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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen

Entscheidungsdatum: 19.04.2010

Aktenzeichen: 6 A 2596/07

Entscheidungsart: Beschluss

eigenes Abstract: Die Klägerin, eine verbeamtete Mitarbeiterin der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin, möchte für den Zeitraum von zwei Jahren Teilzeit arbeiten (mit anschließendem Sabbatjahr). Die Bibliotheksleitung gibt an, dass haushaltsrechtliche und personalwirtschaftliche Gründe dagegen sprechen: da die Klägerin Leitungsfunktionen ausübe, werde sie zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung benötigt und eine andere Besetzung komme daher nicht in Frage. Die Mitarbeiterin gibt an, ob Betroffene am Arbeitsplatz dringend benötigt werden, könne nicht relevant sein, da dann nahezu jeder Teilzeitanspruch unmöglich sei. Der Antrag wird in erster und zweiter Instanz abgelehnt.

Instanzenzug:
– VG Köln vom 13.07.2007, Az: 19 K 4881/06
– OVG NRW vom 19.04.2040, Az: 6 A 2596/07

Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:
Der Antrag hat keinen Erfolg.

Dabei kann offen bleiben, ob der im Verwaltungsverfahren gestellte Antrag auf Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung für die Dauer von 3 Jahren ab dem 1. Juni 2006 im Blockmodell (mit einer abschließenden Freistellungsphase von 1 Jahr) sich nicht durch Zeitablauf erledigt hat und der nunmehr verfolgte Antrag auf Teilzeitbeschäftigung für die Dauer von 3 Jahren beginnend mit dem 1. Tag des auf den Eintritt der Rechtskraft des Urteils folgenden Monats eines neuen Antrags bei Dienstvorgesetzten bedurft hätte. Ebenso kann dahinstehen, in welcher Form bei Bejahung dieser Fragen der nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebotene Rechtsschutz zu gewähren wäre und ob der von der Klägerin weiter verfolgte Verpflichtungsantrag sich in den danach möglichen Grenzen hält. Wird in allen Punkten von der für die Klägerin günstigsten Betrachtungsweise ausgegangen, ist ihr Begehren jedenfalls in der Sache abzulehnen; denn aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der Bewilligung der von der Klägerin beantragten Teilzeitbeschäftigung stünden im Sinne des § 78b Abs. 1 LBG NRW a.F. (jetzt: § 63 Abs. 1 LBG NRW) dienstliche Belange entgegen. Die vom Beklagten angeführten haushaltsrechtlichen und personalwirtschaftlichen Gründe reichten insoweit aus, ohne dass das von der Klägerin betonte legislatorische Anliegen einer Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung aufgegeben würde. Zudem werde die Klägerin nach der Darstellung im Widerspruchsbescheid sowie den plausiblen Schilderungen der Terminsvertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung in der Behörde benötigt, so dass eine anderweitige Besetzung nicht in Betracht komme.

Angesichts dieser zweiten, selbständig tragenden Erwägung des Verwaltungsgerichts, an deren Richtigkeit der Zulassungsantrag keine ernstlichen Zweifel weckt, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung damit, ob die Besetzung des Dienstpostens der Klägerin während des Sabbatjahrs mit einer extern beschafften Ersatzkraft haushaltsrechtlich möglich wäre. Das danach verbleibende Zulassungsvorbringen, es könne nicht darauf ankommen, ob der betroffene Beamte am Arbeitsplatz dringend benötigt werde, da sonst die Durchsetzung des Teilzeitanspruchs nahezu unmöglich sei, greift nicht durch.

Dienstliche Belange, die dem Antrag des Beamten auf Teilzeitbeschäftigung entgegengehalten werden können, sind alle organisatorischen und personalwirtschaftlichen Aspekte, die das dienstliche Interesse an der sachgemäßen und reibungslosen Erfüllung der der Verwaltung übertragenen Aufgabe betreffen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 21/03 -, BVerwGE 120, 382; BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 23/05 -, DVBl. 2006, 1191; BVerwG, Urteil vom 13. August 2008 – 2 C 41/07 -, NVwZ-RR 2009, 29; BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 – 2 C 20/07 -, NVwZ 2009, 470.

Gemessen an diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass die substantiierten und plausiblen Darlegungen des Direktors der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin, eine Aushilfskraft könne die von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben nicht sachgerecht erfüllen, entgegenstehende dienstliche Belange begründen. Dass hausintern keine Umbesetzung bzw. Umstrukturierung möglich ist, bestreitet die Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag nicht. Der rein abstrakte Einwand der Klägerin, es sei davon auszugehen, dass jeder Beamte an seinem Arbeitsplatz dringend benötigt werde, weshalb nur das Erfüllen fachlicher Voraussetzungen durch Dritte entscheidend sei, stellt diese Einschätzung nicht durchgreifend in Frage. Denn der Direktor führt im Widerspruchsbescheid konkret und nachvollziehbar, ohne dass dies von der Klägerin substantiiert bestritten worden ist, aus, sie nehme Leitungsfunktionen und Aufgaben wahr, die nur von einer eingearbeiteten, erfahrenen und durchgängig präsenten Person auszufüllen seien, wobei gerade auf diesem Dienstposten qualitative Einbußen nicht hingenommen werden könnten. Damit sind im Übrigen zugleich die von der Klägerin unter Bezugnahme auf Fürst, GKÖD, Bd. I, Teil 2 b, § 72a BBG Rn. 11, im Zulassungsantrag geforderten gewichtigen sachlichen Gründe gegeben.

Aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt sich ferner nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.

Das Zulassungsvorbringen genügt diesen Anforderungen nicht. Dies gilt zunächst für die Auffassung, die grundsätzliche Bedeutung liege in der Definition der dienstlichen Belange durch das Verwaltungsgericht, eine obergerichtliche Klärung des Begriffs sei bisher nicht erfolgt. Im Übrigen ist nach der oben angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der – in zahlreichen Rechtsvorschriften verwendete – unbestimmte Rechtsbegriff der dienstlichen Belange hinreichend geklärt. Ob dienstliche Belange einem Teilzeitbegehren entgegenstehen, beurteilt sich ausgehend davon grundsätzlich – wie auch hier – nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach den tatsächlichen Verhältnissen in der Beschäftigungsbehörde. Aus diesem Grund bedarf auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, „ob ein dem Beamten gesetzlich zustehender Anspruch aus dem Landesbeamtengesetz durch haushaltsrechtliche Vorgaben umgangen werden kann“, die zudem nach den obigen Ausführungen nicht entscheidungserheblich ist, nicht der Klärung im Berufungsverfahren. Für die Entscheidung dieses Verfahrens unerheblich ist schließlich die Frage, „ob alleine der Wunsch des Dienstherrn der Besetzung einer Stelle mit einem bestimmten Beamten dem Rechtsanspruch des Beamten auf Teilzeitbeschäftigung entgegengehalten werden kann“. Ein entgegenstehender dienstlicher Belang ergibt sich hier nicht aus einem bloßen Wunsch, sondern aus den plausiblen Darlegungen des Beklagten, dass im Interesse einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung die Klägerin auf ihrem Dienstposten dringend benötigt wird und durch eine Aushilfskraft nicht ersetzt werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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