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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen

Entscheidungsdatum: 21.10.1997

Aktenzeichen:
1 BA 14/97

Entscheidungsart:
Urteil

eigenes Abstract: Unter Berufung auf seine fehlende Einsichtsfähigkeit und die mangelnde Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter klagt ein Schüler, der zum Zeitpunkt der Medienausleihe 17 Jahre alt war, gegen einen Leistungsbescheid der Staats- und Universitätsbibliothek, mit dem er verpflichtet wurde, insgesamt 384,- DM wegen Überschreitung der Leihfrist zu zahlen.
Das Gericht befand, dass für einen Jugendlichen mit durchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten die Einhaltung vereinbarter Leihfristen durchaus einseitig ist und dass es ist nicht geboten ist, Bibliotheksordnungen zwingend so auszugestalten, daß jegliche nachteilige Inanspruchnahme beschränkt geschäftsfähiger Personen ausgeschlossen ist. Die verlangten Säumnisgebühren belasten den Kläger nicht unverhältnismäßig.

Instanzenzug:
VG Bremen vom 24. 10.1996, Az. 2 A 133/95
– OVG Bremen vom 21.10.1997, Az. 1 BA 14/97
BVerwG vom 24.04.1998, Az. 3 B 23/98

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen einen Bescheid der S – und U bibliothek B, durch den Säumnisentgelte wegen Überschreitung der Ausleihfrist festgesetzt werden.
Der am 09.11.1976 geborene Kläger beantragte am 18.10.1993 einen Ausweis zur Entleihe von Büchern. Die S – und U bibliothek stimmte diesem Antrag zu. Daraufhin lieh der Kläger 9 Bücher aus, die er für ein schulisches Referat benötigte. Er ließ die bis zum 15.11.1993 terminierte Leihfrist verstreichen, ohne die Bücher wieder zurückzugeben. Nachdem er auch auf zwei schriftliche Mahnungen bis zum 05.05.1994 nicht reagierte, erließ die S – und U bibliothek B unter dem 06.07.1994 einen Entgeltbescheid über einen Gesamtbetrag von DM 384,–, der sich aus 378,– Säumnisentgelten und DM 6,– Mahnentgelten zusammensetzte.
Die Beklagte wies den gegen den Entgeltbescheid eingelegten Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.1995, zugestellt am 12.05.1995, als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 12.06.1995 Klage erhoben. Er sei im maßgeblichen Zeitraum gem. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig gewesen. Der Abschluß des Benutzervertrages mit der Bibliothek und die Ausleihe der Bücher hätten der Einwilligung seiner Eltern bedurft, die nicht erteilt worden sei. § 12 Abs. 1 Nr. 2 BremVwVfG sei nicht einschlägig, da er nicht durch Vorschriften des öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Streitverfahrens als handlungsfähig anerkannt sei. Es werde in Abrede gestellt, daß ihm die Benutzerordnung und die Entgeltordnung zur Kenntnis ausgehändigt worden seien. Das Handeln der Beklagte verstoße gegen Treu und Glauben, der vermeintliche Anspruch sei längst verwirkt bzw. verjährt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagtenvertreter den Widerspruchsbescheid aus formellen Gründen aufgehoben. Der Kläger hat daraufhin beantragt, den Entgeltbescheid der S – und U bibliothek B vom 06.07.1994 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Rechtsgrundlage für den Entgeltbescheid seien die Benutzungsordnung und die Entgeltordnung für die S – und U bibliothek B. Der seinerzeit knapp 17-jährige Kläger sei am 18.10.1993 wirksam zur Benutzung zugelassen worden. Er habe die erforderliche Handlungsfähigkeit nach § 12 Abs. 1 BremVwVfG auch ohne ausdrückliche Regelung gehabt. Bei ihm habe ein höchstpersönliches Interesse an der Nutzung der Bibliothek vorgelegen. Zum Zeitpunkt der Zulassung habe er über eine Selbstentscheidungsfähigkeit verfügt, die eine Einwilligung oder Genehmigung der Eltern entbehrlich gemacht habe. Mit der wirksamen Zulassung sei die Benutzungsordnung für ihn verbindlich geworden. Damit hätten auch alle im Rahmen des Nutzungsverhältnisses bestehenden Verpflichtungen für ihn gegolten. Der Ausleihvorgang sei nach öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Da der Kläger seiner Rückgabepflicht nicht rechtzeitig nachgekommen sei, müsse er die nach Maßgabe der Entgeltordnung fällig gewordenen Entgelte zahlen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.10.1996 als unbegründet abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 30.12.1996 zugestellte Urteil am 30.01.1997 Berufung eingelegt. Er trägt vor: In der Benutzungsordnung komme nicht hinreichend klar zum Ausdruck, daß Minderjährige berechtigt sein sollten, die Bibliothek eigenständig zu nutzen. Die Ordnung sehe zwar vor, „allen natürlichen Personen“ ein Nutzungsrecht einzuräumen, danach wäre jedoch die Zulassung an keine Überprüfung der Person geknüpft, mit der Folge, daß selbst ein 5-jähriges Kind bibliothekarische Leistungen in Anspruch nehmen könne. Das sei erkennbar unpraktikabel. Es müsse berücksichtigt werden, daß mit der Zulassung zur Benutzung der Einrichtungen der S – und U bibliothek ein erhebliches und unbegrenztes Risiko für Minderjährige bestehe, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Bei Überschreitung der Leihfrist oder Verlust der Bücher drohe dem Benutzer ein finanzieller Schaden, der den Rahmen des § 110 BGB sprenge. Selbst bei Annahme einer partiellen Handlungsfähigkeit hätte die Beklagte seine Eltern von den Mahnungen und dem Entgeltbescheid unterrichten müssen. Nur so hätten sie Gelegenheit gehabt, ihr Sorgerecht auszuüben und Schaden von ihm abzuwehren. Die Beklagte habe ihrer Aufklärungspflicht nicht genügt. Er sei nicht über die im Rahmen des Benutzungsverhältnisses bestehenden Pflichten, insbesondere auf die möglicherweise auf ihn zukommenden Kosten aufgeklärt worden. Einem 16 Jahre alten Schüler sei nicht zuzumuten, die in „Beamtendeutsch“ verfaßte, kleingedruckte Benutzungsordnung nebst Entgeltordnung zu lesen. Er habe keine Kenntnis von der Benutzungs- und Entgeltordnung gehabt. Sie sei nach § 11 Nr. 15 b AGB-Gesetz nicht Bestandteil des umstrittenen Benutzungsverhältnisses geworden. Schließlich sei der Entgeltbescheid schon deshalb fehlerhaft, weil er nicht die vollständige Angabe der Rechtsgrundlage enthalte.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24.10.1996 und den Entgeltbescheid der S – und U bibliothek vom 06.07.1994 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Gründe des angefochtenen Urteils und verweist darauf, daß mit zivilrechtlichen Erwägungen das Zustandekommen des Nutzungsverhältnisses nicht in Zweifel gezogen werden könne.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen der Beteiligten Bezug genommen. Der Inhalt der Akte war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit er in dieser Entscheidung verwertet worden ist.

Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Zulässigkeit der gegen den Entgeltbescheid der S – und U bibliothek B gerichteten Anfechtungsklage wird durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aus formellen Gründen erfolgte Aufhebung des Widerspruchsbescheides nicht berührt. Die nachträgliche Unvollständigkeit des Vorverfahrens ist dem Kläger nicht zuzurechnen; sie hat keinen Einfluß auf die Zulässigkeit der Klage. Davon ist das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgegangen.
Der Entgeltbescheid ist rechtmäßig. Rechtsgrundlage für den Bescheid ist § 1 Abs. 1 i. V. m. der Anlage zu § 1, Nr. 2.1 und 2.2 der Entgeltordnung für die S – und U – bibliothek B vom 09.11.1982 (BremABl. S. 565) i. d. F. der Änderung vom 28.05.1993 (BremABl. S. 310). Diese vom damaligen Senator für Wissenschaft und Kunst erlassene Rechtsverordnung ist durch höherrangiges Recht gerechtfertigt und damit auch vereinbar (§ 109 BremHG, Art. 124 BremLV; vgl. OVG Bremen, B. v. 18.11.1986 – 1 BA 39/86 -).
Nicht zu beanstanden ist, daß das angefochtene Urteil der möglicherweise unzureichenden Angabe der Rechtsgrundlage im Gebührenbescheid vom 06.07.1994 kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen hat. Die fehlende vollständige Angabe der Rechtsgrundlage hat nämlich nicht dazu geführt, daß der Kläger an der Überprüfung von Grund und Höhe der geltend gemachten Kostenschuld gehindert war. Denn mit dem Empfang eines Verbuchungsausweises sind dem Kläger am 18.10.1993 die einschlägigen Rechtsvorschriften ausgehändigt worden. Auf die insoweit überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Dafür, daß dem Kläger die Vorschriften – obgleich er deren Empfang schriftlich bestätigt hat – tatsächlich nicht ausgehändigt worden sein könnten, fehlen jegliche konkrete Anhaltspunkte. Sie sind auch mit der Berufung nicht vorgetragen worden. Die Schutzvorschrift des § 11 Nr. 15 b AGBG, derzufolge die schriftliche Empfangsbestätigung nach Auffassung des Klägers unwirksam sein soll, findet keine Anwendung. Ist das Benutzungsverhältnis wie hier durch Gesetz und Verordnung geregelt, liegen bereits begrifflich keine allgemeinen Geschäftsbedingungen i. S. des § 1 Abs. 1 AGBG vor (vgl. Heinrichs, in Palandt, AGBG, § 1 Rdnr. 1; vor § 8 Rdnr. 4, 5). Abgesehen davon hat der Kläger nicht dargetan, daß es in seinem Fall erforderlich sein könnte, die in der Empfangsbestätigung verkörperte Tatsachenbestätigung als ungerecht und infolgedessen als unzulässig anzusehen. Sie führt hier nämlich nicht zu einer unangemessenen Beweislastumkehr bzw. zu einer unzumutbaren faktischen Verschiebung der Beweislast zu seinem Nachteil.
Die Benutzung der S – und U bibliothek B erfolgt auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, und zwar nach Maßgabe der als Satzung erlassenen Benutzungsordnung vom 12.04.1978 (BremABl. S. 399) i. d. F. der Änderung vom 23.12.1986 (BremABl. 1987, S. 22). Die Zulassung zur Ausleihe, die einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt, geschieht auf Antrag und durch Ausstellung eines Verbuchungsausweises (vgl. 3.1, 4.1 der Benutzungsordnung). Das hat das angefochtene Urteil zutreffend ausgeführt. Darauf wird Bezug genommen.
Der Kläger ist wirksam zur Benutzung der Bibliothek zugelassen worden. Dem steht nicht entgegen, daß er zum Zeitpunkt der Zulassung erst knapp 17 Jahre alt und nach bürgerlichem Recht nur beschränkt geschäftsfähig war (§ 106 BGB). Der Kläger ist nämlich nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative BremVwVfG hinsichtlich der Einrichtungen der S – und U bibliothek als handlungsfähig anzusehen. Er besitzt die Fähigkeit, in diesem Rahmen rechtlich bedeutsame Verfahrenshandlungen selbst vorzunehmen, aber auch entgegenzunehmen. Das hat das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise aus einer Gesamtschau der das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis regelnden Rechtsvorschriften abgeleitet.
Das Dienstleistungsangebot der S – und U bibliothek richtet sich nicht nur an den Kreis der Hochschulangehörigen, sondern auch an die Allgemeinheit. Die Bibliothek nimmt zugleich die Aufgabe einer Landesbibliothek der Freien Hansestadt Bremen wahr (§ 96 d Abs. 1 Satz 2 BremHG). Dementsprechend sieht Nr. 3.1 Benutzungsordnung vor, daß zur Benutzung alle natürlichen Personen zugelassen werden können. Alle zugelassenen Besucher haben grundsätzlich das gleiche Recht auf bibliothekarische Leistungen (Nr. 3.1 Satz 2). Eine Einschränkung hinsichtlich solcher Personen, die nach bürgerlichem Recht nicht voll geschäftsfähig sind, enthält die Vorschrift nicht. Das ist keine Regelungslücke. Die Fähigkeit, am Rechtsleben teilzunehmen, ist in vielen Bereichen des öffentlichen Rechts anders geregelt als im BGB (vgl. Robbers, DVBl. 1987, 709 ff.; Knack, VwVfG, 5. Aufl., § 12 Rdnr. 3.2.1 jew. m. zahlr. N.). Daß gerade auch Schüler zum Nutzerkreis der Bibliothekseinrichtungen zählen sollen, verdeutlicht Nr. 1.2 der Anlage zu § 1 der Entgeltordnung, in der Schüler neben anderen Nutzergruppen ausdrücklich Erwähnung finden. Schüler sind aber in überwiegender Zahl minderjährig.
Der Kläger beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf die mangelnde Einsichtsfähigkeit eines Minderjährigen hinsichtlich der durch die Ausleihe in Gang gesetzten Pflichtenstellung des Bibliothekennutzers. Einen auf allen Gebieten des privaten und öffentlichen Rechts gleichgestalteten Minderjährigenschutz gibt es nicht. Es ist vielmehr der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen, ob und auf welche Weise er den Minderjährigen vor den Risiken des Lebens einschließlich der ihm aus geschäftlicher Unerfahrenheit drohenden Gefahren schützen will (vgl. BVerwG, NJW 1984, 2304). Da sich die Entscheidungs- und Einsichtsfähigkeit Jugendlicher für die verschiedenen Lebensbereiche unterschiedlich entwickelt, greifen von der allgemeinen zivilrechtlichen Mündigkeit abweichende öffentlich-rechtliche Regelungen dann nicht unzulässig in das Elternrecht ein, wenn sie unter Abwägung der widerstreitenden Interessen sachlich gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 59, 360, 388 = NJW 1982, 1375; VGH Mannheim, NJW 1985, 2965).
Die Einräumung der Handlungsfähigkeit für die selbständige Nutzung der Einrichtungen der S – und U bibliothek trägt, jedenfalls soweit sie 16- und 17-jährige Personen betrifft, der zunehmenden Verselbständigung der Jugendlichen Rechnung. Die aus dem Benutzungsverhältnis resultierenden Pflichten und Rechte sind anhand der zur Verfügung gestellten Benutzungs- und Entgeltordnung leicht zu überschauen und zu verstehen. Der Umstand, daß aus der Bibliothek entliehene Bücher nicht unter Mißachtung der vereinbarten Leihfrist behalten werden dürfen, ist einem 16-jährigen Schüler mit durchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten ohne weiteres einsichtig, zumal er auch in anderen Bereichen, die jedenfalls keine geringeren Anforderungen an die Einsichtsfähigkeit des Jugendlichen stellen – wie etwa bei der Benutzung von Einrichtungen des Postwesens (vgl. BVerwG, NJW 1984, 2304; NJW 1986, 270), der Bestimmung der Religionszugehörigkeit und der Teilnahme am Religionsunterricht oder der Erfüllung der Wehrpflicht (vgl. dazu Robbers, DVBl. 1987, 711) -, eigenverantwortlich entscheiden darf. Das hat der Kläger der Sache nach auch nicht in Frage gestellt. Er hat lediglich „schlicht vergessen“, die für das Schulreferat benötigten Bücher rechtzeitig zurückzubringen. Davon, daß ihm die mit einer Ausleihe verbundene Rückgabepflicht nicht einsichtig gewesen sein könnte, kann daher keine Rede sein.
Es erscheint nicht sachgerecht, die Benutzung der S – und U bibliothek durch einen 16- bis 17-jährigen Jugendlichen von der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters abhängig zu machen. Das liefe seiner Selbstbestimmungsfähigkeit und seinen Interessen zuwider. Denn für die Ausübung höchstpersönlicher Rechte, die wie hier auf einen eng begrenzten und klar überschaubaren Gegenstandsbereich bezogen ist, liegt es nahe, daß der zwar noch Unmündige, aber schon Urteilsfähige die ihm um seiner Persönlichkeit willen zustehenden Rechte soll eigenständig ausüben können. Gerade im Rahmen der schulischen Bildung ist der Jugendliche auf die Nutzung der Bibliothekseinrichtungen in einem verstärkten Maße angewiesen und angesichts seines fortgeschrittenen Alters auch fähig, eigenständig darüber zu entscheiden, ob er die auf Wissensaneignung zielenden Leistungen der Bibliothek in Anspruch nehmen will. Er nimmt insoweit, darauf hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verwiesen, sein Recht auf Bildung als Teil des allgemeinen persönlichen Freiheitsrechts des Art. 2 Abs. 1 GG und auf ungehinderte Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen i. S. des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG wahr. Auch angesichts der mit der Nutzung der Bibliothekseinrichtung einhergehenden Verpflichtungen bedarf es nicht des schützenden Einflusses elterlicher Zustimmung. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, die Benutzungs- und Entgeltordnung zwingend so auszugestalten, daß jegliche nachteilige Inanspruchnahme des Minderjährigen ausgeschlossen ist. Vielmehr erschiene es unbillig, ihm im Rahmen des Benutzungsverhältnisses alle Rechte einzuräumen, Verletzungen der damit einhergehenden Pflichten aber sanktionslos zu lassen. Allerdings muß sichergestellt sei, daß dem Minderjährigen kein unverhältnismäßiger Schaden durch die Benutzung erwachsen kann. Vorliegend hält sich die Möglichkeit zur Selbstbelastung in engen Grenzen. Die Gefahr ruinöser Dispositionen durch die Nutzung der Bibliothekseinrichtungen besteht in aller Regel nicht. Die Entgeltordnung setzt für das Überschreiten der Leihfrist je Buch einen Höchstbetrag von DM 42,– fest (vgl. Nr. 2.2); desweiteren bestimmt sie, daß bei Erreichen eines zu zahlenden Entgeltes von DM 42,– die Inanspruchnahme der Ausleihe bis zur Zahlung des fälligen Betrages nicht möglich ist (vgl. Nr. 4.6.2). Die vom Kläger angestellte Berechnung, daß bei 50 zeitgleich ausgeliehenen und nicht rechtzeitig zurückgegebenen Büchern ein Entgelt bis zu einer Höhe von DM 2.100,– zu zahlen sei, basiert auf einer so spekulativen und fernliegenden Fallgestaltung, daß deshalb die Einräumung der nutzungsrechtlichen Handlungsfähigkeit nicht verfassungsrechtlich fragwürdig wird. Atypische, mit dem Schutz des Minderjährigen in ihrer Höhe nicht vereinbare Säumnisentgelte, sind gegebenenfalls von der Beklagten durch verfassungskonforme Begrenzung des Entgelthöchstbetrages zu reduzieren. Das vom Kläger verlangte Entgelt in Höhe von DM 384,– erreicht einen denkbaren Höchstbetrag jedenfalls nicht und belastet ihn unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gebotenen Minderjährigenschutzes nicht unverhältnismäßig.
Der Inanspruchnahme des Klägers steht auch nicht entgegen, daß seine Eltern nicht rechtzeitig durch die Beklagte von der Leihfristüberschreitung unterrichtet worden sind, um durch die Ausübung ihres Sorgerechts Schaden vom Kläger fernhalten zu können. Es hält sich im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers, wenn er eine Unterrichtungspflicht der Eltern des minderjährigen Bibliotheksbenutzers nicht vorsieht, sondern ihm, wie jedem Benutzer der Universitätsbibliothek, zumutet, selbst auf das Ende der Leihfrist zu achten. Das gilt jedenfalls dann, wenn wie hier, durch die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses grundsätzlich sichergestellt wird, daß dem Minderjährigen keine unangemessene Belastung aus der Teilnahme an der Ausleihe erwachsen kann.

Weitere Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Säumnisentgelts sind von der Berufung nicht geltend gemacht worden und im übrigen nicht erkennbar.

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