Der Vertragskontrolle steht nicht entgegen, dass im Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 ab dem 01.09.2015 ein Beschäftigungsumfang von 12,33 % vereinbart ist (b). Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und nicht der Befristungskontrolle nach § 14 TzBfG (c). Der Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB (d). Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB ist nicht nach § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen (e). Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung zum 31.08.2015 hält der Angemessenheitskontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB mangels Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht stand (f).

a) Gegenstand der Vertragskontrolle ist die mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 vereinbarte befristete Arbeitszeiterhöhung.

Die Vertragskontrolle erstreckt sich grundsätzlich nur auf die letzte befristete Arbeitszeiterhöhung. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Parteien in einer nachfolgenden Vereinbarung zur befristeten Aufstockung des Beschäftigungsumfangs dem Arbeitnehmer – ausdrücklich oder konkludent – das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung überprüfen zu lassen (BAG 02.09.2009 – 7 AZR 233/08 – Rn.22, BAGE 132, 59). So verhält es sich hier nicht. Die Klägerin bzw. die Parteien haben sich das Recht, die Wirksamkeit der vorangegangenen 18 befristeten Arbeitszeiterhöhungen zu überprüfen, nicht vorbehalten. Davon ausgehend ist Gegenstand der Vertragskontrolle nur der Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 bzw. die dort vereinbarte Befristung.

b) Der Vertragskontrolle steht nicht entgegen, dass im Änderungsvertrag ab dem 01.09.2015 ein Beschäftigungsumfang von 12,33 % geregelt ist.

Diese Regelung ist in allen befristeten Änderungsverträgen zu finden. Es handelt sich um eine rein deklaratorische Wiedergabe der Arbeitszeit des unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Die Parteien wollten neben den zum Teil mehrfach gestaffelten Arbeitszeiterhöhungen nicht zusätzlich nach deren Ablauf konstitutiv den Beschäftigungsumfang ab dem 01.09.2015 vereinbaren. Hiervon sind die Parteien auch übereinstimmend nicht ausgegangen.

c) Die befristete Aufstockung der Arbeitszeit unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und nicht der Befristungskontrolle nach § 14 TzBfG.

Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB wird hinsichtlich der Kontrolle der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen nicht durch die für die Befristung von Arbeitsverträgen geltenden Bestimmungen in §§ 14 ff. TzBfG verdrängt. Die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sind auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar. Das gilt jedenfalls, soweit eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB geboten ist (vgl. BAG 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 18, BAGE 140, 191).

d) Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung nach Maßgabe des Änderungsvertrags vom 27.01./12.02.2015 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt (BAG 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 17 mwN, BAGE 140, 191). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung ist in allen Änderungsverträgen gleichlautend formuliert. Aus dem zeitlichen Ablauf zum Abschluss der Änderungsverträge ergibt sich zudem, dass die befristeten Arbeitszeiterhöhungen stets von der Beklagten angeboten wurden und die Klägerin diese im Nachgang annahm. Auch das äußere Erscheinungsbild des Änderungsvertrags vom 27.01./12.02.2015 begründet eine tatsächliche Vermutung für eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung begründet. Ungeachtet dessen findet § 307 BGB jedenfalls nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf den Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 Anwendung. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist § 307 BGB bei Verbraucherverträgen auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann anzuwenden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. So verhält sich hier. Bei dem Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 handelt es sich um einen Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 BGB, der von der Beklagten gestellt wurde. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 21.07.2016 (Seite 2, Bl. 123 d. A.) vorgetragen, dass sie der Klägerin unter dem Datum des 27.01.2015 die letzte befristete Arbeitszeiterhöhung angeboten hatte.

e) Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB ist nicht nach § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

Nach § 307 Abs. 3 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Bei anderen Bestimmungen ist die Inhaltskontrolle auf den Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt. Nur eingeschränkt zu kontrollieren sind ua. Abreden über den Umfang der von den Parteien geschuldeten Hauptleistungen, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften unterliegen, sondern von den Vertragsparteien festgelegt werden müssen (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 47 mwN). Danach ist die im Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 enthaltene Befristungsabrede zum 31.08.2015 der uneingeschränkten Inhaltskontrolle zu unterziehen. Sie ist nicht deshalb nur beschränkt kontrollfähig, weil sie sich auf die Arbeitszeit bezieht. Gegenstand der Inhaltskontrolle ist nicht die vereinbarte Erhöhung der Arbeitszeit und damit der Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung als Hauptleistungspflicht, sondern deren zeitliche Einschränkung durch die Befristung.

f) Die mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 erfolgte Befristung der Arbeitszeiterhöhung zum 31.08.2015 ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

aa) Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner (im Einzelnen BAG 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 49).

Für die bei der Befristung einzelner Vertragsbedingungen vorzunehmende Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB gelten damit andere Maßstäbe als für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Während die Befristung des gesamten Arbeitsvertrags – von den Fällen der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung abgesehen – daraufhin zu überprüfen ist, ob sie durch einen sachlichen Grund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, unterliegt die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB einer Angemessenheitskontrolle, die anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist (BAG 23.03.2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 50).

Trotz des unterschiedlichen Prüfungsmaßstabs sind jedoch bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle der Befristung einzelner Vertragsbedingungen Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnten, nicht ohne Bedeutung. Sie können sich bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitgebers auswirken. Liegt der Befristung ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit einem Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnte, überwiegt in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Vereinbarung der Vertragsbedingung das Interesse des Arbeitnehmers an deren unbefristeter Vereinbarung. Dies ergibt sich aus den im Teilzeit- und Befristungsgesetz zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungsmaßstäben. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf Seiten des Arbeitnehmers kann in Ausnahmefällen eine andere Beurteilung in Betracht kommen (BAG 23.03.2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 51)

 

Nach der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts können ausnahmsweise zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung durch die Befristung einer Vertragsbedingung Umstände erforderlich sein, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden. Dies ist der Fall bei der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang. Eine solche liegt in der Regel vor, wenn sich das Erhöhungsvolumen auf mindestens 25 % eines entsprechenden Vollzeitarbeitsverhältnisses beläuft (vgl. BAG 23.03.2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 54 ff.; so bereits für die dreimonatige Aufstockung der Arbeitszeit um 50 % der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten BAG 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 24, BAGE 140, 191). Die befristete Erhöhung in diesem erheblichen Umfang bedarf besonderer berechtigter Belange auf Arbeitgeberseite. Sie liegen nicht vor, wenn nicht auch ein gesonderter Vertrag über die Arbeitszeitaufstockung insgesamt hätte zulässig befristet werden können (im Einzelnen BAG 23.03.2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 52).

bb) Ausgehend von den vorstehend genannten Grundsätzen würde die mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 vereinbarte Befristung der Arbeitszeiterhöhung nur dann einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten, wenn ein Sachgrund vorliegt, der gem. § 14 Abs. 1 TzBfG auch die Befristung des Arbeitsverhältnis im Umfang der Arbeitszeitaufstockung rechtfertigen würde. Denn es liegt eine erhebliche Erhöhung der Arbeitszeit im Sinne der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts vor. Der unbefristete Arbeitsvertrag der Klägerin sieht ein Arbeitszeitvolumen von 12,33 % der regelmäßigen Arbeitszeit vor. Mit Änderungsvertrag vom 27.01./12.02.2015 wurde die Arbeitszeit – in Übereinstimmung mit den vorhergehenden sechs Änderungsverträgen (seit 01.09.2011) – auf 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit erhöht. Der Umfang der Erhöhung beträgt 50,17 % einer Vollzeitbeschäftigung.

cc) Die Beklagte kann die Befristung der Arbeitszeiterhöhung nach Maßgabe des Änderungsvertrages vom 27.01./12.02.2015 nicht mit Erfolg auf den Sachgrund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG stützen.

(1) Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Denn die Stammkraft hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, nach Wegfall des Verhinderungsgrunds die vertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder aufzunehmen. Teil des Sachgrunds ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters (vgl. BAG 29.04.2015 – 7 AZR 310/13 – Rn. 17).

Der Arbeitgeber muss somit davon ausgehen, dass der Vertretene seinen Beschäftigungsanspruch nach Wegfall des Vertretungsgrundes (zB Krankheit, Beurlaubung oder Freistellung) geltend machen wird. Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass der zu vertretende Arbeitnehmer überhaupt wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein. Dies setzt in der Regel voraus, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Vertreter verbindlich erklärt hat, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Ansonsten darf und muss der Arbeitgeber mit dessen Rückkehr an den Arbeitsplatz rechnen. Dies gilt auch dann, wenn der Vertreter bereits längere Zeit auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge zur Vertretung desselben Arbeitnehmers beschäftigt wurde. Die Anforderungen an die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzustellende Prognose sind nicht mit zunehmender Anzahl einzelner befristeter Verträge zu verschärfen (vgl. BAG 29.04.2015 – 7 AZR 310/13 – Rn. 21 mwN).

(2) Davon ausgehend beruft sich die Beklagte im Ansatz zu Recht auf den Sachgrund der Vertretung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.07.2016 (Bl. 122 ff. d. A.) unwidersprochen vorgetragen, dass vor Abschluss des Änderungsvertrags vom 27.01./12.02.2015 die Arbeitnehmerin En. die Verlängerung des Sonderurlaubs nach § 28 TVöD und die Arbeitnehmerin Bi. die Reduzierung der Arbeitszeit jeweils zur Kinderbetreuung beantragt hatten. Weiter hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass auch der Sonderurlaub der Arbeitnehmerin H. gem. § 28 TVöD zur Pflege ihres Vaters vor Abschluss des letzten Änderungsvertrags der Parteien verlängert wurde. Damit liegt in allen drei Fällen ein anzuerkennender Vertretungsfall vor. Die Betreuung von Kindern oder die Pflege von nahen Angehörigen sind Sachverhalte, die typischerweise einen wichtigen Grund zur Gewährung von Sonderurlaub iSd. § 28 TVöD darstellen. Die Beklagte musste damit bei Abschluss des Änderungsvertrags vom 27.01./12.02.2015 mit der Rückkehr der Arbeitnehmerinnen bzw. Rückkehr der Arbeitnehmerin Bi. zur Vollzeittätigkeit rechnen. Die vertretenen Arbeitnehmerinnen hatten die Verlängerung des Sonderurlaubs bzw. der Reduzierung der Arbeitszeit nur befristet beantragt. Sie hatten nicht verbindlich erklärt, nicht mehr die Arbeit aufnehmen zu wollen. Hierfür sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.

(3) Der Sachgrund des Vertretung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG entfällt nicht dadurch, dass jedenfalls die Arbeitnehmerinnen En. und H. auch nach Ablauf der befristeten Arbeitszeiterhöhung (31.08.2015) ihre Arbeit nicht wieder aufnahmen, sondern bis zum 25.06.2016 bzw. 24.03.2016 beurlaubt waren und dies bereits bei Abschluss des Änderungsvertrags vom 27.01./12.02.2015 absehbar war. Für den Fall der Befristung des Arbeitsverhältnisses ist anerkannt, dass die Vertragslaufzeit eines mit einer Vertretungskraft abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrags nicht mit der voraussichtlichen Dauer der Verhinderung des zu vertretenden Arbeitnehmers übereinstimmen muss, sondern kann hinter ihr zurückbleiben. Da der Arbeitgeber frei entscheiden kann, ob er den zeitweiligen Ausfall eines Arbeitnehmers überhaupt durch Einstellung einer Ersatzkraft überbrückt, muss er die Vertretung auch nicht für die gesamte voraussichtliche Dauer der Verhinderung durch Einstellung einer Vertretungskraft regeln, sondern kann auch einen kürzeren Zeitraum wählen und danach über das Ob und Wie einer weiteren Vertretung erneut entscheiden (st. Rspr., vgl. BAG 24.05.2006 – 7 AZR 640/05 – Rn. 22 mwN). Nichts anderes gilt im Falle der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung.

(4) Allerdings fehlt es vorliegend am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen den Vertretungsfällen und der mit Änderungsvertrag vom 27.01./ 12.02.2015 vereinbarten Befristung der Arbeitszeiterhöhung zum 31.08.2015.

(a) Der Sachgrund der Vertretung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG setzt einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Es muss sich deshalb aus den Umständen bei Vertragsschluss ergeben, dass der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an den Kausalzusammenhang und seine Darlegung durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung (BAG 29.04.2015 – 7 AZR 310/13 – Rn. 17).

Nimmt der Arbeitgeber den Vertretungsfall zum Anlass für eine befristete Beschäftigung, ist auf Grund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. In den Fällen der unmittelbaren Vertretung hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren. Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Arbeitnehmers nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zum Nachweis des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Nimmt der Arbeitgeber den Ausfall eines Mitarbeiters zum Anlass, die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu zu verteilen, so muss er zunächst die bisher dem vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darstellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere andere Arbeitnehmer zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (BAG 24.05.2006 – 7 AZR 640/05 – Rn. 17).

(b) Dem wird der Sachvortrag der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte wurde mit Ziff. 2 Buchst. f) des Hinweisbeschlusses vom 21.06.2016 (Bl. 113 f. d. A.) auf die Anforderungen zur Darlegungslast hingewiesen. Hierauf hat sie mit Schriftsatz vom 21.07.2016 ebenso wie in den vorangegangenen Schriftsätzen lediglich zum Umfang der Vertretung und der freien Stellenanteile Stellung genommen, allerdings nicht substantiiert dargelegt, ob es sich um eine unmittelbare oder mittelbare Vertretung handelt oder eine Neuverteilung der Arbeit vorgenommen wurde. Die Beklagte hatte im Kammertermin am 21.06.2016 noch behauptet, dass es sich um mittelbare Vertretungen handeln würde (vgl. Sitzungsprotokoll, Bl. 106 d. A.). Im Schriftsatz vom 21.07.2016 wurde pauschal behauptet, dass die Klägerin die Arbeitnehmerin Bi. unmittelbar vertreten habe (Bl. 124 d. A.). Bezüglich der Arbeitnehmerinnen En. und H. bleibt hingegen völlig offen, ob der Befristung der Arbeitszeiterhöhung eine mittelbare Vertretung oder eine Neuverteilung der Aufgaben zugrunde liegt. Zu keinem Vertretungsfall erfolgte eine substantiierte Darlegung des Kausalzusammenhangs mit der (letzten) Befristung der Arbeitszeiterhöhung. Der Sachvortrag ist für die Klägerin weder erwiderungs- noch einlassungsfähig und dem folgend für das Gericht nicht überprüfbar.

(c) Denkbar wäre es, dass eine Befristung einer Arbeitszeiterhöhung bereits dann keine unangemessene Benachteiligung darstellt, wenn sie mit einem zeitlich befristeten freien Stellenanteil bzw. Arbeitszeitkontingent korrespondiert. Dieser Auffassung scheint die Beklagte zu sein. Dem ist allerdings nicht zuzustimmen. In Übereinstimmung mit den Siebten Senat des Bundesarbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die befristete Arbeitszeiterhöhung im erheblichen Umfang besonderer berechtigter Belange auf Arbeitgeberseite bedarf, die auch zur Befristung eines gesonderten Vertrags über die Arbeitszeiterhöhung führt. Der Vertretungsfall als Befristungsgrund setzt einen Kausalzusammenhang voraus. Es besteht kein Anlass, auf den Kausalzusammenhang bei Befristung einer Arbeitszeiterhöhung im erheblichen Umfang zu verzichten.

(d) Entscheidend ist weiter, ob die für die Befristung von Arbeitsverhältnissen definierten Anforderungen an die Darlegungslast auch für die (Un-)Angemessenheitsprüfung einer Befristung der Arbeitszeiterhöhung gelten. Bedarf die befristete Arbeitszeiterhöhung im erheblichen Umfang besonderer berechtigter Belange auf Arbeitgeberseite, die auch zur Befristung eines gesonderten Vertrags über die Arbeitszeiterhöhung führt, muss sich dies auch in der Darlegungs- und Beweislast widerspiegeln. Das Prozessrecht folgt insoweit lediglich dem materiellen Recht. Anderenfalls würden die vom Siebten Senat postulierten erhöhten Anforderungen an die Wirksamkeit der Befristung von Arbeitszeiterhöhungen im Umfang von mehr als 25 % der regelmäßigen Arbeitszeit leerlaufen.

dd) Auf weitere Sachgründe hat sich die Beklagte nicht berufen. Sie hat sich ausdrücklich nur auf den Sachgrund der Vertretung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG beschränkt. Damit können auch die von der Beklagten behaupteten Leistungsmängel die Befristung der letzten Arbeitszeiterhöhung nicht rechtfertigen. Die Beklagte hat sich auch nach Erteilung des Hinweises gem. Ziff. 2 Buchst. d) des Hinweisbeschlusses vom 21.06.2016 (Bl. 113 d. A.) auf keine weiteren Sachgründe gem. § 14 Abs. 1 TzBfG berufen. Sie hat die Befristung weiterhin nur auf § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG bzw. auf freie Stellenanteile gestützt. Unabhängig davon hat die Beklagte auch nicht dargelegt, welche Aufgaben anderer Arbeitnehmerinnen der Klägerin im Einzelnen zugewiesen wurden, welche qualifikationsmäßigen Anforderungen mit diesen Tätigkeiten im Einzelnen verbunden sind und welche dieser Aufgaben die Klägerin qualifikationsmäßig nicht ausfüllen kann. Konsequenterweise bleibt es auch offen, welche der Klägerin lediglich befristet übertragenen Tätigkeiten nur noch von einer Bibliothekarin oder von einer Mitarbeiterin mit fundiertem Fachwissen aus dem Bereich der Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste ausgefüllt werden können. Der Sachvortrag ist für die Klägerin weder erwiderungsfähig noch für das Gericht überprüfbar.

2. Selbst wenn die Beklagte die mit Arbeitsvertrag vom 27.01./12.02.2015 vereinbarte Befristung der Arbeitszeiterhöhung zum 31.08.2015 auf einen Sachgrund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG stützen könnte, würde die Befristung wegen des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände der Vertragskontrolle gem. § 307 BGB nicht standhalten.

a) Zwar geht der Siebte Senat des Bundesarbeitsgericht davon aus, dass bei einem Sachverhalt, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit einem Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnte, in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Vereinbarung der Vertragsbedingung das Interesse des Arbeitnehmers an deren unbefristeter Vereinbarung überwiegt. Allerdings kann bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf Seiten des Arbeitnehmers in Ausnahmefällen dennoch eine andere Beurteilung in Betracht kommen (so BAG 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 51).

b) Dem folgend hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in der Entscheidung vom 17.06.2013 (- 1 Sa 2/13 -, ZTR 2013, 691) angenommen, dass auf Seiten des betroffenen Arbeitnehmers ein außergewöhnlicher Umstand vorliege, wenn die zuletzt vereinbarte Arbeitszeiterhöhung nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs [BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09 – und – 7 AZR 783/10 – im Anschluss an EuGH 26.01.2012 – C-586/10 (Kücük)] rechtsunwirksam ist. Dem schließt sich die erkennende Kammer an. Im Einzelnen:

aa) Mit Urteilen vom 18.07.2012 (- 7 AZR 443/09 – und – 7 AZR 783/10 -) hat das Bundesarbeitsgericht im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 26.01.2012 – C-586/10 (Kücük) entschieden, die nationalen Gerichte seien aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreife (im Einzelnen LAG Baden-Württemberg 17.06.2013 – 1 Sa 2/13 – Rn. 52, zitiert nach juris). Diese Rechtsprechung lässt sich zwar nicht uneingeschränkt auf den Sachverhalt der befristeten Arbeitszeiterhöhung übertragen. Für die Inhaltskontrolle einzelner Arbeitsbedingungen gelten andere Maßstäbe als für die Befristungskontrolle von eigenständigen Arbeitsverträgen (im Einzelnen LAG Baden-Württemberg 17.06.2013 – 1 Sa 2/13 – Rn. 53, zitiert nach juris). Das schließt jedoch nicht aus, dass einzelne Wertungen der Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG auf die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB übertragen werden können. So hat das Bundesarbeitsgericht anerkannt, dass bei Vorliegen eines Sachgrundes die Angemessenheitsprüfung in aller Regel zugunsten des Arbeitgebers ausfällt. Umgekehrt müssen die Grundsätze des institutionellen Rechtsmissbrauchs herangezogen werden, wenn bei der Inhalts- und Befristungskontrolle wertungsmäßig vergleichbare Sachverhalte vorliegen. Liegt ein institutioneller Rechtsmissbrauch vor, so ist gleichzeitig ein außergewöhnlicher Umstand auf Seiten des Arbeitnehmers im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB gegeben, der die Angemessenheitsprüfung zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen lässt (LAG Baden-Württemberg 17.06.2013 – 1 Sa 2/13 – Rn. 54, zitiert nach juris).

bb) Eine solche wertungsmäßige Vergleichbarkeit ist im Streitfall gegeben.

Aufgrund des Zusammentreffens der Anzahl und der Gesamtdauer der Befristungen und insbesondere wegen des erheblichen Umfangs der Arbeitszeiterhöhungen von durchgehend auf mindestens 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit liegen außergewöhnliche Umstände vor, aufgrund derer auch bei Vorliegen eines Sachgrundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG das Interesse der Klägerin ausnahmsweise das Interesse der Beklagten an der Befristung der Arbeitszeiterhöhung überwiegt.

Die Klägerin ist seit dem 01.09.1997 unbefristet bei der Beklagten beschäftigt. Der Beschäftigungsumfang des unbefristeten Arbeitsverhältnisses beträgt seit dem 01.11.2004 12,33 %. Seit dem ersten Änderungsvertrag vom 19.10./30.10.2006 wurde die Arbeitszeit mit insgesamt 19 Änderungsverträgen befristet erhöht. Die Aufstockungen erfolgten stets auf mindestens 50 % und in der Spitze auf 75% der regelmäßigen Arbeitszeit. Seit dem 01.09.2011 betrug die Arbeitszeit durchgehend 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit. Die Änderungsverträge enthalten zudem gestaffelte Befristungen. Bei differenzierter Betrachtung handelt es sich um 48 befristete Erhöhungen der Arbeitszeit.

Die Klägerin stand in den letzten neun Jahren und fast die Hälfte ihres Berufslebens bei der Beklagten in einem Beschäftigungsverhältnis, dass ihr ein zur Existenzsicherung ausreichendes Auskommen sicherte. Der Umfang der Arbeitszeiterhöhung war durchgehend mindestens doppelt so groß war wie nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für einen „erheblichen Umfang“ vorausgesetzt wird. Ausgehend davon kann es der Klägerin nicht ernsthaft zugemutet werden, nach neun Jahren wieder auf das Niveau eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses zurückzufallen.

B.

Die Klageanträge zu 2 und 3 sind nicht zur Entscheidung angefallen. Diese wurden, wie die Klägerin im Kammertermin am 26.10.2016 klargestellt hat, nur hilfsweise zum Antrag zu 1 gestellt. Die innerprozessual zulässige Bedingung ist nicht eingetreten. Der Antrag zu 1 wurde nicht abgewiesen.

C.

Die Beklagte ist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zur Weiterbeschäftigung der Klägerin als Büchereiangestellte mit einem Beschäftigungsumfang von 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit verpflichtet.

I.

Der Weiterbeschäftigungsantrag ist zur Entscheidung angefallen. Die innerprozessuale Bedingung, nämlich das Obsiegen mit dem Klageantrag zu 1, ist eingetreten.

II.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27.02.1985 (- GS 1/84 -) über den Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers entsprechend gelten, wenn um die Wirksamkeit einer Befristung oder auflösenden Bedingung des Arbeitsverhältnisses gestritten wird und der klagende Arbeitnehmer obsiegt (so bereits BAG 13.06.1985 – 2 AZR 410/84 -). Soweit ersichtlich ist bisher allerdings nicht abschließend geklärt, ob der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch auch dann Anwendung findet, wenn die Parteien (nur) über die Wirksamkeit der Befristung einer Vertragsbedingung streiten und der klagende Arbeitnehmer obsiegt. Lediglich das LAG Köln hat dies in der Entscheidung vom 09.05.2012 (- 3 Sa 1179/11 -) – allerdings ohne Begründung – bejaht.

III.

Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist bei Befristung von Vertragsbedingungen eine differenzierende Betrachtung nach der konkret im Streit stehenden Vertragsbedingung erforderlich.

1. Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch wurde vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts (27. 02.1985 – GS 1/84 -) wie der allgemeine Beschäftigungsanspruch aus den § 611, § 613 BGB iVm. § 242 BGB hergeleitet. Die Generalklausel des § 242 BGB wird dabei durch die Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG ausgefüllt. Ausgehend davon ist zunächst festzustellen, dass nicht jede befristete Vertragsbedingung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers tangiert. Dies ist beispielsweise bei einer befristeten Änderung von Arbeitsbedingungen, die unter Umständen noch nicht einmal vergütungsrelevant sind, oder bei Arbeitszeiterhöhungen im unerheblichen Umfang nicht erkennbar. In diesen Fällen ist bei einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Befristung der Vertragsbedingungen nicht zwingend ein aus dem Persönlichkeitsrecht abzuleitendes überwiegendes Interesse des klagenden Arbeitnehmers nach Obsiegen in erster (oder zweiter) Instanz an der unveränderten Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens festzustellen.

2. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn – wie hier – die Befristung der Erhöhung der Arbeitszeit im erheblichen Umfang (mindestens 25 % der regelmäßigen Arbeitszeit) zwischen den Parteien im Streit steht und der klagende Arbeitnehmer im Laufe des Rechtsstreits in erster oder zweiter Instanz obsiegt. In diesem Fall ist die Lage des klagenden Arbeitnehmers vergleichbar mit einem Arbeitnehmer, der mit Erfolg die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hat. Das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, der gegen die Befristung der Arbeitszeiterhöhung in nicht unerheblichem Umfang klagt, ist im gleichen Umfang bzw. nicht weniger betroffen als das Interesse des Arbeitnehmers, der mit Erfolg gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem gleichen Beschäftigungsumfang klagt. Diese Überlegung folgt lediglich der vom Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts getroffenen Differenzierung, dass die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung zwar an § 307 BGB zu messen ist, allerdings eines Sachgrundes gem. § 14 Abs. 1 TzBfG bedarf, wenn es sich um eine erhebliche Arbeitszeiterhöhung handelt. Die Differenzierung rechtfertigt es, die für Entfristungsklagen geltenden Grundsätze zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch auf die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung im erheblichen Umfang zu übertragen.

3. Davon ausgehend macht die Klägerin mit Erfolg den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend. Die Parteien streiten über die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung im erheblichen Umfang. Dieser beträgt 50,17% einer Vollzeitbeschäftigung. Die Interessenlage der Klägerin ist ohne Weiteres vergleichbar mit einer Arbeitnehmerin, die gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem gleichen Beschäftigungsumfang klagt und zunächst obsiegt. Die Beklagte ist daher verpflichtet, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Büchereiangestellte mit 62,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit weiter zu beschäftigen.

D.

Da die Beklagte vollumfänglich unterlegen ist, trägt sie die Kosten des Rechtsstreits (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Der Urteilsstreitwert (§ 61 Abs. 1 ArbGG) für den Klageantrag zu 1 wurde entsprechend § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG mit dem Bruttovierteljahreseinkommen der Klägerin und für den Klageantrag zu 4 mit einem Bruttomonatsgehalt der Klägerin (§ 3 ZPO) festgesetzt.

Die Zulassung der Berufung für die Beklagte beruht auf § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG.

Auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.

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