HAW Hamburg HAW Hamburg

Gericht: Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 31.05.1957

Aktenzeichen: 1 StR 155/57

Entscheidungsart: Urteil

eigenes Abstract: Der Angeklagte stahl aus mehreren wissenschaftlichen Bibliotheken alte Stiche durch Herausschneiden der Blätter aus historischen Büchern. Damit erfüllte er den Tatbestand der gemeinschädlichen Sachbeschädigung nach § 304 StGB, da Staats- und Universitätsbibliotheken als öffentliche Sammlungen im Sinne der Vorschrift anzusehen sind. Entscheidend ist nicht, dass die Bibliotheken im Eigentum der öf­fentlichen Hand stehen, sondern dass sie allgemein zugänglich sind, d.h. dass grundsätzlich jedermann Zutritt hat.

Leitsatz
Staatsbibliotheken und Universitätsbibliotheken sind öffentliche Sammlun­gen im Sinne des § 304 StGB.

Aus den Gründen
Den Tatbestand der gemeinschädlichen Sachbeschädigung (§ 304 StGB) hat das Landgericht rechtlich einwandfrei festgestellt. Der Angeklagte stahl in zwei Landesbibliotheken und in einer Universitätsbibliothek aus wissenschaft­lichen Werken alte Stiche durch Herausschneiden der Blätter. Staats- und Universitätsbibliotheken sind öffentliche Sammlungen im Sinne des § 304 StGB. Dafür ist allerdings nicht entscheidend, dass sie im Eigentum der öf­fentlichen Hand stehen (RGSt 66, 203, 204). öffentlich im Sinne dieser Vor­schrift ist eine Sammlung vielmehr dann, wenn sie allgemein zugänglich ist, wenn also grundsätzlich jedermann zu ihr Zutritt hat. Mit gleicher oder doch ähnlicher Bedeutung ist das Wort auch sonst in § 304 StGB gebraucht. Das entspricht dem Grundgedanken dieser Vorschrift. Danach stehen die dort genannten Gegenstände unter einem gegenüber der allgemein für die Sach­beschädigung angedrohten Strafe (§ 303 StGB) erhöhten Strafschutz nicht nur aus dem Grunde, weil sie oft von hohem Wert und mitunter schwer oder überhaupt nicht zu ersetzen sind, sondern gerade auch deswegen, weil sie nach ihrer Zweckbestimmung allgemein zugänglich sein müssen und deshalb erhöhter Gefahr der Zerstörung oder Beschädigung ausgesetzt sind (RGSt 58, 346, 347 f; Denkschrift zu dem Entw. eines StGB von 1919 zu § 358 S. 299 f.; Begründung zu § 295 des Amtl. Entw. eines AllgDStGB 1925; vgl. § 269 Abs. 2 des Entw. eines DStGB 1936/37; vgl. auch § 30 Abs. 3 RPresseG). Dass die Benutzung einer öffentlichen Bücherei, wie es der Regel entsprechen wird, von einer Erlaubnis oder sonst von Bedingungen abhängig ist und der Benut­zer sich einer Anstaltsordnung unterwerfen muss, nimmt der Bibliothek nicht die Eigenschaft als öffentliche Sammlung. Wird nur der Kreis der Benutzer nicht von vornherein begrenzt – z.B. auf bestimmte Personen, auf die Ange­hörigen einer Behörde (wie etwa bei einer Gerichtsbücherei) oder auf sonst eine durch gemeinsame Merkmale verbundene engere Personengruppe -, bleibt vielmehr unbestimmt, welche und wie viele Personen zur Benutzung zu­gelassen werden und wird der Zutritt zu der Bücherei bei Erfüllung der Zulas­sungsbedingungen regelmäßig gewährt, so ist sie allgemein zugänglich und daher öffentlich (vgl. Begr. zu § 269 Abs 2 des Entw. 1936/37).

Da die betroffenen Bibliotheken, wie sich gerade auch aus der dem Ange­klagten erteilten Benutzungserlaubnis ergibt, in diesem Sinne öffentliche Sammlungen sind und der Angeklagte die Bücher in einer Art beschädigt hat, dass sie für die Wissenschaft, wenn nicht unbrauchbar, so doch minder taug­lich geworden sind, hat das Landgericht den § 304 StGB zu Recht angewen­det.

Dieses Urteil bookmarken Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • MisterWong
  • Digg
  • del.icio.us
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • MySpace
  • Technorati
  • Slashdot
  • YahooMyWeb
zur Druckversion zur Druckversion