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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen

Entscheidungsdatum: 14.10.1988

Aktenzeichen: 15 A 188/86

Entscheidungsart: Urteil

Eigenes Abstract: Die beklagte kommunale Bibliothek hat von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, indem sie den Kläger aufgrund sexueller Belästigung von Jugendlichen im Bibliotheksgebäude ein unbefristetes Hausverbot erteilt hat, das dieser gerichtlich überprüfen lässt. Die Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erweist sich als unbegründet und das Hausverbot als rechtlich zulässig, da der Kläger, die ordnungsgemäße Tätigkeit im Rahmen des Widmungszweckes der Bibliothek gestört hat und  jugendliche Nutzer in ihrer Sicherheit gefährdet wurden. Ferner ist es aufgrund der Uneinsichtigkeit der Täters und seines hartnäckigen Verhaltens rechtens, das Hausverbot unbefristet auszusprechen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 VwGO gegeben. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Zum einen ist der Bekl. von einer öffentlich-rechtlichen Ermächtigung ausgegangen; denn er hat sich, wie Rechtsmittelbelehrung, Anordnung der sofortigen Vollziehung und Widerspruchsbescheid verdeutlichen, der Handlungsform des Verwaltungsaktes bedient, dessen Aufhebung der Kl. nur auf dem Verwaltungsrechtsweg erreichen kann, vgl. dazu Kopp, VwGO, Komm., 7. Aufl. 1986, Rdn. 8 zu A7 40; OVG NW, Urt. v. 10.1.1975 – IV D295/73 -, OVGE 30, 215, 217; zum anderen ist ein von einem Träger öffentlicher Verwaltung ausgesprochenes Hausverbot grundsätzlich dem öffentlichen Recht zuzurechnen. Für die Rechtsnatur des Hausrechts, auf dem das Hausverbot beruht, kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die Störung anläßlich privat-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Vorgänge erfolgt. Entscheidend ist auf den Zweck der hausrechtlichen Maßnahme abzustellen. Er liegt im Regelfall in der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Amtsbetriebes zur Erfüllung der widmungsgemäßen Verwaltungsaufgabe. Auch die hier abgewendete Störung des Hausrechts in der Bibliothek richtete sich nicht gegen das Eigentum oder gegen den Besitz des Bekl. am Behördengebäude, sondern gegen die Erfüllung der in der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung des Gebäudes festgelegten Verwaltungsaufgaben durch den Bekl., vgl. BayVGH, Beschl. v. 9.7.1980 – Nr. 9 CS 80 A. 268 -, BayVBl 1980, 723; Zeiler, DVBl 1981 1000; Ehlers, DÖV 1977, 737; Berg, JuS 1982, 260, 263; Knemeyer, VBlBW 1982, 249; differenzierend nach dem Rechtsverhältnis zum Besucher: BVerwG, Urt. v. 13.3.1970 – VII C 80.67 -, BVerwGE 35, 103, 106, BGH, Urt. v. 26.10.1960 – V ZR 122/59 -, BGHZ 33, 230.

Die Klage ist jedoch nicht begründet; denn das Hausverbot gegen den Kl. ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage hierfür ist die Sachkompetenz des Bekl. zur Erfüllung der ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben. Das Hausrecht ist notwendiger Annex dieser Sachkompetenz. Der Träger öffentlicher Gewalt, der die Erfüllung einer bestimmten Sachaufgabe im Rahmen der öffentlichen Verwaltung – hier des Bibliothekswesens in Konkretisierung des Auftrags der Gemeinde zur kulturellen Betreuung ihrer Einwohner (§ 18 Abs. 1 GO NW) – zugewiesen erhält, muß und kann selbst bestimmen, wem der Zutritt zum räumlichen Bereich zu gestatten und wem der Zutritt zu versagen ist, wenn eine ordnungsgemäße Tätigkeit im Rahmen des Widmungszweckes gefährdet oder gestört wird, vgl. Zeiler, a.a.O., S. 1003 f; Knemeyer, a.a.O., S. 252.

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Widmungszweck der Bibliothek ist darauf gerichtet, der Bevölkerung im Zuständigkeitsbereich des Bekl. ein möglichst breites Angebot an wissenschaftlicher, bildender oder unterhaltender Lektüre sowie weiterführender Informationen zu unterbreiten, daneben einen Treffpunkt rund um das Thema Bücher und andere Medien zu bieten und insbesondere Kinder und Jugendliche an kulturelle Werke heranzuführen. Der zuletzt erwähnte Zweck ist in der Bibliothek des Bekl. besonders ausgeprägt, denn der Kinder- und Jugendbücherei ist eine eigene Abteilung gewidmet. Alle genannten Zielsetzungen haben zur Grundvoraussetzung, daß ein ordnungsgemäßer Bibliotheksbetrieb und insbesondere die Sicherheit der Benutzer gewährleistet sind. Hiergegen hat der Kl. in schwerem Maße verstoßen. Der Versuch der sexuellen Nötigung eines Jugendlichen in den Räumen der Bibliothek stellt eine erhebliche Gefährdung der Sicherheit dar. Dabei ist es unerheblich, daß das Opfer kein Bibliotheksbenutzer, sondern ein im Bibliotheksgebäude handwerklich tätiger Auszubildender war. Zudem hat der Hausmeister im Strafverfahren als Zeuge ausgesagt, er habe den Kl. öfter aus dem Toilettenraum herausgeholt und ihn verwarnt, nachdem ihm Jungen gesagt hätten, sie seien dort belästigt worden. (…)

Der Bekl. hat sein Ermessen nicht dadurch fehlerhaft betätigt, daß er das Hausverbot zeitlich nicht beschränkt hat. Angesichts der Vorgehensweise des Kl., seiner Uneinsichtigkeit und der Hartnäckigkeit, mit der er nach dem ersten mündlichen Verweis durch den Hausmeister in das Bibliotheksgebäude zurückgekehrt ist, um dort erneut Jugendliche anzusprechen, war es gerechtfertigt, ein unbefristetes Verbot zu erlassen, vgl. OVG NW, Urt. v. 12.2.1963 – II A 840/62 -, OVGE 18, 251.

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