HAW Hamburg HAW Hamburg

Gericht: Europäischer Gerichtshof

Entscheidungsdatum: 11.09.2014

Aktenzeichen: C-117/13

ECLI: ECLI:EU:C:2014:2196

Entscheidungsart: Urteil

Eigenes Abstract: Im Rechtsstreit um die Verfügbarkeit digitalisierter Lehrbücher des Ulmer Verlages an den elektronischen Leseplätzen der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt wurde das Verfahren vom BGH ausgesetzt und an den EuGH zur Vorabentscheidung verwiesen. Dieser setzte sich mit drei strittigen Fragen auseinander. Der EuGH entschied, dass Bibliotheken Bücher ohne Erlaubnis des Rechteinhabers digitalisieren dürfen, selbst wenn der Verlag der Bibliothek eine Lizenz für die entsprechende digitale Fassung anbietet. Allerdings dürfen Bibliotheken nur so viele digitale Exemplare anbieten, wie sie in gedruckter Fassung erworben haben. Des Weiteren dürfen EU-Mitgliedsstaaten öffentlichen Bibliotheken erlauben, Werke aus dem Bestand zu digitalisieren und bei Notwendigkeit den Nutzern über entsprechende Terminals zur Verfügung zu stellen. Das Ausdrucken oder Vervielfältigen auf externen Speichermedien ist insoweit gestattet, dass Verlage und Rechteinhaber für das Vervielfältigen eine angemessene Vergütung erhalten.

Instanzenzug Eilverfahren:
LG Frankfurt vom 13.05.2009, AZ 2-06 O 172/09
OLG Frankfurt vom 24.11.2009, AZ 11 U 40/09

Instanzenzug Hauptsacheverfahren:
LG Frankfurt a.M. vom 16.03.2011, Az. 2-06 O 378/10
BGH vom 20.09.2012, Az. I ZR 69/11
– EuGH vom 11.09.2014, AZ C-117/13
BGH vom 16.04.2015, AZ I ZR 69/11
BGH vom 10.12.2015, AZ I ZR 69/11

Weitere Informationen:
iRights.info vom 13.09.2014
Buchreport vom 15.09.2014
JUVE vom 18.09.2014

Leitsatz

1. Der Begriff „Regelungen über Verkauf und Lizenzen“ in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist in dem Sinne zu verstehen, dass der Rechtsinhaber und eine in dieser Bestimmung genannte Einrichtung, wie eine öffentlich zugängliche Bibliothek, für das betroffene Werk einen Lizenz- oder Nutzungsvertrag geschlossen haben müssen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Werks durch die Einrichtung festgelegt sind.

2. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmungen fallen, das Recht einzuräumen, in ihren Sammlungen enthaltene Werke zu digitalisieren, wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen.

3. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er nicht Handlungen erfasst wie das Ausdrucken von Werken auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick, die von Nutzern auf Terminals vorgenommen werden, die in unter diese Bestimmung fallenden öffentlich zugänglichen Bibliotheken eigens eingerichtet sind. Solche Handlungen können allerdings gegebenenfalls durch die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b dieser Richtlinie gestattet sein, sofern im Einzelfall die in diesen Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

Tenor

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1. Der Begriff „Regelungen über Verkauf und Lizenzen“ in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist in dem Sinne zu verstehen, dass der Rechtsinhaber und eine in dieser Bestimmung genannte Einrichtung, wie eine öffentlich zugängliche Bibliothek, für das betroffene Werk einen Lizenz- oder Nutzungsvertrag geschlossen haben müssen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Werks durch die Einrichtung festgelegt sind.

2. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmungen fallen, das Recht einzuräumen, in ihren Sammlungen enthaltene Werke zu digitalisieren, wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen.

3. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er nicht Handlungen erfasst wie das Ausdrucken von Werken auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick, die von Nutzern auf Terminals vorgenommen werden, die in unter diese Bestimmung fallenden öffentlich zugänglichen Bibliotheken eigens eingerichtet sind. Solche Handlungen können allerdings gegebenenfalls durch die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b dieser Richtlinie gestattet sein, sofern im Einzelfall die in diesen Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

Gründe

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Technischen Universität Darmstadt (im Folgenden: TU Darmstadt) und der Eugen Ulmer KG (im Folgenden: Ulmer). Im Mittelpunkt dieses Rechtsstreits steht die Frage, ob die TU Darmstadt ein Buch, das sich in ihrer Bibliothek befindet und an dem Ulmer die Verlagsrechte hält, auf Terminals in den Räumlichkeiten der Bibliothek öffentlich zugänglich machen durfte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Die Erwägungsgründe 31, 34, 36, 40, 44, 45 und 51 der Richtlinie 2001/29 haben folgenden Wortlaut:

„(31) Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. … …

(34) Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit erhalten, Ausnahmen oder Beschränkungen für bestimmte Fälle, etwa für Unterrichtszwecke und wissenschaftliche Zwecke, zugunsten öffentlicher Einrichtungen wie Bibliotheken und Archive, zu Zwecken der Berichterstattung über Tagesereignisse, für Zitate, für die Nutzung durch behinderte Menschen, für Zwecke der öffentlichen Sicherheit und für die Nutzung in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorzusehen. …

(36) Die Mitgliedstaaten können einen gerechten Ausgleich für die Rechtsinhaber auch in den Fällen vorsehen, in denen sie die fakultativen Bestimmungen über die Ausnahmen oder Beschränkungen, die einen derartigen Ausgleich nicht vorschreiben, anwenden. …

(40) Die Mitgliedstaaten können eine Ausnahme oder Beschränkung zugunsten bestimmter nicht kommerzieller Einrichtungen, wie der Öffentlichkeit zugängliche Bibliotheken und ähnliche Einrichtungen sowie Archive, vorsehen. Jedoch sollte diese Ausnahme oder Beschränkung auf bestimmte durch das Vervielfältigungsrecht erfasste Sonderfälle begrenzt werden … Spezifische Verträge und Lizenzen, die diesen Einrichtungen und ihrer Zweckbestimmung zur Verbreitung der Kultur in ausgewogener Weise zugutekommen, sollten daher unterstützt werden. …

(44) Bei der Anwendung der Ausnahmen und Beschränkungen im Sinne dieser Richtlinie sollten die internationalen Verpflichtungen beachtet werden. Solche Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nicht auf eine Weise angewandt werden, dass die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber verletzt werden oder die normale Verwertung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände beeinträchtigt wird. …

(45) Die in Artikel 5 Absätze 2, 3 und 4 vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen sollten jedoch vertraglichen Beziehungen zur Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs für die Rechtsinhaber nicht entgegenstehen, soweit dies nach innerstaatlichem Recht zulässig ist. …

(51) … Die Mitgliedstaaten sollten freiwillige Maßnahmen der Rechtsinhaber, einschließlich des Abschlusses und der Umsetzung von Vereinbarungen zwischen Rechtsinhabern und anderen interessierten Parteien, fördern, mit denen dafür Sorge getragen wird, dass die Ziele bestimmter Ausnahmen oder Beschränkungen, die im Einklang mit dieser Richtlinie in einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind, erreicht werden können. …

Art. 2 („Vervielfältigungsrecht“) der Richtlinie 2001/29 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

a) für die Urheber in Bezug auf ihre Werke, …“

Art. 3 („Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände“) der Richtlinie 2001/29 sieht in seinem Abs. 1 vor:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

Art. 5 („Ausnahmen und Beschränkungen“) der Richtlinie 2001/29 sieht in seinem Abs. 2 vor

„Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Artikel 2 vorgesehene Vervielfältigungsrecht vorsehen:

a) in Bezug auf Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung, mit Ausnahme von Notenblättern und unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten;

b) in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten, wobei berücksichtigt wird, ob technische Maßnahmen gemäß Artikel 6 auf das betreffende Werk oder den betreffenden Schutzgegenstand angewendet wurden;

c) in Bezug auf bestimmte Vervielfältigungshandlungen von öffentlich zugänglichen Bibliotheken, Bildungseinrichtungen oder Museen oder von Archiven, die keinen unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Zweck verfolgen; …“

Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Rechte vorsehen: …

n) für die Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen, für die keine Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten und die sich in den Sammlungen der Einrichtungen gemäß Absatz 2 Buchstabe c) befinden, durch ihre Wiedergabe oder Zugänglichmachung für einzelne Mitglieder der Öffentlichkeit zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten der genannten Einrichtungen; …“

Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 lautet:

„Die in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.“

Deutsches Recht

§ 52b des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273) in der zur Zeit des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens geltenden Fassung (im Folgenden: UrhG) hat folgenden Wortlaut:

„Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven

Zulässig ist, veröffentlichte Werke aus dem Bestand öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Museen oder Archive, die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Es dürfen grundsätzlich nicht mehr Exemplare eines Werkes an den eingerichteten elektronischen Leseplätzen gleichzeitig zugänglich gemacht werden, als der Bestand der Einrichtung umfasst. Für die Zugänglichmachung ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Die TU Darmstadt betreibt eine Universitäts- und Landesbibliothek, in der sie elektronische Leseplätze eingerichtet hat, an denen bestimmte Werke aus dem Bibliotheksbestand zur Einsichtnahme öffentlich zugänglich sind.

Unter diesen Werken befand sich seit Januar oder Februar 2009 das bei Ulmer, einem wissenschaftlichen Verlag in Stuttgart (Deutschland), erschienene Lehrbuch Einführung in die neuere Geschichte von Winfried Schulze.

Auf das Angebot von Ulmer vom 29. Januar 2009, von ihr herausgegebene Lehrbücher als elektronische Bücher zu erwerben und zu nutzen, ging die TU Darmstadt nicht ein.

Die TU Darmstadt digitalisierte das genannte Lehrbuch, um es an den elektronischen Leseplätzen in ihrer Bibliothek bereitzustellen. An diesen Leseplätzen konnten gleichzeitig nicht mehr Exemplare des Werkes aufgerufen werden, als im Bibliotheksbestand vorhanden waren. Die Nutzer der Leseplätze konnten das Werk ganz oder teilweise auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick speichern und jeweils in dieser Form aus der Bibliothek mitnehmen.

Das von Ulmer angerufene Landgericht Frankfurt am Main vertrat in einem Urteil vom 6. März 2011 die Ansicht, damit die Anwendung von § 52b UrhG ausgeschlossen sei, müssten der Rechtsinhaber und die Einrichtung zuvor eine Vereinbarung über die digitale Nutzung des Werks getroffen haben. Es wies darüber hinaus den Antrag von Ulmer zurück, der TU Darmstadt zu verbieten, das streitige Lehrbuch zu digitalisieren oder digitalisieren zu lassen. Allerdings gab es Ulmers Antrag statt, zu verbieten, dass Nutzer der Bibliothek der TU Darmstadt von in dieser bereitgestellten elektronischen Leseplätzen aus das Werk ausdrucken und/oder auf einem USB-Stick speichern und/oder solche Vervielfältigungen aus der Bibliothek mitnehmen können.

Nach Auffassung des von der TU Darmstadt mit einer Sprungrevision angerufenen Bundesgerichtshofs stellt sich als Erstes die Frage, ob im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 für Werke und sonstige Schutzgegenstände bereits dann „Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten“, wenn der Rechtsinhaber einer in dieser Bestimmung genannten Einrichtung den Abschluss von Lizenzverträgen über die Nutzung dieser Werke und sonstigen Schutzgegenstände anbiete, oder ob diese Bestimmung vielmehr dahin auszulegen sei, dass dies erst dann der Fall sei, wenn der Rechtsinhaber und die Einrichtung eine Vereinbarung hierüber getroffen hätten.

Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus, dass anders als die deutsche Fassung dieser Bestimmung deren englische und französische Fassung im Sinne der erstgenannten Auslegung zu verstehen sein könnten. Auch die Systematik und der Zweck der Richtlinie 2001/29 könnten für diese erstere Auslegung sprechen. Stünde hingegen erst eine bereits getroffene Vereinbarung einer Anwendung der Schrankenregelung entgegen, hätte die betroffene Einrichtung es in der Hand, ein angemessenes Angebot des Rechtsinhabers abzulehnen, um in den Genuss der Schrankenregelung zu kommen. Der Rechtsinhaber erhielte dann zumeist keine angemessene Vergütung, die jedoch eines der Ziele dieser Richtlinie sei.

Als Zweites, so der Bundesgerichtshof weiter, stelle sich die Frage, ob Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen sei, dass er die Mitgliedstaaten dazu berechtige, den in dieser Bestimmung genannten Einrichtungen das Recht zu gewähren, die sich in ihren Sammlungen befindlichen Werke zu digitalisieren, soweit die Wiedergabe oder Zugänglichmachung auf ihren Terminals eine solche Vervielfältigung erfordere. Alles spreche für eine entsprechende Befugnis der Mitgliedstaaten, eine solche Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art. 2 der Richtlinie vorzusehen, da sonst die praktische Wirksamkeit des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 nicht gewährleistet sei. Diese Befugnis könne jedenfalls aus Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie hergeleitet werden.

Als Drittes wirft der Ausgangsrechtsstreit nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs die Frage auf, ob die Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 eine Beschränkung vorsehen dürften, nach der die Nutzer einer dort genannten Einrichtung von dieser auf ihren Terminals wiedergegebene oder zugänglich gemachte Werke ganz oder teilweise auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick speichern könnten.

Zwar sei das Ausdrucken, Speichern oder Downloaden, da mit einer Vervielfältigung eines Werks verbunden, grundsätzlich nicht von der Beschränkung nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 gedeckt. Allerdings könnte eine solche Vervielfältigung, die sich an die Wiedergabe oder Zugänglichmachung eines Werks durch die betreffende Einrichtung anschließe, auf der Grundlage einer anderen Beschränkung, insbesondere der „Privatkopie-Ausnahme“ gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29, gestattet sein.

Auch lege das Ziel des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29, das darin bestehe, zu Zwecken der Forschung und privater Studien eine effiziente Nutzung von Texten zu ermöglichen, die auf Terminals einer Einrichtung wie einer Bibliothek wiedergegeben oder zugänglich gemacht worden seien, eine Auslegung dieser Bestimmung dahin nahe, dass das Ausdrucken eines Werks auf Papier von einem Terminal aus erlaubt sei. Für die Speicherung auf einem USB-Stick gelte dies dagegen nicht.

Schließlich sei durch diese Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 auch gewährleistet, dass der Umfang dieser Schrankenregelung den drei Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie entspreche. Die Speicherung eines Werks auf USB-Stick greife nämlich intensiver in die Rechte des Urhebers ein als das Ausdrucken des Werks auf Papier.

Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Gelten Regelungen über Verkauf und Lizenzen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29, wenn der Rechtsinhaber den dort genannten Einrichtungen den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung zu angemessenen Bedingungen anbietet?

2. Berechtigt Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 die Mitgliedstaaten, den Einrichtungen das Recht einzuräumen, die in ihren Sammlungen enthaltenen Werke zu digitalisieren, wenn das erforderlich ist, um diese Werke auf den Terminals zugänglich zu machen?

3. Dürfen die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Rechte so weit reichen, dass Nutzer der Terminals dort zugänglich gemachte Werke auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern können?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 für ein Werk „Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten“, wenn der Rechtsinhaber einer in dieser Bestimmung genannten Einrichtung, wie einer öffentlich zugänglichen Bibliothek, für dieses Werk den Abschluss eines Lizenz- oder Nutzungsvertrags zu angemessenen Bedingungen angeboten hat.

Mit Ausnahme von Ulmer schlagen alle Beteiligten, die schriftliche Erklärungen abgegeben haben, die Verneinung dieser Frage vor. Sie plädieren im Wesentlichen für eine Auslegung des Begriffs „Regelungen über Verkauf und Lizenzen“ in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29, wonach der Rechtsinhaber und die Einrichtung für das fragliche Werk bereits einen Lizenz- oder Nutzungsvertrag geschlossen haben müssen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Werks durch die Einrichtung festgelegt sind.

Ulmer macht dagegen geltend, dass ein Angebot des Rechtsinhabers an eine öffentlich zugängliche Bibliothek zum Abschluss eines Lizenz- oder Nutzungsvertrags als solches genügen müsse, sofern es „angemessen“ sei. Bereits in diesem Fall sei eine Anwendung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 ausgeschlossen.

Insoweit ergibt zunächst ein Vergleich der Sprachfassungen von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29, insbesondere der englischen, der französischen, der deutschen und der spanischen Fassung, die jeweils die Begriffe „terms“, „conditions“, „Regelung“ und „condiciones“ enthalten, dass der Unionsgesetzgeber im Wortlaut dieser Bestimmung die Begriffe „Bedingungen“ oder „Bestimmungen“ verwendet hat, die sich auf tatsächlich vereinbarte Vertragsklauseln und nicht auf bloße Vertragsangebote beziehen.

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Beschränkung nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 dem Allgemeininteresse dienen soll, das an der Förderung der Forschung und privater Studien durch die Verbreitung von Kenntnissen besteht. Dies bildet im Übrigen die grundlegende Zweckbestimmung von Einrichtungen wie öffentlich zugänglichen Bibliotheken.

Die von Ulmer vertretene Auslegung bedeutete jedoch, dass der Rechtsinhaber durch eine einseitige und letztlich in seinem Belieben stehende Handlung der betroffenen Einrichtung das Recht nehmen könnte, diese Beschränkung in Anspruch zu nehmen, und damit auch die Möglichkeit, ihrer grundlegenden Zweckbestimmung zu entsprechen und das genannte Allgemeininteresse zu fördern.

Im Übrigen heißt es im 40. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29, dass spezifische Verträge und Lizenzen, die diesen Einrichtungen und ihrer Zweckbestimmung zur Verbreitung der Kultur in ausgewogener Weise zugutekommen, unterstützt werden sollten.

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 21 und 22 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bestätigen die Erwägungsgründe 45 und 51 dieser Richtlinie, und zwar auch in ihrer deutschen Sprachfassung, dass insbesondere im Kontext der in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 aufgeführten Ausnahmen und Beschränkungen auf tatsächlich bestehende vertragliche Beziehungen sowie den Abschluss und die Umsetzung tatsächlich bestehender vertraglicher Vereinbarungen abgestellt wird, und nicht auf bloße Vertrags- oder Lizenzangebote.

Im Übrigen lässt sich die von Ulmer vertretene Auslegung schwerlich mit dem Zweck von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 vereinbaren, der darin besteht, einen angemessenen Rechts- und Interessenausgleich zwischen den Rechtsinhabern einerseits und jenen Nutzern geschützter Werke andererseits zu sichern, die zu Zwecken der Forschung und privater Studien einzelner Mitglieder der Öffentlichkeit diese Werke öffentlich zugänglich machen wollen.

Wenn bereits das Angebot zum Abschluss eines Lizenz- oder Nutzungsvertrags genügte, um die Anwendung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 auszuschließen, würde dieser Beschränkung zudem im Wege einer solchen Auslegung ein großer Teil ihres sachlichen Gehalts und sogar ihrer praktischen Wirksamkeit genommen, weil die Beschränkung in dieser Auslegung, wie von Ulmer vorgetragen, nur auf die immer selteneren Werke anwendbar wäre, für die auf dem Markt noch keine elektronische Fassung, insbesondere als E-Book, angeboten wird.

Schließlich lässt sich eine Auslegung, wonach es sich um tatsächlich vereinbarte Vertragsbedingungen handeln muss, entgegen dem Vortrag von Ulmer auch nicht mit dem Hinweis von der Hand weisen, dass sie gegen die drei Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 verstoße.

Hierzu genügt die Feststellung, dass die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 normierte Beschränkung mehrere eingrenzende Tatbestandsmerkmale enthält, die auch dann, wenn die Anwendung dieser Bestimmung nur im Fall tatsächlich vereinbarter Vertragsbedingungen ausgeschlossen ist, die Gewähr bieten, dass diese Anwendung weiterhin Sonderfälle betrifft, in denen die normale Verwertung von Werken nicht beeinträchtigt und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.

Demnach ist auf die erste Frage zu antworten, dass der Begriff „Regelungen über Verkauf und Lizenzen“ in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 in dem Sinne zu verstehen ist, dass der Rechtsinhaber und eine in dieser Bestimmung genannte Einrichtung, wie eine öffentlich zugängliche Bibliothek, für das betroffene Werk einen Lizenz- oder Nutzungsvertrag geschlossen haben müssen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Werks durch die Einrichtung festgelegt sind.

Zur zweiten Frage

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 es einem Mitgliedstaat verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmung fallen, das Recht einzuräumen, in ihren Sammlungen enthaltene Werke zu digitalisieren, wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Digitalisierung eines Werks, da sie im Wesentlichen darin besteht, es vom analogen in das digitale Format umzuwandeln, unstreitig eine Handlung zur Vervielfältigung des Werks darstellt.

Daher stellt sich die Frage, ob Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 es den Mitgliedstaaten gestattet, öffentlich zugänglichen Bibliotheken dieses Vervielfältigungsrecht einzuräumen, obwohl nach Art. 2 dieser Richtlinie den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die Vervielfältigung ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten.

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2001/29 die in diesem Absatz vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen auf die in den Art. 2 und 3 dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte und damit sowohl auf das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Rechtsinhabers als auch auf das Recht zur öffentlichen Wiedergabe des Werks beziehen.

Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 beschränkt jedoch die Nutzung von Werken im Sinne dieser Bestimmung auf deren „Wiedergabe oder Zugänglichmachung“ und damit auf Handlungen, die nur von dem ausschließlichen Recht zur öffentlichen Wiedergabe gemäß Art. 3 der Richtlinie erfasst werden.

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass es für eine „Handlung der Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 insbesondere ausreicht, wenn die genannten Werke einer Öffentlichkeit in der Weise zugänglich gemacht werden, dass deren Mitglieder dazu Zugang haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diese Möglichkeit nutzen oder nicht (Urteil Svensson u. a., C-466/12, EU:C:2014:76, Rn. 19).

Daraus folgt, dass in Fällen, in denen eine unter Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 fallende Einrichtung wie eine öffentlich zugängliche Bibliothek unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens den Zugang zu einem in ihrer Sammlung befindlichen Werk einer „Öffentlichkeit“ gewährt, d. h. allen Mitgliedern der Öffentlichkeit, die in den Räumlichkeiten der Einrichtung zu Zwecken der Forschung und privater Studien eigens hierfür eingerichtete Terminals benutzen, dies als „Zugänglichmachung“ und deshalb als „Handlung der Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie einzustufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Svensson u. a., EU:C:2014:76, Rn. 20).

Dieses Recht zur Wiedergabe von Werken, das den in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 genannten Einrichtungen wie öffentlich zugänglichen Bibliotheken in den tatbestandlichen Grenzen dieser Bestimmung zusteht, drohte einen großen Teil seines sachlichen Gehalts und sogar seiner praktischen Wirksamkeit zu verlieren, wenn diese Einrichtungen kein akzessorisches Recht zur Digitalisierung der betroffenen Werke besäßen.

Ein solches Recht wird den genannten Einrichtungen in Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 in Bezug auf „bestimmte Vervielfältigungshandlungen“ eingeräumt.

Diese Bestimmtheitsanforderung ist in dem Sinne zu verstehen, dass die betroffenen Einrichtungen in der Regel nicht die Gesamtheit ihrer Sammlungen digitalisieren dürfen.

Dagegen ist diese Anforderung grundsätzlich gewahrt, wenn die Digitalisierung bestimmter Werke einer Sammlung erforderlich ist „für die Nutzung … durch ihre Wiedergabe oder Zugänglichmachung für einzelne Mitglieder der Öffentlichkeit zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals“, wie dies Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 vorsieht.

Im Übrigen bedarf der Umfang dieses akzessorischen Rechts zur Digitalisierung der genaueren Abgrenzung durch eine Auslegung von Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 im Licht von deren Art. 5 Abs. 5, wonach diese Beschränkung nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden darf, in denen die normale Verwertung des Werks oder sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden. Dabei soll jedoch durch Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 die Reichweite der in Art. 5 Abs. 2 der genannten Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen nicht ausgedehnt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Infopaq International, C-5/08, EU:C:2009:465, Rn. 58, und ACI Adam u. a., C-435/12, EU:C:2014:254, Rn. 26).

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 im Rahmen des anwendbaren nationalen Rechts angemessen berücksichtigt sind. Denn aus § 52b UrhG geht erstens hervor, dass die Digitalisierung von Werken durch öffentlich zugängliche Bibliotheken nicht dazu führen darf, dass den Nutzern auf den eigens eingerichteten Terminals mehr Exemplare eines Werks zur Verfügung stehen, als diese Bibliotheken im analogen Format angeschafft haben. Zweitens ist nach dieser innerstaatlichen Rechtsvorschrift für die Digitalisierung des Werks als solche zwar keine Ausgleichsverpflichtung vorgesehen, doch ist für dessen spätere Zugänglichmachung im digitalen Format auf den eigens eingerichteten Terminals eine angemessene Vergütung zu zahlen.

Demnach ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 3 Buchst. n in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmungen fallen, das Recht einzuräumen, in ihren Sammlungen enthaltene Werke zu digitalisieren, wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen.

Zur dritten Frage

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 es einem Mitgliedstaat verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmung fallen, das Recht einzuräumen, den Nutzern Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich zu machen, die das Ausdrucken der Werke auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick ermöglichen.

Wie aus den Rn. 40 und 42 des vorliegenden Urteils hervorgeht, erfasst die Beschränkung nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 grundsätzlich nur bestimmte Handlungen der Wiedergabe, die normalerweise von dem ausschließlichen Recht des Rechtsinhabers nach Art. 3 der Richtlinie erfasst werden. Dies sind diejenigen Handlungen, mit denen die fraglichen Einrichtungen ein Werk einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in ihren Räumlichkeiten zugänglich machen.

Handlungen wie das Ausdrucken eines Werks auf Papier oder sein Speichern auf einem USB-Stick jedoch sind, auch wenn sie durch bestimmte Funktionen ermöglicht werden, mit denen die eigens eingerichteten Terminals ausgestattet sind, auf denen das Werk eingesehen werden kann, unstreitig nicht Handlungen der „Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 2001/29, sondern der „Vervielfältigung“ im Sinne von deren Art. 2.

Es handelt sich hierbei nämlich um die Erstellung einer neuen analogen oder digitalen Kopie der digitalen Kopie des Werks, die den Nutzern von einer der fraglichen Einrichtungen auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich gemacht wird.

Diese Vervielfältigungshandlungen können, anders als bestimmte Handlungen zur Digitalisierung eines Werks, auch nicht aufgrund eines aus Art. 5 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 hergeleiteten akzessorischen Rechts gestattet werden, denn sie sind nicht erforderlich, um dieses Werk den Nutzern auf eigens hierfür eingerichteten Terminals unter Einhaltung der in diesen Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen zugänglich zu machen. Auch können diese Handlungen deshalb nicht nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 gestattet sein, weil sie nicht von in dieser Bestimmung genannten Einrichtungen, sondern in deren Räumlichkeiten von den Nutzern der dort eigens eingerichteten Terminals vorgenommen werden.

Allerdings können solche Handlungen der Vervielfältigung auf analogem oder digitalem Datenträger gegebenenfalls durch die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b der Richtlinie 2001/29 gestattet sein, sofern im Einzelfall die in diesen Bestimmungen normierten Voraussetzungen, insbesondere die eines gerechten Ausgleichs für den Rechtsinhaber, erfüllt sind.

Im Übrigen müssen solche Vervielfältigungshandlungen den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 entsprechen. Folglich darf der Umfang der vervielfältigten Texte insbesondere nicht die berechtigten Interessen des Urheberrechtsinhabers ungebührlich verletzen.

Demnach ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass er nicht Handlungen erfasst wie das Ausdrucken von Werken auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick, die von Nutzern auf Terminals vorgenommen werden, die in unter diese Bestimmung fallenden öffentlich zugänglichen Bibliotheken eigens eingerichtet sind. Solche Handlungen können allerdings gegebenenfalls durch die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b dieser Richtlinie gestattet sein, sofern im Einzelfall die in diesen Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Dieses Urteil bookmarken Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • MisterWong
  • Digg
  • del.icio.us
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • MySpace
  • Technorati
  • Slashdot
  • YahooMyWeb
zur Druckversion zur Druckversion